Grundstückskauf, Abwehr von Ansprüchen nach AnfG: Aufwendungen eines Grundstückserwerbers zur Befriedigung eines den Kaufvertrag nach § 3 Abs. 2 AnfG anfechtenden Gläubigers gehören zu den nachträglichen Anschaffungskosten für das Grundstück. - Urt.; BFH 17.4.2007, IX R 56/06; SIS 07 36 28
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) erwarb im Dezember 1998 von seinem Vater ein
Grundstück gegen Übernahme von Verbindlichkeiten in
Höhe von 106.200 DM; die Anschaffungsnebenkosten betrugen 955
DM. Für die Eltern des Klägers wurde ein Wohnungsrecht an
zwei Räumen des auf dem Grundstück befindlichen
Wohnhauses im Grundbuch eingetragen.
Für den Veranlagungszeitraum 2001
machte der Kläger im Zusammenhang mit seinen Einkünften
aus der Vermietung des Hausgrundstücks neben sonstigen
Erhaltungsaufwendungen Absetzung für Abnutzung (AfA) auf
nachträgliche Anschaffungskosten in Höhe von 221.288,81
DM geltend. Zu einer entsprechenden Zahlung war er durch das
Landgericht X auf die Klage eines Gläubigers verurteilt
worden, der den Grundstückskaufvertrag nach § 3 Abs. 2
des Anfechtungsgesetzes (AnfG) wegen Gläubigerbenachteiligung
angefochten hatte. Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) lehnte die Berücksichtigung der AfA ab,
erkannte aber das bis dahin streitige Mietverhältnis des
Klägers mit seinen Eltern im Einspruchsverfahren gegen den
Einkommensteuerbescheid für 2001 an. Daraufhin sah der
Kläger seinen Einspruch mit Blick auf die
Berücksichtigung der sonstigen Erhaltungsaufwendungen als
erledigt an.
Nach den Feststellungen des Finanzgerichts
(FG) wurde das Wohnrecht der Eltern in der Folgezeit im Grundbuch
gelöscht und nach Renovierungsmaßnahmen eine Wohnung des
erworbenen Hausgrundstücks an die Eltern vermietet. Einen
weiteren Teil des Objekts vermietete der Kläger Ende 2001 an
seinen Bruder; der Kläger selbst nutzte weiterhin eine
Wohnfläche von 75 qm zu eigenen Wohnzwecken.
Für die Streitjahre 2002 und 2003
machte der Kläger u.a. erneut AfA auf nachträgliche
Anschaffungskosten in Höhe von 221.288,81 DM sowie die damit
im Zusammenhang stehenden Finanzierungskosten als Werbungskosten
bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend.
Dies lehnte das FA ab. Der dagegen nach erfolglosem
Einspruchsverfahren erhobenen Klage gab das FG statt (vgl. SIS 07 18 71); die streitigen Aufwendungen seien - ebenso wie solche zur
Löschung dinglicher Belastungen eines Grundstücks -
Anschaffungskosten, weil sie die uneingeschränkte
Verfügungsmacht des Eigentümers über das
anfechtungsbelastete Grundstück herstellten.
Dagegen richtet sich die Revision des FA,
mit der Verletzung materiellen Rechts gerügt wird. Die
streitigen Zahlungen dienten allein der Abwehr einer Gefahr
für das eigene Vermögen und damit der privaten
Vermögensebene; sie seien mangels Zusammenhang mit der
Einkünfteerzielung nicht als Werbungskosten abziehbar.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
Zu Recht hat das FG die Zahlungen des
Klägers aufgrund der Anfechtung des Kaufvertrags durch einen
Gläubiger seines Vaters nach § 3 Abs. 2 AnfG als
nachträgliche Anschaffungskosten für das vom Vater
erworbene Grundstück angesehen und im Rahmen der AfA bei den
Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung
berücksichtigt.
1.
Anschaffungskosten, zu denen auch die Übernahme von
Verbindlichkeiten des Veräußerers gehört (vgl.
Bundesfinanzhofs - BFH -, Urteil vom 6.9.2006 IX R 25/06, BFH/NV
2007, 313 = SIS 07 00 14, m.w.N), sind nach § 255 Abs. 1 des
Handelsgesetzbuchs diejenigen Aufwendungen, die geleistet werden,
um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen
betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Erwerben bedeutet nach der
Rechtsprechung des BFH das Überführen eines Gegenstandes
von der fremden in die eigene wirtschaftliche Verfügungsmacht
(Beschluss des Großen Senats vom 22.8.1966 GrS 2/66, BFHE 86,
792, 794 f. = SIS 66 04 38, BStBl III 1966, 672 = SIS 66 04 38;
Urteil vom 2.9.1988 III R 53/84, BFHE 154, 413, 416, BStBl II 1988,
1009 = SIS 89 04 31).
