Milcherzeugung durch Pächter: 1. Ob die Voraussetzungen einer selbständigen Bewirtschaftung für die Milcherzeugung gepachteter Produktionseinheiten vorliegen, ist aufgrund einer Würdigung des Gesamtbildes der Verhältnisse zu entscheiden, wobei die Gegebenheiten im Einzelfall zu gewichten und gegeneinander abzuwägen sind. Sind die Verhältnisse überwiegend durch Umstände geprägt, die für eine selbständige Bewirtschaftung von Produktionsmitteln typisch sind, kann dies rechtfertigen, den Betreffenden als Milcherzeuger anzusehen, auch wenn andere Merkmale der selbständigen Bewirtschaftung des Milcherzeugungsbetriebes fehlen. - 2. Wer sich darauf beruft, trotz äußerlich unveränderter tatsächlicher Verhältnisse sei die Milcherzeugereigenschaft von ihm auf einen Dritten infolge mit diesem abgeschlossener Verträge übergegangen, muss Existenz und Inhalt dieser Verträge nachweisen. - 3. Es ist zweifelhaft, ob ein Landwirt als Milcherzeuger angesehen werden kann, der von einem Milcherzeuger dessen Stall und Herde kurzzeitig pachtet und es diesem überlässt, die Milchwirtschaft wie in der neben der Pachtzeit verbleibenden Zeit des Milchwirtschaftsjahres nach seinem Bewirtschaftungskonzept fortzusetzen, ohne dass das wirtschaftliche Risiko der Milcherzeugung auf jenen Landwirt übergegangen ist. - Urt.; BFH 25.9.2007, VII R 28/06; SIS 08 00 22
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) ist Milcherzeuger. Er hat für einen Teil u.a.
der Milchwirtschaftsjahre 2001/02 und 2003/04 seinen Kuhstall und
seine sämtlichen Kühe an andere Landwirte verpachtet, ist
jedoch auch während der Pachtzeiten, angeblich aufgrund eines
Geschäftsbesorgungsvertrages mit den Pächtern, auf seinem
Hof tätig geblieben. Über die abgabenrechtliche
Behandlung der insoweit erzeugten Milchmengen streitet er mit dem
Beklagten und Revisionskläger (Hauptzollamt - HZA - ), der ihn
auch für die Pachtmonate als Milcherzeuger ansieht und wegen
Überschreitung seiner betrieblichen Referenzmenge für die
nach Ansicht des Klägers von den Pächtern erzeugten
Milchmengen Abgaben festgesetzt hat.
Der Kläger hatte im
Milchwirtschaftsjahr 2000/01 für seinen landwirtschaftlichen
Betrieb eine Milchreferenzmenge von 200.000 kg hinzugepachtet.
Für zwei folgende Milchwirtschaftsjahre schloss er mit zwei
Landwirten eine Reihe von Verträgen, durch die diese mit
abgabenrechtlicher Wirkung die Milcherzeugung auf dem Hof des
Klägers zeitweise übernehmen sollten.
Vertragspartner war zum einen der in dem
vom Betrieb des Klägers rd. 250 km entfernten X ansässige
Landwirt H, mit dem der Kläger für die Dauer von sieben
Jahren einen Nutzungsvertrag für die Überlassung eines
Boxenlaufstalls mit ca. 140 Kuhplätzen einschließlich
Melk- und Fütterungstechnik für den Dezember eines jeden
Jahres, einen Nutzungsvertrag über die Überlassung seiner
120 Milchkühe für dieselbe Zeit sowie einen Liefervertrag
über das Grundfutter für diese Kühe
abschloss.
Mit dem Landwirt J, der rd. 150 km vom
Betrieb des Klägers entfernt wohnt, schloss der Kläger
ebenfalls für die Dauer von sieben Jahren einen entsprechenden
Nutzungsvertrag für die Monate April, Mai und Juni eines jeden
Jahres und einen Futterliefervertrag.
Beide Landwirte betreiben auf ihrem eigenen
Hof keine Milchwirtschaft, sind jedoch Inhaber einer ungenutzten
Milchreferenzmenge. Die mit ihnen, wie der Kläger behauptet,
schriftlich abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsverträge
sind dem Finanzgericht (FG) trotz Aufforderung nicht vorgelegt
worden.
Das HZA hat gegen den Kläger aufgrund
dieses Sachverhaltes für das Milchwirtschaftsjahr 2001/02 eine
Abgabe von rd. 32.000 EUR und für das Jahr 2003/04 von rd.
