1
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I. Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) sowie seine Ehefrau sind türkischer Abstammung.
Ihre drei Kinder lebten zunächst mit den Eltern in der
Bundesrepublik Deutschland (Deutschland). Im Sommer 1997 erwarben
alle Familienmitglieder die deutsche Staatsangehörigkeit; die
türkische Staatsangehörigkeit wurde aufgegeben.
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Nach einem Urlaub im Sommer 1998 in der
Türkei kehrte nur der Kläger nach Deutschland
zurück. Seine Familie blieb in der Türkei, wo die Kinder
ab September 1998 die Schule besuchten. Der Kläger, der im
Herbst 1998 in eine 1 1/2 Zimmer-Wohnung umzog, fuhr alle drei
Monate jeweils für drei Monate zu seiner Familie in die
Türkei. Seine drei Kinder hielten sich während der
türkischen Sommerferien in den Jahren 2000 und 2001 in
Deutschland auf und besuchten in dieser Zeit von Ende Juni bis Ende
Juli die Schule. Sie wohnten in dieser Zeit in der Wohnung eines
Bekannten des Klägers, der sich im Heimaturlaub befand. Seit
August 2003 lebt die Familie des Klägers wieder in
Deutschland; seitdem erhält der Kläger für die
Kinder Kindergeld in Höhe der Beträge des § 66 Abs.
1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
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Auf den Antrag des Klägers vom
… 1998, ihm Kindergeld für seine drei Kinder in
Höhe von 740 DM monatlich (220 DM für das erste, 220 DM
für das zweite und 300 DM für das dritte Kind) zu
gewähren, setzte die Beklagte und Revisionsbeklagte
(Familienkasse) mit Bescheid vom … 1999 Kindergeld ab
Oktober 1998 fest, jedoch nur in Höhe des niedrigeren sog.
Abkommenskindergeldes von 95 DM monatlich (10 DM für das
erste, 25 DM für das zweite und 60 DM für das dritte
Kind) gemäß Art. 46 Abs. 1 des Einführungsgesetzes
zum Einkommensteuerreformgesetz (EG-EStRG) i.V.m. Art. 33 Abs. 2
des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der
Republik Türkei über Soziale Sicherheit -
deutsch-türkisches Abkommen - (BGBl II 1965, 1169, BGBl II
1972, 1, BGBl II 1975, 373, BGBl II 1986, 1038). Dieser Bescheid
wurde nicht angefochten.
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4
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Mit Bescheid vom … 2001 lehnte die
Familienkasse den erneuten Antrag des Klägers vom …
2001 auf Zahlung von Kindergeld in Höhe der Beträge des
§ 66 Abs. 1 EStG ab. Der Einspruch des Klägers blieb
erfolglos.
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5
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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage, mit
der der Kläger Kindergeld in Höhe der Beträge des
§ 66 Abs. 1 EStG für die Monate Mai 1999 bis Juli 2003
begehrte, mit Urteil vom 13.7.2007 9 K 153/02 (EFG 2008, 1216 = SIS 08 18 41) als unbegründet ab. Da die Kinder im Streitzeitraum
im Inland keinen Wohnsitz gehabt hätten, bestehe kein Anspruch
auf Kindergeld nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 Satz 3 EStG. Ein solcher Anspruch ergebe sich
auch nicht aus den im europäisch-türkischen
Assoziationsrecht enthaltenen Diskriminierungsverboten. Art. 9 des
Assoziierungsabkommens vom 12.9.1963 zwischen der Europäischen
Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei - Assoziierungsabkommen
EWG/Türkei - (BGBl II 1964, 509, 1959) wirke als reiner
Programmsatz nicht unmittelbar. Der Kläger könne auch
keine Rechte aus Art. 37 des Zusatzprotokolls vom 23.11.1970 zu
diesem Abkommen - Zusatzprotokoll - (BGBl II 1972, 385, BGBl II
1973, 113) und aus Art. 10 des Beschlusses Nr. 1/80 des
Assoziationsrats EWG/Türkei über die Entwicklung der
Assoziation vom 19.9.1980 - ARB 1/80 - (nicht veröffentlicht)
herleiten, die hinsichtlich der Arbeitsbedingungen eine auf der
Staatsangehörigkeit beruhende Diskriminierung
ausschlössen. Denn der Erwerb der deutschen
Staatsangehörigkeit führe auch für
türkischstämmige Arbeitnehmer zum Verlust des Rechts aus
dem Assoziationsstatus. Im Übrigen hätte der Kläger
selbst dann keinen Anspruch auf Kindergeld in Höhe der
Beträge des § 66 Abs. 1 EStG, wenn er die türkische
Staatsangehörigkeit behalten hätte. Denn der als
speziellere Vorschrift vorrangige Beschluss Nr. 3/80 des
Assoziationsrats vom 19.9.1980 über die Anwendung der Systeme
der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten der Europäischen
Gemeinschaften auf die türkischen Arbeitnehmer und auf deren
Familienangehörige - ARB 3/80 - (Amtsblatt der
Europäischen Gemeinschaften - ABlEG - 1983, Nr. C 110/60)
beschränke den Anspruch auf Familienleistungen
gemäß Art. 2, Art. 4 Abs. 1 und Art. 18
ausdrücklich auf die im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnenden
Familienangehörigen.
