Einbringung einer Einzelpraxis in GbR, AfA auf Geschäftswert, Überschussrechnung: 1. Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG sind die Anschaffungskosten eines Gesellschafters für den Erwerb seiner mitunternehmerischen Beteiligung in einer steuerlichen Ergänzungsrechnung nach Maßgabe der Grundsätze über die Aufstellung von Ergänzungsbilanzen zu erfassen, wenn sie in der Überschussrechnung der Gesamthand nicht berücksichtigt werden können. - 2. Ein entgeltlicher Erwerb einer mitunternehmerischen Beteiligung, der zur Aufstellung einer Ergänzungsrechnung führen kann, liegt aus der Sicht des Erwerbers auch vor, wenn der bisherige Einzelinhaber seinen freiberuflichen Betrieb in eine neu gegründete GbR einbringt und der andere Gesellschafter für seinen zukünftigen Anteil an der Gesellschaft eine Zuzahlung in das Privatvermögen des ehemaligen Einzelinhabers erbringt. - Urt.; BFH 24.6.2009, VIII R 13/07; SIS 09 29 03
I. Zwischen den Beteiligten ist streitig,
ob Absetzungen für Abnutzung (AfA) beim Praxiswert und bei der
Praxiseinrichtung in voller Höhe dem Kläger und
Revisionsbeteiligten (Kläger) zuzurechnen sind.
Der Beigeladene und Revisionskläger
(Beigeladener) betrieb eine ärztliche Einzelpraxis. Mit
Wirkung zum 1.1.1998 gründete er mit dem Kläger eine GbR
zum Zweck der gemeinsamen Berufsausübung. Einnahmen und
Ausgaben sollten hälftig geteilt und getragen werden. Der
Beigeladene brachte vereinbarungsgemäß seine
Einzelpraxis in die GbR ein. Zum Ausgleich für die Hälfte
des Patientenstammes und der Praxisgegenstände zahlte der
Kläger an den Beigeladenen 200.000 DM.
Die GbR ermittelte ihren Gewinn nach §
4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). In ihrer
Gewinnermittlung für das Streitjahr 1998 behandelte sie die
vom Kläger an den Beigeladenen geleistete Ausgleichszahlung in
Höhe von 50.000 DM als Anschaffungskosten auf Gegenstände
der Praxiseinrichtung und in Höhe von 150.000 DM als
Anschaffungskosten auf den Praxiswert. Die sich daraus ergebende
AfA von 41.672 DM berücksichtigte sie als Betriebsausgabe im
Gesamthandsbereich. Im Übrigen führte die GbR die
Buchwerte der vom Beigeladenen eingebrachten Gegenstände
fort.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) rechnete davon abweichend die AfA auf die
Praxiseinrichtung und den Praxiswert ursprünglich allein dem
Kläger zu. Der dagegen vom Beigeladenen eingelegte Einspruch
hatte Erfolg. In der Einspruchsentscheidung verteilte das FA die
AfA auf die Beteiligten nach Kopfteilen gemäß § 722
des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).
Das Finanzgericht (FG) hat - nach Beiladung
des anderen Gesellschafters - der dagegen gerichteten Klage
stattgegeben und die AfA wiederum allein dem Kläger
zugerechnet. Die Entscheidung ist in EFG 2007, 1298 = SIS 07 25 76
veröffentlicht.
Dagegen richtet sich der Beigeladene mit
der Revision.
Der Beigeladene beantragt, den Gewinn so
auf die Gesellschafter zu verteilen, dass die Abschreibung am
gemeinsamen Anlagevermögen jedem zu 50 % zugerechnet
wird.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet. Sie ist
deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
1. Das FG hat rechtsfehlerfrei erkannt, dass
die AfA in voller Höhe dem Kläger zusteht, soweit sie
darauf entfällt, dass er für seinen Mitunternehmeranteil
einen über dem Buchwert liegenden Preis an den Beigeladenen
bezahlt hat. Dasselbe gilt für die AfA auf den vom Kläger
erworbenen originären Geschäftswert. Die
Anschaffungskosten sind nicht in der Gewinnermittlung der
Gesamthand, sondern in einer Ergänzungsrechnung zu Gunsten des
Klägers zu erfassen und dort fortzuschreiben.
2. Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs.