66.000 EUR festgesetzt. Die hiergegen nach erfolglosem
Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte Erfolg (vgl. SIS 05 35 37). Das FG urteilte, es sei nicht hinreichend sicher zu erkennen,
dass der Kläger die Milchmengen seiner Pächter
erwirtschaftet habe. Erzeuger könne nämlich auch ein
Landwirt sein, der Milch in gepachteten Anlagen und durch
gepachtete Kühe erzeuge, sofern er die Produktionseinheiten
selbständig betreibe und eine klare Trennung der vom
Pächter und vom Verpächter jeweils ermolkenen Milchmengen
gewährleistet sei. So verhalte es sich im Streitfall. Die
wirksam abgeschlossenen Pacht- bzw.
Nutzungsüberlassungsverträge seien eine taugliche
Grundlage für einen selbständigen Betrieb der
Milchwirtschaft durch die Pächter. Es sei vom HZA nicht
substantiiert dargelegt, dass die Behauptung des Klägers
unrichtig sei, die Pächter hätten sich durch
gelegentliche Vorortkontrollen persönlich um die
Bewirtschaftung bemüht und hätten im persönlichen
Gespräch oder über die Telekommunikation Anweisungen
erteilt. Sicherlich erschwere die räumliche Entfernung
zwischen dem Wohnsitz der Pächter und der Hofstelle des
Klägers ein laufendes Einflussnehmen auf den Betrieb; die
Erzeugereigenschaft sei aber nicht davon abhängig, dass der
Landwirt die alleinige und volle Verfügungs- und
Dispositionsbefugnis über die zur Milcherzeugung
erforderlichen Produktionsmittel habe. Wichtig sei nur, dass die
Milch in Verantwortung der Pächter erzeugt werde, um die
administrative Kontrolle der Anwendung der
Milchgarantiemengenregelung zu gewährleisten. Die hieran
anknüpfenden Zweifel des HZA seien vor dem Hintergrund, dass
die Pächter den Kläger nach dessen Vortrag mit der
Geschäftsbesorgung beauftragt hätten, durchaus
berechtigt; dieser Umstand lasse jedoch nicht zuverlässig den
Schluss zu, dass der Kläger statt der Pächter
tatsächlich die Milchwirtschaft selbst betrieben habe. Denn es
sei grundsätzlich zulässig, dass ein Pächter
Hilfspersonen einsetze, und es sei auch nicht rechtlich
ausgeschlossen, dass der Verpächter selbst bei der
Bewirtschaftung helfe oder diese gar im Wesentlichen
übernehme. Entscheidend sei lediglich, dass die Hilfsperson
auf Weisung des Pächters und auf dessen wirtschaftliches
Risiko handele; dabei könnten die Weisungen auch genereller
Art sein. Übernehme der Pächter einen Betrieb und werde
dieser Betrieb nach seinen Vorstellungen geführt, könne
die generelle Weisung auch lauten, den Betrieb wie bisher
weiterlaufen zu lassen.
Die vorgelegten Verträge sprächen
im Streitfall dafür, dass das wirtschaftliche Risiko der
Milchwirtschaft von den Pächtern zu tragen gewesen sei. Ein
Geschäftsbesorgungsvertrag sei zwar trotz Ankündigung
nicht vorgelegt worden, dies schließe aber nicht aus, dass er
gleichwohl bestehe oder zumindest mündlich geschlossen worden
sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die
Revision des HZA.
Der Kläger legt im Einzelnen dar,
weshalb seiner Ansicht nach der Pächter das wirtschaftliche
Risiko der Milchwirtschaft übernommen habe. Er stützt
sich dabei u.a. auf die §§ 4 und 5 der angeblich
abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsverträge. Diese
Verträge seien wie die dem HZA aus zahlreichen
Parallelverfahren bekannten Verträge sämtlich von einem
gewissen S entworfen worden und enthielten im Wesentlichen
ähnliche oder gar identische Regelungen. Es stehe danach
entscheidend die Rechtsfrage zu Spruch, ob eine derartige
Vertragsgestaltung zum Übergang der Milcherzeugereigenschaft
führe. Dass im Einzelfall die Verträge von den Landwirten
nicht mehr vorgelegt werden könnten, komme immer wieder vor
und erlaube es nicht, sich mit den Vertragsinhalten nicht
auseinanderzusetzen.
