GmbH & Co. KG, Antrag auf Investitionszulage: Anträge einer Personengesellschaft auf Investitionszulage haben deren "besonders Beauftragte" zu unterschreiben. Als "besonders Beauftragter" einer GmbH & Co. KG kommt neben der Komplementär-GmbH - vertreten durch ihren Geschäftsführer als gesetzlichen Vertreter - auch ein Kommanditist in Betracht, dem die Wahrnehmung der steuerlichen Vertretung der KG wirksam übertragen wurde. - Urt.; BFH 30.10.2008, III R 107/07; SIS 09 05 65
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt in der Rechtsform
einer GmbH & Co. KG ein Hotel im Fördergebiet. Die von ihr
für die Kalenderjahre 1994 und 1995 beantragte
Investitionszulage setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) jeweils in der beantragten Höhe unter dem
Vorbehalt der Nachprüfung fest.
Im Rahmen einer 1998 durchgeführten
steuerlichen Außenprüfung ermittelte der Prüfer,
dass die Anträge nicht von der einzelvertretungsberechtigten
Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH, sondern von
deren Ehemann unterzeichnet worden waren. Dieser ist
Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Kommanditist der
Klägerin sowie Gesellschafter der Komplementär-GmbH. Die
Komplementär-GmbH hatte ihm am 1.9.1995 eine später
notariell beglaubigte Vollmacht eingeräumt, „wie sie
gemäß § 49 HGB einem Prokuristen
zusteht“.
Der Prüfer ging davon aus, dass die
Anträge nicht, wie durch § 6 Abs. 3 Satz 1 des
Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1996 vorgeschrieben, von der
Anspruchsberechtigten selbst beziehungsweise ihrer gesetzlichen
Vertreterin eigenhändig unterschrieben worden waren. Das FA
folgte der Auffassung des Prüfers. Es änderte die
Investitionszulagenbescheide 1994 und 1995 und setzte die
Investitionszulage jeweils auf 0 DM fest. Der Einspruch blieb ohne
Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.
Es führte aus, die erforderliche eigenhändige
Unterschrift hätte die Geschäftsführerin der
Komplementär-GmbH leisten müssen. Eine
Bevollmächtigung des Ehemannes genüge nicht, da selbst
ein wirksam bestellter Prokurist den Antrag auf Investitionszulage
nach dem Senatsurteil vom 16.5.2002 III R 27/01 (BFHE 198, 283,
BStBl II 2002, 668 = SIS 02 84 81) nicht hätte stellen
können. Ob der Ehemann ein „besonders
Beauftragter“ i.S. des § 79 Abs. 1 Nr. 3 der
Abgabenordnung (AO) gewesen sei, könne offen bleiben, da die
Klägerin einen Geschäftsführer als gesetzlichen
Vertreter gehabt habe (Senatsurteil vom 15.10.1998 III R 58/95,
BFHE 187, 141, BStBl II 1999, 237 = SIS 99 04 93). Zwar spreche
viel dafür, dass der auch als Verfügungsberechtigter
aufgetretene Ehemann als faktischer Geschäftsführer der
GmbH und damit auch der Klägerin fungiert habe. Das brauche
aber nicht geklärt zu werden, weil auch ein faktischer
Geschäftsführer die Investitionszulage nicht hätte
beantragen können, da § 34 Abs. 2 AO ein wirksames
Tätigwerden faktischer GmbH-Geschäftsführer nur
erlaube, wenn kein förmlicher Geschäftsführer
vorhanden sei. Der Ehemann habe den Antrag für 1994 auch nicht
wegen Verhinderung der Geschäftsführerin unterzeichnen
dürfen (§ 150 Abs. 3 AO).
Mit der Revision trägt die
Klägerin vor, die Anträge auf Investitionszulage seien
durch den Ehemann wirksam unterzeichnet worden. Er habe als
faktischer Geschäftsführer im Sinne der Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs - BGH - (Urteile vom 27.6.2005 II ZR 113/03,
DB 2005, 1787, und vom 11.7.2005 II ZR 235/03, DB 2005, 1897 = SIS 05 44 10) fungiert und sie - die Klägerin - in allen
steuerlichen Angelegenheiten, bei Bankgesprächen und der
Vergabe und Durchführung von Baumaßnahmen vertreten.