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6
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Mit seiner Revision trägt der
Kläger im Wesentlichen vor, die Einbürgerung führe
nicht zum Untergang seiner zuvor durch Migration erworbenen Rechte.
Ein Anspruch ergebe sich aber jedenfalls aus dem
Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes
(GG). Wenn ein türkischer Staatsangehöriger für
seine in der Türkei lebenden Kinder Anspruch auf Kindergeld in
Höhe der Beträge des § 66 Abs. 1 EStG habe, gebiete
Art. 3 Abs. 1 GG, dass deutsche Staatsangehörige gleich
behandelt würden. Der Anspruch eines türkischen
Staatsangehörigen ergebe sich aus den assoziationsrechtlichen
Bestimmungen, insbesondere aus Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80, Art. 37
Zusatzprotokoll und Art. 9 Assoziierungsabkommen
EWG/Türkei.
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7
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Der Kläger beantragt, das Urteil des
FG, den Bescheid vom … 2001 sowie die Einspruchsentscheidung
vom … 2002 aufzuheben und die Familienkasse zu verpflichten,
Kindergeld für den Zeitraum Mai 1999 bis Juli 2003 unter
Berücksichtigung des bereits gewährten
Abkommenskindergeldes in Höhe der Beträge des § 66
Abs. 1 EStG festzusetzen, hilfsweise, die Vorabentscheidung des
Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) einzuholen.
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Die Familienkasse beantragt, die Revision
als unbegründet zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet und wird
zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -
FGO - ).
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1. Nach zutreffender Entscheidung des FG hat
der Kläger für den Zeitraum Mai 1999 bis Juli 2003 keinen
Anspruch auf Kindergeld nach den §§ 62 ff. EStG, da die
Kinder in diesem Zeitraum im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren
gewöhnlichen Aufenthalt hatten.
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a) Nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. §
63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 Satz 3 EStG steht demjenigen, der -
wie der Kläger - einen inländischen Wohnsitz hat,
Kindergeld nur für die Kinder zu, die im Inland, in einem
Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf
den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum
Anwendung findet, einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen
Aufenthalt haben. Die Türkei zählt nicht zu den in §
63 Abs. 1 Satz 3 EStG genannten Staaten.
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b) Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine
Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen
lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird (§ 8
der Abgabenordnung - AO - ). Das setzt neben zum dauerhaften Wohnen
geeigneten Räumen insbesondere das Innehaben der Wohnung in
dem Sinne voraus, dass der Steuerpflichtige tatsächlich
über sie verfügen kann und sie als Bleibe entweder
ständig nutzt oder sie doch mit einer gewissen
Regelmäßigkeit - wenn auch in größeren
Zeitabständen - aufsucht. Ein nur gelegentliches Verweilen
während unregelmäßig aufeinander folgender kurzer
Zeiträume zu Erholungs- bzw. Besuchszwecken reicht nicht aus
(ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteile vom 20.11.2008
III R 53/05, BFH/NV 2009, 564 = SIS 09 08 96, und vom 28.4.2010 III
R 52/09, BFHE 229, 270 = SIS 10 18 67, jew. m.w.N.).
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c) Die Beurteilung, ob ein inländischer
Wohnsitz anzunehmen ist, liegt weitgehend auf tatsächlichem
Gebiet. Der Bundesfinanzhof (BFH) kann die Entscheidung des FG nur
eingeschränkt überprüfen. Ist die tatsächliche
Würdigung des FG verfahrensrechtlich einwandfrei zustande
gekommen und verstößt sie auch nicht gegen Denkgesetze
oder allgemeine Erfahrungssätze, ist sie für den BFH als
Revisionsgericht nach § 118 Abs. 2 FGO bindend, selbst wenn
die Wertung des FG nicht zwingend, sondern lediglich möglich
ist (Senatsurteil in BFH/NV 2009, 564 = SIS 09 08 96, m.w.N.).
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Die Würdigung des FG, dass die Kinder im
Zeitraum Mai 1999 bis Juli 2003 keinen Wohnsitz im Inland hatten,
ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Kinder sind erst
nach fünf Jahren dauerhaft wieder nach Deutschland
zurückgekehrt. Sie haben sich in dieser Zeit lediglich zweimal
während der türkischen Schulferien im Inland aufgehalten.
Diese Aufenthalte hatten keinen Wohncharakter, sondern lediglich
Besuchscharakter, denn die Kinder hatten keine dauerhafte
Unterkunft im Inland, sondern waren jeweils nur vorübergehend
in der Wohnung eines Bekannten untergebracht.
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d) Die Voraussetzungen des § 9 AO
für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts der Kinder
im Inland lagen ebenfalls nicht vor.