In diesem Sinne
angeschafft - mit der Folge anzuerkennender weiterer
(nachträglicher) Anschaffungskosten - wird ein Grundstück
nach der Rechtsprechung des BFH auch dann, wenn der Eigentümer
eines Grundstücks das daran bestehende dingliche Nutzungsrecht
eines Dritten wie z.B. ein Erbbaurecht (Urteil vom 21.12.1982 VIII
R 215/78, BFHE 138, 44, BStBl II 1983, 410 = SIS 83 08 09), einen
Vermächtnisnießbrauch (Urteil vom 26.6.1991 XI R 4/85,
BFH/NV 1991, 681) oder ein Wohnungsrecht (Urteil vom 21.7.1992 IX R
14/89, BFHE 169, 313, BStBl II 1993, 484 = SIS 93 03 09, m.w.N)
ablöst, um die insoweit bestehende Beschränkung seiner
Eigentümerbefugnis i.S. von § 903 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs (BGB) zu beseitigen (Urteil vom 15.12.1992 IX R 323/87,
BFHE 169, 386, BStBl II 1993, 488 = SIS 93 03 10).
2. Nach diesen
Grundsätzen hat das FG zu Recht die Aufwendungen des
Klägers als nachträgliche Anschaffungskosten
berücksichtigt.
a) Dem stehen die
vom FA in Bezug genommenen Entscheidungen des BFH ersichtlich nicht
entgegen. Vielmehr hat der BFH sowohl für Zahlungen des
Erwerbers nach unentgeltlichem Erwerb aufgrund von
Rückforderungsansprüchen des Schenkers nach § 528
BGB (Urteil vom 19.12.2000 IX R 66/97, BFH/NV 2001, 769 = SIS 01 65 81) als auch für die Erfüllung von - im Streitfall
betroffenen - Ansprüchen nach § 11 AnfG 1999 (so schon
zur früheren Fassung des Anfechtungsgesetzes Urteil vom
9.9.1997 IX R 75/94, BFH/NV 1998, 310) lediglich die
Berücksichtigung entsprechender Aufwendungen als sofort
abziehbare Werbungskosten abgelehnt. Ausdrücklich
offengelassen hat er indessen, ob diese Aufwendungen als
Anschaffungskosten im Rahmen der AfA anzusetzen sind.
b) Diese - im
Streitfall entscheidungserhebliche - Frage ist mit der Vorinstanz
für Aufwendungen des Erwerbers aufgrund einer
Gläubigeranfechtung nach § 3 Abs. 2 AnfG zu bejahen. Dies
ergibt sich unmittelbar aufgrund der Anfechtung nach Maßgabe
des § 11 AnfG 1999. Danach muss sich der Erwerber aufgrund
einer (erfolgreichen) Gläubigeranfechtung gemäß
§ 3 Abs. 2 AnfG so behandeln lassen, als gehöre der durch
die angefochtene Rechtshandlung erlangte Gegenstand noch zum
Vermögen des Schuldners; infolgedessen muss er bei
Unmöglichkeit der Herausgabe unter bestimmten Voraussetzungen
Wertersatz leisten (vgl. BFH-Urteil vom 15.10.1996 VII R 35/96,
BFHE 181, 268, BStBl II 1997, 17 = SIS 97 06 73; Jatzke in
Beermann/Gosch, AO § 191 Rz 16; Boeker in
Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 191 AO Rz 204).
Die
Anfechtungstatbestände und die daraus folgenden Ansprüche
schränken damit den Inhalt des vom Anfechtungsgegner
erworbenen Eigentums - in verfassungsrechtlich zulässiger
Weise - ein (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom
14.5.1991 1 BvR 502/91, NJW 1991, 2695; BFH-Beschluss vom 7.2.2002
VII B 14/01, BFH/NV 2002, 757 = SIS 02 67 06). Infolgedessen dienen
die Zahlungen zur Beseitigung dieser Eigentumseinschränkungen
ebenso dem Vollerwerb der Eigentümerstellung nach § 903
BGB wie entsprechende Zahlungen zur Ablösung dinglicher
Belastungen und sind deshalb wie solche Ablösezahlungen (vgl.
BFH-Urteil in BFHE 169, 386, BStBl II
1993, 488 = SIS 93 03 10) als nachträgliche Anschaffungskosten
im Rahmen der AfA bei den Werbungskosten der streitigen
Vermietungseinkünfte zu berücksichtigen.