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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, die ein Kieswerk
betreibt. Ihre Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen
Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre
(1993 und 1994) gab die Klägerin in den jeweils folgenden
Kalenderjahren (1994 und 1995) ab.
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Am 4.11.1996 erließ der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) eine
Prüfungsanordnung, die auch die Feststellung der
Einkünfte in den Streitjahren betraf. Dabei teilte das FA mit,
dass die Außenprüfung voraussichtlich Anfang Dezember
1996 beginnen werde. Mit der Durchführung der Prüfung sei
Steueramtmann X beauftragt.
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Am 15.11.1996 beantragte die
Bevollmächtigte der Klägerin (B) unter Bezug auf ein
Telefongespräch mit dem Betriebsprüfer, die für
Anfang Dezember 1996 angesetzte Betriebsprüfung auf Mitte
Januar 1997 zu verlegen. Mit Schreiben vom 19.11.1996 teilte das FA
der B mit, der Beginn der Betriebsprüfung werde
antragsgemäß auf Mitte Januar 1997 verschoben. Es
führte aus, der Ablauf der Festsetzungsverjährung der in
der Prüfungsanordnung bezeichneten Steueransprüche sei
gemäß § 171 Abs. 4 der Abgabenordnung (AO) seit dem
15.11.1996, dem Tag des Eingangs des Verschiebungsantrages im FA,
gehemmt.
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Am 24.1.1997 setzte X die B davon in
Kenntnis, dass die Prüfung aus zeitlichen Gründen nicht
mehr im Januar, evtl. aber im Februar jenen Jahres beginnen
könne. Zum 2.5.1997 wurde X an das FA für
Großbetriebsprüfung G abgeordnet. Die Prüfung wurde
am 9.6.1997 auf den Prüfungsgeschäftsplan des 2.
Halbjahres 1997 des Betriebsprüfers Y übertragen.
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Nach einem Aktenvermerk des Y vom
10.11.1999 über ein Telefonat mit einer Mitarbeiterin der B
(M) sollte die Prüfung sodann erst im Jahr 2000 beginnen.
Tatsächlich begann die Außenprüfung am
30.3.2000.
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Auf den Einwand der B, es sei
Festsetzungsverjährung eingetreten, ergänzte Y in seinem
Schreiben vom 28.11.2000 den aktenkundigen Sachverhalt dahin, dass
M in dem Telefongespräch vom 10.11.1999 das Verschieben des
Prüfungsbeginns auf Anfang 2000 beantragt habe, weil die
Buchführungsunterlagen inzwischen an die Klägerin
zurückgegeben worden seien.
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Im Anschluss an die Außenprüfung
erließ das FA am 1.2.2001 nach § 164 Abs. 2 AO
geänderte Feststellungsbescheide für 1993 und
1994.
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Mit ihrem hiergegen gerichteten Einspruch
machte die Klägerin geltend, der Beginn der
Außenprüfung sei aufgrund ihres Antrags von Dezember
1996 auf Januar 1997 verschoben worden. Das Verschieben des
Prüfungsbeginns sei zeitlich befristet beantragt worden. Der
Ablauf der Verjährung sei daher nur bis zum 31.12.1997 gehemmt
gewesen. Ohne weitere schriftliche Äußerung habe das FA
die Prüfung erst im Jahr 2000 begonnen. Unter Hinweis auf den
Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30.3.1999 I B 139/98 (BFHE
188, 131 = SIS 99 11 45) vertrat die Klägerin die Auffassung,
das FA sei wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung nicht
zum Erlass der angefochtenen Feststellungsbescheide berechtigt
gewesen. Der Einspruch der Klägerin hatte keinen
Erfolg.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit
den in EFG 2007, 1567 = SIS 07 33 29 veröffentlichten
Gründen statt.
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Mit seiner Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts.
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Das FA beantragt sinngemäß, das
vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt
sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.
