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I. Die Kläger und Revisionsbeklagten
(Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte
Eheleute. Der Kläger erzielte im Jahr 2004 (Streitjahr) als
Einzelunternehmer positive Einkünfte aus Gewerbebetrieb in
Höhe von 48.717 EUR. Die Klägerin hatte positive
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Vermietung und
Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen in Höhe von
insgesamt 98.443 EUR sowie negative gewerbliche Einkünfte aus
der Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft in Höhe von ./.
84.160 EUR. Der für den Betrieb des Klägers festgesetzte
Gewerbesteuer-Messbetrag 2004 belief sich auf 369 EUR. Der Beklagte
und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) rechnete diesen
Betrag im Einkommensteuerbescheid 2004 vom 16.3.2009 nicht nach
§ 35 des Einkommensteuergesetzes 2002 in der für das Jahr
2004 geltenden Fassung (EStG) auf die Einkommensteuer an, weil die
Summe der im zu versteuernden Einkommen enthaltenen gewerblichen
Einkünfte nicht größer als 0 EUR sei. Der
Einspruch, der sich später gegen einen Änderungsbescheid
vom 12.6.2009 richtete, hatte keinen Erfolg.
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Das Finanzgericht (FG) gab der
anschließend erhobenen Klage statt und setzte die
Einkommensteuer für das Jahr 2004 herab (EFG 2011, 451 = SIS 10 42 13). Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus,
auch bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten gebe es den
Grundsatz der Individualbesteuerung, der zur Folge habe, dass
für jeden der Ehegatten eine eigene Summe der Einkünfte
zu bilden sei, die erst in einem zweiten Schritt in die Summe der
Einkünfte beider Ehegatten eingehe. Es sei nicht ersichtlich,
weshalb dies im Rahmen des § 35 EStG anders sein sollte. Auch
bei Anwendung dieser Vorschrift sei für jeden Ehegatten eine
eigene Summe der Einkünfte zu bilden. Eine Verrechnung der
positiven gewerblichen Einkünfte des Klägers mit den
negativen der Klägerin sei demnach ausgeschlossen. Zu diesem
Ergebnis komme man auch, wenn man mit der höchstrichterlichen
Rechtsprechung davon ausgehe, dass die Einkünfte zusammen
veranlagter Ehegatten im Anschluss an eine getrennte Ermittlung in
der für die Ehegatten jeweils günstigsten Reihenfolge zu
verrechnen seien (Meistbegünstigungsprinzip).
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Zur Begründung der Revision trägt
das FA vor, der vom FG herangezogene Grundsatz der
Individualbesteuerung komme bei der Anwendung des § 35 EStG
nicht zum Tragen. Das angefochtene Urteil stehe in Widerspruch zum
Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 27.9.2006 X R 25/04 (BFHE
215, 176, BStBl II 2007, 694 = SIS 07 07 63). Darin habe der BFH
die horizontale Verrechnung positiver und negativer gewerblicher
Einkünfte angeordnet.
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Das FA beantragt, das angefochtene Urteil
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Kläger beantragen, die Revision
zurückzuweisen.
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Sie sind der Ansicht, eine horizontale
Verrechnung gewerblicher Verluste zwischen Ehegatten würde zu
einer Benachteiligung führen, da der Verlust, der bei einem
der Ehegatten eingetreten sei, im Wege des Verlustvortrags nach
§ 10a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) dazu führen
würde, dass es im Folgejahr zu einer weiteren Minderung oder
Nichtfestsetzung von Gewerbesteuer-Messbeträgen komme. Damit
würde ein Verlust zweifach berücksichtigt, nämlich
im Entstehungsjahr durch die Verrechnung mit den positiven
gewerblichen Einkünften des Ehegatten und im Folgejahr wegen
des Verlustvortrags. Es komme daher erneut zu einer Minderung des
Anrechnungsvolumens nach § 35 EStG.
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Unter dem 14.12.2010 hat das FA aus nicht
streitbefangenen Gründen einen geänderten
Einkommensteuerbescheid für 2004 erlassen.
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Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung
ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 90 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).
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1. Das angefochtene Urteil ist bereits aus
verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben. Das FA hat unter dem
Datum des 14.12.2010 einen Änderungsbescheid erlassen, so dass
das finanzgerichtliche Urteil gegenstandslos geworden ist (s. z.B.
Senatsurteil vom 19.4.2012 III R 50/08, BFH/NV 2012, 1429 = SIS 12 21 50). Einer Zurückverweisung an das FG nach § 127 FGO
bedarf es jedoch nicht, da sich der bisherige Streitstoff durch den
Änderungsbescheid nicht verändert hat.
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2. Die Rechtsansicht des FG, wonach die
positiven Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb bei
Anwendung des § 35 EStG nicht mit den negativen gewerblichen
Einkünften der Klägerin zu verrechnen seien, hält
einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
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a) Nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 EStG
ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer bei
Einkünften aus gewerblichen Unternehmen i.S. des § 15
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG unter weiteren, hier nicht streitigen
Voraussetzungen um das 1,8fache des festgesetzten
Gewerbesteuer-Messbetrags, soweit sie anteilig auf im zu
versteuernden Einkommen enthaltene gewerbliche Einkünfte
entfällt. Die letztgenannte Einschränkung erfordert die
Zuordnung eines Teils der tariflichen Einkommensteuer zu den
gewerblichen Einkünften. Nur positive gewerbliche
Einkünfte können anteilige Einkommensteuer auslösen,
so dass auf negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb keine
Einkommensteuer „entfällt“. Die im
Streitjahr 2004 geltende Fassung des § 35 EStG enthielt,
anders als die ab dem Veranlagungszeitraum 2008 geltende Fassung
(s. § 52 Abs. 50a EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2008
vom 20.12.2007, BGBl I 2007, 3150), noch keine ausdrückliche
Regelung zur Ermittlung des auf die gewerblichen Einkünfte
entfallenden Anteils der tariflichen Einkommensteuer. Nach dem
BFH-Urteil in BFHE 215, 176, BStBl II 2007, 694 = SIS 07 07 63, dem
sich der Senat anschließt, ergibt er sich bei zusammen zur
Einkommensteuer veranlagten Ehegatten aus dem Verhältnis der
gewerblichen Einkünfte zur Summe der Einkünfte (§ 2
Abs. 3 EStG) beider Ehegatten. Dabei ist eine Saldierung zwischen
den positiven und negativen gewerblichen Einkünften eines
Ehegatten vorzunehmen (BFH-Urteil in BFHE 215, 176, BStBl II 2007,
694 = SIS 07 07 63).
