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I. Die Beteiligten streiten um die Frage,
ob ein Ausschlussgrund für eine Straf- oder
Bußgeldbefreiung nach § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a des
Strafbefreiungserklärungsgesetzes (StraBEG) vorliegt.
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Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) ist niedergelassener Facharzt. Der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) ordnete bei ihm eine
Außenprüfung betreffend Einkommensteuer, Umsatzsteuer
und Gewerbesteuer für die Veranlagungszeiträume 1998 bis
2000 an. Die Prüfung fand in den Räumen des FA statt und
begann am 4.2.2003. Zu diesem Zweck überreichte der
Bevollmächtigte des Klägers dem Betriebsprüfer am
4.2.2003 im FA zahlreiche Unterlagen; außerdem wurden im
weiteren Verlauf der Prüfung mehrfach Unterlagen angefordert
und Gespräche zwischen dem Prüfer und dem
Bevollmächtigten des Klägers geführt. An zwei
Zwischenbesprechungen im FA und im Büro des
Bevollmächtigten nahm jeweils auch der Kläger teil. Am
31.3.2004 ging beim FA eine strafbefreiende Erklärung des
Klägers ein, in der der Kläger einen Betrag in Höhe
von 500,75 EUR als zu Unrecht nicht besteuerte Einnahmen i.S. des
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 StraBEG erklärte. Dabei handelte es sich
um den Ansatz von Reparaturkosten für ein Privatfahrzeug als
Betriebsausgaben bei den Einkünften des Klägers
gemäß § 18 des Einkommensteuergesetzes. Von dem
nacherklärten Betrag entfielen 223,83 EUR auf 1999, der Rest
auf den Veranlagungszeitraum 2000. Binnen 10 Tagen nach Abgabe der
Erklärung entrichtete der Kläger an das FA einen Betrag
in Höhe von 25 % der erklärten Einnahmen.
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Daraufhin leitete das Finanzamt für
Steuerstrafsachen und Steuerfahndung X gegen den Kläger ein
Strafverfahren ein, welches indes im Jahre 2005 gemäß
§ 153 der Strafprozessordnung eingestellt wurde. Am 28.4.2004
erließ das FA einen Aufhebungsbescheid gemäß
§ 10 Abs. 3 StraBEG, mit dem es die mit der Abgabe der
strafbefreienden Erklärung bewirkte Steuerfestsetzung in
Höhe von 25 % der erklärten Einnahmen (125,19 EUR)
aufhob. Zur Begründung führte das FA an, nach § 7
Satz 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG sei keine Straf- oder
Bußgeldbefreiung eingetreten, da bereits vor Eingang der
strafbefreienden Erklärung bei dem Erklärenden ein
Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen
Prüfung erschienen sei.
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Den dagegen eingelegten Einspruch wies das
FA als unbegründet zurück.
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Dagegen richtet sich die Klage, mit der der
Kläger geltend macht, „Erscheinen“ i.S. des §
7 StraBEG sei ein Realakt. Darunter sei die körperliche
Anwesenheit des Prüfers am Prüfungsort zu verstehen.
Erschienen sei der Amtsträger, sobald er in
Prüfungsabsicht das Grundstück mit den Betriebs- oder
Wohnräumen des Steuerpflichtigen betrete. Daran fehle es im
Streitfall. Der Steuerberater sei zwar als Bevollmächtigter
des Klägers an Amtsstelle erschienen, um dort alle Belege und
Sachkonten für den Prüfungszeitraum zu übergeben.
Das Erscheinen des Steuerpflichtigen oder seines
Bevollmächtigten in den Diensträumen des Amtsträgers
reichten aber nicht aus; die Ausschlussgründe des StraBEG
seien restriktiv auszulegen.
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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit
seinem in EFG 2008, 79 = SIS 07 34 23 veröffentlichten Urteil
als unbegründet ab. Es entschied, den Voraussetzungen des
§ 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG werde auch dann Genüge
getan, wenn nicht der Prüfer in den Wohn- und
Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen erscheine, sondern
im FA ein persönlicher Kontakt stattfinde, der nach
außen hin erkennbar mache, dass der Prüfer mit der
Außenprüfung beginne. Das sei z.B. der Fall, wenn der
Prüfer die im Rahmen der Betriebsprüfung angeforderten
Unterlagen in den Räumlichkeiten des FA vom Steuerpflichtigen
oder seinem Vertreter persönlich in Empfang nehme. Es
könne keinen Unterschied machen, ob die Prüfung in den
Räumen des Steuerpflichtigen, des Beraters oder des FA
stattfinde.
