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I. Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) war in den Streitjahren (2001 und 2002)
Eigentümer einer sechs Wohnräume mit einer
Gesamtfläche von 187,7 qm umfassenden Wohnung. Der Kläger
nutzte in den Streitjahren zwei Zimmer (Zimmer Nr. 1 und Nr. 6) mit
einer Gesamtwohnfläche von 54,7 qm selbst; die weiteren vier
Zimmer (Zimmer Nr. 2 bis Nr. 5) mit einer Gesamtwohnfläche von
82,2 qm vermietete der Kläger - teilweise mit kurzen
Unterbrechungen - an verschiedene Untermieter. Die
Gemeinschaftseinrichtungen der Wohnung (Flur, Küche, Bad) mit
einer Gesamtwohnfläche von 50,8 qm wurden von sämtlichen
Bewohnern gemeinsam genutzt.
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In seinen Einkommensteuererklärungen
für die Streitjahre machte der Kläger die auf die Wohnung
entfallenden Gesamtkosten anteilig als Werbungskosten bei seinen
Einkünften aus der Untervermietung der Zimmer Nr. 2 bis 5
geltend. Dabei rechnete er die auf die zur Vermietung
bereitstehenden Zimmer entfallenden Aufwendungen auch für jene
Zeiträume den Vermietungseinkünften zu, in denen diese
Zimmer - vorübergehend - nicht vermietet gewesen waren. Die
auf die Gemeinschaftsflächen entfallenden Gesamtkosten teilte
der Kläger „nach Köpfen“ auf; dabei ging er
davon aus, dass die Wohnung grundsätzlich von ihm selbst sowie
von vier weiteren Personen bewohnt werde. Im Ergebnis ermittelte
der Kläger einen bei seinen Einkünften aus Vermietung und
Verpachtung zu berücksichtigenden Werbungskostenanteil an den
Gesamtkosten in Höhe von 63,45 % für 2001 sowie in
Höhe von 64,6 % für 2002.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) berücksichtigte demgegenüber in den
(geänderten) Einkommensteuerbescheiden für die
Streitjahre lediglich 40,91 % der Gesamtkosten als Werbungskosten
bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und
Verpachtung.
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Die hiergegen gerichtete Klage hatte
teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ging in seinem im DStRE
2012, 157 veröffentlichten Urteil aufgrund der vom Kläger
im finanzgerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen davon aus,
dass das Zimmer Nr. 5 im Streitjahr 2001 und die Zimmer Nr. 3 und 4
im Streitjahr 2002 nicht durchgängig vermietet gewesen waren.
Soweit einzelne Zimmer in den Streitjahren leer gestanden
hätten, seien diese Leerstandszeiten nicht, wie der
Kläger annehme, der Vermietung, sondern der Selbstnutzung
durch den Kläger zuzurechnen. Aufgrund der unmittelbaren
Einbindung der zur Vermietung bereitgehaltenen Zimmer in die
private Wohnsphäre des Klägers fielen nichtvermietete
Zimmer - trotz eines grundsätzlich vorhandenen
Vermietungswillens des Klägers - dem privaten Wohnbereich des
Klägers zu. Demgegenüber seien die Aufwendungen, welche
auf die gemeinsam genutzten Flächen entfielen, nicht, wie das
FA annehme, entsprechend der Wohnfläche, sondern
personenbezogen aufzuteilen, da die Privatnutzung der
Gemeinschaftsflächen nicht im Zusammenhang mit der
Größe der selbstgenutzten Wohnräume stehe. Demnach
sei für das Streitjahr 2001 ein Werbungskostenanteil an den
Gesamtaufwendungen in Höhe von 60,86 % und im Streitjahr 2002
ein Werbungskostenanteil an den Gesamtaufwendungen in Höhe von
52,07 % zu berücksichtigen.
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Mit seiner Revision verfolgt der
Kläger sein Begehren nach Berücksichtigung eines
höheren Werbungskostenanteils an den Gesamtaufwendungen
weiter. Er vertritt insoweit die Auffassung, die Leerstandszeiten
der - bereits seit 1994 untervermieteten - Zimmer Nr. 2 bis 5 seien
nicht der Selbstnutzung durch ihn, sondern der Vermietung
zuzurechnen. Vorübergehend leerstehende Zimmer dienten nicht
privaten Zwecken des Klägers, sondern würden für
eine jederzeitige Neuvermietung bereitgehalten. Bis zu einer
Neuvermietung stünden die freien Zimmer ggf. auch den anderen
Untermietern zur Mitbenutzung zur Verfügung; der Kläger
nutze frei gewordene Zimmer indes nicht selbst.