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II. Die Revision des FA ist unbegründet
und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
zurückzuweisen. Das FG ist im Ergebnis zu Recht davon
ausgegangen, dass dem Erlass der angefochtenen geänderten
Feststellungsbescheide 1993 und 1994 vom 1.2.2001 der Ablauf der
Feststellungsfrist und damit der Eintritt der
Feststellungsverjährung entgegenstanden. Zwar hat der Antrag
der Klägerin auf Hinausschieben des Beginns der
Außenprüfung ungeachtet der beantragten Frist der
Verschiebung dazu geführt, dass die in § 181 Abs. 1 Satz
1 AO i.V.m. § 171 Abs. 4 Satz 1 2. Alternative AO bestimmte
Ablaufhemmung (zunächst) eingetreten und auch nicht allein
wegen des Ablaufs der beantragten Frist (rückwirkend)
entfallen ist. Die Ablaufhemmung ist jedoch deshalb wieder
entfallen, weil das FA nicht innerhalb einer Frist von zwei Jahren
nach Eingang des Antrags auf Verschieben des Prüfungsbeginns
beim FA mit einer Prüfung begonnen hat.
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1. Nach § 169 Abs. 1 Satz 1 AO, der
gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 AO für die
gesonderte Feststellung sinngemäß gilt, ist eine
Steuerfestsetzung (Feststellung) sowie ihre Aufhebung oder
Änderung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist
(Feststellungsfrist) abgelaufen ist. Gemäß § 181
Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO
beträgt die Feststellungsfrist vier Jahre. Ist - wie im
Streitfall - eine Feststellungserklärung abzugeben, so beginnt
die Feststellungsfrist gemäß den §§ 181 Abs. 1
Satz 1, 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahrs, in
dem die Feststellungserklärung eingereicht wird. Zutreffend -
und wie im Übrigen zwischen den Beteiligten unstreitig ist -
hat das FG erkannt, dass nach diesen Rechtsgrundsätzen und
ohne Berücksichtigung der streitbefangenen Ablaufhemmung die
Feststellungsfrist für das Streitjahr 1993 mit Ablauf des
31.12.1998 und für das Streitjahr 1994 mit Ablauf des
31.12.1999 abgelaufen ist.
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2. Der Ablauf der Feststellungsfrist war unter
den im Streitfall vorliegenden Umständen auch nicht nach
§ 171 Abs. 4 Satz 1 AO, der gemäß § 181 Abs. 1
Satz 1 AO gleichfalls für die gesonderte Feststellung
sinngemäß gilt, gehemmt.
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a) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist
(Feststellungsfrist) mit einer Außenprüfung begonnen
oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen
hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die
Steuern (Feststellungsfrist für die Besteuerungsgrundlagen),
auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall des
Hinausschiebens der Außenprüfung erstrecken sollte,
gemäß § 171 Abs. 4 Satz 1 AO u.a. nicht ab, bevor
die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden
Steuerbescheide (Feststellungsbescheide) unanfechtbar geworden
sind.
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aa) Soweit § 171 Abs. 4 Satz 1 AO in
seiner 2. Alternative dem Antrag des Steuerpflichtigen auf
Hinausschieben des Beginns der Außenprüfung die gleiche
Rechtsfolge (Hemmung des Ablaufs der Festsetzungs- bzw.
Feststellungsfrist) wie dem Beginn der Außenprüfung
zuordnet, gilt dies nur, soweit ein entsprechender Antrag auch
ursächlich für das Hinausschieben des
Prüfungsbeginns ist (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 188, 131 = SIS 99 11 45; FG Münster, Urteil vom 19.3.1996 15 K 5602/94 U, EFG
1996, 630, m.w.N.; Frotscher in Schwarz, AO, § 171 Rz 37;
Hartmann in Beermann/Gosch, AO § 171 Rz 41;
Pahlke/Koenig/Cöster, Abgabenordnung, 2. Aufl., § 171 Rz
77). Dabei ist hinsichtlich der erforderlichen Kausalität
eines Antrags nach § 171 Abs. 4 Satz 1 2. Alternative AO auf
den Tag des Antragseingangs abzustellen, welcher der
maßgebliche Zeitpunkt für den Eintritt der Ablaufhemmung
ist (vgl. z.B. Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung,
Finanzgerichtsordnung, § 171 AO Rz 40; Ruban in
Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 171 AO Rz 48). Wird der
Beginn der Außenprüfung nicht maßgeblich aufgrund
des Antrags, sondern aufgrund der eigenen Belange der
Finanzbehörde bzw. aus innerhalb deren Sphäre liegenden
Gründen hinausgeschoben, so läuft die Frist ungeachtet
des Antrags ab (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 188, 131 = SIS 99 11 45;
Frotscher in Schwarz, a.a.O., § 171 Rz 37; Gosch, Die
steuerliche Betriebsprüfung 1999, 192; Klein/ Rüsken, AO,
10. Aufl., § 171 Rz 66; Kruse in Tipke/Kruse, a.a.O., §
171 AO Rz 41; Pahlke/Koenig/Cöster, a.a.O., § 171 Rz 77);
dabei ist auch die beantragte Zeitdauer des Verschiebens
bedeutungslos (vgl. Klein/Rüsken, a.a.O., § 171 Rz 66).
