1
|
I. Die Beteiligten streiten über die
Abziehbarkeit von Aufwendungen für eine
Teilungsversteigerung.
|
|
|
2
|
Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) war gemeinsam mit seiner seit dem Streitjahr (2009)
von ihm geschiedenen Ehefrau Eigentümer eines vermieteten
Grundstücks in T. Da die geschiedene Ehefrau einem gemeinsamen
Verkauf nicht zustimmte und der Kläger die Gemeinschaft - weil
unzumutbar - nicht aufrechterhalten wollte, beantragte er beim
Amtsgericht, sie im Wege der Teilungsversteigerung
aufzulösen.
|
|
|
3
|
Im Rahmen eines Vergleichs im
Scheidungsverfahren vor dem Familiengericht (12.1.2009)
vereinbarten der Kläger und seine Ehefrau sodann, dass sie das
Grundstück in T erhält und er eine Eigentumswohnung in B,
die den früheren Eheleuten ebenfalls gemeinsam gehörte.
Der Kläger sollte seine frühere Ehefrau von einem Kredit
(Restschuld 55.000 EUR) freistellen und sie sollte ihm 25.000 EUR
zahlen. Damit sollte zugleich der Unterhalt der Ehefrau für
das Streitjahr getilgt sein. Das Amtsgericht hob daraufhin mit
Beschluss vom 26. Januar des Streitjahres das Teilungsverfahren
auf. Der Kläger trug Anwalts- und Gerichtskosten in Höhe
von insgesamt 1.656 EUR.
|
|
|
4
|
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) berücksichtigte die Aufwendungen des
Klägers im Zusammenhang mit der Teilungsversteigerung nicht.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Die Aufwendungen seien
weder als Werbungskosten noch als außergewöhnliche
Belastungen abziehbar.
|
|
|
5
|
Hiergegen richtet sich die Revision des
Klägers, die er auf Verletzung von Bundesrecht stützt.
Die Kosten der Teilungsversteigerung stünden im Zusammenhang
mit dem Alleinerwerb der Eigentumswohnung in B, aus der ebenfalls
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt würden.
Außerdem bestünde ein Zusammenhang mit dem
Grundstück in T. Die Teilungsversteigerung hätte auch zur
Folge haben können, dem Kläger als möglichem
Käufer Alleineigentum zu vermitteln, so dass er ungeteilt die
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung hätte erzielen
können. Jedenfalls seien die Aufwendungen als
außergewöhnliche Belastungen nach den
Maßstäben des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom
12.5.2011 VI R 42/10 (BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 = SIS 11 22 60) zu berücksichtigen.
|
|
|
6
|
Der Kläger beantragt
sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben, den
Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 23.6.2010 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 10.4.2012 zu ändern und die
Einkommensteuer für 2009 neu festzusetzen, indem das zu
versteuernde Einkommen um 1.656 EUR gemindert wird.
|
|
|
7
|
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
|
|
|
8
|
II. Die Revision ist unbegründet und nach
§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
zurückzuweisen. Zutreffend hat das FG es abgelehnt, die
Aufwendungen im Zusammenhang mit der Teilungsversteigerung
steuermindernd zu berücksichtigen. Es handelt sich dabei weder
um Werbungskosten (1.) noch um außergewöhnliche
Belastungen (2.).
|
|
|
9
|
1. Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1
Satz 1 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Streitjahres (EStG)
sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart
Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie bei ihr erwachsen,
und das heißt, durch sie veranlasst sind (ständige
Rechtsprechung, vgl. z.B. das BFH-Urteil vom 28.9.2010 IX R 42/09,
BFHE 230, 567, BStBl II 2011, 271 = SIS 10 36 37). Daran fehlt es
z.B., soweit die Aufwendungen ganz überwiegend durch die nicht
steuerbare Veräußerung des Mietwohnobjekts veranlasst
sind (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 24.1.2012
IX R 16/11, BFH/NV 2012, 1108 = SIS 12 15 58, m.w.N.).
|
|
|
10
|
Nach diesen Maßstäben hat das FG
zutreffend einen Zusammenhang der Aufwendungen mit den
Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgelehnt.
