1
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I. Streitig ist die gewinnerhöhende
Auflösung einer Rücklage.
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Die Kläger und Revisionsbeklagten
(Kläger) sind miteinander verheiratet. Sie werden für das
Streitjahr 1996 getrennt und für das Streitjahr 1997 zusammen
veranlagt.
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3
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Der Kläger ist Eigentümer eines
in B belegenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Den
forstwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftete der Kläger
selbst. Die zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden
Flächen verpachtete er in den Streitjahren im Ganzen. Die
Pachteinnahmen erfasste der Kläger als Einkünfte aus
Land- und Forstwirtschaft. Die Gewinne aus Land- und
Forstwirtschaft ermittelte er durch Bestandsvergleich nach § 4
Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
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4
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Gewinne aus Flächenverkäufen in
dem Wirtschaftsjahr 1992/93 hatte der Kläger in eine
Rücklage gemäß § 6b EStG in Höhe von
508.649 DM eingestellt. Die Rücklage übertrug er sodann
in voller Höhe auf das im Juli 1996 erworbene
landwirtschaftliche, ca. 16 ha umfassende Grundstück BA (im
Weiteren Grundstück) und löste insoweit die Rücklage
in der Bilanz auf den 30.6.1997 auf.
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5
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Das Grundstück war bereits zum
Zeitpunkt des Erwerbs bis zum 30.9.2002 an den Landwirt X
verpachtet. Dieser hatte seinerseits eine Teilfläche von 6 ha
an den Landwirt Y unterverpachtet. Nach zunächst
stillschweigenden Verlängerungen sind die Pachtverträge
zum 30.9.2005 gekündigt worden. Ab dem 1.10.2005
bewirtschaftet der Kläger das Grundstück selber.
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6
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Im Rahmen einer Außenprüfung
vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die Einkünfte aus
der Verpachtung des Grundstücks als solche aus Vermietung und
Verpachtung zu erfassen seien, da das Grundstück u.a. wegen
der Entfernung zu der Hofstelle in B (ca. 80 bis 90 km) kein
Betriebsvermögen sei. Eine Übertragung der im
Wirtschaftsjahr 1992/93 gebildeten Rücklage auf das
Grundstück komme daher nicht in Betracht. Vielmehr sei die
Rücklage in voller Höhe (= 508.649 DM) im Wirtschaftsjahr
1996/97 gewinnerhöhend aufzulösen und ein Gewinnzuschlag
gemäß § 6b Abs. 7 EStG in Höhe von 122.075 DM
zu erfassen.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) folgte den Prüfungsfeststellungen und
erließ entsprechend geänderte Einkommensteuerbescheide
für die Streitjahre.
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8
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Der nach erfolglosem Einspruchsverfahren
erhobenen Klage des Klägers betreffend den
Einkommensteuerbescheid 1996 und der Klage der Kläger
betreffend den Einkommensteuerbescheid 1997 gab das Finanzgericht
(FG) statt. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus,
dass die Rücklage in Höhe von 508.649 DM auf das
Grundstück habe übertragen werden können, da dieses
zum notwendigen landwirtschaftlichen Betriebsvermögen des
Klägers gehöre. Der Kläger habe seinen
landwirtschaftlichen Betrieb in B seit 1982 verpachtet, ohne eine
Betriebsaufgabe zu erklären. Die verpachteten Flächen
seien daher notwendiges Betriebsvermögen geblieben. Auch der
Verpächter könne die Zusammensetzung seines
Verpachtungsbetriebs verändern. Die vom Kläger
hinzuerworbenen Flächen seien dem notwendigen
Betriebsvermögen des bestehenden Verpachtungsbetriebs
zuzuordnen, weil dieser dadurch unmittelbar erweitert und
verstärkt werde. Unerheblich sei, dass die Flächen im
Zeitpunkt des Zukaufs verpachtet gewesen seien. Denn auch diese
Flächen hätten angesichts der Größe von 16 ha
eine erhebliche Bedeutung für den Verpachtungsbetrieb und
seien geeignet, diesem zu dienen. Dem Zeitfaktor bis zur Aufnahme
der Eigenbewirtschaftung messe der Senat keine
entscheidungserhebliche Bedeutung zu.
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9
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Die vollständigen Urteilsgründe
sind in EFG 2009, 1020 = SIS 09 16 76 abgedruckt.
