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I. Unternehmensgegenstand der Klägerin
und Revisionsklägerin (Klägerin), einer GmbH, war in den
Streitjahren 2003 bis 2005 die Beteiligung an anderen Unternehmen,
die Geschäftsführung von Unternehmen und die
Vermögensverwaltung. Sie erzielte in den Streitjahren
verschiedene Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an
Körperschaften. Im Zuge des Erwerbs und der
Veräußerung dieser Anteile schloss die Klägerin als
sog. Stillhalterin Optionsgeschäfte in Form von Kauf- und
Verkaufsoptionen ab. Für die Einräumung sog. Call- und
Put-Optionen vereinnahmte sie in den Streitjahren
Stillhalterprämien. Im Falle der Ausübung des
Optionsberechtigten veräußerte die Klägerin
anschließend Anteile aus ihrem Bestand oder erwarb neue
Anteile.
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Handelsrechtlich fasste die Klägerin
die Geschäfte über den Erwerb und die
Veräußerung von Anteilen als Grundgeschäft und die
absichernden Optionsgeschäfte als Sicherungsgeschäft
jeweils zu einer Bewertungseinheit zusammen. Das jeweilige
Gesamtergebnis der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung
gebildeten Bewertungseinheiten übernahm sie auch für die
steuerliche Gewinnermittlung; sie begehrte hierfür die
Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 2 des
Körperschaftsteuergesetzes (KStG 2002). Der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) vertrat demgegenüber
- unter Hinweis auf das Schreiben des Bundesministeriums der
Finanzen (BMF) vom 28.4.2003 (BStBl I 2003, 292 = SIS 03 22 94, Tz.
24) und das Senatsurteil vom 18.12.2002 I R 17/02 (BFHE 201, 234,
BStBl II 2004, 126 = SIS 03 19 25) zur bilanziellen Behandlung von
Optionsgeschäften - die Ansicht, dass bei der Ermittlung des
körperschaftsteuerrechtlichen Einkommens ungeachtet handels-
und bilanzsteuerrechtlicher Bewertungseinheiten zwischen dem §
8b Abs. 2 KStG 2002 unterfallenden
Veräußerungsgeschäft an den Anteilen an
Körperschaften einerseits und dem Optionsgeschäft
andererseits zu trennen sei. Als Folge davon blieben die von der
Klägerin vereinnahmten Optionsprämien bei der
Einkommensermittlung nicht nach § 8b Abs. 2 KStG 2002
außer Ansatz.
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Die Klage gegen die dementsprechend
festgestellten verbleibenden Verlustabzüge zur
Körperschaftsteuer auf den 31.12.2003, den 31.12.2004 und den
31.12.2005 hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG)
Düsseldorf wies sie mit (in EFG 2012, 1496 = SIS 12 17 68
abgedrucktem) Urteil vom 13.12.2011 6 K 1209/09 F als
unbegründet ab.
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Ihre Revision stützt die Klägerin
auf Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt
sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben und die
angefochtenen Bescheide dahingehend abzuändern, dass die
verbleibenden Verlustabzüge zur Körperschaftsteuer auf
den 31.12.2003 mit 81.211 EUR, auf den 31.12.2004 mit 211.629 EUR
und auf den 31.12.2005 mit 276.840 EUR festgestellt werden.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet.
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1. Nach § 8b Abs. 2 KStG 2002 bleiben bei
der Ermittlung des Einkommens Gewinne aus der
Veräußerung u.a. eines Anteils an einer
Körperschaft oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim
Empfänger zu Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nrn. 1, 2, 9
und 10 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002)
führen, außer Ansatz.
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2. Erfasst werden hiernach von der
Steuerfreistellung (nur) Anteile an einer Körperschaft, Rechte
zum Bezug entsprechender Anteile hingegen nicht. Das hat der Senat
durch sein Urteil vom 23.1.2008 I R 101/06 (BFHE 220, 352, BStBl II
2008, 719 = SIS 08 17 99) - in Übereinstimmung mit der
Verwaltungspraxis (BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 292 = SIS 03 22 94, Tz. 24) - entschieden und daran hält er
uneingeschränkt fest. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird
deshalb auf dieses Urteil verwiesen; es ist - ebenfalls in
Übereinstimmung mit der zitierten Verwaltungspraxis - auch
für die hier interessierende Frage einschlägig, ob die
als Entgelt für die Optionsbegebung vereinnahmten
Stillhalterprämien in die Steuerfreistellung nach § 8b
Abs. 2 KStG 2002 einzubeziehen sind.
