Planfeststellungsbeschluss, entgeltlicher Verzicht, USt-Pflicht: Gibt der Inhaber einer Genehmigung zum Betrieb einer Sonderabfalldeponie aufgrund eines Vertrages mit einem Bundesland das Vorhaben auf und erhält er dafür vom Land einen Geldbetrag, liegt ein steuerbarer Umsatz i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG vor. - Urt.; BFH 24.8.2006, V R 19/05; SIS 07 00 37
I. Streitig ist, ob eine Zahlung des Landes
..., die im Zusammenhang mit einer Vereinbarung über das
Nichtweiterbetreiben eines Genehmigungsverfahrens für eine
Sonderabfalldeponie geleistet wurde, Entgelt für einen
steuerbaren (und steuerpflichtigen) Umsatz ist.
Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist Rechtsnachfolgerin der
... S-KG.
Die S-KG hatte ... ein Grundstück in B
(...) zum Zweck der Errichtung und des Betriebs einer
Sonderabfalldeponie gepachtet und die behördliche Genehmigung
zum Betrieb der Anlage beantragt. Am ... 1978 erließ die
Bezirksregierung ... antragsgemäß einen entsprechenden
Planfeststellungsbeschluss. Dieser wurde im Jahr 1984
bestandskräftig, nachdem eine dagegen von der Stadt B
eingereichte verwaltungsgerichtliche Klage auch vor dem
Oberverwaltungsgericht erfolglos geblieben war.
Durch Vertrag vom 23.12.1987 übertrug
die S-KG alle Rechte und Pflichten aus dem
Planfeststellungsbeschluss auf die ... B-KG. Gesellschafter der
B-KG waren die S-KG als Kommanditistin sowie die ... B-GmbH als
Komplementärin.
Am ... 1991 erließ die
Bezirksregierung ... gegenüber der B-KG wegen zwischenzeitlich
eingetretener verschärfter abfallrechtlicher Vorschriften und
wegen Änderungen in der Planung der B-KG einen Bescheid
gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 des Abfallgesetzes (AbfG).
Darin wurde der B-KG aufgegeben, bis spätestens zum 1.1.1993
die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens für im
Bescheid näher bezeichnete wesentliche Änderungen des
Planes der Sonderdeponie B zu beantragen und bestimmte
Planunterlagen einzureichen. Die B-KG legte gegen diesen Bescheid
Widerspruch ein.
1992 fanden Gespräche zwischen der
S-KG und der Landesregierung von ... statt, bei denen die für
die Deponie bisher angefallenen Kosten in Höhe von insgesamt
... DM (operative Kosten, Planungskosten, Rechts- und
Beratungskosten, Pachtvorauszahlungen,
Vertragsauflösungskosten) zur Sprache kamen.
Am 8.12.1992 schlossen das Land ... und die
S-KG einen „Vertrag über die Beendigung des Vorhabens
zur Errichtung einer Deponie für Sonderabfälle aufgrund
des Planfeststellungsbeschlusses der Bezirksregierung ... vom
17.03.1978 ...“. Die Vereinbarungen führten dazu, dass
die B-KG von der Realisierung des Projekts Abstand nahm und ihren
Widerspruch gegen den Bescheid der Bezirksregierung ... vom
18.12.1991 zurücknahm. Der Vertrag, in dem die S-KG
„Firma“ genannt wird, lautet auszugsweise:
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„§ 1
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1. Die Firma ist alleinige Kommanditistin
der ...; sie ist ferner Alleingesellschafterin der persönlich
haftenden Komplementär-GmbH, der ... Diese Gesellschaft hat
ihren Sitz von ... nach ... verlegt und betreibt derzeit das oben
genannte Verfahren.
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2. Die Firma verpflichtet sich, das
Vorhaben zur Errichtung und zum Betrieb der Sonderabfalldeponie ...
zu beenden und dieses Vorhaben nach dem Zeitpunkt des Abschlusses
dieses Vertrages weder tatsächlich noch rechtlich in
irgendeiner Form weiter zu betreiben. Sie verpflichtet sich, in
diesem Sinne auf ihre Tochtergesellschaft einzuwirken und
übernimmt die Gewähr dafür, dass die ... das
Vorhaben in keiner Form weiter betreiben wird. Sie verzichtet auf
die Geltendmachung jeglicher Rechte aus dem
Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung ... vom 17.03.1978
durch sie selbst oder ihre Tochtergesellschaft.
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3. Die Firma nimmt ihren am 05.02.1992
eingelegten Widerspruch gegen die unter dem 18.12.1991 ergangene
Anordnung der Bezirksregierung ... gemäß § 8 Abs. 1
Satz 3 AbfG, Az.: ..., zurück.