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Gegen die Vorentscheidung richtet sich die
Revision des FA, mit der es die Verletzung von Bundesrecht
rügt. Das Grundstück gehöre nicht zum
Anlagevermögen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs.
Es stelle keinen eigenen Betrieb dar, da dem Kläger mangels
vorangegangener Selbstbewirtschaftung ein Verpächterwahlrecht
nicht zugestanden habe. Für die Annahme der
Betriebsvermögenseigenschaft könne auch nicht allein auf
die behauptete Eigenbewirtschaftungsabsicht abgestellt werden. Bei
dem Erwerb verpachteter Flächen sei zudem erforderlich, dass
die Eigenbewirtschaftung alsbald übernommen werde und sich in
einem überschaubaren Zeitraum verwirklichen lasse. Daran fehle
es im Streitfall.
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11
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Das Grundstück könne auch nicht
als notwendiges oder gewillkürtes Betriebsvermögen dem
Betrieb in B zugeordnet werden. Für die Frage, ob ein
einheitlicher Betrieb vorliege, sei nach der Rechtsprechung auf die
Entfernung und die Verflechtung der Betriebsteile abzustellen. Nach
diesen Kriterien liege ein einheitlicher Berieb nicht vor. Die
Entfernung sei zu groß und es fehle auch an der sachlichen
Verflechtung, da der Kläger in die Rechte und Pflichten des
langfristigen, bis zum 30.9.2002 laufenden Pachtvertrags
eingetreten sei. Das Grundstück sei auch zu keinem Zeitpunkt
an den Pächter der Flächen in B verpachtet worden. Erst
seit dem 1.10.2005 werde das Grundstück durch einen
beauftragten Lohnunternehmer selbstbewirtschaftet. Der Betrieb in B
werde weiterhin im Ganzen verpachtet. Es fehle mithin an einer
funktionellen Verknüpfung des Grundstücks mit dem Betrieb
in B. Die Rechtsprechung zu der parzellenweisen Verpachtung sei im
Streitfall nicht einschlägig. Zwar führe die
parzellenweise Verpachtung ohne Aufgabeerklärung nicht zur
Betriebsaufgabe. Die Rechtsprechung knüpfe aber an das
Bestehen eines einheitlichen Betriebs an. Daran fehle es im
Streitfall.
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Das FA beantragt (sinngemäß),
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klagen als unbegründet
abzuweisen.
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Die Kläger beantragen
(sinngemäß), die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
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Anders als das FA irrtümlich behauptet
habe, bewirtschafte der Kläger auch seinen Betrieb in B seit
dem 1.10.2005 aktiv durch Lohnunternehmen.
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In Übereinstimmung mit der
Vorentscheidung gehöre das Grundstück zum notwendigen
Betriebsvermögen eines einheitlichen Betriebs. Aus der
Gleichstellung von aktiven und verpachteten Betrieben hinsichtlich
der Betriebsvermögenseigenschaft folge auch die Gleichstellung
bei betrieblichen Umstrukturierungen und Anpassungen. Das
Grundstück sei objektiv zur Nutzung in dem
landwirtschaftlichen Betrieb in B geeignet. Die Entfernung zum
Betrieb in B stehe der Annahme eines einheitlichen Betriebs nicht
entgegen. Ein tradiertes Betriebsverständnis von der
Bewirtschaftung arrondierter Flächen von einer zentralen
Hofstelle aus sei in Zeiten von Bewirtschaftungsverträgen und
Lohnunternehmen überholt. Die wirtschaftliche Verflechtung
einzelner Teilparzellen zum Gesamtbetrieb sei bei reinen
Ackerbaubetrieben von vornherein schwächer, sie ergebe sich im
Wesentlichen aus einer zentralen Anbauplanung, Verwaltung und
Vermarktung. Diese Tätigkeiten erfolgten seit Aufnahme der
Selbstbewirtschaftung in B von dort aus. Bei forstwirtschaftlichen
Betrieben gelte in der Verwaltungspraxis bereits seit längerem
eine großzügigere Handhabung in der Frage der
Einheitlichkeit von Betrieben.
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Aber selbst wenn mit dem
Grundstückserwerb die Entstehung eines weiteren
landwirtschaftlichen Betriebs anzunehmen wäre, sei das
Vorliegen von notwendigem Betriebsvermögen zu bejahen.