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2. Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass
dem Kläger kein Anspruch auf Kindergeld in Höhe der
Beträge des § 66 Abs. 1 EStG aufgrund der
Diskriminierungsverbote des europäisch-türkischen
Assoziationsrechts zusteht.
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a) Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus
Art. 3 Abs. 1 ARB 3/80.
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aa) Nach dieser Bestimmung haben Personen, die
im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnen und für die der ARB 3/80
gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der
Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die
Staatsangehörigen dieses Staates, soweit dieser Beschluss
nichts anderes bestimmt.
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Art. 3 Abs. 1 ARB 3/80 konkretisiert das in
Art. 9 Assoziierungsabkommen EWG/Türkei verankerte allgemeine
Verbot der Diskriminierung aus Gründen der
Staatsangehörigkeit für den besonderen Bereich der
sozialen Sicherheit (z.B. EuGH-Urteile vom 4.5.1999 C-262/96,
Sürül, Slg. 1999, I-2685; vom 14.3.2000 C-102/98 und
C-211/98, Kocak und Örs, Slg. 2000, I-1287; vom 28.4.2004
C-373/02, Öztürk, Slg. 2004, I-3605). Diese Norm gilt
nach der Rechtsprechung des EuGH unmittelbar in den
Mitgliedstaaten; der Einzelne kann sich unmittelbar darauf berufen
(EuGH-Urteile Sürül in Slg. 1999, I-2685; Kocak und
Örs in Slg. 2000, I-1287). In ihrem Anwendungsbereich
gewährt sie den in einem Mitgliedstaat wohnenden
türkischen Staatsangehörigen einen individuellen Anspruch
auf Gleichbehandlung mit den Staatsangehörigen dieses Staates.
Verboten sind nicht nur offene Diskriminierungen aufgrund der
Staatsangehörigkeit, sondern auch alle verschleierten Formen
der Diskriminierung, die bei Anwendung anderer
Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu demselben Ergebnis
führen (z.B. EuGH-Urteil Öztürk in Slg. 2004,
I-3605).
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20
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bb) Zwar ist der sachliche Anwendungsbereich
des ARB 3/80 im Streitfall gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchst. h
ARB 3/80 eröffnet, denn das Kindergeld gehört zu den
Familienleistungen im Sinne dieser Norm (EuGH-Urteil
Sürül in Slg. 1999, I-2685).
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21
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Der Kläger fällt jedoch nicht in den
persönlichen Anwendungsbereich des ARB 3/80. Gemäß
Art. 2 ARB 3/80 gilt dieser Beschluss für Arbeitnehmer,
für welche die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats oder
mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, und die türkische
Staatsangehörige sind, ferner für die
Familienangehörigen dieser Arbeitnehmer, die im Gebiet eines
Mitgliedstaats wohnen, und für Hinterbliebene dieser
Arbeitnehmer. Keiner dieser Tatbestände ist erfüllt;
insbesondere war der Kläger im Streitzeitraum kein
türkischer Staatsangehöriger mehr.
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22
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b) Ebenso wenig ergibt sich aus Art. 37
Zusatzprotokoll und Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 ein Anspruch des
Klägers auf Kindergeld in Höhe der Beträge des
§ 66 Abs. 1 EStG.
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aa) Nach Art. 37 Zusatzprotokoll sieht jeder
Mitgliedstaat für die in der Gemeinschaft beschäftigten
Arbeitnehmer türkischer Staatsangehörigkeit eine Regelung
vor, die in Bezug auf die Arbeitsbedingungen und das Entgelt keine
auf der Staatsangehörigkeit beruhende Diskriminierung
gegenüber Arbeitnehmern enthält, die
Staatsangehörige der anderen Mitgliedstaaten sind.
Gemäß Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 räumen die
Mitgliedstaaten der Gemeinschaft den türkischen Arbeitnehmern,
die ihrem regulären Arbeitsmarkt angehören, eine Regelung
ein, die gegenüber den Arbeitnehmern aus der Gemeinschaft
hinsichtlich des Arbeitsentgelts und der sonstigen
Arbeitsbedingungen jede Diskriminierung aufgrund der
Staatsangehörigkeit ausschließt.
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24
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Beide Vorschriften gelten unmittelbar in den
Mitgliedstaaten (z.B. EuGH-Urteil vom 8.5.2003 C-171/01,
Wählergruppe Gemeinsam, Slg. 2003, I-4301; EuGH-Beschluss vom
25.7.2008 C-152/08, Real Sociedad de Fútbol, Slg. 2008,
I-6291). Sie konkretisieren für den besonderen Bereich des
Arbeitsentgelts und der sonstigen Arbeitsbedingungen das in Art. 9
Assoziierungsabkommen EWG/Türkei verankerte allgemeine Verbot
der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit
(z.B. EuGH-Urteile Kocak und Örs in Slg. 2000, I-1287;
Wählergruppe Gemeinsam in Slg. 2003, I-4301).
