Veräußerungsgewinn, Übergangsgewinn, KiSt, Unbilligkeit: 1. Es ist nicht sachlich unbillig, wenn eine Kirchensteuer auch insoweit erhoben wird, als sie auf der Berücksichtigung von Veräußerungsgewinnen und Übergangsgewinnen beruht. - 2. Ist die Bestimmung der Besteuerungsgrundlagen für die Kirchensteuer den Kirchengemeinden übertragen, so ist die einzelne Kirchengemeinde insoweit nicht an die von anderen Kirchengemeinden getroffenen Regelungen gebunden. - Urt.; BFH 1.7.2009, I R 81/08; SIS 09 30 14
I. Die Beteiligten streiten darüber,
ob durch Einkünfte des Klägers und Revisionsklägers
(Kläger) ausgelöste Kirchensteuer teilweise erlassen
werden muss.
Die klagenden Eheleute wurden für das
Streitjahr (2005) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der
Kläger ist römisch-katholisch, die Klägerin
gehört der evangelischen Kirche an.
Im Streitjahr veräußerte der
Kläger seinen Anteil an einer GbR, deren Einkünfte
gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG)
ermittelt worden waren. Er erzielte dabei einen
Übergangsgewinn in Höhe von 275.911 EUR und einen
Veräußerungsgewinn in Höhe von 72.037 EUR. Ferner
gab er im Streitjahr ein Einzelunternehmen auf, wobei er einen
Übergangsgewinn in Höhe von 4.468 EUR und einen
Veräußerungsgewinn in Höhe von 1.141 EUR erzielte.
Das für die Kläger zuständige Finanzamt setzte unter
Ansatz dieser Werte gegen die Kläger eine Einkommensteuer von
208.337 EUR fest. Ferner wurde der Klägerin gegenüber,
ausgehend von einer auf sie entfallenden Einkommensteuer von
104.169 EUR, evangelische Kirchensteuer in Höhe von 9.375,17
EUR festgesetzt.
Daraufhin beantragten die Kläger bei
der Beklagten und Revisionsbeklagten (der Evangelischen Gemeinde G
- Beklagte - ) einen Teilerlass der evangelischen Kirchensteuer in
Höhe von 2.785 EUR. Dies ist nach ihrer Berechnung die
Hälfte des Differenzbetrags zwischen der festgesetzten Steuer
und derjenigen, der sich ohne Berücksichtigung der
Übergangsgewinne und der Veräußerungsgewinne
ergeben hätte. Die Kläger beriefen sich dabei auf eine
Mitteilung des Deutschen Steuerberaterverbandes, nach der sich die
evangelischen Kirchensteuerämter auf eine 50 %ige
Kirchensteuerkappung verständigt hätten, soweit
Veräußerungsgewinne betroffen seien. Diese Vereinbarung
müsse sich auch auf Übergangsgewinne erstrecken.
Die Beklagte lehnte den Antrag ab und wies
den deshalb erhobenen Einspruch der Kläger zurück. Die
Kirchenleitung habe den Kirchensteuergläubigern zwar
empfohlen, in Fällen der Tarifvergünstigung nach §
34 EStG die auf die Tarifvergünstigung entfallende
Kirchensteuer um die Hälfte zu reduzieren. Von dieser
Möglichkeit mache die Beklagte aber grundsätzlich nicht
Gebrauch. Dem entsprechend werde auch im Streitfall entschieden.
Die daraufhin erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab; sein
Urteil ist in EFG 2008, 1769 = SIS 08 39 27 abgedruckt.
Mit ihrer Revision rügen die
Kläger eine Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragen
sinngemäß, das angefochtene Urteil sowie die ihm
voraufgegangene Einspruchsentscheidung aufzuheben und die Beklagte
zu verpflichten, von der festgesetzten evangelischen Kirchensteuer
einen Teilbetrag von 2.785 EUR zu erlassen.
Die Beklagte beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und
deshalb gemäß § 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Soweit sie vom
Kläger eingelegt worden ist, folgt dies daraus, dass die vom
Kläger erhobene Klage unzulässig ist. Die von der
Klägerin eingelegte Revision kann keinen Erfolg haben, weil
das angefochtene Urteil im Ergebnis der Rechtslage entspricht.