II. Die Revision des HZA ist begründet
und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1
Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das Urteil des FG
verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Die vom FG bislang
getroffenen Feststellungen gestatten nicht den Schluss, dass der
Kläger nicht Erzeuger der Milch ist, die er den Pächtern
der zeitweilig auch von ihm selbst zur Milcherzeugung genutzten
Produktionsmittel (Kühe, Ställe, Melkeinrichtungen etc.)
zugerechnet wissen will.
1. Erzeuger im Sinne der hier noch
anzuwendenden Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 über die Erhebung
einer Zusatzabgabe im Milchsektor (Amtsblatt der Europäischen
Gemeinschaften Nr. L 405/1) ist nach deren Art. 9 Buchst. c der
Betriebsinhaber - sei dies eine natürliche oder juristische
Person oder eine Vereinigung natürlicher oder juristischer
Personen -, der einen Betrieb im geografischen Gebiet eines
Mitgliedstaats bewirtschaftet und der Milch oder Milcherzeugnisse
direkt an den Verbraucher verkauft oder an den Abnehmer
liefert.
Der Gerichtshof der Europäischen
Gemeinschaften (EuGH) hat dabei in seinem Urteil vom 15.1.1991 Rs.
C-341/89 - Ballmann - (EuGHE 1991, I-25) die Erzeugereigenschaft im
Sinne der Milchabgabenregelung jeder Person zugestanden, die einen
landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftet und die Milch oder
Milcherzeugnisse verkauft oder liefert; sie brauche nicht
Eigentümer der Anlagen zu sein, die sie für ihre
Produktion nutzt; erforderlich sei lediglich, dass sie die
Produktionseinheiten, zu deren Bewirtschaftung sie bestimmte
Anlagen gepachtet hat, selbständig betreibt. Der Senat hat im
Anschluss an dieses Urteil in seiner Entscheidung vom 12.3.1991 VII
R 116/88 (BFH/NV 1992, 141) hervorgehoben, selbst die Pacht nur
einzelner Kuhplätze in der Betriebseinheit eines anderen
Milcherzeugers unter gemeinsamer Nutzung der für die
Milcherzeugung notwendigen Betriebsvorrichtungen schließe die
Erzeugereigenschaft des Pächters und damit eine abgabenfreie
Milcherzeugung durch diesen nicht aus. Ebenso wenig stehe allein
eine kurze Dauer des Pachtvertrages der Annahme einer
selbständigen Nutzung der gepachteten Produktionsmittel durch
den Pächter entgegen (Urteil des Senats vom 23.1.1996 VII R
67/95, BFH/NV 1996, 654), wobei allerdings gerade bei kurzer
Pachtzeit die selbständige Bewirtschaftung fremder
Produktionsmittel durch einen Pächter von einer bloßen
Hilfstätigkeit für den Erzeuger zu unterscheiden sei
(vgl. Beschluss des Senats vom 4.12.2006 VII B 316/05, BFH/NV 2007,
843 = SIS 07 07 67, zur amtlichen Veröffentlichung
bestimmt).
Es schließt eine Erzeugereigenschaft
eines Landwirts und folglich auch eines Pächters
landwirtschaftlicher Produktionseinheiten ferner nicht aus, wenn er
zu den für die Bewirtschaftung erforderlichen praktischen
Tätigkeiten Hilfskräfte hinzuzieht. Entscheidend ist
allein, dass die Milch mit Hilfe von Produktionseinheiten erzeugt
wird, die von dem Inhaber der Referenzmenge
„selbständig“ bewirtschaftet werden, deren
Bewirtschaftung also unter seiner Leitung und Verantwortung steht
(vgl. Urteile des Senats in BFH/NV 1996, 654, und vom 6.3.2001 VII
R 5/00, BFHE 194, 561 = SIS 01 11 47), was, wie sich begreift, in
dem Maße genauer Prüfung bedarf, in dem der angebliche
Erzeuger landwirtschaftliche Verrichtungen in seinem Betrieb,
dessen kaufmännische Betreuung oder dergleichen Dritten
überlässt. Zu einer
„selbständigen“ Bewirtschaftung gepachteter
Produktionseinheiten gehört nämlich, dass der
Pächter die Dispositionsbefugnis über diese innehat und
die fachliche Verantwortung für die Bewirtschaftung trägt
sowie, dass sich Erfolg und Misserfolg dieser Tätigkeit
wirtschaftlich bei ihm auswirken, er also das Unternehmerrisiko
trägt (vgl. Senatsbeschluss vom 9.1.2007 VII B 210/05, BFH/NV
2007, 1216 = SIS 07 16 46).
