Bausparkasse, Bezirksleiter, Losgewinn: 1. Wird von einer Provision das Entgelt für Lose unmittelbar einbehalten, ist der Erwerb der Lose bereits Teil der Einkommensverwendung. Die Vorteile, die im Rahmen der Einkommensverwendung erworben werden, stehen mit der Einkommenserzielung in keinem steuerlich relevanten Sachzusammenhang. - 2. Die Möglichkeit, bereits verdientes Geld im Rahmen einer betrieblichen Losveranstaltung einzusetzen, führt nicht zu Betriebseinnahmen. - Urt.; BFH 2.9.2008, X R 8/06; SIS 08 41 87
I. Der
Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist
selbständiger Bezirksleiter einer Bausparkasse (BSK).
Gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG)
ermittelt er seinen Gewinn als Überschuss der Einnahmen
über die Ausgaben.
Die BSK
führte im Jahr 1996 in jedem Quartal eine
„Wettbewerbsauslosung für akquirierende
Außendienstmitarbeiter“ durch. Nach den Spielregeln
wurde für jeden vermittelten Bausparvertrag (nur) ein Los
gewährt und es wurde 1 DM für die Auslosung einbehalten.
Anfang 1997 erhielt der Kläger die Mitteilung der BSK, dass er
bei der Auslosung des vierten Quartals 1996 aus 239.406 Losen den
Hauptgewinn, einen BMW Z3 Roadster mit Sonderausstattung, gewonnen
habe. Er verkaufte das Kfz noch im Jahr 1997 für 51.000 DM an
eine dritte Person, zu der keine privaten Beziehungen
bestanden.
Im Anschluss an
eine Betriebsprüfung bei der BSK erfasste der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) zunächst einen nicht
erklärten Entnahmegewinn von 57.800 DM. Nach erfolglosem
Einspruch hat das FA während des Klageverfahrens, einem
Hilfsantrag des Klägers folgend, den betreffenden Gewinn auf
den Verkaufserlös von 51.000 DM abzüglich des Betrages
von 150 DM für 150 Lose angesetzt und entsprechende
Änderungsbescheide erlassen. Hiergegen wandte sich der
Kläger mit der Begründung, er habe die Lose für je 1
DM gekauft und damit den betrieblichen Zusammenhang in der Weise
durchbrochen, dass er den PKW nicht als Ergebnis seiner
betrieblichen Tätigkeit, sondern als Ergebnis einer
Losveranstaltung auf außerbetrieblicher Ebene gewonnen habe.
Er verwies dazu auf §§ 762, 763 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs (BGB) und auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom
22.7.1988 III R 175/85 (BFHE 154, 218, BStBl II 1988, 995 = SIS 88 22 10).
Das Finanzgericht
(FG) wies die Klage als unbegründet ab (vgl. SIS 06 24 25).
Das FA habe den Gewinn des Klägers zu Recht um 50.850 DM
(Veräußerungspreis von 51.000 DM abzüglich des
für die Lose einbehaltenen Betrages von 150 DM) erhöht.
Beruflich bedingte ausgeloste Gewinne seien
steuerpflichtig.
Mit der Revision
rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts; das FG
habe den Begriff der Betriebseinnahme unzutreffend
ausgelegt.
Der Erhalt des
Fahrzeuges sei nicht durch seine - des Klägers - betriebliche
Tätigkeit veranlasst. Das von dem FA angeführte
BFH-Urteil vom 25.11.1993 VI R 45/93 (BFHE 173, 65, BStBl II 1994,
254 = SIS 94 08 31) sei zu einem anders zu bewertenden Sachverhalt
ergangen. Nach dem BFH-Urteil vom 15.12.1977 VI R 150/75 (BFHE 124,
190, BStBl II 1978, 239 = SIS 78 01 34) sei darauf abzustellen, ob
der Losgewinn auf das Arbeitsverhältnis oder auf das der
Verlosung innewohnende Zufallsmoment zurückzuführen sei.
Die Einräumung der Gewinnchance sei noch kein Arbeitslohn.