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Mit der Revision rügt der Kläger
die Verletzung materiellen Rechts. Das FG beschränke sich bei
Auslegung des § 7 StraBEG auf die Auslegung des Wortes
„erscheinen“ und setze sich dabei mit den
entsprechenden Kommentierungen zu § 371 Abs. 2 der
Abgabenordnung (AO) auseinander. Dabei übersehe es aber, dass
§ 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG mit § 371 Abs. 2 AO
nicht übereinstimme. Die Auslegung des § 7 StraBEG durch
das FG sei vom Gesetzestext nicht mehr gedeckt.
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Der Kläger beantragt, das Urteil des
FG Münster vom 9.8.2007 6 K 5364/04 AO sowie den
Aufhebungsbescheid des FA vom 28.4.2004 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 10.9.2004 aufzuheben.
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Das FA beantragt die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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Die Beteiligten haben sich mit einer
Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden
erklärt.
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II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Rechtsfehlerfrei ist das FG davon
ausgegangen, dass der Aufhebungsbescheid des FA gemäß
§ 10 Abs. 3 StraBEG rechtmäßig ist, weil die
Voraussetzungen für einen Ausschluss der Straf- oder
Bußgeldbefreiung gemäß § 7 Satz 1 Nr. 1
Buchst. a StraBEG vorgelegen haben.
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1. Gemäß § 10 Abs. 3 StraBEG
ist die mit Abgabe der strafbefreienden Erklärung bewirkte
Steuerfestsetzung aufzuheben oder zu ändern, soweit nach
diesem Gesetz keine Straf- oder Bußgeldfreiheit eintritt. Das
ist im Streitfall zu bejahen. Zwar hat der Kläger am 31.3.2004
eine strafbefreiende Erklärung eingereicht. Nach § 7
StraBEG tritt die Straf- oder Bußgeldfreiheit jedoch nicht
ein, soweit vor Eingang der strafbefreienden Erklärung wegen
einer Tat i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 der Norm oder einer
Handlung i.S. des § 6 des Gesetzes bei dem Erklärenden
oder seinem Vertreter ein Amtsträger der Finanzbehörde
zur steuerlichen Prüfung oder zur Ermittlung einer
Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit erschienen ist.
Diese Regelung entspricht trotz des nicht vollständig
übereinstimmenden Wortlauts derjenigen in § 371 Abs. 2
Nr. 1 Buchst. a AO zum Befreiungsausschluss bei Selbstanzeige (FG
München, Urteil vom 31.5.2006 1 K 3948/05, EFG 2006, 1401 =
SIS 06 35 48; Jesse/Geuenich, FR 2004, 497, 504, m.w.N.), weshalb
Rechtsprechungserkenntnisse und Literaturmeinungen zu jener
Vorschrift bei der Auslegung des § 7 Satz 1 Nr. 1 StraBEG
herangezogen werden können (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs
vom 19.6.2007 VIII R 99/04, BFHE 218, 1, BStBl II 2008, 7 = SIS 08 00 23, m.w.N.).
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a) Zutreffend ist das FG davon ausgegangen,
dass ein Erscheinen des Prüfers „zur steuerlichen
Prüfung“ eine entsprechende Prüfungsanordnung
voraussetzt. Nur soweit die Prüfungsanordnung reicht, kann das
Erscheinen eines Amtsträgers der Finanzbehörde die
Strafbefreiung ausschließen (vgl. Senatsurteil in BFHE 218,
1, BStBl II 2008, 7 = SIS 08 00 23). Die Sperrwirkung nach § 7
StraBEG kann außerdem nur durch ein Erscheinen eines
Betriebsprüfers herbeigeführt werden, wobei das Gesetz
aus Gründen der Beweisklarheit als entscheidendes Kriterium
auf das leicht feststellbare physische Erscheinen des Prüfers
abstellt (vgl. Senatsurteil in BFHE 218, 1, BStBl II 2008, 7 = SIS 08 00 23, m.w.N.; Rottpeter/Webel in Schwarz, AO, Anhang zu §
371 - § 7 StraBEG - Rz 4; Dumke in Schwarz, a.a.O., § 371
Rz 70; Hoyer in Beermann/Gosch, AO, § 371 Rz 31; Klein/Gast-de
Haan, AO, 9. Aufl., § 371 Rz 26 und 27; Kohlmann,
Steuerstrafrecht, § 371 AO 1977, Rz 132).