Ob diese Voraussetzungen einer
selbständigen Bewirtschaftung gepachteter Produktionseinheiten
vorliegen, ist aufgrund einer Würdigung des Gesamtbildes der
Verhältnisse zu entscheiden (vgl. Senatsbeschlüsse in
BFH/NV 2007, 1216 = SIS 07 16 46, und in BFH/NV 2007, 843 = SIS 07 07 67). Denn der Begriff des Erzeugers lässt sich nicht durch
Aufzählung feststehender Merkmale abschließend
bestimmen; es handelt sich nicht um einen tatbestandlich scharf
umrissenen Begriff, der durch eine bestimmte Zahl hinreichender
Merkmale ausreichend beschrieben werden kann. Ob jemand eine
Tätigkeit „selbständig“ ausübt,
ist vielmehr anhand einer Vielzahl in Betracht kommender Kriterien
nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen, wobei die
Gegebenheiten im konkreten Einzelfall zu gewichten und
gegeneinander abzuwägen sind (vgl. zu der vergleichbaren
Problematik im Einkommensteuerrecht Urteile des Bundesfinanzhofs -
BFH - vom 23.10.1992 VI R 59/91, BFHE 170, 48, BStBl II 1993, 303 =
SIS 93 09 33; vom 23.4.1997 VI R 12/96, VI R 99/96, BFH/NV 1997,
656 = SIS 97 20 50; vom 7.11.2006 VI R 81/02, BFH/NV 2007, 426 =
SIS 07 06 80; vom 14.6.2007 VI R 5/06, BFH/NV 2007, 1977 = SIS 07 29 06, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt; BFH-Beschluss
vom 9.11.2004 VI B 150/03, BFH/NV 2005, 347 = SIS 05 12 37). Denn
eine selbständige Milcherzeugung kennzeichnenden Merkmalen ist
nämlich eigen, das grundsätzlich keines von ihnen
für sich allein den Schluss gestattet, der Betreffende sei
selbständig und eigenverantwortlich tätig, so wie
grundsätzlich keines dieser Merkmale, wenn es fehlt, diesen
Schluss von vornherein ausschließt. Sind jedoch die
Verhältnisse des einzelnen Falles überwiegend durch
Umstände geprägt, die für eine selbständige
Bewirtschaftung von Produktionsmitteln für die Milcherzeugung
typisch sind (etwa: Verrichtung der für die Betreuung der
Kuhherde erforderlichen Arbeiten durch Einsatz der eigenen
Arbeitskraft oder mit Hilfe dafür selbst eingestellter
Arbeitskräfte, eigenständige Entscheidung über die
dafür erforderlichen Maßnahmen der Fütterung, der
tierärztlichen Vorsorge und ggf. Behandlung, Fortführung
des eigenen, schon bisher zugrunde gelegten
„Bewirtschaftungskonzepts“ und dergleichen),
kann dies rechtfertigen, den Betreffenden als Milcherzeuger
anzusehen, auch wenn andere Merkmale - wie im Streitfall etwa: das
volle wirtschaftliche Risiko der Bewirtschaftung des
Milcherzeugungsbetriebes - fehlen.
Eine solche Aufgabe der Würdigung des
Einzelfalls nach dem Gesamtbild der Verhältnisse obliegt nach
der Rechtsprechung des BFH (vgl. statt aller BFH-Urteil in BFH/NV
2007, 1977 = SIS 07 29 06) im Wesentlichen, da weitgehend auf
tatsächlichem Gebiet gelegen, dem FG als Tatrichter; seine
Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse ist
revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbar. Allerdings
ist sie nicht jeder revisionsrechtlichen Überprüfung
entzogen. Das FG ist nämlich insbesondere wenn es um die
Anwendung solcher „offenen“ Begriffe wie der
Selbständigkeit und Eigenverantwortung geht, bei der
Feststellung und Gewichtung der entscheidungserheblichen Tatsachen
und Beweisergebnisse zwar keinen starren Regeln unterworfen. Es
muss aber seine subjektive Überzeugung objektivieren (vgl.
BFH-Beschluss vom 13.3.1997 I B 78/96, BFH/NV 1997, 772) und
Beweiswürdigungsregeln beachten, die der Lebenserfahrung
Rechnung tragen. Seine subjektive Gewissheit vom Vorliegen eines
entscheidungserheblichen Sachverhaltes ist nur dann ausreichend und
für das Revisionsgericht bindend, wenn sie auf einer
logischen, verstandesmäßig einsichtigen
Beweiswürdigung beruht, deren nachvollziehbare Folgerungen den
Denkgesetzen und allgemein anerkannten Erfahrungssätzen
entsprechen und von den festgestellten Tatsachen getragen werden.
Fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die
Folgerungen in der tatrichterlichen Entscheidung oder fehlt die
nachvollziehbare Ableitung dieser Folgerungen aus den
festgestellten Tatsachen und Umständen, so liegt ein
Verstoß gegen die Denkgesetze vor, der als Fehler der
Rechtsanwendung vom Revisionsgericht beanstandet werden kann
(BFH-Urteil vom 2.12.2004 III R 49/03, BFHE 208, 531, BStBl II
2005, 483 = SIS 05 16 99).
2. Die vom FG im Streitfall vorgenommene
Würdigung der festgestellten Tatsachen ist auch unter
Berücksichtigung dieses eingeschränkten
Prüfungsmaßstabes zu beanstanden. Denn es ist nicht
nachvollziehbar und mit der Lebenserfahrung entsprechenden
Beweiswürdigungsregeln nicht vereinbar, dass das FG aufgrund
der von ihm bislang festgestellten Tatsachen die Pächter und
nicht den Kläger als Erzeuger der streitigen Milchmengen
angesehen hat.
Beide Pächter unterhielten ihren eigenen
landwirtschaftlichen Betrieb und wohnten so weit von dem
gepachteten Betrieb entfernt, dass vernünftigerweise
auszuschließen ist, dass sie sich von dem Gedeihen der
gepachteten Kuhherde und einer ihren Anweisungen entsprechenden
Erledigung der für deren Pflege, das Melken, die Ablieferung
der Milch etc. erforderlichen Verrichtungen durch eigene Anschauung
und diesbezügliche Kontrollen vor Ort ein Bild verschafft
haben. In welcher Weise, in welchem Umfang und zu welchen
Zeitpunkten dies überhaupt geschehen ist, hat das FG nicht im
Einzelnen festgestellt; es steht für sich, dass dazu auch
nicht einmal substantiiert vorgetragen worden ist. Es genügt
aber nicht dem vorgenannten Nachvollziehbarkeitsgebot, wenn sich
das FG stattdessen mit der allgemeinen Behauptung zufrieden gegeben
hat, eine solche Kontrolle sei „gelegentlich“
vor Ort und „mit Mitteln der Telekommunikation“
erfolgt. Dabei geht es anders als das FG meint nicht darum, dass
sich ein Betriebsinhaber „um jedes Detail“ der
Bewirtschaftung seines Hofes selbst kümmern müsste, wohl
aber darum, dass er sich laufend zumindest von der Befolgung seiner
Anweisungen sowie von dem Gedeihen seiner Herde aufgrund der diesen
Anweisungen entsprechenden tierpflegerischen Maßnahmen
überzeugen und auf Störungen des Wohlbefindens der Tiere,
eine Verminderung ihrer Milchleistung, etwaige Krankheiten und
dergleichen mehr jederzeit reagieren können muss, was in der
Regel seine mehr als „gelegentliche“
persönliche Anwesenheit auf dem Hof verlangt. Eine solche
unmittelbare Einflussnahme auf den Betrieb ist zwar, wie sich aus
dem zur Anwendung von Typbegriffen oben Ausgeführten ergibt,
kein schlechthin zwingendes Kriterium für die Anerkennung
einer Milcherzeugereigenschaft; sie ist indes unter den hier
gegebenen Verhältnissen eines im Wesentlichen in
traditioneller Weise von einem Landwirt - sei dies nun der
Kläger oder einer der Pächter - persönlich
geführten Betriebes typisch, so dass es, fehlt eine solche
unmittelbare Einflussnahmemöglichkeit, nur dann in Betracht
kommt, den Pächter gleichwohl als Milcherzeuger anzuerkennen,
wenn dieser Mangel durch andere prägende Merkmale einer
selbständigen Milcherzeugung des Betreffenden aufgewogen wird.
Wie die Milcherzeugereigenschaft bei einer juristischen Person oder
unter Verhältnissen zu beurteilen ist, die z.B. durch einen im
Erbgang erworbenen Besitz unter Umständen großer
Ländereien oder Ähnliches gekennzeichnet sind, bedarf in
diesem Verfahren keiner Erörterung, auch wenn die
Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen
Verhandlung an sich mit Recht darauf hingewiesen hat, dass unter
solchen (hier indes nicht gegebenen) Umständen auf das Merkmal
persönlicher unmittelbarer Einflussnahme und Kontrolle
über den Milcherzeugungsbetrieb nicht abgestellt werden
könnte.