Auch sei das Los den Teilnehmern nicht unentgeltlich zur
Verfügung gestellt worden. Der Lospreis sei nicht lediglich
ein symbolischer Wert gewesen; von den Einnahmen der BSK in
Höhe von 239.406 DM sei lediglich ein Betrag von 160.000 DM
ausgeschüttet worden. Dabei habe es sich um einen Losvertrag
i.S. der §§ 762, 763 BGB gehandelt. Dieser Losvertrag,
nicht die Handelsvertretertätigkeit bilde den Rechtsgrund
für den Spielgewinn.
Der Kläger
beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und in den
angefochtenen Bescheiden den Gewinn um 51.000 DM
herabzusetzen.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Bei der
Losveranstaltung habe es sich um keine offene Losveranstaltung
gehandelt, sondern um eine betriebsintern veranstaltete Verlosung.
Nur Vertreter hätten teilnehmen können. Die Gewinnchance
habe nicht - aus eigenen Stücken - erhöht werden
können. Die Höhe der Gewinnchance sei für die
betriebliche Veranlassung ohne Bedeutung.
II. Die Revision ist
begründet und führt gemäß § 126 Abs. 3
Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des
angefochtenen Urteils und zur Stattgabe der Klage. Entgegen der
Auffassung des FG ist der Losgewinn nicht betrieblich
veranlasst.
1. Gewerbeertrag ist
gemäß § 7 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) der
nach den Vorschriften des EStG zu ermittelnde und um die in
§§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge korrigierte
Gewinn aus Gewerbebetrieb, der in dem Erhebungszeitraum zu
berücksichtigen ist. Der Gewinn aus Gewerbebetrieb ergibt sich
im Fall der Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG durch
eine Gegenüberstellung der Betriebseinnahmen und der
Betriebsausgaben.
Betriebseinnahmen sind in Anlehnung an
§ 8 Abs. 1 und § 4 Abs. 4 EStG
alle Zugänge in Geld oder Geldeswert, die durch den Betrieb
veranlasst sind. Ein Wertzuwachs ist betrieblich veranlasst, wenn
insoweit ein nicht nur äußerlicher, sondern sachlicher,
wirtschaftlicher Zusammenhang gegeben ist. Von den
Betriebseinnahmen zu unterscheiden sind Wertzugänge, deren
Zufluss durch private Umstände veranlasst worden ist. Für
die Beurteilung des Veranlassungszusammenhangs kommt es nicht
auf die zivilrechtliche Rechtsgrundlage der Leistung an. Als
betrieblich veranlasst sind nicht nur solche Einnahmen zu werten,
die aus der maßgeblichen Sicht des Unternehmers Entgelt
für betriebliche Leistungen darstellen. Es ist weder
erforderlich, dass der Vermögenszuwachs im Betrieb
erwirtschaftet wurde, noch, dass der Steuerpflichtige einen
Rechtsanspruch auf die Einnahme hat. Betriebseinnahmen können
auch vorliegen, wenn der Steuerpflichtige als Betriebsinhaber
unentgeltliche Zuwendungen erhält, mit denen weder ein zuvor
begründeter Rechtsanspruch erfüllt, noch eine in der
Vergangenheit erbrachte Leistung vergütet werden soll
(BFH-Urteil vom 14.3.2006 VIII R 60/03, BFHE 212, 535, BStBl II
2006, 650 = SIS 06 31 23).
Führt ein
Arbeitgeber im Rahmen des betrieblichen Vorschlagwesens eine
Verlosung durch, an der alle Arbeitnehmer teilnehmen, die einen
Verbesserungsvorschlag eingereicht haben, so sind die verlosten
Sachpreise Arbeitslohn der jeweiligen Gewinner (BFH-Urteil in BFHE
173, 65, BStBl II 1994, 254 = SIS 94 08 31).
2. Im Streitfall
überwiegen die Gründe, die gegen eine betriebliche
Veranlassung sprechen, so dass das Urteil des FG keinen Bestand
haben kann.
a) Für eine
betriebliche Veranlassung spricht, dass der PKW-Gewinn mit dem
„Dienstverhältnis“ in einem gewissen
Zusammenhang stand: Die Losveranstaltung wurde von der BSK
organisiert. Das Entgelt für die Lose wurde unmittelbar durch
Kürzung der Provision einbehalten. An der Lotterie durften nur
Betriebsangehörige teilnehmen. Für jeden Bausparvertrag
gab es nur ein Los.
b) Andererseits ist
aber vorrangig zu berücksichtigen, dass das Entgelt für
die Lose von der bereits verdienten Prämie einbehalten wurde.