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b) Im Streitfall ist der Prüfer indes
nicht in den Wohn- oder Geschäftsräumen des Klägers
erschienen. Vielmehr hat die Prüfung in den
Räumlichkeiten des FA stattgefunden. Bei Prüfungen an
Amtsstelle ist umstritten, ob das Erscheinen des Steuerpflichtigen
mit Geschäftsunterlagen beim Finanzamt die Sperrwirkung
auslösen kann. Im Schrifttum wird diese höchstrichterlich
bislang nicht entschiedene Frage unterschiedlich beantwortet.
Teilweise wird dazu die Auffassung vertreten, nach dem
Gesetzeswortlaut sei bei einer Prüfung an Amtsstelle ein
Erscheinen des Prüfers beim Steuerpflichtigen oder dessen
Vertreter nicht möglich, bei Prüfungen an Amtsstelle
könne daher keine Sperrwirkung ausgelöst werden (vgl.
dazu Lüttger, Die Selbstanzeige im Steuerstrafrecht, Der
Steuerberater - StB - 1993, 372, 376; Hoffmann, Die
Ausschlußtatbestände der Selbstanzeige bei
Steuerhinterziehung, 1998, S. 107; Merkt, DStR 1987, 710, 712;
differenzierend Theil, Selbstanzeige nach § 371 AO:
Berichtigung und Erscheinen eines Amtsträgers, StB 1999, 108,
112; Burkhard, Die Sperrwirkung des § 371 Abs. 2 Nr. 1a AO,
Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht 1998, 216;
Streck/Spatscheck, Steuerfahndung, 4. Aufl., Rz 257, die eine
Sperrwirkung aber dann nicht ausschließen, wenn der
Steuerpflichtige dem Prüfer keine geeigneten
Räumlichkeiten zur Verfügung stellen kann; Stahl,
Selbstanzeige und strafbefreiende Erklärung, 2. Aufl., Rz
217). Demgegenüber ist die wohl herrschende Meinung im
Schrifttum der Ansicht, bei Prüfungen an Amtsstelle sei der
Prüfer jedenfalls dann erschienen, wenn der Steuerpflichtige
oder sein Bevollmächtigter die Räumlichkeiten des
Finanzamts mit den prüfungsrelevanten Unterlagen betritt,
wobei teilweise noch differenziert wird, ob die Übergabe der
Unterlagen erfolgen soll, um die Prüfung zu ermöglichen,
oder ob das Betreten aus anderen Gründen erfolgt, z.B. zur
Übergabe einer berichtigten Steuererklärung (vgl. dazu
Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., §
371 Rz 145, m.w.N.; Rolletschke, Steuerstrafrecht, 3. Aufl., Rz
584; Klein/Gast-deHaan, a.a.O., § 371 Rz 26; Simon/Vogelberg,
Steuerstrafrecht, 2. Aufl., S. 190; Kohlmann, a.a.O., § 371 AO
1977, Rz 126; ebenso das angefochtene FG-Urteil).
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c) Nach Auffassung des Senats ist auch bei
Prüfungen an Amtsstelle der Ausschluss der Straf- oder
Bußgeldbefreiung nach § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG
möglich. Zwar tritt nach dem Wortlaut der Norm Straf- oder
Bußgeldfreiheit nur dann nicht ein, „soweit vor
Eingang der strafbefreienden Erklärung wegen einer Tat im
Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 oder einer Handlung im Sinne des
§ 6 bei dem Erklärenden oder seinem Vertreter ein
Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen
Prüfung ... erschienen ist ...“. Daraus kann indes
nicht gefolgert werden, die Sperrwirkung des § 7 Satz 1 Nr. 1
Buchst. a StraBEG komme nur in Betracht, wenn ein
Betriebsprüfer die Wohn- oder Geschäftsräume des
Steuerpflichtigen oder seines Vertreters aufsucht, nicht aber bei
einer Prüfung an Amtsstelle. Eine solche Auslegung
widerspräche dem Gesetzeszweck. Mit dem Gesetz zur
Förderung der Steuerehrlichkeit vom 23.12.2003 (BGBl I 2003,
2928) wollte der Gesetzgeber denjenigen, die in der Vergangenheit
Steuern verkürzt haben, Gelegenheit geben, durch Abgabe einer
strafbefreienden Erklärung und Entrichtung einer pauschalen,
als Einkommensteuer geltenden Abgabe Strafbefreiung oder Befreiung
von Geldbußen erlangen zu können (sog.
„Brücke in die Steuerehrlichkeit“, vgl.