1. Nach § 40 Abs. 2 FGO ist eine Klage
regelmäßig nur zulässig, wenn der Kläger
geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung
oder Unterlassung eines Verwaltungsakts in seinen Rechten verletzt
zu sein. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) fehlt
die so beschriebene Klagebefugnis, wenn ein in
glaubensverschiedener Ehe lebender Ehemann einen
Kirchensteuerbescheid angreift, der gegen seine einer
steuerberechtigten Kirche angehörende Ehefrau ergangen ist
(BFH-Urteil vom 27.7.1983 II R 21/83, BFHE 138, 531, BStBl II 1983,
645 = SIS 83 18 48). Dasselbe gilt im Hinblick auf eine Klage auf
Erlass von Kirchensteuer, die nur gegenüber der Ehefrau
festgesetzt worden ist. Ein solcher Sachverhalt liegt im Streitfall
vor.
Denn die im Streit befindliche evangelische
Kirchensteuer ist zwar im Zusammenhang mit einem
Einkommensteuerbescheid festgesetzt worden, der sich an beide
Kläger richtet. Sie ist jedoch von der „auf die
Ehefrau entfallenden“ Einkommensteuer berechnet worden
und getrennt von der römisch-katholischen Kirchensteuer
ausgewiesen, die von der auf den Kläger entfallenden
Einkommensteuer berechnet worden ist. Unter diesen Umständen
ist davon auszugehen, dass die evangelische Kirchensteuer nur
gegenüber der Klägerin festgesetzt ist (vgl.
Senatsbeschluss vom 6.4.1994 I B 192/93, BFH/NV 1995, 272). In
diesem Sinne haben denn auch die Kläger den betreffenden
Bescheid erkennbar verstanden. Daher fehlte dem Kläger im
Streitfall die Klagebefugnis, weshalb seine Revision mit der
Maßgabe zurückzuweisen ist, dass seine Klage
unzulässig ist (§ 126 Abs. 4 FGO).
2. Dem Antrag der Klägerin, die Beklagte
zu einem Teilerlass der evangelischen Kirchensteuer zu
verpflichten, hat das FG zu Recht nicht entsprochen.
a) Nach § 227 der Abgabenordnung (AO)
können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem
Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren
Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre.
Dasselbe gilt sinngemäß im Hinblick auf die hier in Rede
stehende Kirchensteuer. Denn § 8 Abs. 1 des im Streitfall
einschlägigen Kirchensteuergesetzes Nordrhein-Westfalen (KiStG
NW) verweist zum Besteuerungsverfahren auf die Vorschriften der AO.
Über den hiernach zulässigen Steuererlass entscheidet
diejenige Stelle, die von der kirchensteuerberechtigten
Körperschaft mit dieser Entscheidung betraut worden ist; das
ist ausweislich des angefochtenen Urteils im Streitfall die
Beklagte als die Kirchengemeinde, der die Klägerin
angehört. Diese Feststellung ist nicht mit zulässigen und
begründeten Revisionsrügen angegriffen worden und deshalb
gemäß § 118 Abs. 2 FGO für den Senat
bindend.
b) Die Entscheidung über den Erlass von
Kirchensteuer ist nicht als innerkirchliche Angelegenheit der
Überprüfung durch die staatlichen Gerichte entzogen. Sie
kann vielmehr in Nordrhein-Westfalen mit dem Einspruch angefochten
werden (§ 14 Abs. 3 KiStG NW), und gegenüber einer
Einspruchsentscheidung ist der Rechtsweg zu den FG gegeben (§
5 des Gesetzes zur Ausführung der Finanzgerichtsordnung vom
1.2.1966 im Lande Nordrhein-Westfalen; § 14 Abs. 4 KiStG NW).
Allerdings folgt aus der Verweisung auf die Vorschriften der AO,
dass über einen Antrag auf Erlass von Kirchensteuer nach
pflichtgemäßem Ermessen (§ 5 AO) zu entscheiden ist
und dass die FG jene Entscheidung nur in den von § 101 und
§ 102 FGO gezogenen Grenzen überprüfen dürfen
(Senatsbeschluss vom 24.3.1987 I B 129/86, BFH/NV 1987, 595).
c) Die Unbilligkeit der Erhebung einer Steuer,
an die § 227 AO die Möglichkeit eines Erlasses
knüpft, kann sich aus sachlichen oder aus persönlichen
Gründen ergeben. Das Vorliegen persönlicher
Billigkeitsgründe hat das FG im Streitfall verneint. Dem ist
die Revision nicht entgegengetreten.
