Gewerbesteuer, Kürzung, nicht abziehbare Ausgaben: Die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen ist nicht gemäß § 9 Nr. 2 a Satz 1 GewStG 2002 um die gemäß § 8 b Abs. 5 KStG 2002 nicht abziehbaren Betriebsausgaben in Höhe von 5 v.H. der nach § 8 b Abs. 1 KStG 2002 steuerfreien Bezüge zu kürzen. - Urt.; BFH 10.1.2007, I R 53/06; SIS 07 19 52
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin), eine GmbH, war im Streitjahr 2004 hälftig an
einer anderen GmbH beteiligt. Die von dieser im Streitjahr
ausgeschüttete Dividende blieb gemäß § 8b Abs.
1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 2002) steuerfrei; 5
v.H. der Dividende wurden allerdings nach § 8b Abs. 5 KStG
2002 pauschal als nicht abziehbare Betriebsausgabe der
Klägerin behandelt. Die Klägerin beanspruchte bei der
Ermittlung des Gewerbeertrages in Höhe dieses Vomhundertsatzes
die Kürzung gemäß § 9 Nr. 2a des
Gewerbesteuergesetzes (GewStG 2002).
Das seinerzeit zuständige Finanzamt
Rosenheim (FA R) lehnte das ab. Über den Einspruch vom
1.8.2005 gegen den Gewerbesteuermessbescheid ist noch nicht
entschieden; das FA R hat seinen Rechtsstandpunkt lediglich
schriftsätzlich wiederholt. Die daraufhin am 29.11.2005
erhobene Anfechtungsklage war erfolgreich. Das Finanzgericht (FG)
München, Außensenate Augsburg, behandelte sie als
zulässige Untätigkeitsklage, die auch begründet sei.
Das Urteil vom 29.6.2006 6 K 4418/05 ist in EFG 2006, 1534 = SIS 06 36 59 veröffentlicht.
Seine Revision stützt der
(zwischenzeitlich zuständig gewordene, vgl. bayerische
Verordnung über Organisation und Zuständigkeiten in der
Bayerischen Steuerverwaltung vom 1.12.2005, BStBl I 2006, 167) und
im Wege des gesetzlichen Beteiligtenwechsels in das Verfahren
eingetretene Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA
- ) auf Verletzung materiellen Rechts.
Er beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und
die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt
sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur
Klageabweisung.
1. Das FG hat die als
„verfrühte“ Untätigkeitsklage
gemäß § 46 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erhobene
Anfechtungsklage trotz des fehlenden behördlichen
Vorverfahrens zu Recht als zulässig angesehen. Die vorzeitig
erhobene Klage ist insoweit nach Ablauf der in § 46 FGO
bestimmten Sechsmonatsfrist in die Zulässigkeit
hineingewachsen (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs,
vgl. die Nachweise bei Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung,
6. Aufl., § 46 Rz 13).
2. Die von der Klägerin vereinnahmte
Dividende i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des
Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) bleibt bei der Ermittlung des
Einkommens nach § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG 2002 und damit
über § 7 Satz 1 GewStG 2002 bei der Ermittlung des
Gewerbeertrages außer Ansatz. Letzteres wiederum hat - dies
ergibt sich aus dem letzten Halbsatz des ersten Satzteils von
§ 9 Nr. 2a Satz 1 GewStG 2002 - zur Folge, dass der Gewinn der
Klägerin nicht (zusätzlich) gemäß § 9 Nr.
2a Satz 1 GewStG 2002, dessen tatbestandliche Voraussetzungen sie
ansonsten erfüllt, um die betreffende Dividende zu kürzen
war.
3. Soweit 5 v.H. der in Rede stehenden und
freigestellten Dividende nach § 8b Abs. 5 KStG 2002 als
Ausgaben gelten, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden
dürfen, ändert sich an dem Vorstehenden nichts. Auch
diese bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigende Position
schlägt über § 7 Satz 1 GewStG 2002 auf die
Ermittlung des Gewerbeertrages durch; auch hier scheidet eine
Kürzung gemäß § 9 Nr. 2a GewStG 2002 aus. Zwar
handelt es sich bei den fiktiven nichtabziehbaren Betriebsausgaben
gemäß § 8b Abs. 5 KStG 2002 unbeschadet der
rechtstechnischen gesetzlichen Ausgestaltung und der dadurch
bedingten Umqualifizierung in pauschalierten Beteiligungsaufwand
wirtschaftlich gesehen um eine Teilmenge der vereinnahmten
kürzungsfähigen (Brutto-)Dividende i.S. des § 20
Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG 2002. Diese Teilmenge ist wegen § 8b
Abs. 5 KStG 2002 bei der Ermittlung des Gewinns angesetzt worden;
per Saldo sind also lediglich 95 v.H. des Gewinns nach § 8b
Abs. 1 KStG 2002 bei der Besteuerung außer Ansatz geblieben.
Gleichwohl wird die besagte Teilmenge nicht Gegenstand der
Kürzung nach § 9 Nr. 2a Satz 1 GewStG 2002. Vielmehr
bleibt es infolge der gesetzlichen Umqualifizierung dabei, dass es
sich hierbei nicht um Gewinn, sondern um (fiktive) Betriebsausgaben
handelt, für die § 9 Nr. 2a GewStG 2002 keine
Kürzungsmöglichkeit einräumt (ebenso z.B.
Gocksch/Buge, DStR 2004, 1549, 1550, 1552; Watermeyer in
Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 8b KStG Rz 127; Gosch,
KStG, § 8 b Rz 517; derselbe in Blümich, EStG, KStG,
GewStG, § 9 GewStG Rz 184; derselbe, Entscheidungen des
Bundesfinanzhofs für die Praxis der Steuerberatung 2006, 239;
Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die
Körperschaftsteuer, § 8b Rz 108c; Schiffers, GmbHR 2004,
69, 76; Salzmann, IStR 2006, 318; s.a. Senatsurteil vom 22.2.2006 I
R 30/05, BFH/NV 2006, 1659 = SIS 06 34 12; anders
Glanegger/Güroff, GewStG, 6. Aufl., § 9 Nr. 2 a Rz 8;
Starke, FR 2005, 681; Behrens, BB 2006, 813; Wendt, FR 2006, 52).
Durch § 9 Nr. 2a Satz 4 GewStG 2002 i.d.F. des
Jahressteuergesetzes 2007 (GewStG 2002 n.F.) ist dies auch für
vergangene Erhebungszeiträume (§ 36 Abs. 8 Satz 5
Halbsatz 2 GewStG 2002 n.F.) lediglich klargestellt worden.
4. Das FG hat eine abweichende
Rechtsauffassung vertreten. Sein Urteil war deswegen aufzuheben;
die Klage war abzuweisen.