BRDrucks 542/03 vom 15.8.2003; BTDrucks 15/1521, S. 1 f., 9, 12;
vgl. auch Merkblatt des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - zur
Anwendung des StraBEG vom 3.2.2004 IV A 4 - S 1928 - 18/04, BStBl I
2004, 225 = SIS 04 05 49, Rz 1). Gerade mit Blick auf das Institut
der Selbstanzeige nach § 371 AO wurde die ursprünglich in
§ 7 des Gesetzentwurfs vorgesehene Sperrwirkungsregelung aber
deutlich enger gefasst (vgl. BRDrucks 542/1/03 vom 15.9.2003 sowie
BRDrucks 542/03 vom 26.9.2003) und hat letztlich die nunmehr
gültige Fassung erhalten, die - ähnlich wie § 371 AO
- eine Sperrwirkung bei Erscheinen eines Amtsträgers der
Finanzbehörde vor Eingang der strafbefreienden Erklärung
vorsieht.
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Mit der Formulierung „soweit
vor Eingang der strafbefreienden Erklärung ... bei dem
Erklärenden oder seinem Vertreter ein Amtsträger der
Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung ... erschienen ist
...“ macht der Gesetzgeber deutlich, dass
Steuerpflichtige, die ihren steuerlichen Pflichten zuvor nicht im
erforderlichen Umfang nachgekommen sind, nicht unbegrenzt Zeit
haben sollen, die sog. „Brücke in die
Steuerehrlichkeit“ zu beschreiten. Vielmehr wird diese
Möglichkeit genommen, wenn ein Prüfer sich
anlässlich einer Außenprüfung im Einzelnen mit den
steuerlichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen befasst.
Insoweit bestehen Parallelen zu § 371 AO, der Straffreiheit
bei Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung u.a. versagt, wenn vor
Abgabe der Selbstanzeige ein Amtsträger der Finanzbehörde
zur steuerlichen Prüfung erschienen ist. Zur steuerlichen
Prüfung erscheint ein Amtsträger in der Regel beim
Steuerpflichtigen, d.h. in dessen Wohn- oder
Geschäftsräumen. Da der Prüfer die
tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für
die Steuerpflicht und die Bemessung der Steuer maßgebend
sind, umfassend prüfen muss (vgl. § 199 Abs. 1 AO) und
der Steuerpflichtige insoweit mitwirkungspflichtig ist und
demgemäß die Pflicht hat, Bücher, Aufzeichnungen
etc. zur Einsicht und Prüfung vorzulegen (vgl. § 200 Abs.
1 AO), hat der Gesetzgeber in § 200 Abs. 2 AO verfügt,
dass diese Unterlagen grundsätzlich in den
Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen vorzulegen sind,
wobei dem Prüfer sogar ein geeigneter Raum und Arbeitsplatz
unentgeltlich zur Verfügung zu stellen ist. Der Vorrang der
Geschäftsräume folgt aus dem Wortlaut des § 200 Abs.
2 AO und aus dem Zweck der Außenprüfung; daher kommt
eine Prüfung in den Wohnräumen oder an Amtsstelle nur in
Betracht, wenn die Prüfung in den Geschäftsräumen
des Steuerpflichtigen nicht möglich ist (vgl. § 200 Abs.
2 AO; BMF-Schreiben vom 2.1.2008 IV A 4 - S 0062/07/0001,
2007/0605275, BStBl I 2008, 26 = SIS 08 10 36, Anwendungserlass zur
Abgabenordnung, zu § 200 AO Nr. 2;
Betriebsprüfungsordnung (Steuer) vom 15.3.2000, BStBl I 2000,
368 = SIS 00 05 85, § 6).
