1
|
I. Streitig ist, nach welchem Wechselkurs
Arbeitslohn, der in fremder Währung vereinnahmt wurde, in Euro
umzurechnen ist.
|
|
|
2
|
Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger), Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt
werden und ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland haben,
sind beide in der Schweiz als Arbeitnehmer beschäftigt. Im
Streitjahr 2002 betrug der Bruttoarbeitslohn des Klägers
153.736 Schweizer Franken (Sfr), der seiner Ehefrau 151.005 Sfr.
Die Gehälter wurden jeweils zum 25. oder 26. eines Monats auf
ein Girokonto der Kläger bei der schweizerischen X-Bank in
B/Schweiz überwiesen. Zu jedem dieser Zeitpunkte ging der
Kläger zu einem Bankautomaten der X-Bank in R/Schweiz und hob
kleine Beträge von jeweils 50 EUR ab. Hierüber erhielt er
Auszahlungsbelege, deren Kurse er für das Jahr 2002 für
jeden Monat auflistete und hieraus einen Durchschnittskurs bildete.
Dabei ergab sich für 100 Sfr ein Kurs von 66,87099471 EUR. Er
begehrte, diesen Durchschnittssortenkurs auf die
Bruttoeinkünfte seiner Ehefrau und von sich selbst anzuwenden
und den dementsprechenden Betrag in Euro der Besteuerung zugrunde
zu legen. In der Einspruchsentscheidung für das Jahr 2000 sei
ihnen - entsprechend der damaligen Verwaltungspraxis - nachgelassen
worden, den tatsächlichen Umrechnungskurs für jeden
umzurechnenden Zahlungsvorgang festzuhalten und mittels geeigneter
Unterlagen nachzuweisen. Daran sei der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) auch im Streitjahr
gebunden. Das FA rechnete die im Streitjahr erzielten
Arbeitslöhne in dem Einkommensteuerbescheid 2002 jedoch mit
einem Kurs von 0,68 EUR um und legte demgemäß der
Besteuerung beim Kläger einen Bruttoarbeitslohn von 104.540
EUR, bei der Klägerin von 102.683 EUR zugrunde.
|
|
|
3
|
Hiergegen legten die Kläger erfolglos
Einspruch ein. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit den in EFG
2008, 938 veröffentlichten Gründen ab.
|
|
|
4
|
Mit der Revision rügen die Kläger
die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
|
|
|
5
|
Die Kläger beantragen, das Urteil des
FG Baden-Württemberg vom 11.12.2007 11 K 549/04 aufzuheben und
den Einkommensteuerbescheid 2002, zuletzt vom 22.3.2006 in Gestalt
der Einspruchsentscheidung vom 1.10.2004, insoweit abzuändern,
als statt eines Umrechnungskurses von 0,68 EUR pro Sfr ein
Umrechnungskurs von 0,6687 EUR auf die von den Klägern
erzielten Bruttoarbeitslöhne von 153.736 Sfr beim Kläger
und 151.005 Sfr bei der Klägerin angewendet und die
Einkommensteuer dementsprechend herabgesetzt wird.
|
|
|
6
|
Das FA beantragt sinngemäß, die
Revision zurückzuweisen.
|
|
|
7
|
II. Die Revision der Kläger ist
zulässig und begründet; das angefochtene Urteil wird
aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und
Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz
1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
|
|
|
8
|
A. Die Revision ist zulässig.
|
|
|
9
|
Der Revisionskläger hat gemäß
§ 120 Abs. 2 und Abs. 3 FGO die Revisionsgründe
anzugeben. Dazu bedarf es zwar keiner eingehenden und umfassenden
Erörterung der streitigen Rechtsfrage; jedoch muss die
Begründungsschrift eindeutig erkennen lassen, dass der
Revisionskläger sein bisheriges Vorbringen anhand der
Gründe des Urteils des FG überprüft hat
(Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 120 Rz
59). Dies wiederum erfordert, dass er sich mit den tragenden
Gründen des FG-Urteils auseinandersetzt und darlegt, weshalb
er diese für unrichtig hält (Urteil des Bundesfinanzhofs
- BFH - vom 10.6.2009 I R 10/09, BFHE 225, 384, BStBl II 2009, 974
= SIS 09 26 30, m.w.N.). Die Kläger haben danach die Revision
ausreichend begründet. Sie haben vorgetragen, dass das FG bei
der Bemessung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
einen unzutreffenden Umrechnungskurs angewandt habe, und damit
dargelegt, weshalb ihrer Auffassung nach das angefochtene Urteil
des FG materielles Recht (§ 8 Abs. 1 des
Einkommensteuergesetzes - EStG - ) verletzt.