Die Ansicht des FG, nicht der Kläger,
sondern die beiden Pächter seien in dem fraglichen Umfang
Erzeuger der Milch gewesen, vermag den erkennenden Senat ferner
auch deshalb nicht nach § 118 Abs. 2 FGO zu binden, weil sie
auf einer in mehrerer Hinsicht lückenhaften und unzureichenden
Würdigung der feststehenden Tatsachen beruht. So bestanden
unstreitig Verträge über die Lieferung von Futter, welche
die Entscheidungsbefugnis über die Futterzusammensetzung sowie
Art und Weise der Fütterung und alle damit im Zusammenhang
stehenden Risiken ausschließlich in die Hand des Klägers
legten. Auch wenn dies ebenfalls eine Erzeugerstellung der
Pächter nicht von vornherein ausschließt, bedurfte
dieser Umstand im Zusammenhang mit den folgenden weiteren
Überlegungen der tatrichterlichen Würdigung, die das FG
indessen unterlassen oder zumindest nicht in
überprüfbarer Weise dargestellt hat. Zu diesen bei einer
rechtlich haltbaren Beurteilung des Gesamtbildes der
Verhältnisse zu berücksichtigenden Umständen
gehört es, dass - worauf das HZA mit Recht hingewiesen hat -
der Kläger das Risiko auch außergewöhnlich hoher
Kosten für die tierärztliche Versorgung der Herde zu
tragen hatte - denn die diesbezüglichen Kosten sollten durch
den Pachtzins abgegolten sein -, dass der Kläger und nicht nur
die Pächter eine Besamung von Kühen veranlassen durften,
dass er den Nutzen von Zuwächsen der Herde tragen sollte und
dass die Pächter auch gegen ein wesentliches Nachlassen der
Milchleistung der gepachteten Herde ebenso wie gegen den Ausfall
von Tieren geschützt waren; wenn auch, wie nochmals
hervorgehoben werden mag, keiner dieser Umstände für sich
genommen die Erzeugerstellung der Pächter schlechthin
ausschließt, bedürfen sie doch in der Gesamtheit einer
Bewertung, die dem Urteil des FG nicht nachvollziehbar zu entnehmen
ist.
Es fehlt im Übrigen auch eine
Auseinandersetzung mit der Frage der Glaubwürdigkeit des
Klägers unter Einbeziehung z.B. der zumindest
überraschenden Behauptung, Unstimmigkeiten hinsichtlich der
Abwicklung der geschlossenen Verträge erklärten sich aus
nicht sorgfältig verbuchten Barzahlungen, sowie der
unterbliebenen Ummeldung der Herde auf die Pächter, die, wie
das FG meint, eine „aus Vereinfachungsgründen
erfolgte Nachlässigkeit“ erklären können
soll.
Vor allem aber fehlt eine Würdigung der
Vereinbarungen, die über die Betreuung der Kuhherde zwischen
dem Kläger und den Pächtern getroffen worden sind und
die, wie der Kläger sinngemäß behauptet und was in
der Tat ein für die Milcherzeugereigenschaft der Pächter
wesentlicher Gesichtspunkt wäre, die verantwortliche Leitung
des Milcherzeugungsbetriebes durch die Pächter unbeschadet
dessen erkennen lassen müssten, dass der Kläger wie eh
und je die auf dem Hof zu verrichtenden Arbeiten offenbar im
Wesentlichen eigenständig erledigen sollte und erledigt hat.
Ohne Kenntnis und genaue Prüfung dieser Vereinbarungen ist
aber, wie auf der Hand liegt, die erforderliche Würdigung des
„Gesamtbildes der Verhältnisse“ nicht
durchzuführen, weil, wie eingangs erwähnt, die
Selbständigkeit der Bewirtschaftung eines Betriebes
insbesondere dann umfassender Prüfung bedarf, wenn der
angebliche Milcherzeuger die landwirtschaftlichen Verrichtungen in
dem Betrieb, dessen kaufmännische Betreuung oder dergleichen
Dritten überlässt, und zwar zumal dann, wenn es sich bei
jenem Dritten um den bisherigen Milcherzeuger handelt, in dem
Betrieb also gleichsam äußerlich alles beim Alten
bleibt.