Abzustellen sei auf die Vorstellung und Absicht des Klägers im
Erwerbszeitpunkt. Das Grundstück sei danach dem notwendigen
Betriebsvermögen zuzuordnen, da der Kläger beabsichtigt
habe, das Grundstück auf absehbare Zeit selbst zu
bewirtschaften. Der Kläger sei an der unmittelbaren Aufnahme
der Selbstbewirtschaftung durch die laufenden Pachtverträge
verhindert gewesen. Mangels zeitlicher Vorgaben in der
Rechtsprechung sei auf die übrigen Indizien einer
beabsichtigten Selbstbewirtschaftung abzustellen. Insoweit sei zu
berücksichtigen, dass der Kläger als studierter Land- und
Forstwirt über die notwendigen Fähigkeiten verfüge,
das Grundstück objektiv für die landwirtschaftliche
Nutzung geeignet gewesen und es in die Bilanz des Betriebs B
aufgenommen worden sei.
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Die Verzögerung der
Selbstbewirtschaftung über das Ende des Pachtvertrags im Jahr
2002 hinaus sei durch notwendige Umstrukturierungen in den
übrigen Betrieben des Klägers bedingt gewesen. Das
Grundstück sei daher kurzfristig bis 2005 weiterverpachtet
worden. Die durch spätere Ereignisse bedingte Verzögerung
dürfe dem Kläger aber nicht zum Nachteil gereichen.
Abzustellen sei nur auf die im Erwerbs- bzw. Bilanzierungszeitpunkt
glaubhaft gemachte Zuordnungsentscheidung.
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Sollte das Grundstück nicht dem
notwendigen Betriebsvermögen zuzuordnen sein, stelle es
jedenfalls gewillkürtes Betriebsvermögen dar. Das
Grundstück sei objektiv geeignet, dem Betrieb in B zu dienen
und diesen zu fördern. Der Kläger habe durch die
bilanzielle Erfassung des Grundstücks auch eine eindeutige
Zuordnungsentscheidung getroffen. Bei einem aktiv tätigen
Land- und Forstwirt sei ein sachlicher Zusammenhang bereits
gegeben, wenn die objektive Möglichkeit einer land- und
forstwirtschaftlichen Nutzung bestehe. Auch der Kläger sei
ohne Unterbrechung aktiver Forstwirt gewesen. Schließlich sei
es auch sachlich nicht gerechtfertigt, bei land- und
forstwirtschaftlichen Betrieben höhere Anforderung an die
Bildung von gewillkürtem Betriebsvermögen zu stellen als
bei Gewerbebetrieben.
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Das erworbene Grundstück könne
schließlich nicht dem notwendigen Privatvermögen
zugeordnet werden.
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II. Die Revision des FA ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1
Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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21
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Die Annahme des FG, die nach § 6b Abs. 3
EStG gebildete Rücklage könne auf das im Juli 1996
erworbene Grundstück übertragen werden, da dieses dem
notwendigen Betriebsvermögen des verpachteten
landwirtschaftlichen Betriebs in B zuzuordnen sei, hält einer
revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Die Feststellungen
des FG lassen auch keine Beurteilung zu, ob das Grundstück dem
gewillkürten Betriebsvermögen des landwirtschaftlichen
Betriebs in B zugeordnet werden kann.
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22
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1. Gemäß § 6b Abs. 3 EStG
können Steuerpflichtige, wenn sie bei Veräußerung
in § 6b Abs. 1 Satz 1 EStG aufgeführter
Wirtschaftsgüter eine gewinnmindernde Rücklage gebildet
haben, von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bestimmter in
§ 6b Abs. 1 Satz 2 EStG genannter Wirtschaftsgüter, die
in den folgenden vier Wirtschaftsjahren angeschafft oder
hergestellt worden sind, einen Betrag bis zur Höhe der
Rücklage abziehen. Im Gegenzug ist die Rücklage insoweit
aufzulösen. Sind keine Reinvestitionsobjekte angeschafft oder
hergestellt worden und ist die Rücklage am Schluss des vierten
auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahrs noch vorhanden, so ist
sie nach § 6b Abs. 3 Satz 5 EStG in diesem Zeitpunkt
gewinnerhöhend aufzulösen.
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23
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Die Übertragung der Rücklage kommt
nur dann in Betracht, wenn ein Reinvestitionsobjekt i.S. des §
6b Abs. 1 Satz 2 EStG bis zum Ablauf der vierjährigen
Reinvestitionsfrist angeschafft oder hergestellt wird (§ 6b
Abs. 3 Satz 2 EStG). Voraussetzung ist aber u.a., dass die
angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter zum
Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte des
Steuerpflichtigen gehören (§ 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 3
EStG).