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25
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bb) Dahinstehen kann, ob das Kindergeld nach
den §§ 62 ff. EStG in den sachlichen Anwendungsbereich
des Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 fällt, der sich - ebenso wie Art.
37 Zusatzprotokoll („Arbeitsbedingungen und das
Entgelt“) - lediglich auf „das Arbeitsentgelt
und die sonstigen Arbeitsbedingungen“ bezieht, oder als
Familienleistung allein in den Anwendungsbereich des insbesondere
auf Art. 39 Zusatzprotokoll gestützten ARB 3/80 (so z.B.
Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 29.1.2002 B 10/14 EG
8/99 R, SozR 3-7833 § 1 Nr 27 für das Erziehungsgeld).
Der Kläger fällt jedenfalls nicht in den
persönlichen Anwendungsbereich des Art. 37 Zusatzprotokoll und
des Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80, denn beide Normen begünstigen
ausschließlich türkische Arbeitnehmer. Der Kläger
hatte im Streitzeitraum aber bereits die deutsche
Staatsangehörigkeit erworben und die türkische
Staatsangehörigkeit verloren.
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26
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c) Aus Art. 9 Assoziierungsabkommen
EWG/Türkei lässt sich der vom Kläger geltend
gemachte Kindergeldanspruch ebenfalls nicht herleiten.
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Nach dieser Bestimmung erkennen die
Vertragsparteien an, dass für den Anwendungsbereich des
Abkommens unbeschadet der besonderen Bestimmungen, die
möglicherweise auf Grund von Art. 8 Assoziierungsabkommen
EWG/Türkei noch erlassen werden, dem in Art. 7 des Vertrags
zur Gründung der Gemeinschaft verankerten Grundsatz
entsprechend jede Diskriminierung aus Gründen der
Staatsangehörigkeit verboten ist.
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Dahinstehen kann, ob diese Bestimmung
unmittelbar gilt. Denn der Kläger war im Streitzeitraum
bereits deutscher Staatsangehöriger und wird daher im Hinblick
auf den streitigen Kindergeldanspruch wie andere deutsche
Staatsangehörige behandelt, so dass keine unzulässige
Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit
gegeben ist.
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29
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d) Auch Sinn und Zweck der
Diskriminierungsverbote nach dem Assoziationsrecht EWG/Türkei
gebieten keine Einbeziehung des Klägers für die Zeit nach
seinem freiwilligen Erwerb der deutschen
Staatsangehörigkeit.
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Wie sich aus Art. 2 Abs. 1
Assoziierungsabkommen EWG/Türkei ergibt, hat das Abkommen das
Ziel, schrittweise die Freizügigkeit der Arbeitnehmer
herzustellen und die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit
sowie des freien Dienstleistungsverkehrs aufzuheben, um die Lage
der türkischen Staatsangehörigen an die Lage der
Unionsbürger anzunähern (z.B. EuGH-Urteil vom 29.4.2010
C-92/07, Kommission/Niederlande, Informationsbrief
Ausländerrecht - InfAuslR - 2010, 270). Die
Diskriminierungsverbote sehen in ihrem jeweiligen Anwendungsbereich
vor, türkische Staatsangehörige hinsichtlich der Rechte
und Pflichten mit den Staatsangehörigen des Mitgliedstaats
gleichzustellen, in dem der betreffende türkische
Staatsangehörige wohnt. Wenn ein ehemals türkischer
Staatangehöriger aber die Staatsangehörigkeit dieses
Mitgliedstaats erworben hat, ist er bereits in die damit verbundene
Rechts- und Pflichtenstellung eingerückt. Der Erwerb der
Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats führt dann zum
Verlust des Rechts, sich auf die Bestimmungen des
Assoziationsrechts zu berufen (vgl. BSG-Urteil vom 31.3.1998 B 8 KN
5/95 R, SozR 3-1200 § 33a Nr. 1 Rz 32; vgl. auch EuGH-Urteil
vom 11.11.1999 C-179/98, Mesbah, Slg. 1999, I-7955, zum
Kooperationsabkommen EWG-Marokko; ferner Hänlein,
Sozialrechtliche Probleme türkischer Staatsangehöriger in
Deutschland, S. 27). Ein freiwilliger Wechsel der
Staatsangehörigkeit kann neben Vorteilen auch Rechtsverluste
mit sich bringen (z.B. EuGH-Urteil vom 20.2.1975 C-37/74, Van den
Broeck, Slg. 1975, 235).
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e) In der Rechtsprechung des EuGH ist zwar
anerkannt, dass im Bereich der sozialen Sicherheit erworbene Rechte
oder Anwartschaften durch einen Wechsel der
Staatsangehörigkeit nicht zwingend verloren gehen (vgl. z.B.
EuGH-Urteil vom 12.10.1978 C-10/78, Belbouab, Slg. 1978, 1915).