Der Kläger verwendete damit sein Einkommen für den Erwerb
eines Loses. Ebenso hätte der Kläger auch von einem
anderen Lotteriebetreiber ein Los erwerben können. Der Erwerb
des Loses ist bereits Teil der Verwendung des erzielten Einkommens.
Der Gewinn stammte somit nicht aus finanziellen Mitteln der BSK.
Der Vorgang der Einnahmeerzielung war bereits abgeschlossen; der
Loserwerb hing insoweit nicht mehr mit der betrieblichen
Gewinnerzielung zusammen. Insoweit wurde durch den Loserwerb eine
neue Ursachenkette in Gang gesetzt; die Vorteile, die im Rahmen der
Einkommensverwendung erworben werden, stehen mit der eigentlichen
Tätigkeit und der Einkommenserzielung nicht mehr in einem
steuerlich relevanten Sachzusammenhang.
c) Dass der
verwendete Gewinn Ausfluss des Vertragsverhältnisses mit der
BSK war, ist letztlich nicht entscheidend. Dem Arbeitnehmer bzw.
dem einzelnen Mitarbeiter steht es grundsätzlich frei, wie er
seinen Lohn bzw. sein Entgelt verwendet; so war auch der
Kläger nicht gezwungen, an der Verlosung teilzunehmen. Damit
war der Kläger in der Verwendung der Mittel für den
„Loseinsatz“ frei; die BSK hatte die Verwendung
dieser Entgeltanteile bereits aus der Hand gegeben und die
Verfügungsbefugnis insoweit verloren. Im Unterschied dazu
wurden in dem Fall, der der Senatsentscheidung vom 2.9.2008 X R
25/07 (zur Veröffentlichung bestimmt) zugrunde lag, die Lose
für die Erbringung bestimmter Umsatzleistungen gewährt;
sie waren als Gegenleistung für betriebliche Leistungen
einzuordnen.
d) Diese Beurteilung
widerspricht nicht der Rechtsprechung des VI. Senats. Die
Entscheidung in BFHE 124, 190, BStBl II 1978, 239 = SIS 78 01 34
betraf interne Verlosungen, für die der Arbeitnehmer nichts
aufzuwenden hatte und mit denen das Fehlen von Fehlzeiten
prämiert wurde. Die daraus entstehenden Vorteile wendete der
Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in Zusammenhang mit dem
Dienstverhältnis zu. Die Entscheidung in BFHE 173, 65, BStBl
II 1994, 254 = SIS 94 08 31 betraf eine Verlosung im Rahmen des
betrieblichen Vorschlagwesens.
e) In der
Entscheidung vom 19.7.1974 VI R 114/71 (BFHE 114, 28, BStBl II
1975, 181 = SIS 75 01 04) erhielt ein Tankstellen-Lehrling für
den Verkauf von Öl sog. Glücksmarken, die an einer
Verlosung teilnahmen. Hier hätte ein Zusammenhang mit dem
Dienstverhältnis durchaus erwogen werden können, der VI.
Senat stellte indes darauf ab, dass die Arbeitsleistung auf die
Verlosungen keinen Einfluss gehabt habe.
Ähnlich liegen
die Verhältnisse im Streitfall. Die Möglichkeit, bereits
verdientes Geld im Rahmen einer betrieblichen Losveranstaltung
einzusetzen, ist Einkommensverwendung; daraus resultierende Gewinne
führen nicht zu Betriebseinnahmen.
3. Einkünfte
i.S. des § 22 Nr. 3 EStG liegen ebenfalls nicht vor. Die (auch
erfolgreiche) Teilnahme an einer Lotterie begründet keinen
Leistungsaustausch (vgl. Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 27. Aufl.,
§ 22 Rz 133, 150).
4. Den Umstand, dass
der Kläger bei seinem Antrag nicht berücksichtigt hat,
dass das FA die Aufwendungen für den Erwerb der Lose in
Höhe von 150 DM abgezogen und deshalb den Gewinn lediglich um
50.850 DM erhöht hat, wertet der Senat als offensichtliches
Versehen.