§ 171 Abs. 4 Satz 1 2. Alternative AO verhindert lediglich
eine einseitige Begünstigung des Steuerpflichtigen, wenn
aufgrund seines Antrags der eine Ablaufhemmung auslösende
Beginn einer Außenprüfung hinausgeschoben wird; den
Eintritt der in § 171 Abs. 4 Satz 1 1. Alternative AO für
den Regelfall bestimmten Rechtsfolge soll der Steuerpflichtige
nicht nach Belieben bestimmen können. Die Anordnung einer
Ablaufhemmung nach dieser Vorschrift soll hingegen nicht den
Eintritt nachteiliger Folgen für die Steuerfestsetzung bzw.
die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen verhindern, die der
Finanzbehörde aufgrund von Umständen entstehen, die sie
selbst zu vertreten hat.
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bb) Diese Bestimmung einer Rechtsfolge
(Ablaufhemmung) nach den in den jeweiligen Sphären der am
Besteuerungs- bzw. Feststellungsverfahren Beteiligten liegenden
Gründen für das tatsächliche Unterbleiben einer
Außenprüfung kommt auch in § 171 Abs. 4 Satz 2 AO
zum Ausdruck, der eine Ausnahme von Satz 1 der Norm enthält.
Danach tritt die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO
nicht ein, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem
Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus
Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu
vertreten hat; diese Rechtsfolge wird - im Ergebnis gleich - auch
damit umschrieben, dass die Ablaufhemmung rückwirkend
entfällt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17.6.1998 IX R 65/95, BFHE
186, 485, BStBl II 1999, 4 = SIS 99 03 12; BFH-Beschluss in BFHE
188, 131 = SIS 99 11 45; Klein/ Rüsken, a.a.O., § 171 Rz
68; Kruse in Tipke/Kruse, a.a.O., § 171 AO Rz 47). Die
Bestimmung will einer missbräuchlichen Ausnutzung der
Möglichkeit der Ablaufhemmung durch die Finanzverwaltung
entgegentreten (vgl. Klein/Rüsken, a.a.O., § 171 Rz 68);
Außenprüfungen sollen nicht pro forma begonnen werden,
um den Ablauf der Festsetzungsfrist hinauszuschieben (BTDrucks
7/4292, S. 33). Wenn § 171 Abs. 4 Satz 2 AO hinsichtlich der
Prüfungsunterbrechung auf Gründe abstellt, die in der
Sphäre der Finanzverwaltung liegen und die die
Finanzbehörde deshalb zu vertreten hat, so ist dieses Merkmal
das Gegenstück zum Prüfungsaufschub auf Antrag des
Steuerpflichtigen nach § 171 Abs. 4 Satz 1 2. Alternative AO
(vgl. Kruse in Tipke/Kruse, a.a.O., § 171 AO Rz 46).