d) Eine sachliche Unbilligkeit der
Steuererhebung kann im Streitfall nicht daraus abgeleitet werden,
dass die Festsetzung der Kirchensteuer an ein zu versteuerndes
Einkommen anknüpft, in dessen Bemessung Gewinne des
Klägers aus der Veräußerung eines
Mitunternehmeranteils und aus der Aufgabe eines Einzelunternehmens
(Veräußerungs- und Aufgabegewinne) sowie aus dem Wechsel
der Gewinnermittlungsart (Übergangsgewinne) eingegangen
sind.
aa) Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst.
a KiStG NW können die evangelischen Kirchengemeinden in
Nordrhein-Westfalen die Kirchensteuer als Zuschlagsteuer zur
Einkommensteuer erheben. Die Bemessung der Kirchensteuer
knüpft an die Höhe der festgesetzten Einkommensteuer an
(§ 4 Abs. 2 KiStG NW). Mit diesen Regelungen haben sowohl der
Landesgesetzgeber als auch die zuständige kirchliche Stelle in
Kauf genommen, dass Besonderheiten bei der Bemessung der
Einkommensteuer auf die Bemessung der Kirchensteuer durchschlagen.
Ausweislich des angefochtenen Urteils haben sie darauf verzichtet,
für den Bereich der Kirchensteuer zusätzliche
Bestimmungen zu schaffen, nach denen einzelne Vorgänge sich in
systematischer Hinsicht auf die Kirchensteuer anders als auf die
Einkommensteuer auswirken. Das gilt namentlich im Hinblick auf
Veräußerungsgewinne und auf Gewinne, die durch einen
Wechsel der Gewinnermittlungsart entstehen. Anhaltspunkte
dafür, dass die zuständigen Organe diese Punkte
übersehen und anderenfalls kirchensteuerrechtliche
Sonderregelungen getroffen hätten, sind weder vom FG
festgestellt noch von der Klägerin benannt worden. Daher fehlt
es an dem Widerspruch zwischen dem Norminhalt und dem Willen des
Normgebers, der Voraussetzung dafür ist, dass die Erhebung der
normativ vorgesehenen Steuer unbillig erscheint (vgl. dazu
BFH-Urteil vom 16.11.2005 X R 3/04, BFHE 211, 30, 33, BStBl II
2006, 155, 157 = SIS 06 03 80; Loose in Tipke/Kruse,
Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 227 AO Rz 40,
m.w.N.).
bb) Die von der Klägerin begehrte
Anwendung des § 227 AO kann nicht darauf gestützt werden,
dass die ungemilderte Erfassung von Veräußerungs- und
Übergangsgewinnen bei der Kirchensteuer zu einer
systemwidrigen Überbesteuerung führt. Vielmehr ist das
Fehlen von Sonderregelungen zu diesen Punkten systemgerecht. Denn
sowohl bei Veräußerungs- als auch bei
Übergangsgewinnen geht es darum, dass ein
„steuerwürdiger“ Vermögenszuwachs in
der Vergangenheit nicht besteuert wurde und dass dies nunmehr
nachgeholt wird: Bei der Besteuerung eines
Veräußerungsgewinns werden zuvor entstandene, aber
bisher nicht besteuerte Vermögensmehrungen („stille
Reserven“) erfasst; die Besteuerung von
Übergangsgewinnen trägt vor allem dem Umstand Rechnung,
dass bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG vorhandene
Forderungen sich nicht gewinnerhöhend auswirken. In beiden
Fällen ist das Ziel letztlich eine am Grundsatz des
Vermögensvergleichs (§ 4 Abs. 1 EStG) orientierte
Besteuerung des in einem abgelaufenen Zeitraum erzielten
Totalgewinns und damit zugleich die Vermeidung einer ungleichen
Gesamtbesteuerung. Dass es sowohl im Veräußerungsfall
als auch beim Wechsel der Gewinnermittlungsart zur
zusammengeballten steuerlichen Erfassung eines
Vermögenszuwachses kommen kann, dem nicht immer ein
gleichwertiger Liquiditätszufluss gegenübersteht, wird
für den Veräußerungsfall durch § 34 EStG
ausreichend berücksichtigt und muss für den Bereich des
Übergangsgewinns keine geminderte Besteuerung veranlassen
(BFH-Urteil vom 13.9.2001 IV R 13/01, BFHE 196, 546, BStBl II 2002,
287 = SIS 02 02 51). Ist aber die Ausgestaltung des
Einkommensteuerrechts in diesem Punkt nicht zu beanstanden, so
bedarf es im Kirchensteuerrecht keiner davon abweichenden
Handhabung.