Weder der Kläger noch seine Familie haben jedoch im Hinblick
auf den hier streitigen Kindergeldanspruch im Streitzeitraum eine
entsprechende Rechtsposition in der Zeit ihrer türkischen
Staatsangehörigkeit erworben. Denn der Anspruch auf Kindergeld
nach den §§ 62 ff. EStG knüpft nicht an in der
Vergangenheit zurückgelegte Versicherungs-, Wohn- oder
Beschäftigungszeiten an, sondern ist allein davon
abhängig, ob im konkreten Streitzeitraum die Voraussetzungen
der §§ 62 ff. EStG erfüllt sind.
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Insofern beruft sich der Kläger auch ohne
Erfolg auf das Urteil des EuGH vom 23.2.1994 C-419/92, Scholz (Slg.
1994, I-505). Der EuGH hatte die Frage zu beantworten, ob nach Art.
48 des Vertrags zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaft (jetzt: Art. 45 des Vertrags über die
Arbeitsweise der Europäischen Union -AEUV - ) bei der
Besetzung von Stellen im öffentlichen Dienst, bei der eine
frühere Berufstätigkeit innerhalb der öffentlichen
Verwaltung berücksichtigt wird, auch die Berufstätigkeit
in der öffentlichen Verwaltung eines anderen Mitgliedstaats
einzubeziehen ist. Für die Entscheidung dieser Frage kam es
aber auf den Umstand, dass Frau Scholz, eine gebürtige
Deutsche, durch Eheschließung die italienische
Staatsangehörigkeit erworben hatte, nicht an.
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33
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Der Hinweis des Klägers auf die
Vorabentscheidungsersuchen C-7/10 und C-9/10, Kahveci und Inan
(Amtsblatt der Europäischen Union - ABlEU - 2010, Nr. C 63,
37,) führt ebenfalls zu keiner abweichenden Beurteilung.
Vorgelegt ist dort die Frage, „ob Art. 7 ARB 1/80 so
auszulegen ist, dass ein Familienangehöriger eines
türkischen Arbeitnehmers, der dem regulären Arbeitsmarkt
eines Mitgliedstaats angehört, sich auf diese Bestimmung nicht
berufen kann, nachdem der Arbeitnehmer unter Beibehaltung der
türkischen Staatsangehörigkeit die
Staatsangehörigkeit des Aufnahmemitgliedstaats erhalten
hat“. Diese Frage stellt sich jedoch im vorliegenden Fall
nicht. Weder hat der Kläger die türkische
Staatsangehörigkeit beibehalten noch geht es um abgeleitete
Rechte eines Familienangehörigen.
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34
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3. Auch aus dem Gleichbehandlungsgebot des
Vorläufigen Europäischen Abkommens über soziale
Sicherheit unter Ausschluss der Systeme für den Fall des
Alters, der Invalidität und zugunsten der Hinterbliebenen -
Vorläufiges Europäisches Abkommen (VEA) - vom 11.12.1953
(BGBl II 1956, 507 und 528, BGBl II 1958, 18, BGBl II 1972, 175,
BGBl II 1985, 311) ergibt sich kein Anspruch auf Festsetzung des
begehrten höheren Kindergeldes.
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35
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a) Art. 2 Abs. 1 Buchst. d VEA räumt den
Staatsangehörigen eines Vertragsstaats, die auf dem Gebiet
eines anderen Vertragsstaats mindestens seit sechs Monaten wohnen,
bezüglich der nicht auf Beiträgen beruhenden Leistungen
einen Anspruch auf Gleichbehandlung mit den Staatsangehörigen
dieses anderen Vertragsstaats ein.
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36
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b) Das VEA erstreckt sich zwar sachlich auf
das Kindergeld (Art. 1 Abs. 1 Buchst. d, Art. 7 Abs. 1 VEA i.V.m.
Anhang I für die Bundesrepublik Deutschland). Jedoch
gehört der Kläger nicht zu dem von Art. 2 Abs. 1 Buchst.
d VEA begünstigten Personenkreis, denn er war im
Streitzeitraum nicht mehr Staatsangehöriger des Vertragsstaats
Türkei i.S. des Art. 2 Abs. 1 Buchst. d VEA.
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37
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Gemäß Art. 1 Abs. 4 VEA wird der
Ausdruck „Staatsangehöriger“ durch eine
förmliche Erklärung des jeweiligen Vertragsstaats
festgelegt. Die Türkei hat in ihrer Erklärung zum VEA als
„Staatsangehörige“ nur diejenigen Personen
bezeichnet, die die türkische Staatsbürgerschaft haben
(abrufbar auf der Homepage des Europarats unter
http://www.conventions.coe.int/Treaty/Commun/ListeDeclarations.asp?NT=013&CM=8&DF=12/11/2009&CL=GER&VL=1).
Demnach bezeichnet der Ausdruck
„Staatsangehörige“ aus Sicht der
Türkei nur solche Personen, die im maßgeblichen Zeitraum
türkische Staatsbürger sind.