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b) Entsprechendes gilt für den
Streitfall, auch wenn das zitierte BFH-Urteil zu einem Sachverhalt
ergangen ist, in dem, anders als im Streitfall, positive und
negative gewerbliche Einkünfte ausschließlich bei einem
der beiden Ehegatten angefallen waren. Der abweichende Sachverhalt
rechtfertigt keine andere Berechnungsmethode. Im Streitfall
entfällt keine Einkommensteuer auf gewerbliche Einkünfte,
da diese letztlich mit einem negativen Betrag in die Summe der
Einkünfte der zusammen veranlagten Kläger eingegangen
sind. Der Saldo der positiven gewerblichen Einkünfte des
Klägers und der negativen gewerblichen Einkünfte der
Klägerin war negativ, so dass in der Summe der Einkünfte
keine gewerblichen Einkünfte enthalten waren, auf die anteilig
Einkommensteuer hätte entfallen können.
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c) Eine Meistbegünstigung dergestalt,
dass die negativen gewerblichen Einkünfte der Klägerin
bei der Anwendung des § 35 EStG durch Verrechnung mit ihren
positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten vorab
verbraucht werden, so dass die positiven gewerblichen
Einkünfte des Klägers ungeschmälert für eine
Gewerbesteueranrechnung nach § 35 EStG zur Verfügung
stehen, findet im Gesetz keine Stütze. Eine
Meistbegünstigung hat der BFH im Urteil in BFHE 215, 176,
BStBl II 2007, 694 = SIS 07 07 63 für Fälle bejaht, in
denen es um die Verrechnung von negativen nichtgewerblichen
Einkünften mit positiven Einkünften des Steuerpflichtigen
oder seines Ehegatten geht. Da dem Gesetz keine Reihenfolge zu
entnehmen ist, billigte der BFH eine Vorabverrechnung von negativen
nichtgewerblichen Einkünften des einen Ehegatten mit positiven
nichtgewerblichen des anderen, so dass die positiven gewerblichen
Einkünfte des einen Ehegatten ungeschmälert für eine
Gewerbesteueranrechnung nach § 35 EStG zur Verfügung
standen. Diese Art von Meistbegünstigung ist mit dem Wortlaut
des § 35 Abs. 1 EStG vereinbar. Dagegen lässt sich die
Vorabverrechnung von negativen gewerblichen Einkünften eines
Ehegatten mit positiven nichtgewerblichen Einkünften, die dazu
führen soll, dass positive gewerbliche Einkünfte des
anderen Ehegatten ungekürzt für eine
Steuerermäßigung nach § 35 EStG zur Verfügung
stehen, nicht mit dem Wortlaut der Vorschrift in Einklang bringen.
Ergibt sich kein positiver Saldo aus den gewerblichen
Einkünften beider Ehegatten, so sind in ihrem zu versteuernden
Einkommen (§ 2 Abs. 5 Satz 1 EStG) keine Einkünfte aus
Gewerbebetrieb enthalten, auf die anteilig Einkommensteuer
entfallen könnte (ebenso Kaeser/Maunz, in:
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 35 Rz B 58; Derlien in
Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 35
Rz 93; Ritzer/Stangl in Frotscher, EStG, Stand 11/2003, § 35
Rz 63; a.A. Schmidt/Glanegger, EStG, 26. Aufl. 2007, § 35 Rz
13). Daran ändert auch nichts der Umstand, dass die
Einkünfte von Ehegatten, die sich für die
Zusammenveranlagung entschieden haben (§ 26 Abs. 1, § 26b
EStG), nach dem Prinzip der Individualbesteuerung zunächst
gesondert ermittelt und erst anschließend zusammengerechnet
werden (BFH-Urteil vom 21.2.2006 IX R 79/01, BFHE 212, 456, BStBl
II 2006, 598 = SIS 06 25 21).
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d) Der Einwand, wonach eine Verrechnung der
negativen gewerblichen Einkünfte der Klägerin mit den
positiven gewerblichen Einkünften des Klägers zur Folge
habe, dass sich die negativen gewerblichen Einkünfte der
Klägerin wegen des Verlustvortrags nach § 10a GewStG ein
weiteres Mal nachteilig für eine Gewerbesteueranrechnung nach
§ 35 EStG auswirkten, führt zu keiner anderen
Betrachtung. Wird im Jahr nach der Entstehung eines gewerblichen
Verlustes kein Gewerbesteuer-Messbetrag festgesetzt, weil ein
positiver Gewerbeertrag wegen eines Verlustvortrags ausgeglichen
wird, entsteht im Folgejahr keine Belastung mit Gewerbesteuer, die
eine Anrechnung nach § 35 EStG rechtfertigen könnte. Zu
einer „doppelten“ nachteiligen
Berücksichtigung des gewerblichen Verlustes der Klägerin
kommt es daher im Streitfall nicht.
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