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a) Nach § 6b Abs. 3 Satz 1 EStG konnte
der Kläger den Gewinn aus der Veräußerung der dem
Betriebsvermögen zugehörigen landwirtschaftlichen
Grundstücke im Wirtschaftsjahr 1992/93 in eine Rücklage
einstellen. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
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b) Zum Betriebsvermögen gehören alle
Wirtschaftsgüter, die aus betrieblicher Veranlassung
angeschafft, hergestellt oder eingelegt werden. Eine betriebliche
Veranlassung liegt vor, wenn ein objektiver wirtschaftlicher und
tatsächlicher Zusammenhang mit dem Betrieb besteht (Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 6.3.1991 X R 57/88, BFHE 164, 246,
BStBl II 1991, 829 = SIS 91 16 17). Wirtschaftsgüter des
Betriebsvermögens (§ 4 Abs. 1, § 5 EStG) können
solche des notwendigen oder des gewillkürten
Betriebsvermögens sein.
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26
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aa) Wirtschaftsgüter sind notwendiges
Betriebsvermögen, wenn und soweit sie unmittelbar für
eigene betriebliche Zwecke genutzt werden. Sie müssen objektiv
erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb selbst bestimmt
sein. Das Wirtschaftsgut muss, wenn auch nicht unentbehrlich oder
notwendig im Sinne von „erforderlich“, so doch
in gewisser Weise auf den Betriebsablauf bezogen und ihm zu dienen
bestimmt sein (BFH-Urteile vom 19.2.1987 IV R 175/85, BFHE 149,
193, BStBl II 1987, 430 = SIS 87 12 10, und in BFHE 164, 246, BStBl
II 1991, 829 = SIS 91 16 17, m.w.N.). Abzustellen ist auf die
tatsächliche Zweckbestimmung, also die konkrete Funktion des
Wirtschaftsguts im Betrieb (vgl. BFH-Urteil vom 22.1.1981 IV R
107/77, BFHE 133, 168, BStBl II 1981, 564 = SIS 81 19 34). Die
Bestimmung erfordert eine endgültige Funktionszuweisung; dies
ist auch schon die abschließende Bestimmung, dass das
Wirtschaftsgut in Zukunft betrieblich genutzt wird. An dieser
Voraussetzung fehlt es, wenn der Einsatz des Wirtschaftsguts im
Betrieb erst als möglich in Betracht kommt, aber noch nicht
sicher ist (BFH-Urteil in BFHE 164, 246, BStBl II 1991, 829 = SIS 91 16 17).
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27
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bb) Wirtschaftsgüter können dem
gewillkürten Betriebsvermögen zugeordnet werden, wenn sie
in einem gewissen objektiven Zusammenhang zu dem Betrieb stehen und
ihn zu fördern bestimmt und geeignet sind. Des Weiteren muss
der Unternehmer seinen Zuordnungswillen klar bekunden (BFH-Urteil
vom 15.4.1981 IV R 129/78, BFHE 133, 282, BStBl II 1981, 618 = SIS 81 20 12, m.w.N.).
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28
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c) Zum Betriebsvermögen einer aktiv
bewirtschafteten Land- und Forstwirtschaft gehört demnach der
vom Land- und Forstwirt bewirtschaftete Grund und Boden; er stellt
die wesentliche Betriebsgrundlage dar. Hinzuerworbene
Wirtschaftsgüter sind notwendiges Betriebsvermögen, wenn
und soweit sie unmittelbar für eigene betriebliche Zwecke
genutzt werden. Sie müssen objektiv erkennbar zum
unmittelbaren Einsatz im Betrieb selbst bestimmt sein. Das
erfordert die abschließende Bestimmung, dass das
Wirtschaftsgut in Zukunft betrieblich genutzt wird. Von einem aktiv
tätigen Landwirt zur eigenen Bewirtschaftung erworbene
landwirtschaftliche Nutzflächen sind daher notwendiges
Betriebsvermögen. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn
die hinzuerworbenen Grundstücke noch verpachtet sind. Die
Zuordnung zum notwendigen Betriebsvermögen setzt in diesem
Fall aber voraus, dass der Landwirt seinen Willen zur
beabsichtigten eigenbetrieblichen Nutzung der erworbenen
Grundstücke eindeutig bekundet und sich dieser
Bewirtschaftungswille in einem überschaubaren Zeitraum, z.B.