|
|
|
11
|
a) Ein Zusammenhang mit den Einkünften
aus der Vermietung des Grundstücks in T, dessen
Teilungsversteigerung beantragt wurde, besteht nicht. Denn die
Teilungsversteigerung zielte zunächst - wie das FG zutreffend
hervorhebt - darauf ab, die Vermietungstätigkeit des
Klägers zu beenden. Die rein hypothetische Annahme, er
könnte letztlich als möglicher Käufer das
Alleineigentum an dem Grundstück erwerben, vermag einen
wirtschaftlichen Zusammenhang mit möglichen künftigen
Einnahmen nicht zu begründen. Ferner war nach den
Feststellungen des FG, die den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO
binden, allein die persönliche Entscheidung des Klägers
das auslösende Moment für den Aufwand, dass ihm eine
Fortsetzung der Gemeinschaft mit seiner geschiedenen Ehefrau nicht
zumutbar erschien und er eine gütliche Entscheidung nicht
abwarten wollte. Da deshalb allein die private Lebensführung
(§ 12 Nr. 1 EStG) Ursache für den Aufwand war, darf er
bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht
abgezogen werden.
|
|
|
12
|
b) Ein Zusammenhang des durch den Antrag auf
Teilungsversteigerung verursachten Aufwands mit den aus der
Eigentumswohnung in B erzielten Einkünften aus Vermietung und
Verpachtung besteht ebenfalls nicht. Es mag offenbleiben, inwieweit
die Vereinbarung im Scheidungsverfahren zu Anschaffungskosten des
Klägers in Bezug auf diese Wohnung führte. Denn er hat
die Teilungsversteigerung über das Grundstück ja nicht
angestrengt, um das Alleineigentum an der Eigentumswohnung in B zu
erlangen, sondern weil er eine gütliche Einigung im
Scheidungsverfahren, zu der es schließlich kam, nicht
abwarten wollte. Das hat mit dem Alleinerwerb der Eigentumswohnung
in B aufgrund der Vereinbarung im Scheidungsverfahren vom 12.
Januar des Streitjahres nichts zu tun.
|
|
|
13
|
c) Schließlich eröffnet auch die
neue Rechtsprechung des Senats zum nachträglichen
Schuldzinsenabzug (BFH-Urteil vom 20.6.2012 IX R 67/10, BFHE 237,
368 = SIS 12 22 67) keinen Werbungskostenabzug der Prozess- und
Anwaltskosten. Maßgeblich für die Gewährung eines
nachträglichen Schuldzinsenabzugs ist die Überlegung,
dass der ursprüngliche Veranlassungszusammenhang zwischen
Aufwand und steuerbaren und steuerpflichtigen Einkünften i.S.
des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG durch eine
Veräußerung der Immobilie nicht automatisch unterbrochen
wird, sondern in bestimmten Fallgestaltungen (anteilig)
fortbestehen kann. Im Gegensatz hierzu sind die Aufwendungen, um
die es hier geht, ausschließlich veranlasst durch die auf
einer privaten Motivation beruhende Entscheidung, die bisher
bestehende, dem Zweck der Einkünfteerzielung dienende
Gemeinschaft aus Gründen der (Un-)Zumutbarkeit aufzulösen
und die Einkünfteerzielung zu beenden. Der Kläger kann
sich daher schon nicht auf einen ursprünglich bestehenden,
einkünftebezogenen Veranlassungszusammenhang berufen; auf die
Frage, ob und ggf. inwieweit ein solcher an einem Surrogat
fortbestehen könnte, kommt es überhaupt nicht an.
|
|
|
14
|
2. Die Aufwendungen sind auch nicht als
außergewöhnliche Belastungen abziehbar.
|
|
|
15
|
Nach § 33 Abs. 1 EStG wird auf Antrag die
Einkommensteuer in bestimmtem Umfang ermäßigt, wenn
einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere
Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der
Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher
Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes
erwachsen (außergewöhnliche Belastung). Aufwendungen
erwachsen dem Steuerpflichtigen dann zwangsläufig, wenn er
sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen
Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den
Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag
nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).
|
|
|
16
|
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des
BFH sind die Kosten nicht in den Zwangsverbund fallender
familienrechtlicher und sonstiger Regelungen im Zusammenhang mit
der Ehescheidung grundsätzlich nicht als
außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.