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Dieser Entscheidung des Gesetzgebers
trägt auch § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG Rechnung,
wenn dort angeordnet wird, die Straf- oder Bußgeldbefreiung
komme nicht in Betracht, wenn beim Steuerpflichtigen oder seinem
Vertreter bereits vor Eingang der strafbefreienden Erklärung
ein Amtsträger der Finanzbehörde zwecks steuerlicher
Prüfung erschienen ist. Das bedeutet aber nicht, dass in den
Fällen, in denen ausnahmsweise die Prüfung an Amtsstelle
stattfindet, die Ausschlussregelung in § 7 Satz 1 Nr. 1
Buchst. a StraBEG keine Wirkung entfalten soll. Das würde eine
Besserstellung derjenigen Steuerpflichtigen bedeuten, bei denen -
entgegen der Grundregel in § 200 Abs. 2 AO - keine
Prüfung in ihren Räumlichkeiten vorgenommen wird oder
werden kann. Der Gesetzgeber kann nicht die Absicht gehabt haben,
diejenigen besser zu stellen, die ihrer in § 200 Abs. 2 AO
geregelten Mitwirkungspflicht bewusst nicht nachkommen oder dies
aus objektiven Gründen nicht können. Andernfalls
hätten Steuerpflichtige es nämlich in der Hand, die
Ausschlussregelung in § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG
gezielt dadurch zu umgehen, dass sie vorgeben, eine Prüfung in
ihren Räumlichkeiten sei nicht möglich, die Prüfung
möge daher an Amtsstelle stattfinden. Mit dem Zweck des
Gesetzes wäre das nicht vereinbar, weil § 7 Satz 1 Nr. 1
Buchst. a StraBEG ähnlich wie § 371 AO darauf zielt, den
Vorteil einer strafbefreienden Erklärung (bei § 371 AO:
Selbstanzeige) zu versagen, wenn im Rahmen einer
Außenprüfung mit der Aufdeckung unrichtiger Angaben, die
zu einer Steuerverkürzung und einem steuerlichen Vorteil
geführt haben, gerechnet werden muss.
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d) Die Auffassung des FG, die Formulierung
„Erscheinen“ in § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a
StraBEG sei nicht lokal zu verstehen, sondern personenbezogen, und
der Prüfer erscheine beim Steuerpflichtigen oder seinem
Vertreter auch dann, wenn im Finanzamt ein persönlicher
Kontakt stattfinde, der nach außen erkennbar mache, dass der
Prüfer mit der Außenprüfung beginne, hält der
revisionsrechtlichen Überprüfung demnach stand. Der
Prüfer hat die im Rahmen der Außenprüfung
zunächst angeforderten Geschäftsunterlagen in den
Räumlichkeiten des FA vom Kläger bzw. seinem Vertreter am
4.2.2003 persönlich empfangen. Damit war erkennbar, dass die
Außenprüfung begonnen hat. Da vor dem 31.3.2004, dem
Datum des Eingangs der strafbefreienden Erklärung beim FA,
weitere Unterlagen vom Prüfer angefordert worden sind und
Gespräche zwischen dem Prüfer, dem Kläger und seinem
Bevollmächtigten stattgefunden haben, war aus der Sicht des
Klägers deutlich, dass die Prüfung jedenfalls am
31.3.2004 bereits seit längerem im Gange war. Der Tatbestand
des § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG ist damit erfüllt.
Die Frage, ob bereits das bloße erstmalige Erscheinen des
Klägers auf Vorladung des FA mit den vom Prüfer
angeforderten Unterlagen geeignet ist, die Sperrwirkung des §
7 StraBEG herbeizuführen, kann daher offen bleiben.
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2. § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG ist
- entgegen der Auffassung des Klägers - nicht so zu verstehen,
dass das Erscheinen eines Betriebsprüfers im Rahmen einer
regulären Außenprüfung nach § 193 ff. AO keine
Sperrwirkung zeitigen kann, weil der Prüfer nicht wegen einer
Steuerhinterziehung oder Steuerordnungswidrigkeit beim
Steuerpflichtigen erschienen ist. Dieser Argumentation vermag der
Senat nicht zu folgen. Die strafbefreiende Erklärung bezweckt
die Korrektur vormaliger unrichtiger oder unvollständiger
Angaben, die zu Steuerverkürzungen oder steuerlichen Vorteilen
geführt haben (vgl. §§ 1, 6 StraBEG). Bei einer
„normalen“ Außenprüfung erscheint der
Prüfer beim Steuerpflichtigen indes nicht wegen einer
Steuerhinterziehung oder Steuerordnungswidrigkeit. Vielmehr geht es
um die umfassende Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen im Rahmen
der Prüfungsanordnung, nicht aber konkret um ein Verhalten des
Steuerpflichtigen, das eine Steuerhinterziehung oder
Steuerordnungswidrigkeit beinhaltet, zumal dem Prüfer ein
solches bei seinem erstmaligen Erscheinen gar nicht bekannt sein
kann. Daher ist die Gesetzesformulierung „wegen einer Tat
im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 oder einer Handlung im Sinne
des § 6“ auf die strafbefreiende Erklärung zu
beziehen (a.A. Stahl, a.a.O., Rz 681). Wegen des klar erkennbaren
Gesetzeszwecks und des Wortlauts des § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst.
a StraBEG („zur steuerlichen Prüfung oder zur
Ermittlung einer Steuerstraftat ...“) wird durch diese
Auslegung das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot nicht
verletzt.
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