durch Kündigung der Pachtverhältnisse, auch
tatsächlich verwirklichen lässt (BFH-Urteile vom
12.9.1991 IV R 14/89, BFHE 165, 518, BStBl II 1992, 134 = SIS 92 05 11; vom 17.6.1993 IV R 110/91, BFHE 171, 481, BStBl II 1993, 752 =
SIS 93 20 36, und vom 24.9.1998 IV R 1/98, BFHE 187, 42, BStBl II
1999, 55 = SIS 99 04 32). Ist eine sofortige eigenbetriebliche
Nutzung eines Grundstücks in einem überschaubaren
Zeitraum nicht möglich, weil es z.B. noch langfristig an einen
anderen Landwirt verpachtet ist, kommt eine Zuordnung zum
notwendigen Betriebsvermögen nicht in Betracht. Als
überschaubaren Zeitraum, bis zu dem eine Eigenbewirtschaftung
erfolgen muss, sieht der Senat einen Zeitraum von bis zu zwölf
Monaten an (so bereits erwogen im Urteil in BFHE 165, 518, BStBl II
1992, 134 = SIS 92 05 11).
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29
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Ist eine eigenbetriebliche Nutzung in einem
überschaubaren Zeitraum nicht möglich, kann das
verpachtete Grundstück jedoch, soweit eine eindeutige
Zuweisung zum Betrieb vorliegt, als gewillkürtes
Betriebsvermögen behandelt werden.
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d) Auch der Verpächter eines
zunächst eigenbewirtschafteten land- und forstwirtschaftlichen
Betriebs kann die Zusammensetzung des Betriebsvermögens seines
fortgeführten Betriebs - wie ein aktiv wirtschaftender Land-
und Forstwirt - ändern (BFH-Urteile vom 26.3.1991 VIII R
104/87, BFH/NV 1991, 671, unter 2.b, und vom 28.11.1991 IV R 58/91,
BFHE 167, 19, BStBl II 1992, 521 = SIS 92 11 20).
Wirtschaftsgüter, die der Verpächter für seinen
verpachteten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb neu anschafft
und dem Pächter zur Nutzung im Rahmen des
Pachtverhältnisses überlässt, gehören zum
notwendigen Betriebsvermögen des verpachteten Betriebs (vgl.
BFH-Urteil in BFH/NV 1991, 671). Auch durch hinzukommende
landwirtschaftliche Nutzflächen wird der Verpachtungsbetrieb
unmittelbar erweitert und verstärkt. Nach Ablauf der Pachtzeit
kann der Eigentümer bzw. sein Rechtsnachfolger den -
vergrößerten - Betrieb wieder selbst bewirtschaften.
Eine vom Verpächter später hinzugekaufte
landwirtschaftliche Nutzfläche wird daher notwendiges
Betriebsvermögen des verpachteten Betriebs, wenn sie nach dem
Erwerb in das bestehende Pachtverhältnis einbezogen wird
(BFH-Urteil in BFHE 187, 42, BStBl II 1999, 55 = SIS 99 04 32). Ist
sie im Zeitpunkt des Erwerbs noch an einen fremden Landwirt
verpachtet, macht es keinen Unterschied, ob die Nutzflächen
für die Verstärkung eines eigenbewirtschafteten oder
eines verpachteten Betriebs erworben werden. Entsprechend wird auch
ein landwirtschaftlicher Betrieb nicht zerschlagen, wenn die
landwirtschaftlichen Nutzflächen bei Beendigung der
Eigenbewirtschaftung parzellenweise an mehrere Landwirte verpachtet
werden. Die Annahme notwendigen Betriebsvermögens setzt aber
wie bei der Eigenbewirtschaftung voraus, dass das hinzuerworbene
verpachtete Grundstück geeignet und endgültig dazu
bestimmt ist, dem verpachteten land- und forstwirtschaftlichen
Betrieb auf Dauer zu dienen (BFH-Urteil in BFHE 187, 42, BStBl II
1999, 55 = SIS 99 04 32). Daneben muss eine Bewirtschaftung durch
den Pächter des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs in
einem überschaubaren Zeitraum möglich sein. Als
überschaubaren Zeitraum, bis zu dem eine Bewirtschaftung durch
den Pächter möglich sein muss, sieht der Senat auch bei
einem Verpachtungsbetrieb einen Zeitraum von bis zu zwölf
Monaten an.