3 EStG sind die Anschaffungskosten eines Gesellschafters für
den Erwerb seiner mitunternehmerischen Beteiligung in einer
steuerlichen Ergänzungsrechnung nach Maßgabe der
Grundsätze über die Aufstellung von
Ergänzungsbilanzen zu erfassen, wenn sie in der Bilanz der
Gesamthand nicht berücksichtigt werden können. Die
steuerliche Ergänzungsrechnung bewirkt eine
vorübergehende Modifikation der steuerlichen - nicht der
handelsrechtlichen - Gewinnverteilung im Interesse einer
leistungsgerechten Besteuerung (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -
BFH - vom 29.10.1991 VIII R 148/85, BFHE 167, 309, BStBl II 1992,
647 = SIS 92 13 27).
a) Hat ein Gesellschafter einer
Personengesellschaft seinen Mitunternehmeranteil entgeltlich
erworben, so sind die Anschaffungskosten in einer
Ergänzungsbilanz zu erfassen und fortzuschreiben, soweit die
Aufwendungen den Betrag des übergehenden Kapitalkontos in der
Steuerbilanz der Personengesellschaft übersteigen
(ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 30.3.1993 VIII
R 63/91, BFHE 171, 213, BStBl II 1993, 706 = SIS 93 18 19; vom
18.2.1993 IV R 40/92, BFHE 171, 422, BStBl II 1994, 224 = SIS 93 19 20; BFH-Beschluss vom 21.3.1995 IV B 95/94, BFH/NV 1996, 211). Die
für die Aufstellung von Ergänzungsbilanzen in der
Rechtsprechung entwickelten Grundsätze sind entsprechend
anzuwenden, wenn die Personengesellschaft ihren Gewinn nach §
4 Abs. 3 EStG durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt.
Die Anschaffungskosten für einen entgeltlich erworbenen
Mitunternehmeranteil sind dann in einer steuerlichen
Ergänzungsrechnung zu erfassen, soweit sie in der
Überschussrechnung der Gesamthand nicht berücksichtigt
werden können (ebenso Ley, Kölner Steuerdialog 9/2001,
12982, 12983; Reiß in Kirchhof, EStG, 8. Aufl., § 15 Rz
316). An die Stelle des Kapitalkontos treten die anteilig im Umfang
der erworbenen Beteiligung auf den Gesellschafter entfallenden
Buchwerte derjenigen Wirtschaftsgüter, die nach den auch
für die Einnahmen-Überschussrechnung geltenden
Vorschriften über AfA oder Substanzverringerung von der
Gesellschaft zu erfassen sind (§ 4 Abs. 3 Satz 3 EStG i.V.m.
§§ 7 ff. EStG).
b) Ein Mitunternehmeranteil wird im Regelfall
(bei bestehender Personengesellschaft) von einem ausscheidenden
Gesellschafter erworben (vgl. nur Schmidt/Wacker, EStG, 28. Aufl.,
§ 16 Rz 450 ff.). Ein entgeltlicher Erwerb einer
mitunternehmerischen Beteiligung, der zur Aufstellung einer
Ergänzungsbilanz führen kann, liegt aus der Sicht des
Erwerbers jedoch auch vor, wenn der bisherige Einzelinhaber seinen
freiberuflichen Betrieb in eine neu gegründete GbR einbringt
und der andere Gesellschafter für seinen Anteil an der
Gesellschaft eine Zuzahlung in das Privatvermögen des
ehemaligen Einzelinhabers erbringt.
aa) Zivilrechtlich vereinbaren die Partner in
diesen Fällen regelmäßig eine auf die Einbringung
des bestehenden Einzelunternehmens gerichtete Einlageverpflichtung
und eine Zahlungsverpflichtung des anderen Gesellschafters, die
keine Einlage darstellt. Die Veräußerung von zum
Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgütern ist
dagegen nicht gewollt. Mit der Einbringung werden die eingebrachten
Vermögenswerte nach § 718 Abs. 1 BGB gemeinschaftliches
Vermögen der Gesellschafter (Gesellschaftsvermögen).
bb) Steuerrechtlich werden nach der
Rechtsprechung des BFH bei einer Einbringung gegen Zuzahlung in das
Privatvermögen des Einbringenden die Tatbestände der
Veräußerung und der Einbringung von
Betriebsvermögen miteinander verbunden. Soweit der
künftige Mitgesellschafter für die Einbringung ein
Entgelt an den Einbringenden zahlt, stellt sich der Vorgang im
Verhältnis der Gesellschafter zueinander als
Veräußerung dar (vgl. BFH-Urteile vom 23.6.1981 VIII R
138/80, BFHE 135, 551, BStBl II 1982, 622 = SIS 82 14 15, und vom
8.12.1994 IV R 82/92, BFHE 176, 392, BStBl II 1995, 599 = SIS 95 10 12).
cc) Diese steuerrechtliche Wertung hat nicht
nur für die Besteuerung des Veräußerers Bedeutung.