Steuerpflichtiger und Finanzbehörde sollen demnach die in
§ 171 Abs. 4 Satz 1 1. Alternative AO bestimmte Rechtsfolge
weder verhindern noch durch lediglich formelle
Prüfungshandlungen oder Scheinhandlungen, die zu keinem
ernsthaften tatsächlichen Beginn einer Außenprüfung
führen (vgl. dazu z.B. Kruse in Tipke/Kruse, a.a.O., §
171 Rz 37 ff., m.w.N.), eintreten lassen können.
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cc) Für den Fall, dass der
Steuerpflichtige mit seinem Antrag i.S. von § 171 Abs. 4 Satz
1 2. Alternative AO nur ein zeitlich befristetes Hinausschieben des
Prüfungsbeginns begehrt, trifft § 171 Abs. 4 AO keine
gesonderte Bestimmung. Deshalb verbleibt es auch bei einem derart
befristet gestellten Antrag bei der zuvor dargestellten
Rechtsfolge, dass der Ablauf der Festsetzungsfrist ab dem Tag des
Antragseingangs bei der Finanzbehörde gehemmt wird, soweit der
Antrag im Zeitpunkt seines Eingangs bei der Finanzbehörde
für das Verschieben des Prüfungsbeginns kausal ist, weil
keine die Ursächlichkeit des Antrags überlagernden, in
der Sphäre der Finanzverwaltung liegenden Gründe für
den Prüfungsaufschub vorliegen. Die Vorschrift erfordert es
hingegen nicht, nach Ablauf der beantragten Aufschubfrist erneut zu
prüfen, ob die im Zeitpunkt der Antragstellung bejahte
Kausalität des Antrags für das Hinausschieben des
Prüfungsbeginns auch noch bei oder nach Ablauf der beantragten
Aufschubfrist fortbesteht. Denn auch bei einem unbefristet
gestellten Antrag kommt es für den Eintritt der Ablaufhemmung
nicht darauf an, ob bzw. inwieweit zu einem dem Tag der
Antragstellung nachfolgenden Zeitpunkt in der Sphäre der
Finanzverwaltung liegende Gründe nunmehr gleichfalls
ursächlich für das Hinausschieben des Beginns einer
Außenprüfung sein könnten. Dies gilt insbesondere
für in der Sphäre der Finanzverwaltung liegende
Umstände, die nach Antragstellung oder nach Ablauf der
beantragten Aufschubfrist neu entstanden sind. Eine sog.
„überholende Kausalität“, wie sie der
I. Senat des BFH erwogen hat (BFH-Beschluss in BFHE 188, 131 = SIS 99 11 45), scheidet regelmäßig schon deshalb aus, weil
nach den zuvor genannten Maßstäben bereits im Zeitpunkt
der Antragstellung vorliegende, in der Sphäre der
Finanzverwaltung liegende maßgebliche Gründe für
den Prüfungsaufschub den Eintritt der Ablaufhemmung meist
schon von vorneherein - d.h. bereits im Zeitpunkt der
Antragstellung - ausschließen. Entfaltet auch ein befristeter
Antrag hinsichtlich des Eintritts der Ablaufhemmung
uneingeschränkte Wirkung, so bedarf es keiner Entscheidung, ob
bzw. inwieweit der Steuerpflichtige nach Ablauf der von ihm
beantragten Aufschubfrist auf den Beginn der
Außenprüfung zu drängen hat (vgl. - ohne generelle
Festlegung - BFH-Beschluss in BFHE 188, 131 = SIS 99 11 45, unter
II.2.b cc der Gründe; für ein Drängen als allgemeine
Voraussetzung für das Entfallen der Ablaufhemmung Klein/
Rüsken, a.a.O., § 171 Rz 66; Kruse in Tipke/Kruse,
a.a.O., § 171 AO Rz 43; kritisch dazu Frotscher in Schwarz,
AO, § 171 Rz. 39).
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dd) Gleichwohl verbleibt der
Finanzbehörde nach Ansicht des erkennenden Senats nach Eingang
eines Antrags i.S. von § 171 Abs. 4 Satz 1 2. Alternative AO,
der zum Eintritt der Ablaufhemmung führt, nicht unbegrenzte
Zeit, mit der Außenprüfung zu beginnen. Vielmehr hat die
Behörde die Prüfung vor Ablauf von zwei Jahren nach
Eingang des Antrags auf Hinausschieben des Prüfungsbeginns bei
der Finanzbehörde zu beginnen, wenn sie den Ablauf der
Festsetzungsfrist verhindern will. Die Festsetzungsfrist
(Feststellungsfrist) endet nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach
Eingang des Antrags. Der erkennende Senat stützt seine
Auffassung auf einen allgemeinen Rechtsgedanken, der in § 171
Abs. 8 Satz 2 AO und - jedenfalls in seiner gegenwärtig
gültigen Fassung - auch in § 171 Abs. 10 AO Ausdruck
findet; jene Vorschriften räumen der Finanzbehörde in den
Fällen des Wegfalls eines außerhalb ihrer Sphäre
eingetretenen Hindernisses eine Zweijahresfrist für ein
weiteres Tätigwerden ein.