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4. Die Firma erklärt gegenüber
dem OVG ... in dem Verfahren ... ./. Bezirksregierung ..., Az.: ...
verbindlich, dass sie auf die weitere Durchführung des
Vorhabens Sonderabfalldeponie ... verzichtet, und erklärt das
Verfahren für erledigt.
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§ 2
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1. Zum Ausgleich sämtlicher der Firma
und ihrer Tochtergesellschaft im Zusammenhang mit dem Vorhaben
entstandenen Kosten zahlt ihr das Land einen einmaligen anteiligen
Betrag in Höhe von
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... DM.
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2. Die Firma verzichtet im Gegenzug
gegenüber dem Land und seinen Behörden sowie
gegenüber am Verfahren beteiligten Körperschaften des
öffentlichen Rechts auf die Geltendmachung jeglicher Kosten,
die ihr im Zusammenhang mit dem Vorhaben bis heute entstanden sind.
Sie verzichtet auch auf die Geltendmachung jeglicher Kosten, die
ihr im Zusammenhang mit dem Vorhaben, etwa dessen
Rückabwicklung, in Zukunft entstehen werden, sowie auf die
Geltendmachung eventueller Schadensersatz- oder
Folgenbeseitigungsansprüche privatrechtlicher oder
öffentlich-rechtlicher Natur.
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3. Die Firma trägt dafür Sorge,
dass die in § 2 Abs. 2 bezeichneten Pflichten auch von ihrer
Tochtergesellschaft eingehalten werden.
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§ 3
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Der Betrag von ... DM ist fällig mit
Unterzeichnung dieses Vertrages.“
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Zum 31.8.1993 trat die Komplementärin,
die B-GmbH aus der B-KG aus. Infolgedessen wurde die S-KG im Wege
der Anwachsung Rechtsnachfolgerin der B-KG.
Am 25.4.1994 ging bei dem Beklagten und
Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA - ) eine
Umsatzsteuererklärung für 1992 ein, in der als
Erklärender die B-KG bezeichnet war. Die Erklärung wies
keine Umsätze und Vorsteuerbeträge in Höhe von
8.844,03 DM aus. Das FA stimmte der Erklärung mit Bescheid vom
7.10.1994 zu.
Im Jahr 1995 wurde die S-KG zur X-S-GmbH
verschmolzen.
Im Rahmen einer 1998 und 1999
durchgeführten Betriebsprüfung bei der (erloschenen) B-KG
für den Zeitraum 1991 bis 1993 kam der Prüfer zu der
Auffassung, die vom Land ... gezahlten ... DM seien ein
(Brutto-)Entgelt für einen steuerbaren Umsatz.
Dementsprechend erließ das FA am
24.7.2000 gegen die X-S-GmbH „als Gesamtrechtsnachfolgerin
der S-KG, diese wiederum Gesamtrechtsnachfolgerin der B-KG“,
einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für 1992, in dem
die Zahlung des Landes in Höhe von ... DM umsatzerhöhend
berücksichtigt wurde (Umsatzsteuer: ... DM).
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das
Finanzgericht (FG) führte zur Begründung im Wesentlichen
aus:
Die Änderung der
Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr 1992 scheitere
nicht an einer Festsetzungsverjährung. Zwar sei der
angefochtene Bescheid erst am 24.7.2000, also nach Ablauf der
regelmäßigen vierjährigen
Festsetzungsverjährungsfrist gemäß § 169 Abs.
2 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) ergangen. Die
Steuererklärung sei 1994 eingereicht worden. Vor Ablauf der
Festsetzungsverjährung im Jahr 1998 habe aber die
Betriebsprüfung begonnen, so dass der Ablauf der
Festsetzungsfrist gemäß § 171 Abs. 4 AO 1977
gehemmt gewesen sei bis zur Unanfechtbarkeit der aufgrund der
Betriebsprüfung zu erlassenden Steuerbescheide. Gegenstand der
Betriebsprüfung sei u.a. die Umsatzsteuer für 1992
gewesen.
Das FA habe den streitbefangenen Umsatz zu
Recht bei der S-KG berücksichtigt. Zwar habe nicht die mit der
Planung befasste B-KG, sondern die S-KG den Vertrag mit dem Land
... abgeschlossen. Aus dem Vertrag sei aber nur die S-KG berechtigt
und verpflichtet gewesen, so dass die umsatzsteuerbare Leistung bei
dieser zu erfassen sei. 1993, also vor Erlass des angefochtenen
Steuerbescheids, sei aber die S-KG Gesamtrechtsnachfolgerin der
B-KG geworden.
Die S-KG habe i.S. von § 1 Abs. 1 Nr.