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4. Wie das FG zutreffend entschieden hat,
hätte dem Kläger selbst dann kein Kindergeld in Höhe
der Beträge des § 66 Abs. 1 EStG zugestanden, wenn er im
Streitzeitraum weiterhin türkischer Staatsangehöriger
gewesen wäre. Schon deshalb kann er sein Begehren nicht auf
einen Anspruch auf Gleichbehandlung von deutschen mit
türkischen Staatsangehörigen gemäß Art. 3 Abs.
1 GG stützen.
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39
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a) Ein türkischer Staatsangehöriger
in der Situation des Klägers hat für seine in der
Türkei lebenden Kinder aus Art. 3 Abs. 1 ARB 3/80 keinen
Anspruch auf Kindergeld in Höhe der Beträge des § 66
Abs. 1 EStG.
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40
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Zwar ist der sachliche Anwendungsbereich des
ARB 3/80 eröffnet, denn das Kindergeld gehört zu den
Familienleistungen i.S. des Art. 4 Abs. 1 Buchst. h ARB 3/80
(EuGH-Urteil Sürül in Slg. 1999, I-2685). Die Reichweite
des in Art. 3 ARB 3/80 geregelten Diskriminierungsverbotes wird
jedoch durch Art. 59 Zusatzprotokoll eingeschränkt.
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41
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Nach Art. 59 Zusatzprotokoll darf der
Türkei in den vom Zusatzprotokoll erfassten Bereichen keine
günstigere Behandlung gewährt werden als diejenige, die
sich die Mitgliedstaaten untereinander auf Grund des Vertrags zur
Gründung der Gemeinschaft einräumen.
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42
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aa) Art. 59 Zusatzprotokoll ist anwendbar,
weil der ARB 3/80 einen der vom Zusatzprotokoll erfassten Bereiche
betrifft. Nach Art. 39 Abs. 1 Zusatzprotokoll erlässt der
Assoziationsrat Bestimmungen auf dem Gebiet der sozialen
Sicherheit. Ausweislich der Präambel zu ARB 3/80 stützt
sich dieser auf das Zusatzprotokoll und insbesondere auf dessen
Art. 39.
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43
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bb) Nach Art. 59 Zusatzprotokoll darf ein
türkischer Staatsangehöriger, der unter das
Diskriminierungsverbot fällt, nicht günstiger gestellt
werden als Unionsbürger, die sich in einer vergleichbaren
Situation befinden (z.B. EuGH-Urteile vom 19.2.2009 C-228/06,
Soysal und Savatli, Slg. 2009, I-1031; vom 17.9.2009 C-242/06,
Sahin, Slg. 2009, I-8465; Kommission/Niederlande in InfAuslR 2010,
270; ebenso Rittstieg/Gutmann, InfAuslR 2000, 59). Entscheidend ist
allein, wie sich die Rechtslage im Verhältnis zu anderen
Mitgliedstaaten nach EU-Recht darstellt. Zu vergleichen ist danach
die rechtliche Situation eines türkischen
Staatsangehörigen, dessen Kinder in der Türkei leben,
(nur) mit der Situation eines Staatsangehörigen eines
EU-Mitgliedstaats, dessen Kinder ebenfalls in der Türkei leben
– und nicht mit der Situation eines solchen
Staatsangehörigen, dessen Kinder in diesem Mitgliedstaat
leben.
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44
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cc) Staatsangehörige der
EU-Mitgliedstaaten sind für Kinder, die in einem
EU-Mitgliedstaat leben, nach § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG - bei
Vorliegen der weiteren Anspruchsvoraussetzungen -
kindergeldberechtigt. Leben die Kinder dagegen in der Türkei,
besteht nach § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG kein
Kindergeldanspruch.
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45
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Diese Regelung ist verfassungsgemäß
(z.B. BFH-Urteil vom 26.2.2002 VIII R 85/98, BFH/NV 2002, 912 = SIS 02 69 19; Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23.2.1994 1
BvR 1105/91, nicht veröffentlicht) und
gemeinschaftsrechtskonform (vgl. Senatsbeschluss vom 27.2.2006 III
B 170/05, BFH/NV 2006, 1090 = SIS 06 21 16). Da sie die
Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten weder unmittelbar
noch mittelbar gegenüber deutschen Staatsangehörigen
schlechter stellt, handelt es sich nicht um eine
gemeinschaftsrechtlich verbotene Diskriminierung. Sie
beschränkt die Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten
auch nicht in einer Grundfreiheit, insbesondere nicht in der
Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 45 AEUV). Die
Arbeitnehmerfreizügigkeit erstreckt sich nach Art. 45 Abs. 1
AEUV räumlich auf die Hoheitsgebiete der EU-Mitgliedstaaten
(vgl. auch EuGH-Urteile vom 15.1.1986 C-41/84, Pinna, Slg. 1986, 1;
vom 22.2.1990 C-228/88, Bronzino, Slg. 1990, I-531 Rz 12), jedoch
grundsätzlich nicht auf Drittstaaten wie die Türkei (vgl.
zu Ausnahmen EuGH-Urteil vom 30.4.1996 C-214/94, Boukhalfa, Slg.