Untermietverhältnisse dürften nicht anders behandelt
werden als Hauptmietverhältnisse, in denen Leerstandszeiten
bei vorangegangener, auf Dauer angelegter Vermietung stets der
Vermietung zugerechnet würden. Eine anderweitige
Rechtsauffassung sei auch nicht mit der neueren
höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 12 Nr. 1 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) zu vereinbaren. Zu Unrecht habe das
FG auch angenommen, dass das Zimmer Nr. 3 im Zeitraum zwischen
April und Dezember 2002 nicht vermietet gewesen sei; die Mieterin
habe lediglich im Streitjahr fällige Mietzahlungen erst im
Folgejahr geleistet.
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Der Kläger beantragt, das Urteil des
FG vom 7.12.2010 5 K 5235/07 aufzuheben und die
Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre, zuletzt
geändert am 8.2.2011, mit der Maßgabe zu ändern,
dass bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und
Verpachtung ein Werbungskostenanteil für 2001 in Höhe von
63,45 % der Gesamtkosten und für 2002 in Höhe von 64,6 %
der Gesamtkosten steuermindernd berücksichtigt werden.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist begründet; sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der
Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -
FGO - ). Das FG hat die von dem Kläger geltend gemachten, auf
die zur Vermietung bereitstehenden Zimmer Nr. 2 bis 5 entfallenden
Aufwendungen für jene Zeiträume, in denen diese Zimmer
vorübergehend nicht vermietet gewesen waren, zu Unrecht nicht
als Werbungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte aus
Vermietung und Verpachtung berücksichtigt.
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1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG in der in
den Streitjahren geltenden Fassung sind Werbungskosten Aufwendungen
zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Sie sind nach
§ 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und
Verpachtung abzuziehen, wenn sie durch sie veranlasst sind. Fallen
Aufwendungen mit der beabsichtigten Vermietung eines
(leerstehenden) Wohngrundstücks an, bevor mit dem Aufwand
zusammenhängende Einnahmen erzielt werden, können sie als
vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn
ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen
den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht, in deren Rahmen der
Abzug begehrt wird. Die Berücksichtigung von Aufwand als
(vorab entstandene) Werbungskosten bei der Einkunftsart Vermietung
und Verpachtung setzt voraus, dass der Steuerpflichtige sich
endgültig entschlossen hat, aus dem Objekt durch Vermieten
Einkünfte nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erzielen
und diese Entscheidung später nicht aufgegeben hat.
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Danach sind Aufwendungen für eine
Wohnung, die nach vorheriger, auf Dauer angelegter Vermietung leer
steht, auch während der Zeit des Leerstands als Werbungskosten
als abziehbar angesehen, solange der Steuerpflichtige den
ursprünglichen Entschluss zur Einkünfteerzielung im
Zusammenhang mit dem Leerstand der Wohnung nicht endgültig
aufgegeben hat (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11.12.2012
IX R 14/12, zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehen, BFH/NV
2013, 467 = SIS 13 02 78). In vergleichbarer Weise ist nach der
Rechtsprechung des erkennenden Senats bei (in Eigenregie oder durch
Beauftragung eines Dritten) ausschließlich an wechselnde
Feriengäste vermieteten und in der übrigen Zeit
hierfür bereitgehaltenen Ferienwohnungen ohne weitere
Prüfung von der Einkünfteerzielungsabsicht der
Steuerpflichtigen auszugehen; Leerstandszeiten sind auch insoweit
nicht der Eigennutzung, sondern der Vermietungstätigkeit
zuzurechnen (BFH-Urteil vom 21.11.2000 IX R 37/98, BFHE 193, 479,
BStBl II 2001, 705 = SIS 01 03 95, m.w.N.). Demgegenüber ist
bei zumindest teilweise selbstgenutzten Ferienwohnungen die Frage,
ob der Steuerpflichtige mit oder ohne
Einkünfteerzielungsabsicht vermietet hat, anhand einer unter
Heranziehung aller objektiv erkennbaren Umstände zu treffenden
Prognose zu entscheiden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 6.11.2001 IX R
97/00, BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726 = SIS 02 03 94). Die zur
Vermietung von Ferienwohnungen entwickelten Maßstäbe hat
der Senat grundsätzlich auch auf die Vermietung von
Messezimmern oder Messewohnungen angewendet, bei denen
regelmäßig und typischerweise von einem häufigen
Wechsel an Gästen in Verbindung mit Leerstandszeiten
auszugehen ist (BFH-Urteil vom 4.3.2008 IX R 11/07, BFH/NV 2008,
1462 = SIS 08 31 68).