Nach den Feststellungen des FG verfüge er über eine
Spezialvollmacht (§ 79 Abs. 1 Nr. 3 AO), sei als
Gesellschafter beteiligt und außerdem als
Verfügungsberechtigter aufgetreten (§§ 35, 34 Abs. 1
AO). Die Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH sei
demgegenüber nur vorgeschoben. Nach der Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs (BFH) - z.B. dem Senatsurteil vom 13.12.2001 III R
24/99 (BFHE 196, 464, BStBl II 2002, 159 = SIS 02 05 70) - brauche
der Antragsteller nicht eigenhändig zu unterzeichnen, wenn der
Unterzeichnende die Verantwortung für die Richtigkeit der der
Erklärung zu Grunde liegenden Tatsachen übernehme und
kein Zweifel an der Urheberschaft des Antrages bestehe.
Die Unterzeichnung durch den Ehemann
genüge zudem nach der Regelung des § 150 Abs. 3 AO. Das
FG habe nicht beachtet, dass die Geschäftsführerin gerade
am Ende der Frist, d.h. zwischen dem 27. und dem 30.9.1995, durch
Abwesenheit an der Unterschrift gehindert gewesen sei. Es sei
unzumutbar gewesen, die Geschäftsführerin zwischen dem
27.9.1995 - dem Zeitpunkt der Fertigstellung des Antrags mit 116
Seiten Anlagen - und dem 30.9.1995 in Hamburg zur Unterzeichnung
aufzusuchen. Außerdem komme es nach dem Gesetzeswortlaut auf
die Abwesenheit und nicht auf die Unerreichbarkeit an. Diese
Rechtsauffassung werde durch das rechtskräftige Urteil des FG
des Landes Sachsen-Anhalt vom 4.5.2006 1 K 378/02 (EFG 2007, 4 =
SIS 06 40 27) bestätigt.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des
FG sowie die Investitionszulagenbescheide 1994 und 1995 vom
12.6.1998 und die Einspruchsentscheidung vom 20.10.2004
aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des erstinstanzlichen
Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
1. Der Antrag auf Gewährung einer
Investitionszulage ist gemäß § 6 Abs. 1 i.V.m. Abs.
3 Satz 1 InvZulG 1996, das grundsätzlich für alle nach
dem 31.12.1990 abgeschlossenen Investitionen gilt (§ 11 Abs. 1
InvZulG 1996), bis zum 30. September des Folgejahres nach der
Investition eigenhändig zu unterschreiben (ständige
Rechtsprechung, vgl. Senatsbeschluss vom 31.1.2007 III B 168/05,
BFH/NV 2007, 977 = SIS 07 62 46). Die Regelung des § 126 Abs.
1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), wonach die
Unterzeichnung durch einen rechtsgeschäftlich
Bevollmächtigten als eigenhändige Unterschrift gilt, ist
im Steuerrecht nicht unmittelbar anwendbar; dem Erfordernis der
Eigenhändigkeit der Unterschrift des Steuerpflichtigen wird
vielmehr nur dann genügt, wenn dieser die Unterschrift
tatsächlich höchstpersönlich leistet (Senatsurteile
vom 16.6.1989 III R 119/85, BFHE 158, 270, BStBl II 1989, 1022 =
SIS 90 02 35, und in BFHE 187, 141, BStBl II 1999, 237 = SIS 99 04 93).
Auf das Erfordernis der eigenhändigen
Unterzeichnung wird auf dem durch § 6 Abs. 3 Satz 1 InvZulG
1996 vorgeschriebenen amtlichen Vordruck ausreichend hingewiesen
(Senatsurteil in BFHE 187, 141, BStBl II 1999, 237 = SIS 99 04 93;
Senatsbeschluss vom 25.2.2005 III B 113/04, BFH/NV 2005, 1144 = SIS 05 26 55).