Eheleute sind in ihrer Entscheidung frei, wie sie ihre
Verhältnisse untereinander güterrechtlich regeln. Deshalb
stellen auch Kosten, die ihnen in Ausübung dieser
Dispositionsfreiheit entstehen, keine unvermeidbare Belastung dar,
die die steuerliche Freistellung des insoweit aufzuwendenden
Einkommens gebietet (vgl. BFH-Urteile vom 30.6.2005 III R 36/03,
BFHE 210, 302, BStBl II 2006, 491 = SIS 05 44 29, und III R 27/04,
BFHE 210, 306, BStBl II 2006, 492 = SIS 05 44 28). Dem folgt auch
der erkennende Senat. Die Aufwendungen sind nicht
zwangsläufig. Die notwendigen vermögensrechtlichen
Regelungen können auch ohne Zivilprozess getroffen werden (so
auch Mellinghoff in Kirchhof, EStG, 11. Aufl., § 33 Rz 54
Stichwort „Ehescheidung“; Blümich/Heger,
§ 33 EStG Rz 233, m.w.N. aus der Rechtsprechung). Darunter
fällt auch die vermögensmäßige
Auseinandersetzung des Klägers mit seiner früheren
Ehefrau über das Grundstück in T.
|
|
|
17
|
b) Die durch den Antrag auf
Teilungsversteigerung entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten sind
auch nicht unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus
rechtlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Aus der
Entscheidung des BFH in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 = SIS 11 22 60 folgt nicht, sämtliche Kosten von Verfahren, bei dem ein
Gericht zu beteiligen ist, als außergewöhnliche
Belastungen zu qualifizieren. Die Unausweichlichkeit von
Prozesskosten ergibt sich für den VI. Senat daraus, dass der
Steuerpflichtige, um sein Recht durchzusetzen, im Verfassungsstaat
des Grundgesetzes den Rechtsweg beschreiten muss (BFH-Urteil in
BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 = SIS 11 22 60, Rz 14).
|
|
|
18
|
Der erkennende Senat muss nicht entscheiden,
ob er dieser Prämisse zustimmen könnte. Selbst wenn er
das Urteil des VI. Senats (in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 =
SIS 11 22 60) anwenden würde, fehlte es im Streitfall bereits
an der Unausweichlichkeit der Aufwendungen. Für den hier
streitigen Antrag auf Teilungsversteigerung ergibt sich dazu
Folgendes: Zwar muss der Steuerpflichtige nach § 753 Abs. 1
Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Zwangsversteigerung
nach den Vorschriften des Gesetzes über die
Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG) beantragen,
für die das Amtsgericht mit der Folge zuständig ist
(§§ 180, 1 ZVG), dass Gerichtskosten notwendigerweise
anfallen. Ob diese Aufwendungen damit aber stets zwangsläufig
i.S. des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG sind, kann hier
unerörtert bleiben. Denn der Kläger war nicht gezwungen,
den Antrag auf Teilungsversteigerung zu stellen. Er konnte sein
Recht auch ohne Zwangsversteigerung durchsetzen, so dass die damit
zusammenhängenden Aufwendungen schon aus diesem Grund nicht
zwangsläufig waren. Wie das FG zutreffend ausführt,
hätte der Kläger die vermögensmäßige
Auseinandersetzung - wie auch geschehen - im Zuge des
Scheidungsverfahrens als Folgesache verlangen können. In der
Tat kam es hier zu einer gütlichen Einigung über die
vermögensmäßige Auseinandersetzung.
|
|
|
19
|
Überdies hat der Kläger - wie dies
das FG für den Senat bindend festgestellt hat - den Antrag auf
Teilungsversteigerung allein aus persönlichen Gründen
gestellt, weil ihm eine Fortsetzung der Gemeinschaft mit seiner
geschiedenen Ehefrau nicht zumutbar erschien und er eine
mögliche gütliche Einigung im Zusammenhang mit dem
Scheidungsverfahren nicht abwarten wollte. Es entspricht nicht dem
Zweck des § 33 EStG, der der verminderten subjektiven
Leistungsfähigkeit des Betroffenen Rechnung tragen will, die
Allgemeinheit durch die Abziehbarkeit von Gerichts- und
Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen an einer
verfrühten, unabgestimmten und damit vermeidbaren
Inanspruchnahme von Gerichten zu beteiligen.
|