1996, I-2253, m.w.N.).
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Würde ein türkischer
Staatsangehöriger, dessen Kinder in der Türkei leben,
Kindergeld in Höhe der Beträge des § 66 Abs. 1 EStG
erhalten, würde er demnach - entgegen dem Verbot des Art. 59
Zusatzprotokoll - besser gestellt als die Staatsangehörigen
der EU-Mitgliedstaaten, denn diese erhalten kein entsprechendes
Kindergeld für ihre in der Türkei lebenden Kinder.
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dd) Auch aus dem Regelungszusammenhang der
Bestimmungen des ARB 3/80 folgt, dass ein in Deutschland lebender
türkischer Staatsangehöriger, dessen Kinder in der
Türkei leben, nach Art. 3 Abs. 1 ARB 3/80 kein Kindergeld nach
den §§ 62 ff. EStG beanspruchen kann.
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In Titel III Kapitel 6 des ARB 3/80, der die
speziellen Regelungen zu Familienleistungen und –beihilfen
enthält, verweist Art. 18 ARB 3/80 für den Erwerb des
Leistungsanspruchs lediglich auf Art. 72 der Verordnung (EWG) Nr.
1408/71 des Rates vom 14.6.1971 zur Anwendung der Systeme der
sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die
innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO Nr. 1408/71).
Diese Vorschrift betrifft die Zusammenrechnung von
Beschäftigungszeiten. Die weiteren Vorschriften des Titels III
Kapitel 7 der VO Nr. 1408/71, das Familienleistungen und
–beihilfen zum Gegenstand hat, werden dagegen nicht in Bezug
genommen. Insbesondere verweist ARB 3/80 nicht auf Art. 73 und Art.
74 VO Nr. 1408/71. Diese Regelungen stellen den Wohnsitz von
Familienangehörigen, die im Gebiet eines anderen
Mitgliedstaats wohnen, einem inländischen Wohnsitz gleich.
Dadurch wird verhindert, dass ein Mitgliedstaat die Gewährung
von Familienleistungen deshalb ablehnen kann, weil die
Familienangehörigen des Arbeitnehmers in einem anderen als dem
diese Leistungen erbringenden Mitgliedstaat wohnen, was die
Arbeitnehmerfreizügigkeit beeinträchtigen könnte
(ständige EuGH-Rechtsprechung, z.B. Urteile vom 7.11.2002
C-333/00, Maaheimo, Slg. 2002, I-10087; Bronzino in Slg. 1990,
I-531, jew. zu Art. 73 VO Nr. 1408/71; vom 22.2.1990 C-12/89,
Gatto, Slg. 1990, I-557, zu Art. 74 VO Nr. 1408/71; vom 5.2.2002
C-255/99, Humer, Slg. 2002, I-1205, zu Art. 73 und Art. 74 VO Nr.
1408/71).
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Da der ARB 3/80 die Art. 73 und Art. 74 VO Nr.
1408/71 gerade nicht für anwendbar erklärt, sind diese
Vorschriften auf türkische Staatsangehörige nicht
anzuwenden. Es wird daher kein inländischer Wohnsitz von im
EU-Ausland bzw. in der Türkei lebenden Kindern türkischer
Staatsangehöriger fingiert. Eine Ausdehnung von
Familienleistungen, die nach nationalem Recht auf im Inland
wohnende Familienmitglieder begrenzt ist, auf im Ausland lebende
Familienangehörige ist nach den Bestimmungen des ARB 3/80
über Familienleistungen und –beihilfen also nicht
vorgesehen.
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Dieses Ergebnis wird bestätigt durch das
Zusatzprotokoll. Nach Art. 39 Abs. 3 Zusatzprotokoll müssen
die auf seiner Grundlage erlassenen Bestimmungen auf dem Gebiet der
sozialen Sicherheit - wie insbesondere die Bestimmungen des ARB
3/80 - die Zahlung der Familienzulagen lediglich für den Fall
sicherstellen, dass die Familie des Arbeitnehmers in der
Gemeinschaft wohnhaft ist. Auch dürfen die EU-Mitgliedstaaten
durch die auf der Grundlage des Art. 39 Zusatzprotokoll erlassenen
Bestimmungen nach Art. 39 Abs. 2 Satz 2 Zusatzprotokoll nicht
verpflichtet werden, in der Türkei zurückgelegte
Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten in Bezug auf Alters-,
Hinterbliebenen- und Invaliditätsrenten sowie auf die
Krankheitsfürsorge zu berücksichtigen. Auch aus diesen
Bestimmungen ergibt sich, dass durch die assoziationsrechtlichen
Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit keine
vollständige Gleichstellung der türkischen
Staatsangehörigen mit Staatsangehörigen der
EU-Mitgliedstaaten beabsichtigt ist und ein in Deutschland lebender
türkischer Staatsangehöriger aus dem ARB 3/80 keinen
Anspruch auf Kindergeld für seine in der Türkei lebenden
Kinder herleiten kann.