2. Für Gesellschaften mit
beschränkter Haftung (GmbH), die steuerrechtsfähig und
nach § 1 Abs. 1 Satz 1 InvZulG 1996 anspruchsberechtigt, aber
nicht verfahrensrechtlich handlungsfähig sind, handeln nach
§ 79 Abs. 1 Nr. 3 AO i.V.m. § 35 Abs. 1 des Gesetzes
betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG)
in erster Linie ihre Geschäftsführer als gesetzliche
Vertreter.
Neben den gesetzlichen Vertretern können
nach § 79 Abs. 1 Nr. 3 AO „besonders
Beauftragte“ für die dort genannten juristischen
Personen, Vereinigungen oder Vermögensmassen handeln. Nach dem
Senatsurteil in BFHE 187, 141, BStBl II 1999, 237 = SIS 99 04 93
regelt § 79 Abs. 1 Nr. 3 AO die Vertretung
verfahrenshandlungsunfähiger Steuerrechtssubjekte im
Verwaltungsverfahren in der Weise, dass juristische Personen, die
über gesetzliche Vertreter verfügen, durch diese handeln,
nichtrechtsfähige Vereinigungen und Vermögensmassen
hingegen durch besonders Beauftragte. Einer Vertretung juristischer
Personen mit gesetzlichen Vertretern durch besonders Beauftragte
stehe entgegen, dass diese keinen eigenen steuerlichen Pflichten
gemäß § 34 Abs. 1 AO unterlägen.
Der Antrag einer GmbH auf Gewährung einer
Investitionszulage (nach dem InvZulG 1991 bis InvZulG 1996) ist
daher grundsätzlich nur wirksam, wenn er von dem
Geschäftsführer eigenhändig unterschrieben ist; die
Unterschrift eines Prokuristen oder eines sonstigen Vertreters
genügt nicht (Senatsurteile in BFHE 196, 464, BStBl II 2002,
159 = SIS 02 05 70; in BFHE 198, 283, BStBl II 2002, 668 = SIS 02 84 81; Senatsbeschluss vom 17.3.2008 III B 41/07, BFH/NV 2008, 1200
= SIS 08 25 24). Die dem Ehemann von der GmbH erteilte Vollmacht,
für diese wie ein Prokurist zu handeln, ist daher
unerheblich.
3. Kommanditgesellschaften können am
Rechtsverkehr teilnehmen und Rechte erwerben sowie Verpflichtungen
eingehen (vgl. Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung,
Finanzgerichtsordnung, § 34 AO Rz 10). Sie sind - wie GmbH -
nicht selbst handlungsfähig. Als nichtrechtsfähige
Personenvereinigungen i.S. des § 34 Abs. 1 AO (vgl. Loose in
Tipke/Kruse, a.a.O., § 34 AO Rz 10) haben deren
Geschäftsführer ihre steuerlichen Pflichten zu
erfüllen. Der Begriff
„Geschäftsführer“ ist nicht im Sinne
des BGB (§§ 709 ff. BGB) und des Handelsgesetzbuches -
HGB - (§§ 114 ff., 163 f. HGB) zu verstehen, d.h. einer
Unterscheidung zwischen Geschäftsführung im Innen- und
Vertretung im Außenverhältnis. Gemeint sind vielmehr die
Personen, welche die Geschäfte der Personenvereinigung
tatsächlich führen (Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., §
34 AO Rz 11).
Kommanditgesellschaften werden
gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 3 AO von besonders
Beauftragten vertreten (Senatsurteil in BFHE 187, 141, BStBl II
1999, 237 = SIS 99 04 93). Bei diesen handelt es sich um Personen,
die nicht zu den gesetzlichen Vertretern natürlicher oder
juristischer Personen i.S. von § 34 Abs. 1 Satz 1 AO
gehören, die steuergesetzlichen Pflichten sonstiger
verfahrenshandlungsunfähiger Steuerrechtssubjekte
erfüllen müssen und deren Rechte wahrnehmen, d.h. die
Geschäftsführer i.S. von § 34 Abs. 1 Satz 1 AO sowie
diejenigen, die nach § 34 Abs. 2 und 3 AO die entsprechenden
Pflichten zu erfüllen haben (Senatsurteil in BFHE 187, 141,
BStBl II 1999, 237 = SIS 99 04 93; Söhn in
Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 79 AO Rz 84).