1 des Umsatzsteuergesetzes 1991 (UStG) umsatzsteuerbare sonstige
Leistungen gegen Entgelt an das Land ... erbracht. Die Zahlung des
Landes sei nicht lediglich aus strukturpolitischen,
volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen
erfolgt. Im Streitfall liege eine konkrete, individuell
ausgehandelte vertragliche Vereinbarung vor.
Die Zahlung durch das Land ... stelle auch
keinen Schadensersatz dar. Im Streitfall sei nicht erkennbar, dass
ein schadenstiftendes Verhalten eine Schadensersatzpflicht des
Landes ... ausgelöst haben könnte.
Das Urteil ist in EFG 2005, 735 = SIS 05 20 64 veröffentlicht.
Mit der vom FG zugelassenen Revision macht
die Klägerin im Wesentlichen geltend:
Die vom FG getroffenen tatsächlichen
Feststellungen rechtfertigten nicht dessen Entscheidung, eine
Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung für das Streitjahr
1992 scheitere nicht an einer Festsetzungsverjährung. Denn
eine im Jahr 1998 begonnene Betriebsprüfung hätte die
Festsetzungsfrist nur dann unterbrechen können, wenn eine
entsprechende Betriebsprüfungsanordnung gegenüber der
Klägerin - und nicht gegenüber der zu diesem Zeitpunkt
bereits erloschenen B-KG - erlassen worden sei. Hierzu enthalte das
Urteil keine Feststellungen.
Darüber hinaus habe das FG den
Streitgegenstand verkannt. Denn das FA habe in dem angefochtenen
Bescheid einen Umsatz der erloschenen B-KG erfasst, während
sich der angefochtene Bescheid an die Klägerin in ihrer
Eigenschaft als Gesamtrechtsnachfolgerin der B-KG richte. Das
ergebe sich nicht nur eindeutig aus der Adressierung, sondern auch
daraus, dass in dem angefochtenen Bescheid ausschließlich
Eingangs- und Ausgangsumsätze der B-KG erfasst würden.
Die B-KG sei nicht Vertragspartei der Vereinbarung mit dem Land ...
und daher auch in keinen Leistungsaustausch eingebunden gewesen.
Umsätze der S-KG seien in dem Bescheid nicht erfasst. Die
Klage sei deshalb selbst dann begründet, wenn man den
Ausführungen des FG zum Leistungsaustausch zwischen der S-KG
und dem Land ... zustimmen würde.
In materiell-rechtlicher Hinsicht macht die
Klägerin geltend, die Zahlung des Landes ... habe in keinem
unmittelbaren Zusammenhang mit einer Gegenleistung gestanden. Der
Verzicht auf die Fortführung des Betriebs der
Sonderabfalldeponie in B durch die S-KG gegen Zahlung von ... DM
durch das Land ... sei nicht als umsatzsteuerbare sonstige Leistung
(§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) zu qualifizieren. Es liege kein
„Verbrauch“ im gemeinschaftsrechtlichen Sinne vor. Es
sei nicht ersichtlich, worin auf Seiten des Landes ... oder eines
anderen identifizierbaren Dritten ein Vorteil zu sehen sei, der
einen Kostenfaktor in dessen Tätigkeit bilde. Das FG habe
verkannt, dass die Zahlung ausschließlich durch
strukturpolitische und volkswirtschaftliche Gründe motiviert
gewesen sei. Insofern scheide eine zugrunde liegende
Leistungsbeziehung aus. Vielmehr handle es sich vorliegend um einen
nicht umsatzsteuerbaren echten öffentlichen Zuschuss.
Im Übrigen habe die Zahlung
ausschließlich im Zusammenhang mit (etwaigen) bereits
entstandenen und zukünftig noch entstehenden
Schadensersatzforderungen und Folgenbeseitigungsansprüchen aus
der Aufgabe des Projekts „Sonderabfalldeponie“
gestanden. Allein die Regelung eines streitigen
Schadensersatzanspruchs durch Vergleich begründe noch keinen
umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des erstinstanzlichen
Urteils den Bescheid des FA vom 24.7.2000 über Umsatzsteuer
1992 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.1.2001 dergestalt
zu ändern, dass die Umsatzsteuer auf ... DM festgesetzt
wird,
hilfsweise, die Sache zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung an das FG
zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
Es meint, soweit die Klägerin auf die
Frage der Festsetzungsverjährung eingehe und eine Verkennung
des Streitgegenstandes rüge, handle es sich um einen neuen
Tatsachenvortrag, der in der Revisionsinstanz gemäß
§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) unbeachtlich sei.
Im Übrigen verweist das FA auf das angefochtene
Urteil.