|
|
|
10
|
B. Die Revision ist auch begründet. Das
FG hat die Jahresgehälter der Kläger zu Unrecht nach dem
Jahresdurchschnitt der Euro-Referenzkurse des Streitjahres
umgerechnet.
|
|
|
11
|
1. Zutreffend ist das FG davon ausgegangen,
dass Einkünfte - im Streitfall aus nichtselbständiger
Arbeit - in einer gängigen, frei konvertiblen und im Inland
handelbaren ausländischen Währung als Einnahmen in Geld
nach § 8 Abs. 1 EStG zu besteuern sind. Das gilt
unabhängig davon, ob es sich bei dem Zufluss um von einem
anderen Staat herausgegebene Banknoten und Münzen (sog.
Sorten) oder - wie hier - um ein unbares Fremdwährungsguthaben
(sog. Devisen) handelt (BFH-Urteil vom 27.10.2004 VI R 29/02, BFHE
207, 309, BStBl II 2005, 135 = SIS 05 03 72, m.w.N.).
Fremdwährungen können zwar - anders als das gesetzliche
Zahlungsmittel - nicht mit dem Nennwert erfasst werden. Einnahmen
in fremder Währung stellen jedoch aus sich heraus einen Wert
dar, der bei Zufluss durch Umrechnung in Euro zu bestimmen ist
(BFH-Urteil in BFHE 207, 309, BStBl II 2005, 135 = SIS 05 03 72).
|
|
|
12
|
a) Lohnzahlungen sind dem Arbeitnehmer
zugeflossen, wenn sie so in seinen Herrschaftsbereich gelangt sind,
dass er wirtschaftlich über sie verfügen kann (§ 11
Abs. 1 Satz 1 EStG). Im Fall der Überweisung auf ein Bankkonto
ist dies der Fall, wenn das Gehalt dem Konto des Arbeitnehmers bei
der Bank gutgeschrieben worden ist (BFH-Urteil vom 9.5.1984 VI R
63/80, BFHE 141, 50, BStBl II 1984, 560 = SIS 84 14 33).
|
|
|
13
|
b) Umrechnungsmaßstab ist - sofern wie
im Streitfall vorhanden - der Euro-Referenzkurs der
Europäischen Zentralbank (bis zum 31.12.2008, der an der
Frankfurter Devisenbörse amtlich festgestellte Devisenkurs;
vgl. BFH-Urteil vom 2.4.2008 IX R 73/04, BFH/NV 2008, 1658 = SIS 08 35 74; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 11.10.2007
10 UF 47/07, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 2008,
1279). Nur der Euro-Referenzkurs der Europäischen Zentralbank
erlaubt eine generelle und damit gleichheitsgerechte Bewertung
einer fremden Währung. Die in der Zeitreihen-Datenbank der
Deutschen Bundesbank veröffentlichten und über das
Internet abrufbaren Referenzkurse (www.bundesbank.de) werden auf
Basis eines täglichen Konzertationsverfahrens zwischen
Zentralbanken inner- und außerhalb des Europäischen
Systems der Zentralbanken errechnet, das in der Regel um 14:15 Uhr
(MEZ) stattfindet. Dabei achtet die Europäische Zentralbank
darauf, dass die veröffentlichten Devisenkurse die zu diesem
Zeitpunkt herrschenden Marktverhältnisse widerspiegeln. Da die
Wechselkurse der vorgenannten Währungen gegenüber dem
Euro als Durchschnitt von Ankaufs- und Verkaufskursen errechnet
werden, handelt es sich dabei nicht unbedingt um die Kurse, zu
denen Markttransaktionen tatsächlich durchgeführt werden.
Die von der Europäischen Zentralbank veröffentlichten
Wechselkurse dienen vielmehr Referenzzwecken (Europäische
Zentralbank, Pressemitteilung vom 5.12.2008, www.bundesbank.de).