Im Sinne des § 79 Abs. 1 Nr. 3 AO handeln
somit für juristische Personen regelmäßig die
gesetzlichen Vertreter, für Personenvereinigungen - wie
Kommanditgesellschaften - dagegen regelmäßig deren
Geschäftsführer als „besonders
Beauftragte“ (Senatsurteil in BFHE 187, 141, BStBl II
1999, 237 = SIS 99 04 93; Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., §
79 AO Rz 22). Dies entspricht auch dem amtlichen Antragsvordruck,
der die „eigenhändige Unterschrift des
Anspruchsberechtigten“ fordert und dazu ausführt:
„Der Antrag ist bei Körperschaften vom gesetzlichen
Vertreter, bei Personengesellschaften (Gemeinschaften) von einer
zur Geschäftsführung oder Vertretung berechtigten Person
zu unterschreiben.“
4. Die Klägerin kann als
Personengesellschaft im Steuerverfahren durch ihre handelsrechtlich
zur Vertretung und Geschäftsführung befugte
Komplementär-GmbH als besonders Beauftragte i.S. vom § 79
Abs. 1 Nr. 3 AO vertreten werden. Für diese hätte ihre
Geschäftsführerin als gesetzliche Vertreterin handeln
(§ 79 Abs. 1 Nr. 3 AO i.V.m. § 35 Abs. 1 GmbHG) und den
Antrag auf Investitionszulage unterschreiben können.
Eine GmbH & Co. KG wie die Klägerin,
die nicht gesetzlich vertreten wird, kann darüber hinaus auch
durch andere Personen als besonders Beauftragte vertreten werden,
die ihre Geschäfte tatsächlich führen (vgl. auch
BFH-Urteil vom 23.5.1996 IV R 87/93, BFHE 180, 396, BStBl II 1996,
523 = SIS 96 20 92, sowie Schmidt/ Wacker, EStG, 27. Aufl., §
15 Rz 216 und Rz 222, und Stuhlfelner in HK-HGB, 7. Aufl., §
164 Rz 2 zur Übertragung der handelsrechtlichen
Geschäftsführungsbefugnis auf einen Kommanditisten).
5. Mit dieser Entscheidung weicht der Senat
nicht von seinem Urteil in BFHE 198, 283, BStBl II 2002, 668 = SIS 02 84 81 ab. Der Prokurist der Komplementär-GmbH, der dort den
Antrag der KG unterzeichnet hatte, kam als besonders Beauftragter
der KG nicht in Betracht.
6. Das FG ist davon ausgegangen, dass der
Ehemann die Klägerin nicht wirksam habe vertreten können,
da diese durch die Geschäftsführerin der
Komplementär-GmbH gesetzlich vertreten werde. Es hat daher
nicht geprüft, ob der Ehemann - neben der
Komplementär-GmbH - weiterer Geschäftsführer i.S.
von § 34 Abs. 1 Satz 1 AO und „besonders
Beauftragter“ der Klägerin i.S. von § 79 Abs. 1
Nr. 3 AO war und die Anträge auf Investitionszulage für
sie in dieser Eigenschaft wirksam unterzeichnen konnte. Das Urteil
des FG war daher aufzuheben. Die Sache wird an das FG
zurückverwiesen, damit festgestellt werden kann, ob dem
Ehemann - allein oder neben der Komplementär-GmbH - die
Wahrnehmung der steuerlichen Vertretung der Klägerin wirksam
übertragen wurde.