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Ist eine Nutzung eines hinzuerworbenen
Grundstücks in einem überschaubaren Zeitraum in dem
bestehenden Pachtbetrieb nicht möglich, weil es z.B. noch
langfristig an einen anderen Landwirt verpachtet ist, kann es,
soweit eine eindeutige Zuweisung zum Verpachtungsbetrieb vorliegt,
als gewillkürtes Betriebsvermögen behandelt werden.
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e) Die Zuordnung eines hinzuerworbenen
Grundstücks zum notwendigen oder zum gewillkürten
Betriebsvermögen eines aktiv bewirtschafteten oder eines
verpachteten Land- und Forstwirtschaftsbetriebs setzt des Weiteren
voraus, dass es in einer gewissen räumlichen Nähe zu dem
land- und forstwirtschaftlichen Betrieb liegt.
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Betrieb i.S. des § 13 EStG ist in
Anlehnung an das Bewertungsgesetz (BewG) die wirtschaftliche
Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (§
33 Abs. 1 BewG). Der Umfang einer wirtschaftlichen Einheit ist
gemäß § 2 Abs. 1 Sätze 3 und 4 BewG nach der
Verkehrsanschauung zu bestimmen, wobei örtliche Gewohnheit,
tatsächliche Übung und die Zweckbestimmung sowie
wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen
Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen sind. Es ist deshalb
für die Frage, was noch zu einem einheitlichen Betrieb der
Land- und Forstwirtschaft gehört, eine Gesamtwürdigung
der betrieblichen Verhältnisse vorzunehmen (BFH-Urteil vom
10.4.1997 IV R 48/96, BFH/NV 1997, 749 = SIS 97 22 27). Dafür
ist bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben insbesondere zu
beurteilen, ob ein wirtschaftlicher, finanzieller und
organisatorischer Zusammenhang gegeben ist, ob es sich um
gleichartige oder ungleichartige Betätigungen handelt, ob mit
jeweils für einen selbständig existenzfähigen
Betrieb ausreichenden Betriebsflächen von einer oder mehrerer
Hofstellen aus mit jeweils den gleichen oder jeweils anderen
Sachmitteln und Arbeitskräften gewirtschaftet wird oder nicht
(BFH-Urteil vom 13.10.1988 IV R 136/85, BFHE 154, 442, BStBl II
1989, 7 = SIS 89 03 08, m.w.N.). Nach der Verkehrsanschauung und
auch im Hinblick auf organisatorische Erschwernisse ist
insbesondere die räumliche Entfernung ein Umstand, der in die
Gesamtwürdigung einzubeziehen ist. Ihm kommt umso weniger
Gewicht zu, je intensiver der Leistungsaustausch zwischen den
Betriebsteilen und deren organisatorische und sachliche Verzahnung
sind. Umgekehrt steigen mit zunehmender Entfernung die
Anforderungen an die Intensität der Verknüpfung der
Betriebsteile. Der strukturelle Wandel der Landwirtschaft, die
nicht mehr vom Leitbild des arrondierten Hofes geprägt ist,
lässt es dabei im Einzelfall auch denkbar erscheinen, dass
auch größere Entfernungen das Gesamtbild eines
einheitlichen Betriebs nicht hindern (BFH-Urteil in BFH/NV 1997,
749 = SIS 97 22 27). So hat der erkennende Senat auch in seinem
Urteil in BFH/NV 1997, 749 = SIS 97 22 27 eine Höchstgrenze
von 40 km unter Rückgriff auf die Regelung in § 51a Abs.
1 Satz 1 Nr. 3 BewG abgelehnt und ausgeführt, dass es eine
höchstzulässige Entfernung nicht gibt. Im Regelfall geht
der Senat aber davon aus, dass ein landwirtschaftlich nutzbares
Grundstück, welches mehr als 100 km von der Hofstelle eines
land- und forstwirtschaftlichen Betriebs entfernt liegt, diesem
Betrieb grundsätzlich weder als notwendiges noch als
gewillkürtes Betriebsvermögen zugeordnet werden kann
(ebenso Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, A
Rz 24).
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34
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f) Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen
hat das FG das Grundstück zu Unrecht dem notwendigen
Betriebsvermögen des verpachteten Betriebs in B zugeordnet.