Welche vertraglichen Vereinbarungen zwischen
den Pächtern und dem Kläger sowie etwaigen weiteren
Hilfskräften bestanden haben, hat das FG indes nicht
festgestellt. Dass diesbezügliche Feststellungen nicht
aufgrund der Vorlage eines „Mustervertrages“
entbehrlich sind, bei dem offen ist, ob er überhaupt im
Streitfall und ggf. mit welchen Änderungen und
Ergänzungen abgeschlossen und ob er durchgeführt worden
ist, versteht sich von selbst. Es genügt nicht dem
vorgenannten Nachvollziehbarkeitsgebot, wenn sich das FG mit der
Behauptung zufrieden gegeben hat, ein diesbezüglicher
Geschäftsbesorgungsvertrag sei zwischen den Pächtern und
dem Kläger geschlossen worden - wobei für sich steht,
dass das FG offenlassen wollte, ob dies mündlich oder, wie der
Kläger, der es wissen müsste, selbst behauptet hat,
schriftlich geschehen ist und was im letzteren Fall den Kläger
daran hindert, den Vertrag vorzulegen. Es ist ebenso wenig
revisionsrechtlich hinnehmbar, wenn das FG überdies ohne
nähere Prüfung unterstellt, dass der angeblich
geschlossene Geschäftsbesorgungsvertrag einen Inhalt hatte,
der mit der behaupteten Leitungsfunktion der Pächter und ihrer
angeblichen umfassenden wirtschaftlichen und betrieblichen
Verantwortung für den Pachtbetrieb vereinbar ist, und dass er
auch tatsächlich durchgeführt worden ist. Vielmehr kann
weder von der tatsächlichen Durchführung der Regelungen
des Vertrages ohne weiteres ausgegangen werden noch konnte ohne
weiteres von einem der angeblichen Erzeugerschaft der Pächter
nicht abträglichen Vertragsinhalt ausgegangen werden.
Zwar liegt die Feststellungslast für die
Erzeugereigenschaft des Klägers als Abgabeschuldner
grundsätzlich beim HZA. Wer sich jedoch darauf beruft, trotz
äußerlich unveränderter tatsächlicher
Verhältnisse sei die Milcherzeugereigenschaft von ihm auf
einen Dritten infolge mit diesem abgeschlossener Verträge
übergegangen, muss Existenz und Inhalt dieser Verträge
nachweisen, wozu mitunter sogar die Vorlage schriftlich fixierter
Vereinbarungen erforderlich sein kann, wenn anders Behörde
oder Gericht die erforderliche Überzeugung von Existenz und
Inhalt solcher Verträge nicht zu gewinnen vermögen. Das
gilt umso mehr, als es sich um Vorgänge handelt, die in der
Sphäre des Milcherzeugers liegen. Es obliegt deshalb nicht
etwa, wie das FG anzunehmen scheint, dem HZA, dem Kläger
nachzuweisen, dass solche Verträge nicht geschlossen worden
sind oder dass sie einen der Erzeugereigenschaft der Pächter
abträglichen Inhalt hatten, weshalb die Folgen der
Unerweislichkeit des Abschlusses oder maßgeblichen Inhalts
dieser Verträge zu Lasten des Klägers gehen
müssen.
Wenn es auch folglich die Mitwirkungspflicht
des Klägers geboten hätte, dem FG die
Geschäftsbesorgungsverträge vorzulegen, wie dem
Kläger durch richterliche Verfügung ausdrücklich
aufgegeben worden ist, oder, wenn er dazu nicht (mehr) in der Lage
gewesen sein sollte, die Hinderungsgründe substantiiert und
schlüssig darzulegen und nach dem Gedächtnis den genauen
Inhalt der Verträge darzustellen, hätte sich das FG
nicht, nachdem der Kläger dies unterlassen hat, damit
begnügen dürfen, Mutmaßungen über die Existenz
der Verträge anzustellen und auf die Würdigung ihres
Inhalts gänzlich zu verzichten. Dass eine
„Beauftragung“ mit der
„Geschäftsbesorgung“ - was immer darunter
genau zu verstehen sein mag -, wie das FG ausführt,
„nicht zuverlässig den Schluss zulässt, dass der
Kläger statt der Pächter tatsächlich die
Milchwirtschaft betrieben hat“, macht es nicht
entbehrlich, die diesbezüglichen Vereinbarungen in die
rechtliche Würdigung einzubeziehen.