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(1) § 171 AO lässt sich die
Vorstellung des Gesetzgebers entnehmen, dass der Finanzbehörde
nicht unbegrenzte Zeit verbleiben soll, bei rechtlichen oder - was
regelmäßig Hintergrund einer Außenprüfung ist
- tatsächlichen Unsicherheiten den konkreten Steuerfall
abschließend zu beurteilen. So sieht § 171 Abs. 4 Satz 2
AO - wie bereits ausgeführt - eine Frist für ein weiteres
Tätigwerden der Finanzbehörde vor, soweit eine begonnene
Außenprüfung nur für die Dauer von sechs Monaten
unterbrochen werden darf, um die Ablaufhemmung zu bewahren.
Allerdings bewirkt in der dort zugrunde gelegten Situation das
Hindernis für die abschließende Würdigung des
Falles die Finanzbehörde selbst, indem sie die
tatsächliche und rechtliche Klärung durch eine (bereits
begonnene) Außenprüfung hinausschiebt. Ein derartiges
Hindernis liegt indes nicht in der Sphäre der
Finanzbehörde, wenn eine Steuerfestsetzung nach § 165
Abs. 1 Satz 2 AO für vorläufig erklärt wird, weil
z.B. eine höchstrichterliche Entscheidung abzuwarten ist.
§ 171 Abs. 8 Satz 2 AO sieht dann vor, dass die
Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren endet, nachdem
die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon
Kenntnis erlangt hat. Gleichfalls hat die Finanzbehörde ein
solches Hindernis nicht zu verantworten, wenn sie gehalten ist,
einen sie bindenden Grundlagenbescheid abzuwarten. Soweit für
die Festsetzung einer Steuer ein Grundlagenbescheid bindend ist,
endet nach § 171 Abs. 10 Satz 1 AO in seiner gegenwärtig
gültigen Fassung die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von
zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Zwar war in
§ 171 Abs. 10 AO in seiner in den Streitjahren (1993 und 1994)
gültigen Fassung noch eine Einjahresfrist bestimmt. Erst durch
Art. 18 Nr. 4 des Jahressteuergesetzes (JStG) 1997 vom 20.12.1996
(BGBl I 1996, 2049, 2075), das insoweit am Tag nach seiner
Verkündung, also am 28.12.1996, in Kraft trat, wurde die
Einjahresfrist durch eine Frist von zwei Jahren ersetzt. Diese
Änderung folgte einer Empfehlung des Finanzausschusses des
Deutschen Bundestags (vgl. Zweite Beschlussempfehlung vom
5.11.1996, BTDrucks 13/5951, S. 83; Zweiter Bericht vom 5.11.1996,
BTDrucks 13/5952, S. 55 f.) und wurde u.a. damit begründet,
dass es sowohl auf Seiten der Finanzverwaltung als auch auf Seiten
des Steuerpflichtigen einen erheblichen Verwaltungsaufwand
erfordern könne, wenn in einem Folgebescheid eine Vielzahl von
Grundlagenbescheiden zu berücksichtigen seien und diese
wiederum mehrfach geändert würden; besondere Probleme
ergäben sich vor allem, wenn der Steuerpflichtige an mehreren
Personengesellschaften beteiligt sei und bei ihm eine
Außenprüfung durchgeführt werde; eine aus
praktischer Sicht naheliegende Bündelung der Auswertung der
Prüfungsfeststellungen und der Grundlagenbescheide scheitere
regelmäßig am Ablauf der Festsetzungsfrist; durch die
Verlängerung der Anpassungsfrist auf zwei Jahre solle es
ermöglicht werden, die notwendigen Anpassungen des
Folgebescheids zu bündeln (BTDrucks 13/5952, S. 56). Mit der
Aufnahme dieser Empfehlung hat der Gesetzgeber also im Ergebnis
einer Situation Rechnung getragen, die - nach Wegfall eines
außerhalb der Sphäre der zuständigen
Finanzbehörde liegenden Hindernisses - (auch) einen
erhöhten Verwaltungsaufwand erfordert.