Sie ist vielmehr auch der Besteuerung des Erwerbers zugrunde zu
legen. Der die Zuzahlung erbringende Gesellschafter erstrebt eine
mitunternehmerische Beteiligung an der zu Erwerbszwecken
gegründeten Gesellschaft. Dafür erbringt er die
vereinbarte Zahlung. Sie ist mithin darauf gerichtet, einen im Wege
der Einbringung vom anderen Partner noch zu schaffenden
Mitunternehmeranteil entgeltlich zu erwerben. Der die Zuzahlung
Leistende erwirbt dadurch von dem zur Einbringung verpflichteten
Gesellschafter bei wirtschaftlicher Betrachtung des Vorgangs
letztlich gegen Entgelt einen von dessen Betrieb oder
Mitunternehmeranteil „abgespaltenen“
Mitunternehmeranteil (Groh, DB 2001, 2162).
dd) Beim entgeltlichen Erwerb eines
Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft handelt es sich
im Regelfall, also beim Erwerb von einem ausscheidenden
Gesellschafter, einkommensteuerrechtlich um die entgeltliche
Anschaffung von Anteilen an den einzelnen zum
Gesellschaftsvermögen gehörenden Wirtschaftsgütern
(vgl. z.B. BFH-Urteile vom 25.4.1985 IV R 83/83, BFHE 144, 25,
BStBl II 1986, 350 = SIS 85 16 09; vom 7.11.1985 IV R 7/83, BFHE
145, 194, BStBl II 1986, 176 = SIS 86 04 11; Beschluss des
Großen Senats des BFH vom 25.2.1991 GrS 7/89, BFHE 163, 1,
19, BStBl II 1991, 691, 700 = SIS 91 08 21). Für den Erwerb
eines Mitunternehmeranteils im Wege der Einbringung eines
Einzelbetriebs in eine neu gegründete Personengesellschaft
gilt nichts anderes. Letztlich erwirbt der die Zuzahlung leistende
Gesellschafter auch hier aufgrund der Einbringung unmittelbar
anteiliges Gesamthandseigentum an den zum
Gesellschaftsvermögen gehörenden Wirtschaftsgütern.
Das hat zur Folge, dass die Aufwendungen des Erwerbers, soweit sie
als Anschaffungskosten für die Anteile an den
Wirtschaftsgütern des (bilanzierten und des nicht
bilanzierten) Gesellschaftsvermögens anzusehen sind, in einer
steuerlichen Ergänzungsbilanz zu aktivieren sind, soweit sie
den Betrag der auf den Erwerber übergehenden Buchwerte
übersteigen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 171, 422, BStBl II 1994,
224 = SIS 93 19 20). Entsprechendes gilt für die Aufstellung
einer Ergänzungsrechnung bei der
Einnahmen-Überschussrechnung.
ee) Mit diesem Verständnis des Vorgangs
befindet sich der Senat im Einklang mit dem Beschluss des
Großen Senats des BFH vom 18.10.1999 GrS 2/98 (BFHE 189, 465,
BStBl II 2000, 123 = SIS 00 01 42). Der Große Senat hat zwar
entschieden, dass der vom Einbringenden erzielte
Veräußerungsgewinn nicht begünstigt besteuert wird,
weil keiner der in den maßgebenden Vorschriften (§§
14, 14a Abs. 1, 16, 17 und 18 Abs. 3 EStG) abschließend
aufgeführten Gegenstände (Betrieb, Teilbetrieb oder
Mitunternehmeranteil) veräußert worden ist. Der
Große Senat hat sich indes nicht dazu geäußert,
was aus der Sicht des Erwerbers der Gegenstand der Anschaffung ist
(vgl. Offerhaus in Festschrift für Widmann S. 441 ff.). Er hat
in diesem Zusammenhang aber immerhin ausgeführt: „Die
im Hinblick auf die von dem aufgenommenen Gesellschafter geleistete
Ausgleichszahlung realisierten stillen Reserven entfallen nur auf
den ideellen Anteil an den Wirtschaftsgütern des Betriebs, der
dessen erworbenen Gesellschaftsbeteiligung entspricht.“
Daraus ist ersichtlich, dass der Große Senat - insoweit ohne
Bindungswirkung - ebenfalls den erst durch die Einbringung
entstehenden Mitunternehmeranteil als Gegenstand des
Erwerbsgeschäfts angesehen und die durch die
Veräußerung aufgedeckten stillen Reserven den dadurch
erworbenen ideellen Anteilen an den eingebrachten
Wirtschaftsgütern zugerechnet hat.