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a) Ausschlaggebend für jene Entscheidung
war vor allem, dass Bezugsrechte bereits dem Regelungswortlaut nach
nicht Gegenstand der Freistellung i.S. von § 8b Abs. 2 KStG
2002 sind. Für die im Streitfall in Rede stehenden
Optionsrechte gilt dasselbe: Optionen sind weder in Gestalt von
Ankaufs- noch von Verkaufsausübungsrechten
„Anteile“ im vorgenannten Sinne. Sie können
damit auch nicht Gegenstand der erfassten
Veräußerungsgewinne sein. Hätte der Gesetzgeber
solche Rechte in den Regelungsbereich des § 8b KStG 2002
einbeziehen wollen, dann wäre es ein Leichtes gewesen, das zum
Ausdruck zu bringen, nicht anders als in § 17 Abs. 1 Satz 3
EStG 2002, wonach Anwartschaften auf einschlägige
Beteiligungen ausdrücklich in den steuerbaren Bereich
aufgenommen werden. Eine solche Anwartschaft soll auch eine
schuldrechtliche Option auf den Erwerb einer Beteiligung
(Call-Option) sein können, wenn und soweit sie die
wirtschaftliche Verwertung des bei der Kapitalgesellschaft
eingetretenen Zuwachses an Vermögenssubstanz ermöglicht
(Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19.12.2007 VIII R 14/06,
BFHE 220, 249, BStBl II 2008, 475 = SIS 08 13 71). Es mag
dahinstehen, ob dem uneingeschränkt beizupflichten ist (anders
z.B. Gosch in Kirchhof, EStG, 12. Aufl., § 17 Rz 17, m.w.N.;
differenzierend Bogenschütz in Spindler/Tipke/Rödder
[Hrsg.], Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für
Harald Schaumburg, 2009, S. 209 ff., 222, 232; Dinkelbach, Recht
der Finanzinstrumente 2012, 270, 274 f.). Jedenfalls fehlt für
§ 8b KStG 2002 die erforderliche tatbestandliche
Anknüpfung.
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b) Wie schon bei den Bezugsrechten gebietet
der Regelungssinn des § 8b Abs. 2 KStG 2002 auch für
Optionsrechte nichts anderes. Denn die Rechtfertigung für die
(uneingeschränkte und typisierende) Freistellung des
Veräußerungsgewinns im sog. Halbeinkünftesystem
liegt darin, dass der Gewinn im wirtschaftlichen Ergebnis
gewissermaßen aufgesummt an die Stelle der anderweitig
verdienten oder zukünftig „verdienbaren“
Dividenden tritt (vgl. dazu Gosch, KStG, 2. Aufl., § 8b Rz 1,
m.w.N.). Bei davon zu unterscheidenden Bezugs- ebenso wie bei
Optionsrechten fehlt es daran aber, weil diese jedenfalls
unmittelbar keine entsprechenden Einnahmen gemäß §
20 Abs. 1 Nrn. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG 2002 beim
Anteilseigner auszulösen vermögen (s. dazu jetzt auch
§ 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG 2008). Nur für entsprechend
qualifizierte Anteilsrechte und deren Veräußerung hat
der Gesetzgeber vermittels des § 8b KStG 2002 die andernfalls
drohende wirtschaftliche Doppelerfassung jedoch beseitigt, für
weitere Rechtspositionen, bei denen „abstrakt“
(so Dinkelbach, ebenda) und allenfalls mittelbar eine derartige
Belastung droht - aber keineswegs zwingend ist, beispielsweise
dann, wenn das Optionsrecht nicht ausgeübt wird und deswegen
verfällt -, hingegen nicht. Die gesetzgeberische Entscheidung
ist auch dann hinzunehmen, wenn aus rechtspolitischer Sicht eine
weiter gehende Befreiung vorstellbar wäre. Auch dazu
genügt es, auf das Senatsurteil in BFHE 220, 352, BStBl II
2008, 719 = SIS 08 17 99 zu verweisen.