Gleichwohl bilden diese Wechselkurse aus Sicht des erkennenden
Senats den Marktpreis des Euro gegenüber den wichtigsten
internationalen Währungen sowie für die Währungen
der Länder, welche der Europäischen Union (EU)
angehören bzw. mit denen Beitrittsverhandlungen zur EU
aufgenommen wurden, ab.
|
|
|
14
|
Beim tatsächlichen Umtausch können
die Wechselkurse einer Auslandswährung, d.h. die Preise
für den An- und Verkauf von Fremdwährungen mehr oder
weniger deutlich von den Referenzkursen der Europäischen
Zentralbank abweichen - je nach Land, Kreditinstitut, Wechselstube
oder Zahlungsmethode. Die tatsächlich erzielbaren Preise
für den An- oder Verkauf einer Währung, als solches
stellt sich der Umtausch einer fremden Währung zivilrechtlich
dar (Maier-Reimer, NJW 1985, 2049<2050>), sind wegen ihrer
Bandbreite zur Umrechnung fremder Währungen für
steuerliche Zwecke ungeeignet. Hierfür ist vielmehr ein
objektiver Maßstab erforderlich, da sich sonst die
Leistungsfähigkeit des Einzelnen nach Marktzufälligkeiten
bestimmen würde. Der Grundsatz der Gleichmäßigkeit
der Besteuerung steht daher dem Ansatz der von den Klägern im
Einzelnen nachgewiesenen Verkaufserlöse entgegen. Im
Übrigen stellt sich der Umtausch des
Fremdwährungsguthabens als Verfügung über den
gutgeschriebenen Arbeitslohn für private Zwecke dar. Damit
einhergehende Kosten und Gebühren sind der privaten
Lebensführung zuzuordnen und dürfen daher bei der
Bemessung der zugeflossenen Einnahmen im Rahmen der
Einkünfteermittlung nicht berücksichtigt werden
(BFH-Urteil vom 24.6.2009 X R 57/06, BFHE 225, 421, BStBl II 2009,
1000 = SIS 09 27 01).
|
|
|
15
|
c) Entgegen der Auffassung des FG ist jedoch
nicht der gesamte Jahresarbeitslohn nach dem Jahresdurchschnitt der
Euro-Referenzkurse des Streitjahres umzurechnen. Bei einer
Umrechnung der Jahreseinnahmen nach dem Jahresdurchschnitt werden
Geldwertschwankungen der Fremdwährung zum Euro ausgeglichen.
Diese Vermögensmehrungen oder -einbußen stehen jedoch in
keinem Veranlassungszusammenhang mit der Einkunftsquelle
nichtselbständiger Arbeit, sondern sind Folge eines
Fremdwährungsguthabens. Sie dürfen deshalb bei der
Ermittlung der Einkünfte aus § 19 EStG keinen Eingang
finden. Im Hinblick auf § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG sind die
Einnahmen vielmehr im Zeitpunkt des Zuflusses in Euro zu bestimmen.
Nur insoweit wird die durch die Gehaltszahlung vermittelte
Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen in Euro zutreffend
erfasst. Im Streitfall ist damit eine monatliche Betrachtungsweise
geboten. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, an die
der Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO mangels
zulässiger und begründeter Verfahrensrügen gebunden
ist, erhielten die Kläger ihre Gehälter jeweils zum 25.
oder 26. eines Monats auf ein Girokonto bei der X-Bank in B/Schweiz
überwiesen.
|
|
|
16
|
Eine taggenaue Umrechnung der monatlichen
Gehaltszahlungen ist nach Auffassung des Senats jedoch nicht
erforderlich. Dadurch würde die tatsächliche
Vermögensmehrung der Kläger in Euro zwar so genau wie
möglich abgebildet. Allerdings erscheint eine auf den Tag
genaue Umrechnung der Sfr dem erkennenden Senat bei der Vielzahl
von Grenzgängern nicht verwaltungspraktikabel. Aus
Vereinfachungsgründen ist dem Spannungsverhältnis
zwischen taggenauer Richtigkeit und Verwaltungspraktikabilität
durch den Ansatz monatlicher Durchschnittswerte der
Europäischen Zentralbank Rechnung zu tragen.
|
|
|
17
|
2. Die Vorentscheidung beruht auf einer
anderen Rechtsauffassung und ist daher aufzuheben. Die Sache ist
jedoch nicht spruchreif. Da das FG - aus seiner Sicht zu Recht -
keine Feststellungen dazu getroffen hat, in welcher Höhe den
Klägern ihr Arbeitslohn in den einzelnen Monaten zugeflossen
ist, war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das FG
zurückzuverweisen. Das FG hat die entsprechenden
tatsächlichen Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachzuholen
und das im jeweiligen Monat zugeflossene Gehalt anhand der von der
Europäischen Zentralbank veröffentlichten monatlichen
Durchschnittsreferenzkurse für den Euro, die den vom
Bundesministerium der Finanzen monatlich festgesetzten und im BStBl
I veröffentlichten Umsatzsteuer-Umrechnungskursen entsprechen,
umzurechnen.
|