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Kann die Finanzbehörde also eine
abschließende rechtliche und/oder tatsächliche
Klärung des Steuerfalles zunächst nicht selbst
herbeiführen, räumt ihr das Gesetz in § 171 Abs. 8
Satz 2 und Abs. 10 AO eine zweijährige, den Ablauf der
Festsetzungsfrist hindernde Frist ab dem Zeitpunkt ein, in dem die
entsprechenden Vorfragen geklärt sind und ihr das Ergebnis
bekannt ist. Ab diesem Zeitpunkt kann und darf die
Finanzbehörde wieder selbst die Initiative zur Bearbeitung des
Falles ergreifen. Dabei hat der Gesetzgeber bei der Erweiterung der
Frist in § 171 Abs. 10 AO auf zwei Jahre erkennbar auch die
Situation berücksichtigt, dass der Verwaltung nach Wegfall des
Hindernisses ein erhöhter Verwaltungsaufwand entstehen
kann.
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(2) Wird der Beginn der
Außenprüfung auf Antrag des Steuerpflichtigen
hinausgeschoben, ist die Finanzbehörde gleichfalls
zunächst aus von ihr nicht zu vertretenden Gründen an der
abschließenden rechtlichen und/oder tatsächlichen
Klärung des Steuerfalles gehindert; auch erfordert der
spätere Beginn einer Außenprüfung
regelmäßig weiteren organisatorischen Aufwand der
Behörde, etwa um den Fall erneut in die
Prüfungspläne zu integrieren. Insoweit weicht diese
Situation nicht wesentlich von den in § 171 Abs. 8 Satz 2 und
Abs. 10 AO erfassten Fallkonstellationen ab. Dies rechtfertigt es
zum Einen, der Finanzbehörde ausreichend Zeit für den
späteren Beginn einer Außenprüfung
einzuräumen. Dabei ist jedoch nach Ansicht des erkennenden
Senats für den Fall eines Antrags i.S. von § 171 Abs. 4
Satz 1 2. Alternative AO die Ablaufhemmung in Anwendung des auch in
§ 171 Abs. 8 Satz 2 und Abs. 10 AO konkretisierten allgemeinen
Rechtsgedankens daran zu knüpfen, dass die Finanzbehörde
vor Ablauf von zwei Jahren nach Eingang des Antrags des
Steuerpflichtigen mit einer Außenprüfung beginnt.
Insoweit bleibt der Finanzbehörde die gleiche Zeit wie in den
von § 171 Abs. 8 Satz 2 und - in seiner gegenwärtigen
Fassung - Abs. 10 AO erfassten Fällen, aus eigener Initiative
die abschließende Bearbeitung des Steuerfalles zu betreiben.
Auch wenn - wie im Streitfall - ein befristeter Aufschub des
Prüfungsbeginns beantragt worden ist, kommt nicht in Betracht,
die Festsetzungsfrist (hier Feststellungsfrist) nicht vor Ablauf
von zwei Jahren seit Ablauf der beantragten Aufschubfrist enden zu
lassen. Denn im Unterschied zu den in § 171 Abs. 8 Satz 2 und
Abs. 10 AO geregelten Fällen hat die Finanzbehörde bei
einem Antrag auf Aufschub des Prüfungsbeginns die
Möglichkeit, bei der Bescheidung des Antrags auf die zeitliche
Dauer ihrer Untätigkeit Einfluss zu nehmen. Im Übrigen
ist eine Frist von zwei Jahren nach Antragseingang auch im Hinblick
auf die erforderliche (neue) Integration des Prüfungsfalles in
die Prüfungspläne der Finanzbehörde ausreichend
bemessen. Dabei sieht sich der erkennende Senat an der Anwendung
der Zweijahresfrist auch im Streitfall nicht dadurch gehindert,
dass - wie ausgeführt - § 171 Abs. 10 AO in seiner
gegenwärtigen Fassung in den Streitjahren noch keine
Gültigkeit hatte. Es kann offenbleiben, ob es unter den im
Streitfall vorliegenden Umständen nicht auf die
Gültigkeit der Norm in den Streitjahren, sondern auf die
Rechtslage im Zeitpunkt des Antrags auf Verschieben der
Außenprüfung ankäme. Gleichfalls braucht nicht
erörtert zu werden, ob § 171 Abs. 10 AO i.d.F. von Art.