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c) In Anbetracht dessen kommt es für die
Frage der Steuerfreistellung auf die handels- wie steuerbilanzielle
Behandlung von Optionsrechten (vgl. dazu auch Senatsurteil in BFHE
201, 234, BStBl II 2004, 126 = SIS 03 19 25), insbesondere ihre
Qualifizierung als Anschaffungskosten, nicht an, ebenso wenig wie
auf die Besteuerung sog. Stillhaltergeschäfte nach
Maßgabe von § 22 Nr. 3 und § 23 Abs. 1 Nr. 4 EStG
2002 (s. dazu z.B. BFH-Beschluss vom 25.5.2010 IX B 179/09, BFH/NV
2010, 1627 = SIS 10 26 41; aufgehoben durch Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts vom 11.10.2010 2 BvR 1710/10, DStR 2010,
2296 = SIS 10 36 56). Es ist gleichermaßen unbeachtlich, dass
Veräußerungsgewinne i.S. von § 8b Abs. 2 KStG 2002
nicht anders als beispielsweise bei § 17 EStG 2002 nach
allgemeinen Grundsätzen ermittelt werden und dass sich im
Rahmen jener Ermittlung auch die Stillhalterprämien auswirken
mögen. Ausschlaggebend ist allein, dass die Einräumung
von Optionsrechten keinen entsprechenden
Veräußerungsvorgang darstellt und dass
Stillhalterprämien in die deshalb insoweit maßgebende
Gewinnermittlung nicht einzubeziehen sind (ebenso z.B.
Schmid/Renner, DStR 2005, 2059, 2060 f.; anders z.B. Herzig, DB
2003, 1459, 1462; Rödder/ Schumacher, DStR 2003, 909, 912;
Gröbl/Adrian in Erle/Sauter, KStG, 3. Aufl., § 8b Rz 117;
Hahne, Steuern und Bilanzen 2008, 181, 184 ff.; Häuselmann,
Die Unternehmensbesteuerung 2008, 391, 400; Helios/Niedrig, DStR
2012, 1301; differenzierend Dötsch/Pung in
Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer,
§ 8b KStG Rz 82: Einbeziehung nur bei Optionsausübung,
nicht aber bei Optionsverfall).
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3. Damit erübrigen sich
Überlegungen, ob es sich bei der Klägerin um ein
Finanzunternehmen handelt, auf welches § 8b Abs. 2 KStG 2002
wegen der in Abs. 7 der Vorschrift enthaltenen Ausnahmen und unter
den dort bestimmten Voraussetzungen ohnehin keine Anwendung findet.
Dafür könnte sprechen, dass die Klägerin die von ihr
nach eigener Darstellung aus dem Verkauf ihres Grundbesitzes
resultierenden liquiden Mittel nur für einen begrenzten
Zeitraum - nämlich den vierjährigen
Rücklagenzeitraum nach Maßgabe von § 6b EStG 2002 -
in Kapitalanteile investiert und diese Anteile sämtlich im
Umlaufvermögen erfasst (und damit möglicherweise zur
Erzielung eines „kurzfristigen
Eigenhandelserfolgs“ i.S. von § 8b Abs. 7 Satz 2
KStG 2002 erworben) hat (s. dazu z.B. Senatsurteile vom 14.1.2009 I
R 36/08, BFHE 224, 242, BStBl II 2009, 671 = SIS 09 09 85; vom
12.10.2011 I R 4/11, BFH/NV 2012, 453 = SIS 12 03 98, und vom
26.10.2011 I R 17/11, BFH/NV 2012, 613 = SIS 12 07 03). Das FG hat
die Anwendbarkeit von § 8b Abs. 2 KStG 2002 allerdings
kurzerhand als „unstreitig“ gestellt und ist dem
nicht weiter nachgegangen.
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