3. Bei Anlegung dieser Maßstäbe
lässt die Vorentscheidung Rechtsfehler nicht erkennen.
a) Der Kläger hat nach Maßgabe der
vorstehenden Grundsätze seine Beteiligung an der GbR
entgeltlich vom Beigeladenen erworben. Davon ist das FG in
Übereinstimmung mit allen Beteiligten zu Recht ausgegangen.
Die dafür vom Kläger aufgewandten Anschaffungskosten von
200.000 DM überstiegen den anteiligen Buchwert der auf ihn
entfallenden Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens.
aa) Die GbR war gemäß § 24 des
Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) berechtigt, das eingebrachte
Vermögen mit dem Buchwert anzusetzen. Zum eingebrachten
Vermögen gehören auch Wirtschaftsgüter, die zwar
nicht Gesamthandseigentum geworden sind, aber der Gesellschaft als
Sonderbetriebsvermögen I zur Nutzung zur Verfügung stehen
(vgl. BFH-Urteil vom 26.1.1994 III R 39/91, BFHE 173, 338, BStBl II
1994, 458 = SIS 94 09 18). Unschädlich war deshalb, dass der
Beigeladene seinen zum Betriebsvermögen gehörenden PKW
nicht in das Gesellschaftsvermögen eingebracht hatte. Für
die Anwendung des § 24 UmwStG ist ferner nicht erforderlich,
dass die Gegenleistung für die Sacheinlage
ausschließlich in der Gewährung von Gesellschaftsrechten
besteht, sondern es reicht aus, dass überhaupt ein
Mitunternehmeranteil eingeräumt wird (vgl. BFH-Urteil vom
21.9.2000 IV R 54/99, BFHE 193, 301, BStBl II 2001, 178 = SIS 01 02 66). Die Zuzahlung des Klägers ist insofern unbeachtlich. Die
GbR musste das Wahlrecht schließlich auch einheitlich
ausüben (vgl. BFH-Urteil in BFHE 173, 338, BStBl II 1994, 458
= SIS 94 09 18).
bb) Das FG hat angenommen, dass die
Einzelpraxis des Beigeladenen zu Buchwerten in die GbR eingebracht
worden ist. Zwar ist die buchtechnische Behandlung des Vorgangs
durch die GbR gerade nicht eindeutig, weil sie in ihrem
Anlagenverzeichnis für die
„Praxiseinrichtung“ und den
„Praxiswert“ den vom Kläger hierauf jeweils
geleisteten Betrag als Anschaffungskosten behandelt und die
Buchwerte insofern aufgestockt hat. Aus dem Umstand, dass die GbR
aber ansonsten (Sonstiges Inventar, Betriebsausstattung,
Büroeinrichtung) die Buchwerte der Einzelpraxis
fortgeführt hat, durfte das FG schließen, dass insgesamt
eine Einbringung zu Buchwerten gewollt war. An diese Folgerung, die
zumindest möglich ist, ist der BFH gebunden (§ 118 Abs. 2
FGO).
b) Die vom Kläger getragenen
Anschaffungskosten waren danach, soweit sie die anteiligen
Buchwerte der auf ihn entfallenden Wirtschaftsgüter des
Betriebsvermögens überstiegen, nicht im
Anlagenverzeichnis der Gesamthand zu erfassen, denn die GbR hatte
die Praxiseinrichtung des Beigeladenen nicht erworben. Dieser
Vorgang hat sich zwischen dem Beigeladenen und dem Kläger
abgespielt und war deshalb in einer steuerlichen
Ergänzungsrechnung zu Gunsten des Klägers zu erfassen.
Die von den Beteiligten erklärte Aufteilung der
Anschaffungskosten auf die einzelnen Wirtschaftsgüter des
Betriebsvermögens ist weder vom FA noch vom FG beanstandet
worden. Sie wird auch mit der Revision nicht angegriffen.
Steuerlicher Aufwand kann sich aufgrund der Fortführung der
Ergänzungsrechnung nur nach Maßgabe der §§ 7
ff. EStG ergeben. Dabei steht die AfA-Berechtigung im Streitfall
allein dem Kläger zu, der die Anschaffungskosten getragen hat
und für den die Mehrwerte in der Ergänzungsrechnung
auszuweisen sind.