18 JStG 1997 gemäß Art. 97 § 1 Abs. 6 des
Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung auf das vorliegende
Verfahren anzuwenden wäre. Denn maßgeblich ist der zu
jener Zeit bereits in § 171 Abs. 8 Satz 2 AO zum Ausdruck
gebrachte Rechtsgedanke, den der Gesetzgeber später
folgerichtig mit der dargestellten Änderung des § 171
Abs. 10 AO fortentwickelt hat. Im Übrigen wirkte eine
Anknüpfung an die in § 171 Abs. 10 AO a.F. bestimmte
Einjahresfrist zu Lasten des FA.
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b) Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen
hat das FG im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Ablauf der
Feststellungsfrist nicht nach § 181 Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m.
§ 171 Abs. 4 Satz 1 AO gehemmt war.
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Der Antrag der Klägerin ist am 15.11.1996
beim FA eingegangen. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass
- wie das FG entschieden hat - der Antrag der Klägerin
ursächlich für das Hinausschieben des Beginns der
Außenprüfung geworden ist. Das FA hat jedoch nicht
innerhalb von zwei Jahren nach Eingang des Antrags mit der
Außenprüfung begonnen, sondern erst am 30.3.2000. Damit
ist die zunächst eingetretene Ablaufhemmung nach § 181
Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 171 Abs. 4 Satz 1 2. Alternative AO
rückwirkend entfallen. Mangels Ablaufhemmung war die
Feststellungsfrist - wie oben bereits ausgeführt -
hinsichtlich beider Streitjahre abgelaufen, als das FA die
streitbefangenen geänderten Feststellungsbescheide erlassen
hat.
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Soweit das FA in seiner
Revisionsbegründung vorgetragen hat, die Klägerin habe
durch M im November 1999 einen weiteren Antrag auf Verschiebung des
Beginns der Außenprüfung gestellt, ist der erkennende
Senat an die nicht mit zulässigen und begründeten
Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des FG gebunden
(§ 118 Abs. 2 FGO), wonach sich nicht erwiesen habe, dass M
als Mitarbeiterin der Bevollmächtigten der Klägerin
anlässlich eines Telefonats mit dem Betriebsprüfer am
10.11.1999 einen entsprechenden Antrag gestellt habe, der
ursächlich für eine tatsächliche Verschiebung der
Prüfung gewesen sei. Deshalb ist auch nach den vom erkennenden
Senat entwickelten Rechtsgrundsätzen ausschließlich auf
den Antrag der Klägerin vom 15.11.1996 abzustellen.
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3. Dass die besonderen Voraussetzungen
für den Erlass eines Feststellungsbescheides nach Ablauf der
Feststellungsfrist gemäß § 181 Abs. 5 AO vorgelegen
hätten, ergibt sich weder aus dem Bescheid (vgl. § 181
Abs. 5 Satz 2 AO) noch ist solches vom FG festgestellt oder von den
Beteiligten vorgetragen worden.
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4. Zwar haben die Beteiligten
übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet. Zur
Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des
Grundgesetzes) hält es der Senat gleichwohl für
zweckmäßig, durch Gerichtsbescheid zu erkennen
(§§ 121, 90a FGO; vgl. z.B. auch BFH-Urteil vom
16.12.2003 VIII R 67/00, BFH/NV 2004, 934 = SIS 04 22 66, unter 5.
der Gründe). Nicht alle rechtlichen Gesichtspunkte, auf die
der erkennende Senat seine Entscheidung stützt, sind bislang
von den Beteiligten oder in der vorinstanzlichen Entscheidung
erörtert worden.
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