Vor diesem Hintergrund ist der erkennende
Senat in der Vergangenheit stets davon ausgegangen, dass eine
festgesetzte Kirchensteuer nicht allein deshalb teilweise erlassen
werden muss, weil sie u.a. durch den Ansatz eines
Veräußerungs- oder Entnahmegewinns ausgelöst worden
ist (Senatsbeschlüsse vom 25.1.2005 I B 79/04, BFH/NV 2005,
1232 = SIS 05 31 49; vom 15.10.2008 I B 113/08, BFH/NV 2009, 114 =
SIS 09 02 19). Daran hält er fest. Die von der Klägerin
angeführte Entscheidung des IV. Senats des BFH (Urteil vom
29.4.1981 IV R 23/78, BFHE 133, 489, BStBl II 1981, 726 = SIS 81 23 43) bezieht sich auf die Frage des Erlasses aus persönlichen
Billigkeitsgründen, um die es im Streitfall nicht geht.
cc) Der Hinweis auf die Empfehlung der
Landeskirche und die ihr folgende Erlasspraxis anderer
Kirchengemeinden verhilft der Revision ebenfalls nicht zum
Erfolg.
aaa) Nach den Feststellungen des FG hat die
Kirchenleitung auf Grund eines im Jahr 1994 gefassten Beschlusses
den Kirchengemeinden empfohlen, „in allen Fällen der
Tarifvergünstigungen nach § 34 EStG die Kirchensteuer auf
Antrag um die Hälfte zu reduzieren“. Das FG hat
zudem als wahr unterstellt, dass im Streitjahr die meisten
evangelischen Gemeinden in Nordrhein-Westfalen und insbesondere
alle der Beklagten benachbarten Gemeinden dieser Empfehlung gefolgt
sind. Diese Feststellungen sind nicht mit zulässigen und
begründeten Revisionsrügen angegriffen worden und deshalb
für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO).
bbb) Wie das FG zu Recht angenommen hat,
lässt sich aus der Praxis anderer evangelischer
Kirchengemeinden indessen nicht ableiten, dass die Beklagte in
derselben Weise verfahren muss. In diesem Zusammenhang kann
offenbleiben, ob der Ansicht des FG zu folgen ist, dass jene Praxis
rechtswidrig sei. Denn unabhängig davon hat sie für die
Beurteilung des Streitfalls keine Bedeutung. Insbesondere kann sich
die Klägerin nicht im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 des
Grundgesetzes (GG) auf sie berufen.
aaaa) Dem angefochtenen Urteil ist zu
entnehmen, dass die evangelischen Gemeinden in Nordrhein-Westfalen
über die Höhe der festzusetzenden und zu erhebenden
Kirchensteuer autonom entscheiden. Die dazu getroffenen Regelungen
mögen zwar, wie die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat,
gemäß § 12 Abs. 1 KiStG NW der Zustimmung des
Landeskirchenamtes bedürfen. Dennoch handelt es sich um
eigenständige Bestimmungen, die jede Gemeinde für ihren
Einzugsbereich gesondert trifft. Die danach bestehende
Regelungskompetenz der Kirchengemeinden erstreckt sich auch auf die
Voraussetzungen für einen Erlass der Kirchensteuer (ebenso FG
Köln, Urteil vom 12.4.2000 11 K 1375/95, EFG 2000, 1092 = SIS 01 53 30).