Das Grundstück war zum Zeitpunkt des Erwerbs noch für
sechs Jahre verpachtet und stand in einem überschaubaren
Zeitraum nicht für eine Verwendung in dem verpachteten Betrieb
in B zur Verfügung.
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g) Nach den bisherigen Feststellungen des FG
kann der Senat nicht beurteilen, ob der Kläger das
Grundstück dem gewillkürten Betriebsvermögen des
verpachteten Betriebs in B zuordnen konnte. Das FG hat seine
Entscheidung, das Grundstück sei (notwendiges)
Betriebsvermögen geworden, maßgeblich darauf
gestützt, dass eine ca. 16 ha große Fläche eine
erhebliche Bedeutung für den Verpachtungsbetrieb in B habe.
Allein die Größe einer zugekauften Fläche ist aber
für sich genommen kein geeignetes Indiz, um diese Fläche
dem Betriebsvermögen zuzuordnen.
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2. Die nicht spruchreife Sache geht an das FG
zurück. Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das
FG das Vorbringen der Beteiligten erneut würdigen müssen.
Insbesondere wird es der Frage nachgehen müssen, ob und wie
die Bewirtschaftung des erworbenen Grundstücks organisatorisch
und sachlich mit der geplanten Bewirtschaftung des bisher
verpachteten landwirtschaftlichen Betriebs verzahnt werden sollte.
Dazu wird das FG insbesondere zu klären haben, wie sich der
Kläger im Zeitpunkt des Erwerbs die zukünftige
Bewirtschaftung des Grundstücks und des bisher verpachteten
landwirtschaftlichen Betriebs vorgestellt hatte, ob gleichartige
oder ungleichartige Betätigungen geplant waren und ob mit
jeweils gleichen oder jeweils anderen Sachmitteln und
Arbeitskräften gewirtschaftet werden sollte. In seine
Gesamtwürdigung wird das FG dabei insbesondere die
räumliche Entfernung des Grundstücks von dem Betrieb in B
miteinbeziehen müssen. Auf Grund einer Entfernung des
Grundstücks von dem verpachteten Betrieb in B von ca. 80 bis
90 km sind besonders strenge Anforderungen an die Intensität
der Verknüpfung der Betriebsteile zu stellen.
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Kommt das FG im Rahmen der erneuten
Würdigung zu dem Ergebnis, dass der Kläger das
Grundstück nicht als gewillkürtes Betriebsvermögen
dem verpachteten Betrieb in B zuweisen konnte, ist das
Grundstück dem Privatvermögen zuzuordnen. Eine Zuordnung
des Grundstücks zu einem eigenständigen Betrieb kommt im
Streitfall nicht in Betracht.
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Zwar hat der erkennende Senat entschieden,
dass auch der Erwerb von überwiegend noch verpachteten
Flächen als Vorbereitung einer werbenden landwirtschaftlichen
Tätigkeit beurteilt werden kann (BFH-Urteil in BFHE 171, 481,
BStBl II 1993, 752 = SIS 93 20 36). Diese Beurteilung fußte
aber auf der Annahme, dass der verpachtete Grund und Boden von
einem Landwirt in der Absicht erworben worden ist, die
Bewirtschaftung alsbald zu übernehmen, und dieser
Bewirtschaftungswille sich auch in einem überschaubaren
Zeitraum verwirklichen lässt (BFH-Urteil in BFHE 171, 481,
BStBl II 1993, 752 = SIS 93 20 36). Erforderlich ist daher
zunächst, dass der Landwirt den bestehenden Pachtvertrag zum
frühestmöglichen Zeitpunkt kündigt. Als
überschaubaren Zeitraum sieht der Senat im Zusammenhang mit
einer Betriebsneugründung in Anlehnung an die gesetzlich
geregelte Kündigungsfrist in § 594a des Bürgerlichen
Gesetzbuchs einen Zeitraum von bis zu 24 Monaten an.
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Im Streitfall konnte der Kläger das
erworbene Grundstück erst nach Ablauf von sechs Jahren
eigenbewirtschaften. Der Erwerb des verpachteten Grundstücks
könnte daher nicht als Vorbereitung eines neuen Betriebs
gewürdigt werden. Die Pachtzinsen wären mithin als
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen. Das
Grundstück wäre in diesem Fall zunächst bis zum
Zeitpunkt der eigenbetrieblichen Nutzung dem Privatvermögen
zuzuordnen. Die Rücklage könnte daher nicht auf das
Grundstück übertragen werden.
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