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Vor diesem Hintergrund stellt der Ausschluss
von Kindergeld für in der Türkei lebende Kinder
gemäß § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG keine nach Art. 3 ARB
3/80 verbotene (mittelbare) Diskriminierung von türkischen
Staatsangehörigen dar.
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b) Ein türkischer Staatsangehöriger
in der Situation des Klägers hat für seine in der
Türkei lebenden Kinder auch aus Art. 37 Zusatzprotokoll oder
aus Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 keinen Anspruch auf Kindergeld in
Höhe der Beträge des § 66 Abs. 1 EStG. Denn
ungeachtet der Frage, ob Kindergeld nach den §§ 62 ff.
EStG überhaupt zu den „Arbeitsbedingungen und dem
Entgelt“ i.S. des Art. 37 Zusatzprotokoll bzw. zu
„Arbeitsentgelt und den sonstigen
Arbeitsbedingungen“ i.S. des Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80
gehört (vgl. bereits oben unter II.2. b bb),
gewährleisten auch diese Bestimmungen lediglich ein
eingeschränktes Diskriminierungsverbot; auch die in diesen
Bestimmungen enthaltenen Diskriminierungsverbote werden
insbesondere durch Art. 59 Zusatzprotokoll eingeschränkt.
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Art. 59 Zusatzprotokoll, der auch für die
in dem ARB 1/80 geregelten Bereiche gilt (vgl. EuGH-Urteile Sahin
in Slg. 2009, I-8465; Kommission/Niederlande in InfAuslR 2010,
270), steht - wie unter II.4.a dargelegt - einer Besserstellung
türkischer Staatsangehöriger im Vergleich zu den
Staatsangehörigen der EU-Mitgliedstaaten entgegen. Da einem
Staatsangehörigen eines EU-Mitgliedstaats für ein Kind,
das seinen Wohnsitz und seinen gewöhnlichen Aufenthalt
ausschließlich in der Türkei hat, aber kein Anspruch auf
Kindergeld gemäß den §§ 62 ff. EStG zusteht,
kann ein türkischer Staatsangehöriger in derselben
Situation dieses Kindergeld ebenfalls nicht beanspruchen.
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c) Aus denselben Gründen ergibt sich ein
Anspruch auf Kindergeld nach den §§ 62 ff. EStG für
in der Türkei lebende Kinder eines in Deutschland lebenden
türkischen Staatsangehörigen auch nicht aus Art. 9
Assoziierungsabkommen EWG/Türkei. Dabei kann dahinstehen, ob
der Anwendungsbereich dieser Vorschrift im Hinblick auf die
spezielleren Diskriminierungsverbote der Art. 3 Abs. 1 ARB 3/80,
Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 und Art. 37 Zusatzprotokoll überhaupt
eröffnet ist (vgl. z.B. EuGH-Urteile Kocak und Örs in
Slg. 2000, I-1287; Öztürk in Slg. 2004, I-3605, und
Kommission/Niederlande in InfAuslR 2010, 270). Denn auch dieses
Diskriminierungsverbot wird durch Art. 59 Zusatzprotokoll
beschränkt; da das Zusatzprotokoll nach seinem Art. 62
Bestandteil des Assoziierungsabkommens EWG/Türkei ist, gilt
Art. 59 Zusatzprotokoll auch für Art. 9 des
Assoziierungsabkommens EWG/Türkei.
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d) Schließlich ergibt sich für
einen türkischen Staatsangehörigen auch aus dem
Gleichbehandlungsgebot gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. d VEA
kein Anspruch auf Kindergeld in Höhe der in § 66 Abs. 1
EStG vorgesehenen Sätze für seine in der Türkei
lebenden Kinder. Denn das einkommensteuerrechtliche Kindergeld,
insbesondere § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG, sieht keine
Ungleichbehandlung vor, die an die Staatsangehörigkeit der
Eltern bzw. des Kindes knüpft.
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5. Der Senat sieht davon ab, den EuGH nach
Art. 267 Abs. 3 AEUV um eine Vorabentscheidung zu ersuchen. Denn
soweit die entscheidungserheblichen Bestimmungen nicht bereits
Gegenstand einer Auslegung des EuGH waren, ist ihre richtige
Anwendung offenkundig, so dass für einen vernünftigen
Zweifel kein Raum bleibt (z.B. EuGH-Urteil vom 6.12.2005 C-461/03,
Gaston Schul Douane-expediteur, Slg. 2005, I-10513 = SIS 06 10 97).
Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind nach Wortlaut und
Systematik sowie nach Sinn und Zweck der assoziationsrechtlichen
Diskriminierungsverbote eindeutig zu beantworten.
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Ein Vorabentscheidungsersuchen betreffend die
Anwendung des VEA kommt darüber hinaus auch deshalb nicht in
Betracht, weil sich die Jurisdiktion des EuGH auf diesen
völkerrechtlichen Vertrag, der zwischen Mitgliedern des
Europarats geschlossen wurde, nicht erstreckt.
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