bbbb) Nach Art. 3 Abs. 1 GG sind alle Menschen
vor dem Gesetz gleich. Dieser allgemeine Gleichheitssatz gilt auch
für die Festsetzung und Erhebung von Kirchensteuern (ebenso FG
Nürnberg, Urteil vom 11.3.2004 VI 250/2002, EFG 2004, 1105 =
SIS 04 24 06). Er gebietet indessen nur die Gleichbehandlung der
Bürger durch ein und denselben Hoheitsträger, nicht aber
eine Gleichbehandlung durch mehrere, voneinander unabhängige
Verwaltungsträger (Bundesverfassungsgericht - BVerfG -,
Beschluss vom 23.11.1988 2 BvR 1619, 1628/83, BVerfGE 79, 127, 158,
m.w.N.). Er verlangt insbesondere nicht, dass ein zur Rechtsetzung
befugter Hoheitsträger sich bei der Ausübung dieser
Befugnis an den von anderen Hoheitsträgern getroffenen
Regelungen orientiert (BVerfG-Beschluss vom 21.12.1966 1 BvR 33/64,
BStBl III 1967, 743, 746 = SIS 67 05 07). Daher lässt sich auf
ihn kein Rechtssatz des Inhalts stützen, dass eine
Kirchengemeinde die ihr zustehende Bestimmung der Voraussetzungen
für einen Erlass von Kirchensteuer an die einschlägigen
Regelungen in vergleichbaren anderen Gemeinden anpassen muss
(ebenso FG Nürnberg, Urteil vom 2.2.1995 VI 41/91, EFG 1995,
691). Vielmehr ist die einzelne Gemeinde insoweit frei, und zwar
unabhängig davon, wie verbreitet eine bestimmte Praxis ist und
ob sie rechtmäßig ist oder nicht. Ein Verstoß
gegen den Gleichheitssatz kann insoweit nur dann vorliegen, wenn
die einzelne Kirchengemeinde die an sie gerichteten
Erlassanträge mit unterschiedlichen Maßstäben
misst. Ein solcher Sachverhalt ist im Streitfall weder vom FG
festgestellt noch von der Klägerin geltend gemacht worden.
cccc) Ohne Bedeutung ist in diesem
Zusammenhang der Umstand, dass die von der Klägerin
angesprochene Erlasspraxis anderer nordrhein-westfälischer
Kirchengemeinden einer Empfehlung der dortigen Kirchenleitung
entspricht. Denn das FG hat diese Empfehlung mit bindender Wirkung
(§ 118 Abs. 2 FGO) dahin gewürdigt, dass sie nur einen
„Ratschlag“ an die einzelnen Gemeinden
beinhaltet, diesen die Entscheidung über die Voraussetzungen
eines Erlasses aber letztlich überlässt. Es ist deshalb
ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass es sich um eine
kirchenpolitische Äußerung ohne bindenden Charakter
handelt (ebenso Urteil des FG Nürnberg in EFG 1995, 691, 693
zur Rechtslage in Bayern). Angesichts dessen kann offenbleiben, ob
eine förmliche Anweisung mit der autonomen
Rechtsetzungsbefugnis der Kirchengemeinden vereinbar wäre und
wie sie sich auf die Anwendung des Gleichheitssatzes auswirken
könnte. Im Streitfall führt die Erklärung der
Kirchenleitung jedenfalls nicht dazu, dass das Vorgehen der
Beklagten rechtswidrig ist.
dd) Dasselbe gilt im Hinblick auf die
Erlasspraxis der römisch-katholischen Kirche. Dazu hat das FG
zwar festgestellt, dass die dem Kläger gegenüber
festgesetzte Kirchensteuer teilweise erlassen worden ist und dass
dies der allgemeinen Handhabung seitens der
römisch-katholischen Kirche entspricht. Doch ist die Beklagte
an diese Handhabung weder im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG noch aus
anderen Gründen gebunden, weshalb sich das Begehren der
Klägerin hierauf ebenfalls nicht stützen lässt.
e) Der Hinweis der Klägerin, die
Ablehnung ihres Antrags sei nicht hinreichend begründet
worden, greift ebenfalls nicht durch. Denn das FG hat zu Recht
darauf verwiesen, dass die Beklagte ihre Ermessensausübung im
Verlauf des Einspruchsverfahrens erläutert und in der
Einspruchsentscheidung auf diese Erläuterung Bezug genommen
hat. Damit ist dem Erfordernis einer ausreichenden Begründung
(§ 121 Abs. 1 AO) genügt. Der von der Klägerin
vermissten „besonderen“ Begründung des
Umstands, dass die Erlasspraxis der Beklagten von derjenigen
anderer Kirchengemeinden abweicht, bedurfte es angesichts der
eigenständigen Regelungskompetenz jeder einzelnen Gemeinde
nicht.