II. Die Revision der Klägerin ist
unbegründet (§ 126 Abs. 2 FGO). Die Vorentscheidung ist
revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
1. Das FG hat zutreffend angenommen, dass im
Streitfall gemäß § 169 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. §
171 Abs. 4 AO 1977 keine Festsetzungsverjährung eingetreten
ist.
Entgegen der Ansicht der Klägerin reichen
die dazu vom FG getroffenen Feststellungen aus. Das FG hat
ausgeführt, 1998 habe eine Betriebsprüfung bei der
erloschenen B-KG begonnen. Damit ist konkludent festgestellt, dass
sich die zugrunde liegende Betriebsprüfungsanordnung gegen die
B-KG richtete.
2. Allerdings vermag der Senat der
Vorentscheidung insoweit nicht zu folgen, als - wie die
Klägerin zu Recht rügt - das FG davon ausgegangen ist,
der streitbefangene Umsatz sei bei der S-KG zu erfassen und vom FA
auch zu Recht bei der S-KG berücksichtigt worden.
Denn der angefochtene Umsatzsteuerbescheid
für 1992 vom 24.7.2000 richtet sich an die X-S-GmbH als
Gesamtrechtnachfolgerin der S-KG, diese wiederum als
Gesamtrechtsnachfolgerin der B-KG. Aus dieser Adressierung des
Bescheides und der Bezugnahme auf die am 25.4.1994 eingegangene
Umsatzsteuererklärung der B-KG sowie daraus, dass in dem
Bescheid ebenfalls die von der B-KG in ihrer
Umsatzsteuererklärung für 1992 erklärten Eingangs-
und Ausgangsumsätze erfasst wurden, folgt, dass das FA den
streitigen Umsatz nicht - wie vom FG angenommen - der S-KG, sondern
der B-KG zugerechnet hat.
Dieses Vorgehen des FA steht im Einklang mit
der Darstellung in der - vom FG in Bezug genommenen - Tz. 12 des
Betriebsprüfungsberichts vom 20.5.1999, wonach die S-KG bei
Vertragsabschluss als Treuhänderin der B-KG handelte. Es
heißt dort: „Im Dezember 1992 erhielt ... (B-KG) vom
Land ... aufgrund eines am 8.12.1992 zwischen der die ... (B-KG)
als Treuhänderin (Vereinbarung vom 23.12.1978) vertretenden
... (S-KG) und dem Land ... abgeschlossenen Vertrages eine Zahlung
von ... DM für den Verzicht auf die Errichtung und den Betrieb
der Sonderabfalldeponie ... (B) sowie für die Rücknahme
eines gegen die Bezirksregierung ... gerichteten
Widerspruchs.“
Hat danach - entgegen der Ansicht des FG - das
FA den streitigen Umsatz nicht bei der S-KG, sondern zu Recht bei
der B-KG erfasst, folgt daraus aber nicht, dass die Vorentscheidung
aufzuheben und der Klage stattzugeben ist, wie die Klägerin
meint. Denn die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der S-KG, die
ihrerseits - worauf das FG in diesem Zusammenhang im Ergebnis zu
Recht abgestellt hat - 1993 Rechtsnachfolgerin der B-KG geworden
ist.
3. Das FG hat ferner zu Recht eine
umsatzsteuerbare Leistung gegen Entgelt bejaht.
a) Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG
unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen
Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen
seines Unternehmens ausführt.
Die Besteuerung einer Lieferung oder sonstigen
Leistung nach dieser Vorschrift setzt einen unmittelbaren
Zusammenhang zwischen der erbrachten Leistung und dem empfangenen
Gegenwert voraus. Der Leistungsempfänger muss identifizierbar
sein; er muss einen Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch im
Sinn des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt (vgl. z.B.
Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 7.7.2005 V R 34/03, BFHE
211, 59 = SIS 05 42 06, m.w.N.).
aa) Bei Leistungen aufgrund eines
gegenseitigen Vertrages (vgl. §§ 320 ff. des
Bürgerlichen Gesetzbuches), durch den sich eine Vertragspartei
zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen und die andere sich
hierfür zur Zahlung einer Gegenleistung verpflichtet, sind die
Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG
regelmäßig erfüllt, falls der leistende
Vertragspartner Unternehmer ist.
Zwischen der erbrachten Leistung und dem
empfangenen Gegenwert besteht ein unmittelbarer Zusammenhang. Der
Leistungsempfänger steht aufgrund der vertraglichen
Beziehungen zwischen dem leistenden Unternehmer und dem
Leistungsempfänger fest. Die versprochene Leistung ist der
Vorteil, den der Leistungsempfänger erhält. