Rechenzentrum, Leistungen an Banken, USt-Freiheit: 1. Leistungen eines Rechenzentrums (Rechenzentrale) an Banken können nur dann als "Umsätze im Einlagengeschäft, im Kontokorrentverkehr sowie im Zahlungs- und Überweisungsverkehr" nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG steuerfrei sein, wenn diese Leistungen ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes sind, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen der in dieser Vorschrift genannten Umsätze erfüllt. - 2. Das Betreiben eines automatisierten Überweisungssystems, das die Prüfung und Freigabe einzelner Überweisungsaufträge ermöglicht und die Kundenweisung dadurch umsetzt, dass der Überweisungsbetrag vom Konto des Bankkunden abgebucht und der Bank des Begünstigten gutgeschrieben wird, kann als Leistung im Überweisungsverkehr steuerfrei sein. Dass das Rechenzentrum hierbei aufgrund der inhaltlichen Vorgaben der Bank für die Ausführung der Kundenweisung keine dispositiven Entscheidungen zu treffen hat, ist unerheblich. - 3. Aus dem Leistungsverzeichnis eines Rahmenvertrages mit 2.623 Einzelpositionen, für die eine jeweils eigenständige Vergütungsregelung besteht, können nicht 145 Einzeltätigkeiten zu nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG steuerfreien Leistungen zusammengefasst werden. - Urt.; BFH 12.6.2008, V R 32/06; SIS 08 33 15
I. Die Klägerin
und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Rechtsnachfolgerin
einer in der Rechtsform einer Genossenschaft geführten
Rechenzentrale, die im Streitzeitraum Juli 2001 Leistungen auf der
Grundlage von „Geschäftsbesorgungsverträgen
über IT-Bankanwendungen“ erbrachte.
Nach § 1 des vom
Finanzgericht (FG) in Bezug genommenen
Geschäftsbesorgungsvertrags vom 18.4.2001 war
Vertragsgegenstand die Abwicklung von Dienstleistungen im Bereich
der Informationstechnologie für Bankgeschäfte und die
damit zusammenhängende Nutzung von
Informationsdienstleistungen durch den Auftraggeber, die Beratung
hinsichtlich des Einsatzes von Hardware und Software, die
Inanspruchnahme von Serviceleistungen für die Betreuung der
beim Auftraggeber installierten Hardware etc. Die Leistungen waren
nach § 2 Abs. 1 des Vertrages durch ein
„Service-Rechenzentrum“ auf einem von der
Rechenzentrale betriebenen Rechner zu erbringen. Die weiteren
Einzelheiten ergaben sich aus einem sog.
„Leistungsspektrum“. § 3 des Vertrages regelte die
Durchführung der Datenverarbeitung, § 4 die
Bereitstellung von Ergebnisdaten und § 5
„Kundensupport-Leistungen“.
Der Katalog der von
der Rechenzentrale aufgrund des Vertrages erbrachten Leistungen
umfasste 2.623 Einzelpositionen. Die meisten dieser
Leistungsnummern gehörten zu umsatzsteuerpflichtigen
Leistungen. In einer Leistungsnummernübersicht, auf die das FG
verwiesen hat, ordnete die Rechenzentrale demgegenüber ca. 145
Einzelpositionen den nach ihrer Auffassung umsatzsteuerfreien
Leistungsbereichen zu. Für jede dieser Einzelpositionen
bestand eine eigenständige Vergütungsvereinbarung. Nach
Darstellung der Klägerin entfiel 1/3 der Gesamtvergütung
auf diese 145 Leistungspositionen. Die von diesen
Leistungspositionen erfassten Tätigkeiten dienten den
Auftraggebern der Rechenzentrale, bei denen es sich um Banken
handelte, dazu, gegenüber ihren Bankkunden
Finanzdienstleistungen in den Bereichen Überweisungs- und
Zahlungsverkehr, Lastschriftverfahren, Einlagengeschäft und
Kontokorrentgeschäft zu erbringen. Die Rechenzentrale
entwickelte für die von ihr geschuldete Tätigkeit
EDV-Programme und passte diese an die jeweiligen Bedürfnisse
ihrer Auftraggeber an. Sie erhielt von ihren Auftraggebern
Datensätze, die sie entsprechend den ihr erteilten Vorgaben
bearbeitete.
Im Bereich des
Überweisungsverkehrs verarbeitete die Rechenzentrale auf den
bei ihr gespeicherten Konten der Bankkunden die ihr zur
Verfügung gestellten Datensätze und prüfte, ob der
Kontostand und die ggf. von der Bank eingeräumte Kreditlinie
zur Ausführung der Überweisung ausreichte und ob von der
Bank gesetzte Sperren der Überweisung entgegenstanden. Zur
Überwachung fehlgeschlagener Überweisungen bildete sie
Referenznummern. Sie prüfte das Vorliegen und die
Plausibilität der Kontonummer des Begünstigten und nahm
ggf. Textschlüsselergänzungen vor, die sie an die
Empfängerbank weiterleitete. Weiter verglich sie die
Kontonummer und den Namen des Begünstigten; sie prüfte
die Bankleitzahl der Empfängerbank und wies ihren Auftraggeber
auf fehlerhafte Angaben hin. Im Bereich des sog. Home-Bankings
übernahm die Rechenzentrale die ansonsten von ihren
Auftraggebern vorzunehmenden Sicherheitsprüfungen.
Lagen nach den
Prüfungen der Rechenzentrale keine Umstände vor, die der
Durchführung der Überweisung entgegenstanden, veranlasste
sie die Abbuchung des Überweisungsbetrags vom Konto des
Bankkunden und die Weiterleitung an die Bank des Begünstigten.
Konnte sie die Überweisung nicht durchführen, weil
Plausibilitätsprüfungen oder die vorgenannten Kontrollen
oder Sperren der Überweisung entgegenstanden, informierte sie
ihren Auftraggeber über den Vorgang.
In vergleichbarer
Weise war die Rechenzentrale im Lastschriftverfahren als einer Art
„rückläufigen Überweisung“
tätig.
Im Zahlungsverkehr
prüfte die Rechenzentrale bei der Bargeldbeschaffung am
Geldautomaten und bei bargeldlosen Zahlungen an ec-terminals per
EDV die Nutzungsberechtigung des Kartenbesitzers durch Abgleich der
eingetippten PIN mit der in der Karte gespeicherten Bankkontonummer
(Sicherheitsprüfung, die bei Entbehrlichkeit der PIN auch
entfallen kann), die Sperrung der Karte (Sperrenprüfung), den
Kontostand und die Höhe des von der Bank eingerichteten
Dispositionskredits (Limitprüfung I) und die Einhaltung des
für Auszahlungen an Geldautomaten von der Bank festgelegten
Höchstbetrages pro Tag (Limitprüfung II). Bei positivem
Ausgang aller Prüfungen wurde der Auszahlungs- bzw.
Zahlungsvorgang im Rahmen automatisierter Prüfungsabläufe
autorisiert, eine Lastschriftdatei erstellt, der ausgezahlte Betrag
auf dem Konto des Kartenbenutzers belastet und auf dem Kontoauszug
als Abbuchung vermerkt. Bei Zahlungsvorgängen mittels
Geldkarte buchte die Rechenzentrale den gewünschten Geldbetrag
im Rahmen automatisierter Abläufe vom Girokonto ab und
speicherte ihn auf die Geldkarte, stellte fest, welche
Geldbeträge auf Veranlassung des Geldkarteninhabers durch die
verschiedenen Zahlungsterminals aus den Geldkarten entnommen
wurden, belastete die jeweiligen betroffenen internen Konten der
Partnerbanken, erstellte entsprechende Dateien und versendete
sie.
Im
Einlagengeschäft stellte die Rechenzentrale den Banken die
Speicherplätze für Konten zur Verfügung, nahm auf
Anweisung der Banken Kontosperrungen vor, speicherte und
änderte auf Weisung der Banken die Stammdaten des Kunden, nahm
den Namen in das alphabetische Namensregister auf, verbuchte
Einzahlungen und ermittelte autorisierte und verbuchte
Auszahlungen, ermittelte und verbuchte Zinsen und
Kontoführungsgebühren, berechnete den jeweiligen Saldo,
speicherte bei Änderungen des Zinssatzes durch die Bank die
Änderung in den Datenbeständen, erteilte
Kontoauszüge, Kontoauszugs-Duplikate, Kontoabschriften,
Erträgnisbescheinigungen, Jahres-Steuerbescheinigungen und
Einzel-Steuerbescheinigungen und nahm bei Kontoauflösungen die
Abrechnung vor.
Im Kontokorrentverkehr
ermittelte die Rechenzentrale im Rahmen automatisierter
Abläufe die Salden, errechnete die Zinsen, erteilte
Kontoauszüge und Saldenbestätigungen, versendete Belege
und erbrachte die im Rahmen des Überweisungs- und
Zahlungsverkehrs dargestellten Dienstleistungen.
Nach § 2 Abs. 4
Satz 3 des Geschäftsbesorgungsvertrages über
IT-Bankanwendungen war die Rechenzentrale verantwortlich für
die Einhaltung der Grundsätze ordnungsgemäßer
Datenverarbeitung. Gemäß § 3 Abs. 10 des
Geschäftsbesorgungsvertrages stellte die Rechenzentrale
sicher, dass nach jedem ihr obliegenden Verarbeitungsablauf die
verarbeitungstechnische Vollständigkeit dieses Laufes
(Ablaufprotokolle) überprüft wird, und zwar hinsichtlich
der Vollständigkeit des Ablaufs aller Softwareprogramme, der
Richtigkeit der Reihenfolge des Ablaufs aller Softwareprogramme und
der Analyse aller sonstigen während der Verarbeitung
aufgetretenen Meldungen und Hinweise, die für den
ordnungsgemäßen Verarbeitungsablauf relevant sind. Nach
§ 3 Abs. 9 Satz 1 des Geschäftsbesorgungsvertrages war
die Rechenzentrale bei bestimmten technischen Störungen
(Ausfall und Fehlern von EDV-Anlagen, Störungen und
Unterbrechungen der Übertragungswege, Wartungsarbeiten zur
Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft, Instandsetzungen der
EDV-Anlagen, Systemänderungen oder Stromausfall) von der
Einhaltung der Terminpläne bzw. der
Systemverfügbarkeitszeiten befreit. Für den Fall leicht
fahrlässig verursachter Schäden bestand darüber
hinaus nach § 7.2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
eine Haftungseinschränkung.
Die Rechenzentrale
reichte am 7.9.2001 die Umsatzsteuer-Voranmeldung für Juli
2001 ein, gegen die sie unter gleichzeitiger Abgabe einer
berichtigten Voranmeldung am 2.10.2001 Einspruch einlegte. Den
Einspruch stützte sie darauf, dass es sich im Umfang der
beantragten Änderung um nach § 4 Nr. 8 Buchst. d des
Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) steuerfreie Umsätze im
Zahlungs- und Überweisungsverkehr, im Einlagengeschäft
und im Kontokorrentverkehr handele. Der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt—FA - ) wies den Einspruch
mit Einspruchsentscheidung vom 25.10.2002 als unbegründet
zurück.
Die Klage zum FG hatte
keinen Erfolg. Das FG führte zur Begründung aus, die
Leistungen der Rechenzentrale im Bereich des
Überweisungsverkehrs seien nicht nach § 4 Nr. 8 Buchst. d
UStG steuerfrei. Die Steuerfreiheit eines Umsatzes im
Überweisungsverkehr setze nach dem Urteil des Gerichtshofs der
Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 5.6.1997 Rs. C-2/95,
SDC (Slg. 1997, I-3017, UR 1998, 64 = SIS 97 15 26) voraus, dass
die Leistung eine Übertragung von Geldern bewirke und zu
rechtlichen und finanziellen Änderungen führe. Es
dürfe sich nicht um die Erbringung einer rein materiellen oder
technischen Leistung wie z.B. die Überlassung eines
EDV-Systems handeln. Steuerbefreiungsvorschriften seien nach der
Rechtsprechung des EuGH eng auszulegen, da sie Ausnahmen von dem
allgemeinen Grundsatz darstellten, dass jede Dienstleistung, die
ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringe, der Umsatzsteuer
unterliege. Deshalb lasse sich aus dem Umstand allein, dass ein
Element für die Bewirkung eines befreiten Umsatzes
unerlässlich sei, nicht die Befreiung dieses Leistungselements
herleiten. Die Verantwortung des Leistenden müsse sich auf die
spezifischen und wesentlichen Elemente der steuerfreien Leistung
erstrecken und dürfe sich nicht auf technische Aspekte
beschränken. Danach seien die Leistungen der Rechenzentrale
steuerpflichtig. Die Auftraggeber der Rechenzentrale träfen
alle spezifischen und wesentlichen Entscheidungen hinsichtlich der
Abläufe des Überweisungsvorgangs selbst, während die
Rechenzentrale nur die EDV-gestützte Ausführung
übernehme. Eigenverantwortliche Entscheidungen treffe die
Rechenzentrale nur innerhalb der Vorgaben ihrer Auftraggeber und
nur hinsichtlich technischer Aspekte. Dies ergebe sich insbesondere
daraus, dass die Auftraggeber Unterschriftenprüfungen
vornehmen und Sperren in das von der Rechenzentrale bei den
Auftraggebern installierte Signal-Informations-System eingeben. Die
Rechenzentrale erfülle demgegenüber nur Prüfungs-
und Kontrollpflichten in technischer Hinsicht. Sobald
Überweisungssperren, Plausibilitätsprüfungen oder
Kontrollschritte der Ausführung der Überweisung
entgegenständen, seien die dann erforderlichen Entscheidungen
ausschließlich durch die Auftraggeber zu treffen. Der
Rechenzentrale obliege somit nur die technische und elektronische
Unterstützung ihrer Auftraggeber; sie trage aber keine
Verantwortung hinsichtlich wesentlicher und spezifischer Elemente
des Überweisungsumsatzes, wie sie sich im Treffen dispositiver
Entscheidungen zeigen würden. Die auf die technische
Abwicklung beschränkte Verantwortlichkeit der Rechenzentrale
ergebe sich auch aus den Geschäftsbesorgungsverträgen.
Gleiches gelte für die Bereiche Lastschriftverfahren,
Einlagengeschäft und Kontokorrentgeschäft.
Das Urteil des FG ist
in EFG 2005, 1397 = SIS 05 38 23 veröffentlicht.
Hiergegen richtet sich
die Revision der Klägerin, mit der sie im Wesentlichen geltend
macht, dass die Leistungen nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG
steuerfrei seien. Hierfür führt sie für den Bereich
des Überweisungsverkehrs an, dass die den
Kontoeröffnungsantrag entgegennehmende Bank das Konto durch
die Rechenzentrale auf einem von ihr installierten
Großrechner habe einrichten lassen. Bei Vorliegen eines
Überweisungsauftrags sei es die Rechenzentrale gewesen, die
den Überweisungsbetrag vom Konto des Überweisenden
abgebucht habe und, sofern auch der Empfänger sein Konto bei
derselben Bank unterhalten habe, dem Konto des
Überweisungsempfängers gutgeschrieben habe. Somit habe
sie die Überweisung durch Übertragung eines Geldbetrages
von einem Konto auf ein anderes durchgeführt. Unerheblich sei,
dass die zwischen ihr und den Banken abgeschlossenen Verträge
sich nicht ausdrücklich auf Überweisungsleistungen
bezögen.
Die nach der
EuGH-Rechtsprechung erforderliche Änderung der rechtlichen und
finanziellen Situation ergebe sich aus den von der Rechenzentrale
vorgenommenen Buchungen, durch die sich der Kontostand des
Überweisenden verringere. Diese Änderung trete bereits
aufgrund der Buchung ohne weitere Handlung der Bank ein. Für
die Änderung der rechtlichen und finanziellen Situation komme
es nicht auf den Rechtsgrund der Übertragung, z.B. ein
Kontoguthaben, einen Überziehungskredit oder eine nur
geduldete Kontoüberziehung, an. Dementsprechend sei entgegen
dem FG-Urteil das Treffen dispositiver Entscheidungen unerheblich.
Die Tätigkeiten der Rechenzentrale seien für die
Überweisungsleistung wesentlich und spezifisch und
beschränkten sich nicht auf die bloß technische und
elektronische Unterstützung der Banken. Es komme nicht auf die
den Banken obliegende Unterschriftenprüfung und die
Entscheidung über die Eingabe allgemeiner
Überweisungssperren an. Die Verantwortung für die
spezifischen und wesentlichen Elemente der
Überweisungsleistung ergebe sich aus den abgeschlossenen
Verträgen. Im Übrigen führe die
abrechnungstechnische Aufgliederung der Leistungen in einzelne
Leistungselemente nicht dazu, dass selbständige Leistungen
vorlägen. Schließlich seien auch die Leistungen im
Lastschriftverfahren, Einlagengeschäft und
Kontokorrentgeschäft steuerfrei.
Weiter führt die
Klägerin für die Steuerfreiheit an, dass die Gesamtheit
der Tätigkeiten, die sie gegenüber der jeweiligen Bank
erbringe, nicht als eine Leistung angesehen werden könne.
Vielmehr sei jeder einzelne Zahlungsverkehrsvorgang eine
selbständige Leistung. Dabei könnten mehrere Positionen
der Leistungsnummernübersicht zu jeweils einer steuerfreien
Leistung zusammengefasst werden. Die Bank wolle insoweit, dass die
Rechenzentrale sämtliche für die Ausführung des
Überweisungsauftrags erforderlichen Arbeitsschritte
übernehme. Die gesonderte Berechnung einzelner Arbeitsschritte
sei unerheblich. Hierfür spreche auch die Annahme einer
einheitlichen Leistung beim Verkauf und der Anpassung von Software.
Dass keine Klausel des Geschäftsbesorgungsvertrages für
jedermann auf Anhieb verständlich sage, dass die
Rechenzentrale Leistungen im Überweisungsverkehr etc.
erbringe, sei unerheblich. Es reiche aus, dass die Vertragsparteien
wissen, was mit der Vereinbarung gemeint sei. Außerdem sei
auch ein Vertragsschluss in verschlüsselter Form wirksam.
Unter Berücksichtigung der Freiheit des Organisationsmodells
sei die gesonderte Vergütung einzelner Arbeitsschritte
für die Inanspruchnahme der Steuerfreiheit unschädlich.
Auch Ärzte würden bei steuerfreien
Heilbehandlungsleistungen eine Vielzahl einzelner Arbeitsschritte
berechnen. Im Übrigen hätten sich auch im EuGH-Urteil SDC
in Slg. 1997, I-3017, UR 1998, 64 = SIS 97 15 26 die
Dienstleistungen des SDC aus verschiedenen Leistungselementen
zusammengesetzt. Die Rechenzentrale habe auch die Verantwortung
für den Transport von Geldbeträgen von einem Bankkonto
auf ein anderes übernommen, so dass sich diese Verantwortung
nicht auf die rein technische Abwicklung beschränke. Im Fall
von Verzögerungen habe nur eine begrenzte Haftungsfreistellung
bestanden. Der Grundsatz rechtssicherer, richtiger und einfacher
Anwendung der Steuerbefreiungen führe nur dazu, dass auf die
objektive Natur des Umsatzes abzustellen sei. Zu beachten sei
schließlich auch die französische Sprachfassung des
EuGH-Urteils SDC in Slg. 1997, I-3017, UR 1998, 64 = SIS 97 15 26.
Der EuGH habe den von
ihm geprägten Begriff „Verantwortung für
spezifische und wesentliche Elemente der
Überweisungsumsätze“ nicht erläutert; die
Klägerin regt daher eine Vorlage an den EuGH zur Klärung
der Frage an, ob die Steuerfreiheit voraussetze, dass das
Rechenzentrum gegenüber der Bank in demselben Umfang für
Schäden hafte wie die Bank gegenüber dem Kunden.
Die Klägerin
beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und unter Aufhebung der
Einspruchsentscheidung vom 25.10.2002 die Steuerfestsetzung
dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer-Vorauszahlung
Juli 2001 auf … DM (… EUR) herabgesetzt wird.
Das FA beantragt, die
Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Nach Auffassung des FA
ist eine „outgesourcte“ Leistung nur steuerfrei, wenn
sie sämtliche Voraussetzungen des Befreiungstatbestandes
erfüllt. Der Umfang der Verantwortung der Rechenzentrale
beschränke sich nur auf technische Aspekte, erstrecke sich
aber nicht auf die spezifischen und wesentlichen Inhalte der
Finanzdienstleistung. Die Rechenzentrale sei nur für die
technische und administrative Abwicklung verantwortlich. Sie stelle
den Banken eine EDV-Infrastruktur zur Verfügung und
überwache die Anwendung der Infrastruktur. Alle wesentlichen
und spezifischen dispositiven Entscheidungen treffe
demgegenüber die jeweilige Bank. Die Rechenzentrale führe
nur die von der jeweiligen Bank vorgegebenen Anweisungen technisch
aus und treffe eigenverantwortliche Entscheidungen nur innerhalb
der von den Banken gesetzten Vorgaben und nur hinsichtlich
technischer Aspekte der Auftragsbearbeitung. Die Tätigkeit der
Rechenzentrale beschränke sich auf das mechanische Starten von
Verarbeitungsjobs und die Überwachung der
routinemäßigen Abarbeitung der Transaktionen durch die
EDV-Anlage. Der Rechenzentrale ständen keine
Entscheidungsbefugnisse zu. Die mechanische Ausführung der
technischen Unterstützungsleistung schließe zwar
bestimmte Plausibilitäts- und
Sicherheitsüberprüfungen ein. Diese würden jedoch
rein routinemäßig durch mechanischen Datenabgleich und
automatisierte Prüfabläufe abgearbeitet. Die Existenz der
Rechenzentrale sei den Bankkunden auch unbekannt. Die
Rechenzentrale habe im Übrigen ihre Haftung
eingeschränkt. Weiter stehe ihr keine Verfügungsmacht und
keine rechtliche Kontrolle an den von ihr rein datentechnisch
bewegten Geldbeträgen zu.
II. Die Revision ist
zurückzuweisen. Der Steuerbefreiung steht zwar—entgegen
der Auffassung des FG—nicht entgegen, dass die Rechenzentrale
ihre Leistungen nur im Rahmen der von den beauftragten
Kreditinstituten vorgegebenen spezifischen und wesentlichen
Entscheidungen für die in § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG
genannten Finanzdienstleistungen erbringen und deshalb keine
dispositiven Entscheidungen treffen konnte. Die Klageabweisung
stellt sich aber gleichwohl im Ergebnis als richtig dar (§ 126
Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung—FGO - ). Das FG hat zu Recht
entschieden, dass die Voraussetzungen des § 4 Nr. 8 Buchst. d
UStG nicht erfüllt sind.
1.
Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG die Umsätze
im Einlagengeschäft, im Kontokorrentverkehr sowie im Zahlungs-
und Überweisungsverkehr. Die Vorschrift setzt Art. 13 Teil B
Buchst. d Nr. 3 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur
Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über
die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG), der u.a.
gleichfalls Umsätze „im Einlagengeschäft und
Kontokorrentverkehr“ sowie „im Zahlungs- und
Überweisungsverkehr“ von der Steuer befreit, in
nationales Recht um und ist entsprechend dieser Bestimmung
richtlinienkonform auszulegen.
a) Nach
der Rechtsprechung des EuGH können nach Art. 13 Teil B Buchst.
d Nr. 3 der Richtlinie 77/388/EWG auch Leistungen, die ein Dritter
gegenüber einer Bank erbringt, steuerfrei sein. Die Bestimmung
weist keine personenbezogenen Elemente auf (EuGH-Urteil SDC in Slg.
1997, I-3017, UR 1998, 64 = SIS 97 15 26 Randnrn. 32 f.), so dass
sich die Steuerfreiheit nicht auf die von Banken gegenüber
ihren Bankkunden unmittelbar erbrachten Leistungen beschränkt
(EuGH-Urteil SDC in Slg. 1997, I-3017, UR 1998, 64 = SIS 97 15 26
Randnrn. 56 f.). Eine von dieser Vorschrift erfasste Leistung kann
darüber hinaus in verschiedene einzelne Leistungen zerfallen,
die dann ihrerseits steuerfrei sein können. Zu den
Anforderungen, die an die einzelne Leistung im Hinblick auf die
Steuerfreiheit zu stellen sind, führt der EuGH im Urteil SDC
in Slg. 1997, I-3017, UR 1998, 64 = SIS 97 15 26 wörtlich
aus:
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„(61) Zunächst ist
zu untersuchen, ob die Umsätze, die von einem Rechenzentrum
wie dem SDC im Rahmen einer Überweisung bewirkt werden, selbst
als Umsätze im Überweisungsverkehr i.S. des Artikels 13
Teil B Buchstabe d Nummer 3 der Sechsten Richtlinie gualifiziert
werden können.
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(62)
Dazu hat das Skatterministerium vorgetragen, daß die
Dienstleistungen des SDC sich tatsächlich aus verschiedenen
Elementen administrativer oder technischer Art zusammensetzten, die
einzeln in Rechnung gestellt würden. Für die
Überweisung, die Übertragung der Gelder oder die
Gesamtheit der Leistungen sei kein Preis im voraus festgesetzt.
Infolgedessen seien die Leistungen des SDC von den in Artikel 13
Teil B Buchstabe d Nummer 3 der Richtlinie genannten
verschieden.
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(63)
Das SDC hat demgegenüber geltend gemacht, daß die
erbrachten Leistungen, um von der Steuer befreit zu werden, nicht
vollständig sein müßten, sondern daß es
genüge, daß die betreffende Leistung ein Element einer
Finanzdienstleistung sei, an der verschiedene Wirtschaftsteilnehmer
beteiligt seien und die insgesamt eine vollständige
Finanzdienstleistung darstelle.
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(64)
Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 3 der Sechsten Richtlinie
schließt nach seinem Wortlaut grundsätzlich nicht aus,
daß der Überweisungsvorgang in verschiedene einzelne
Leistungen zerfällt, die dann ‘Umsätze im
Überweisungsverkehr’ im Sinne dieser Bestimmung
darstellen und unter Angabe der Elemente dieser Leistungen in
Rechnung gestellt werden. Die Inrechnungstellung ist für die
Anwendung der betreffenden Steuerbefreiung ohne Bedeutung, wenn die
erforderlichen Handlungen zur Bewirkung des befreiten Umsatzes
gegenüber den anderen Leistungen bestimmbar sind.
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(65)
Da Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 3 der Sechsten Richtlinie
jedoch eng auszulegen ist, läßt sich aus dem Umstand
allein, daß ein Element für die Bewirkung eines
befreiten Umsatzes unerläßlich ist, nicht die Befreiung
dieses Leistungselements herleiten. Die vom SDC vertretene
Auslegung ist daher zurückzuweisen.
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(66)
Um als von der Steuer befreite Umsätze im Sinne des Artikels
13 Teil B Buchstabe d Nummern 3 und 5 qualifiziert zu werden,
müssen die Dienstleistungen eines Rechenzentrums ein im
großen und ganzen eigenständiges Ganzes sein, das die
spezifischen und wesentlichen Funktionen einer in den vorstehenden
Randnummern beschriebenen Leistung erfüllt. Bezüglich
eines ‘Umsatzes im Überweisungsverkehr’
müssen die erbrachten Dienstleistungen daher eine
Übertragung von Geldern bewirken und zu rechtlichen und
finanziellen Änderungen führen. Die befreite Leistung im
Sinne der Richtlinie ist von der Erbringung einer rein materiellen
oder technischen Leistung, wenn etwa einer Bank ein EDV-System zur
Verfügung gestellt wird, zu unterscheiden. Zu diesem Zweck
muß das nationale Gericht insbesondere den Umfang der
Verantwortung des Rechenzentrums gegenüber den Banken
untersuchen, namentlich die Frage, ob diese Verantwortung auf
technische Aspekte beschränkt ist oder sich auf spezifische
und wesentliche Elemente der Umsätze erstreckt.
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(67)
Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, das den gesamten Sachverhalt
des vorliegenden Falles kennt, zu beurteilen, ob die vom SDC
bewirkten Umsätze einen solchen eigenständigen Charakter
haben und spezifische und wesentliche Leistungen sind.
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(68)
Nach alledem ist auf die erste und die vierte Frage zu antworten,
daß nach Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 3 der Sechsten
Richtlinie zu den Umsätzen im Zahlungs- und
Überweisungsverkehr die von einem Rechenzentrum bewirkten
Umsätze gehören, wenn diese Umsätze einen
eigenständigen Charakter haben und für die von der Steuer
befreiten Umsätze spezifisch und wesentlich
sind.“
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b) Nach
dem EuGH-Urteil SDC in Slg. 1997, I-3017, UR 1998, 64 = SIS 97 15 26 sind somit folgende Grundsätze zu beachten:
(1)
Leistungen eines Rechenzentrums an Banken können nur
steuerfrei sein, wenn sie ein im Großen und Ganzen
eigenständiges Ganzes sind, das die spezifischen und
wesentlichen Funktionen der steuerfreien Finanzdienstleistung
erfüllt (EuGH-Urteil SDC in Slg. 1997, I-3017, UR 1998, 64 =
SIS 97 15 26 Randnr. 66). Dabei kommt es auch auf den
„eigenständigen Charakter“ der Leistung an
(EuGH-Urteil SDC in Slg. 1997, I-3017, UR 1998, 64 = SIS 97 15 26
Randnr. 67). Somit ist eine Leistung, bei der es sich um ein
bloßes Element einer Finanzdienstleistung handelt, nicht
steuerfrei, mag dieses Element für die Bewirkung der
steuerfreien Leistung sogar unerlässlich sein. Die
gegenteilige Rechtsansicht des SDC (EuGH-Urteil SDC in Slg. 1997,
I-3017, UR 1998, 64 = SIS 97 15 26 Randnr. 63) hat der EuGH
ausdrücklich zurückgewiesen (EuGH-Urteil SDC in Slg.
1997, I-3017, UR 1998, 64 = SIS 97 15 26 Randnr. 65).
Maßgeblich ist auch, ob die zur Bewirkung des befreiten
Umsatzes erforderlichen Handlungen „bestimmbar“
sind (EuGH-Urteil SDC in Slg. 1997, I-3017, UR 1998, 64 = SIS 97 15 26 Randnr. 64).
(2)
Weiter ist zu berücksichtigen, dass die spezifischen und
wesentlichen Funktionen des Umsatzes im Überweisungsverkehr
darin bestehen, eine Übertragung von Geldern zu bewirken und
zu rechtlichen und finanziellen Änderungen zu führen.
Zwar kann danach das Betreiben eines automatisierten
Überweisungssystems, das die Prüfung und Freigabe
einzelner Überweisungsaufträge ermöglicht und die
Kundenweisung dadurch umsetzt, dass der Überweisungsbetrag vom
Konto des Bankkunden abgebucht und der Bank des Begünstigten
gutgeschrieben wird, als Leistung im Überweisungsverkehr
steuerfrei sein. Im Hinblick auf die nach dem EuGH-Urteil weiter
erforderliche Abgrenzung zu rein materiellen oder technischen
Leistungen wie z.B. der Überlassung eines EDV-Systems
(EuGH-Urteil SDC in Slg. 1997, I-3017, UR 1998, 64 = SIS 97 15 26
Randnr. 66) ist aber auch davon auszugehen, dass technische
Leistungen nicht als spezifisch und wesentlich anzusehen sind. Um
eine steuerpflichtige materielle oder technische Leistung handelt
es sich nach der Rechtsprechung des Senats deshalb z.B. bei der die
Übertragung von Angaben auf den von Banken übermittelten
körperlichen Belegen für die EDV-mäßige
Bearbeitung (Urteil des Bundesfinanzhofs—BFH—vom
13.7.2006 V R 57/04, BFHE 214, 451, BStBl II 2007, 19 = SIS 06 42 38).
(3)
Soweit der EuGH für die Entscheidung über die
Steuerfreiheit auch auf den Umfang der Verantwortung des
Rechenzentrums gegenüber der Bank abstellt (EuGH-Urteil SDC in
Slg. 1997, I-3017, UR 1998, 64 = SIS 97 15 26 Randnr. 66), kommt es
auf die Verantwortlichkeit für Fehler, die bei Änderung
der bestehenden rechtlichen und finanziellen Situation auftreten
können, an (BFH-Urteil in BFHE 214, 451, BStBl II 2007, 19 =
SIS 06 42 38). Da sich der Umfang dieser Verantwortung nach dem der
Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis bestimmt, sind
bei der Entscheidung über die Steuerfreiheit auch die zwischen
dem Rechenzentrum und der Bank bestehenden vertraglichen
Vereinbarungen zu berücksichtigen.
c)
Unter Beachtung dieser Grundsätze ist die Entscheidung der
Vorinstanz, dass die Leistungen der Rechenzentrale nicht
gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG steuerfrei sind, im
Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
aa) Das
FG ist zwar im Wesentlichen von diesen Grundsätzen
ausgegangen; unerheblich ist jedoch entgegen der Auffassung der
Vorinstanz, ob die Rechenzentrale dispositive Entscheidungen
treffen konnte. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der
Bankkunde bei Vorliegen der Überweisungsvoraussetzungen wie
z.B. entsprechender Kontodeckung einen Anspruch auf
Durchführung der Überweisung hat. Es steht daher dem
Vorliegen einer für den Überweisungsverkehr spezifischen
und wesentlichen Leistung auch nicht entgegen, dass die
Auftraggeber der Rechenzentrale entschieden, in welchen Fällen
Überweisungssperren, die eine automatisierte Durchführung
der Überweisung verhindern, gesetzt wurden und wie in
Sonderfällen mit den Überweisungen zu verfahren war, bei
denen die Durchführung des automatisierten
Überweisungsverfahrens am Fehlen einzelner Voraussetzungen
scheiterte und die zu einer zunächst unbearbeiteten
Rückgabe an die Bank führten.
bb)
Unter Berücksichtigung der mit Revisionsrügen nicht
angegriffenen und daher nach § 118 Abs. 2 FGO für den
Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG sind die
Leistungen der Rechenzentrale aber gleichwohl nicht steuerfrei.
(1) Der
von der Revision vertretenen Auffassung, aus dem 2.623
Einzelpositionen umfassenden Rahmenvertrag ließen sich 145
Einzeltätigkeiten in unterschiedlichen Kombinationen zu
steuerfreien Leistungen im Überweisungs- und Zahlungsverkehr,
im Lastschriftverkehr als Sonderfall des Überweisungsverkehrs,
im Einlagengeschäft und im Kontokorrentgeschäft ermitteln
und zusammenfassen, die dann jeweils als eigenständiges Ganzes
die Voraussetzungen des § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG
erfüllten, vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Tätigkeiten,
die die Rechenzentrale nach den von ihr abgeschlossenen
Verträgen übernommen hatte, allgemein der Abwicklung von
Dienstleistungen im Bereich der Informationstechnologie für
Bankgeschäfte des jeweiligen Auftraggebers dienten. Die
beschriebenen Tätigkeiten der Rechenzentrale zielten darauf
ab, ihrer Art nach beliebige Geschäftsabläufe in der
jeweiligen Bank effizienter zu gestalten, sofern dieses Ziel durch
den Einsatz datenverarbeitungstechnischer Mittel erreichbar war.
Dass die Leistungen der Rechenzentrale nach ihrem
charakteristischen Merkmal dazu dienten,
Geschäftsvorgänge in der jeweiligen Bank allgemein
informationstechnologisch zu verbessern, zeigt sich auch am Umfang
des Leistungsverzeichnisses, das insgesamt 2.623 Einzelpositionen
umfasste und denen überwiegend steuerpflichtiger Charakter
zukam.
Der von der Revision betonte
Charakter des Vertrages als Rahmenvertrag, der es der jeweiligen
Bank ermöglicht, die Leistungsangebote der Rechenzentrale in
unterschiedlichem Umfang abzurufen, steht dem nicht entgegen,
sondern zeigt, dass es den am Vertrag Beteiligten darauf ankam,
Geschäftsabläufe entsprechend den spezifischen
Bedürfnissen der jeweiligen Bank effizient zu gestalten.
Dementsprechend wurde dieses Ziel unterschiedslos in allen
Tätigkeitsbereichen verwirklicht, wobei die unstrittig
steuerpflichtigen Tätigkeitsbereiche bei weitem
überwiegen. Denn selbst unter Zugrundelegung der von der
Revision vertretenen Rechtsauffassung wären nur 145 der
insgesamt 2.623 Einzelpositionen des Leistungsverzeichnisses
steuerfreien Leistungen zuzuordnen und dementsprechend nur ca. 1/3
des Gesamtentgelts steuerfrei.
Es ist im Übrigen nicht
erkennbar, wie sich aus den 145 Einzeltätigkeiten ein
eigenständiges Ganzes mit eigenständigem Charakter in den
unterschiedlichen Bereichen des Überweisungs-, Zahlungs- und
Lastschriftverkehrs sowie im Einlagen- und im
Kontokorrentgeschäft ergeben soll. Die 145 Einzelpositionen
des Leistungsverzeichnisses lassen weder in der erforderlichen
Weise erkennen, in welchem Zusammenhang sie zueinander stehen, noch
ist ihnen mit hinreichender Klarheit zu entnehmen, zu welchem der
nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG steuerfreien Bereiche im
Überweisungs-, Zahlungs- oder Kontokorrentverkehr etc. sie
letztlich gehören könnten. Die Feststellung eines
eigenständigen Ganzen wird weiter dadurch erschwert, dass es
sich bei den 145 Einzeltätigkeiten nach dem Vortrag der
Revision nur um Leistungsangebote handelte, die von dem jeweiligen
Auftraggeber in unterschiedlichem Umfang abgerufen werden konnten.
Der Einwand der Revision, die Rechenzentrale habe eine
Überweisungsleistung etc. erbracht, die nicht künstlich
aufgespalten werden dürfe, ist daher unzutreffend, zumal diese
Aufspaltung bereits durch die Vertragsparteien selbst erfolgt
ist.
(2) Die
145 Einzelpositionen des Leistungsverzeichnisses führen auch
nicht entsprechend der Anzahl der von der jeweiligen Bank in
Anspruch genommenen Einzelpositionen zu einer Vielzahl jeweils
eigenständiger steuerfreier Leistungen, die gegenüber der
jeweiligen Bank als Leistungsempfänger erbracht werden.
Hiergegen spricht bereits, dass
die nach Ansicht der Klägerin steuerfreien 145
Leistungspositionen eine Vielzahl von Tätigkeiten enthalten,
denen rein materieller und technischer Charakter zukam. Dies gilt
insbesondere für die Überlassung eines
Zahlungsverkehrserfassungsprogramms gegen Pauschalgebühr, die
Überlassung von Papier für Druckvorgänge, die
Vornahme von Druckvorgängen und die Lizenz für
Kontoauszugsdrucker, die jeweils eigenständig zu vergüten
waren. Auch die Bezeichnung einer Vielzahl dieser
Leistungspositionen deutet auf einen technischen Charakter hin. So
verwenden die 145 Einzelpositionen, die nach Auffassung der
Klägerin zu steuerfreien Leistungen führen sollen,
Begriffe wie z.B. „Kl-Server-Lizenz“,
„Routerservice-Lizenz“,
„Systemsoftware“,
„SW-Lizenz“,
„Geldautomat-Lizenz“,
„Service-Terminal-Lizenz“,
„BTX-Pauschale“, „PC-Prodes EZV-Progr.
Lizenz“, „PC-Genussrechtspro. Lizenz“,
„Formular Kontoauszug“, „Formular
Druck“, „Einzelbestellung bankcard
ec“. Insbesondere der Lizenzgewährung und der
Softwareüberlassung kommt der für die Inanspruchnahme der
Steuerfreiheit schädliche technische Charakter zu. Ob
derartige Leistungen für die Erbringung steuerfreier
Umsätze nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG unerlässlich
sind, ist unerheblich.
(3)
Weiter scheitert die Inanspruchnahme der Steuerfreiheit nach §
4 Nr. 8 Buchst. d UStG daran, dass weder eine Zusammenfassung
einzelner Tätigkeiten aus einem Bereich von 145
Einzeltätigkeiten noch eine Einzelbetrachtung von bis zu 145
Einzeltätigkeiten nach den Verhältnissen des Streitfalls
dem Erfordernis der Bestimmbarkeit gegenüber anderen
Leistungen (EuGH-Urteil SDC in Slg. 1997, I-3017, UR 1998, 64 = SIS 97 15 26 Randnr. 64) und dem Grundsatz der richtigen und einfachen
Anwendung der Steuerbefreiung (vgl. hierzu EuGH-Urteil vom
26.6.2003 Rs. C-305/01, MKG, Slg. 2003, I-6729 = SIS 03 29 36
Randnr. 64) entspricht.
Zwar mag es insoweit zutreffen,
dass Verträge zivilrechtlich nicht immer „im
Klartext“ abgeschlossen werden müssen, solange die
Vertragsparteien wissen, was mit der getroffenen Regelung gemeint
ist. Dies gilt aber steuerrechtlich bei der Inanspruchnahme von
Steuerbefreiungen im Hinblick auf die Notwendigkeit, die
Voraussetzungen des jeweiligen Befreiungstatbestandes feststellen
zu können, nur eingeschränkt.
Weiter ist auch hinsichtlich der
notwendigen Abgrenzung der nach Auffassung der Klägerin 145
steuerfreien Einzelhandlungen gegenüber den übrigen 2.478
(2.623 - 145) steuerpflichtigen Leistungshandlungen die richtige
und einfache Anwendung der Steuerbefreiung nicht gewährleistet
(EuGH-Urteil MKG in Slg. 2003, I-6729 = SIS 03 29 36 Randnr.
64).
(4)
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass nach den
Feststellungen des FG eine nur eingeschränkte Verantwortung
der Rechenzentrale für datenverarbeitungstechnische
Abläufe bestand, ohne dass sie die Verantwortung für z.B.
im Überweisungsverkehr spezifische Umstände wie u.a. die
Rechtzeitigkeit der Geldübertragung zwischen verschiedenen
Konten im Rahmen einzelner Überweisungsvorgänge
vorbehaltslos übernahm.
So war die Rechenzentrale
verantwortlich für die Einhaltung der Grundsätze
ordnungsgemäßer Datenverarbeitung (§ 2 Abs. 4 des
Geschäftsbesorgungsvertrages über IT-Bankanwendungen) und
für die „verarbeitungstechnische
Vollständigkeit“ (§ 3 Abs. 10 des
Geschäftsbesorgungsvertrages über IT-Bankanwendungen),
war aber für den Fall technischer Störungen, wie z.B.
beim Ausfall von EDV-Anlagen oder deren Wartung, von der Einhaltung
von Terminplänen und Systemverfügbarkeitszeiten befreit
(§ 3 Abs. 9 des Geschäftsbesorgungsvertrages über
IT-Bankanwendungen). Gegen eine vollumfängliche Verantwortung
der Rechenzentrale spricht auch die Haftungseinschränkung bei
leicht fahrlässiger Schadensverursachung. Unerheblich ist bei
dieser Sachlage, ob die erforderliche Verantwortlichkeit
voraussetzt, dass das Rechenzentrum gegenüber der Bank im
gleichen Umfang für Schäden haftet wie die Bank
gegenüber den Bankkunden. Mangels Entscheidungserheblichkeit
kam es daher auf die insoweit von der Klägerin angeregte
Vorlage an den EuGH nicht an.
(5) Da
im Rahmen der durch das nationale Gericht vorzunehmenden
Gesamtwürdigung bereits die vorstehenden Umstände gegen
die Steuerfreiheit sprechen, kam es auf die weitergehende Frage, ob
ein eigenständiges Ganzes auch eine eigenständige
Vergütungsregelung voraussetzt und welche Anforderungen an
diese ggf. zu stellen sind (vgl. hierzu EuGH-Urteil SDC in Slg.
1997, I-3017, UR 1998, 64 = SIS 97 15 26 Randnrn. 10, 62, 64 und
66), nicht mehr an.
2. Die
weiteren Einwendungen der Revision führen zu keinem anderen
Ergebnis.
a)
Entgegen der Revisionsbegründung beschränkt sich die
Bedeutung des Grundsatzes der rechtssicheren, richtigen und
einfachen Anwendung der Steuerbefreiungen (EuGH-Urteil MKG in Slg.
2003, I-6729 = SIS 03 29 36 Randnr. 64) nicht darauf, dass für
die Steuerfreiheit eines Umsatzes auf dessen objektive Natur
abzustellen ist.
Dies zeigt sich bereits daran,
dass die Ziele der richtigen und einfachen Anwendung des
Gemeinschaftsrechts die Mitgliedstaaten sogar berechtigten,
Bedingungen für die Anwendung der Steuerbefreiungen nach Art.
13 Teil B der Richtlinie 77/388/EWG festzulegen. Selbst wenn im
Übrigen nur auf die objektive Natur der von der Klägerin
ausgeübten Tätigkeiten abzustellen wäre, könnte
im Streitfall die Steuerbefreiung im Hinblick auf die
Aufsplitterung in 145 aus 2.623 Einzelpositionen zu ermittelnden
Einzeltatbestände nicht richtig und einfach angewendet werden.
Insoweit kommt es nicht darauf an, ob eine abschließende
Beurteilung über die Natur des Umsatzes erst nach einem
finanzgerichtlichen Verfahren mit mehrjähriger Verfahrensdauer
getroffen wird, sondern ob die objektive Natur der jeweils
ausgeübten Tätigkeiten eine richtige und einfache
Anwendung der Befreiungstatbestände zulässt. Dies trifft
auf die von der Rechenzentrale gewählte Ausgestaltung ihrer
Leistungsbeziehungen—selbst unter Berücksichtigung der
umfangreichen Schriftsätze zu deren
Erläuterung—nicht zu. Zu beachten war insoweit auch,
dass denjenigen, der sich auf die Steuerbefreiung beruft, und damit
die Klägerin, die Feststellungslast trifft (BFH-Urteil vom
2.4.1998 V R 66/97, BFHE 185, 543, BStBl II 1998, 632 = SIS 98 19 41; BFH-Beschlüsse vom 22.2.2006 V B 30/05, BFH/NV 2006, 1168
= SIS 06 21 86, und vom 28.9.2007 V B 7/06, BFH/NV 2008, 122 = SIS 08 05 27).
b) Auch
die vom EuGH betonte Wahlfreiheit des Organisationsmodells
(EuGH-Urteil vom 21.6.2007 Rs. C-453/05, Ludwig, UR 2007, 617 = SIS 07 23 31 Randnr. 35) führt zu keinem anderen Ergebnis.
Denn die Ausübung dieser
Wahlfreiheit bei gleichzeitiger Steuerfreiheit der Leistung setzt
voraus, dass es sich bei der Leistung um ein eigenständiges
Ganzes handelt, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen
des Befreiungstatbestandes erfüllt (EuGH-Urteil Ludwig in UR
2007, 617 = SIS 07 23 31 Randnr. 36). Dies trifft auf die
streitigen Leistungen der Rechenzentrale nicht zu.
c) Im
Übrigen kann sich die Klägerin für die
Steuerfreiheit auch nicht auf die französische Sprachfassung
des EuGH-Urteils SDC in Slg. 1997, I-3017, UR 1998, 64 = SIS 97 15 26 stützen.
Die Klägerin meint, nach
der französischen Sprachfassung des EuGH-Urteils (SDC in Slg.
1997, I-3017, UR 1998, 64 = SIS 97 15 26 Randnr. 66) müssten
die Leistungen „un ensemble distinct“ bilden;
dies sei in der deutschen Fassung unzutreffend mit „ein
eigenständiges Ganzes“ übersetzt. Selbst wenn
es bei nach Auffassung der Klägerin zutreffender
Übersetzung auf „ein eindeutiges, sich von anderen
Handlungen deutlich abhebendes Ganzes“ ankäme,
führte dies zu keiner anderen Beurteilung, denn die von der
Klägerin genannten aus 2.623 Einzelpositionen zu ermittelnden
145 Einzelpositionen bilden aus den zuvor ausgeführten
Gründen kein „eindeutiges, sich von anderen
Handlungen deutlich abhebendes Ganzes“, das die
wesentlichen und spezifischen Funktionen jeweils einer der
betreffenden Finanzdienstleistungen erfüllt.
d)
Schließlich kam es auch nicht auf die von der Klägerin
gezogene Parallele zur Steuerbefreiung für Ärzte nach
§ 4 Nr. 14 UStG an, da diese nach eigenständigen
Grundsätzen, nicht aber nach der SDC-Rechtsprechung des EuGH
auszulegen ist.
3. Dem
Antrag der Klägerin im Schriftsatz vom 16.6.2008 auf
Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung war nicht
stattzugeben.
a) Nach
§§ 93 Abs. 3 Satz 2, 121 FGO kann das Gericht die
Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung
beschließen. Die Wiedereröffnung liegt
grundsätzlich im Ermessen des Gerichts
(„kann“), das sich auf Null reduziert, wenn
durch die Ablehnung einer Wiedereröffnung wesentliche
Prozessgrundsätze wie z.B. der Anspruch eines Beteiligten auf
rechtliches Gehör verletzt würde (BFH-Urteil vom 4.4.2001
XI R 60/00, BFHE 195, 9, BStBl II 2001, 726 = SIS 01 12 83;
BFH-Beschluss vom 7.7.2006 IV B 94/05, BFH/NV 2006, 2266 = SIS 06 44 86). Wenn sich ein Beteiligter in der mündlichen
Verhandlung auf überraschende Fragen oder Ausführungen
nicht sofort erklären kann, kann er die Einräumung einer
Frist beantragen, um die Erklärung durch Schriftsatz
nachzuholen (§ 155 der
Zivilprozessordnung—ZPO—i.V.m. § 283 ZPO). Eine
Wiedereröffnung kann deshalb geboten sein, wenn ein
Beteiligter in der mündlichen Verhandlung mit Hinweisen oder
Fragen des Gerichts überrascht wurde, zu denen er nicht sofort
Stellung nehmen konnte, und ihm das Gericht keine Möglichkeit
mehr zur Stellungnahme gegeben hat (BFH-Urteil in BFHE 195, 9,
BStBl II 2001, 726 = SIS 01 12 83).
b) Nach
diesen Grundsätzen war im Streitfall eine Wiedereröffnung
der mündlichen Verhandlung nicht geboten. Die Klägerin
hat vor Schluss der mündlichen Verhandlung am 12.6.2008 keine
weitere Schriftsatzfrist beantragt. Der Antrag vom 16.6.2008 gebot
keine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Der in
der mündlichen Verhandlung erfolgte Hinweis zum Grundsatz
einfacher, richtiger und rechtssicherer Anwendung der
Steuerbefreiungen nach dem EuGH-Urteil MKG in Slg. 2003, I-6729 war
nicht überraschend, da sich dieser Grundsatz zum einen bereits
aus dem Einleitungssatz von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der
Richtlinie 77/388/EWG und damit aus der Bestimmung, auf die sich
die Klägerin seit Beginn des finanzgerichtlichen Verfahrens
zur Geltendmachung ihres Klageanspruchs berufen hat, ergibt und zum
anderen das EuGH-Urteil MKG in Slg. 2003, I-6729 = SIS 03 29 36 zu
ebendieser Steuerbefreiung ergangen ist. Ebenso bedarf es im
Hinblick auf den in der mündlichen Verhandlung erfolgten
Hinweis zu den Bezeichnungen einzelner Positionen des
Leistungsverzeichnisses, auf das die Klägerin ihren Anspruch
auf Steuerfreiheit während des gesamten Verfahrens
gestützt hat, keiner Wiedereröffnung der mündlichen
Verhandlung.
Über den Antrag nach §§ 93 Abs.
3 Satz 2, 121 FGO konnte der Senat mit der Entscheidung zur
Hauptsache als Teil des Urteils entscheiden (vgl. BFH-Beschluss vom
28.2.1996 II R 61/95, BFHE 179, 245, BStBl II 1996, 318 = SIS 96 14 96).