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2. Nach diesen Grundsätzen sind auch
Leerstandszeiten im Rahmen der Untervermietung einzelner Räume
innerhalb der eigenen Wohnung des Steuerpflichtigen jedenfalls dann
nicht der Eigennutzung, sondern der Vermietungstätigkeit
zuzurechnen, wenn ein solcher Raum nach vorheriger, auf Dauer
angelegter Vermietung leer steht und - wie im Streitfall -
feststeht, dass der vorübergehend leer stehende Raum weiterhin
für eine Neuvermietung bereit gehalten wird. Weder die
fehlende räumliche Trennung zum Wohnbereich des
Steuerpflichtigen noch die fehlende Abgeschlossenheit der zur
Vermietung vorgesehenen Räume noch die - theoretische -
jederzeitige Selbstnutzungsmöglichkeit steht in diesen
Fällen der Annahme einer Einkünfteerzielungsabsicht
entgegen; denn Objekt der Vermietung i.S. von § 21 Abs. 1 Satz
1 Nr. 1 EStG ist nicht zwingend eine (abgeschlossene) Wohnung; es
kann sich auch um einen bestimmten Teil eines Grundstücks oder
Gebäudes, einzelne (auch möblierte) Zimmer oder
Räumlichkeiten handeln (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 1462 =
SIS 08 31 68, m.w.N.).
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3. Diesen Maßstäben entspricht die
Vorentscheidung nicht; sie ist daher aufzuheben. Die Sache ist
spruchreif; der Klage ist stattzugeben. Denn nach den
gemäß § 118 Abs. 2 FGO für den Senat bindenden
Feststellungen des FG waren die maßgeblichen, bereits seit
1994 der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und
Verpachtung dienenden Zimmer Nr. 2 bis 5 in den Streitjahren
entweder durchgängig vermietet oder sie wurden für eine
erneute Vermietung - welche in allen Fällen zeitnah erfolgte -
bereit gehalten. Daher sind die vom FG angenommenen
Leerstandszeiten nicht der Eigennutzung durch den Kläger,
sondern dessen Vermietungstätigkeit zuzurechnen; die auf die
zur Vermietung bereit gehaltenen Räume entfallenden anteiligen
Aufwendungen des Klägers stellen Werbungskosten bei dessen
Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dar. Vor diesem
Hintergrund muss auch nicht weiter geklärt werden, ob das
Zimmer Nr. 3 - wie der Kläger behauptet - im Zeitraum zwischen
April und Dezember 2002 vermietet gewesen ist und lediglich die
fälligen Mietzahlungen ausgeblieben sind oder - wovon das FG
ausgegangen ist - insoweit kein Mietverhältnis bestanden hat,
das Objekt aber zur Vermietung bereit gehalten wurde; denn in
beiden Fällen handelt es sich bei dem anteilig auf das Zimmer
entfallenden Aufwand des Klägers um Werbungskosten.
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Die Höhe der Gesamtaufwendungen ist
zwischen den Beteiligten ebenso wenig strittig wie die auf die
vermieteten Räume entfallenden Wohnflächen. Die
Aufwendungen für Gemeinschaftsräume, die sowohl der
eigenen Wohnnutzung des Steuerpflichtigen wie auch der
(entgeltlichen) Nutzung durch die Mieter dienten, hat das FG
zutreffend nach der Zahl der der Haushaltsgemeinschaft
zugehörigen Personen aufgeteilt (vgl. BFH-Urteil vom 25.6.2009
IX R 49/08, BFHE 226, 213, BStBl II 2010, 122 = SIS 09 33 73).
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