3. Die Sache ist nicht spruchreif (§ 126
Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Sie muss zurück an das FG gehen,
welches zunächst zu prüfen hat, ob überhaupt mit den
Pächtern Geschäftsbesorgungsverträge abgeschlossen
worden sind. Ferner ob diese einen mit der geltend gemachten
Erzeugerstellung der Pächter zu vereinbarenden Inhalt haben
und ob sie tatsächlich durchgeführt worden sind; denn
anderenfalls müsste die Klage schon deshalb abgewiesen
werden.
Es hätte dem FG oblegen, sich insofern um
eine weitere Aufklärung des Sachverhalts zu bemühen, etwa
durch Vernehmung der Pächter als Zeugen und ggf. Vernehmung
des Klägers als Beteiligten. Denn nach § 76 Abs. 1 Satz 1
FGO ist der entscheidungserhebliche Sachverhalt von Amts wegen zu
erforschen. Diese Pflicht entfällt selbst dann nicht ohne
weiteres, wenn ein Kläger seine Mitwirkungspflicht verletzt
(vgl. BFH-Urteil vom 15.2.1989 X R 16/86, BFHE 156, 38, BStBl II
1989, 462 = SIS 89 15 53; Gräber/Stapperfend,
Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 76 Rz 50, mit zahlreichen
Nachweisen). Nach den insoweit maßgeblichen konkreten
Umständen, wie sie im Zeitpunkt des Schlusses der
mündlichen Verhandlung vorlagen, hätte es das FG im
Streitfall nach Ansicht des erkennenden Senats unternehmen
müssen, aufzuklären, weshalb der Kläger trotz
gerichtlicher Aufforderung, vor allem aber seiner eigenen
Ankündigung den angeblich schriftlich geschlossenen
Geschäftsbesorgungsvertrag in der mündlichen Verhandlung
nicht vorlegt hat und welchen Inhalt dieser Vertrag gehabt haben
soll. Überdies lässt sich angesichts der Begründung
des FG-Urteils nicht ausschließen, dass dem Kläger eine
Verletzung seiner Mitwirkungspflicht deshalb nicht vorzuwerfen ist,
weil er nach dem Verlauf der mündlichen Verhandlung davon
ausgehen konnte, dass das FG es nicht (mehr) für
entscheidungserheblich halte, dass er zur Überzeugung des
Gerichts nachweise, dass ein solcher Vertrag geschlossen und
durchgeführt worden ist und welchen genauen Inhalt er
hatte.
Diese für die Beurteilung der
Milcherzeugereigenschaft des Klägers bzw. der Pächter
unverzichtbaren Ermittlungen sind daher im zweiten Rechtsgang
nachzuholen.
4. Sollte das FG nach dem Ergebnis dieser
weiteren Sachaufklärung zu der Überzeugung gelangen, dass
der Abschluss und die tatsächliche Durchführung von
Geschäftsbesorgungsverträgen erwiesen ist, stellt sich
die Rechtsfrage, ob unter den festgestellten näheren
Umständen des Streitfalles und des Inhalts der Verträge
der Verpächter oder der Pächter Erzeuger der Milch
ist.
Der erkennende Senat sieht keinen Anlass,
dieser Frage beim gegenwärtigen Stand des Verfahrens
näher zu treten oder in dieser Hinsicht für den zweiten
Rechtsgang gemäß § 126 Abs. 5 FGO rechtliche
Maßstäbe aufzustellen. Er hält allerdings für
zweifelhaft, ob ein Landwirt als Milcherzeuger angesehen werden
kann, der von einem Milcherzeuger dessen Stall und Herde kurzzeitig
pachtet und es dem bisherigen Erzeuger überlässt, die
Milchwirtschaft wie in der neben der Pachtzeit verbleibenden Zeit
des Milchwirtschaftsjahres nach seinem Bewirtschaftungskonzept
fortzusetzen, ohne dass das wirtschaftliche Risiko der
Milcherzeugung auf eine andere Person übergegangen ist.
Dies zu entscheiden und ggf. dem EuGH
gemäß Art. 234 des Vertrages zur Gründung der
Europäischen Gemeinschaft Fragen vorzulegen, die hierzu einer
Beantwortung bedürfen, kann jedoch ebenso dem zweiten
Rechtsgang vorbehalten bleiben, wie die Klärung der vom HZA
aufgeworfenen weiteren Frage, ob ein Referenzmengeninhaber, der
bisher keine Milch erzeugt hat, bei kurzzeitiger Pacht eines
Milchwirtschaftsbetriebes überhaupt jemals Milcherzeuger
werden kann, mithin die Milcherzeugung nicht nachhaltig betrieben
werden muss, um abgaberechtlich anerkannt werden zu
können.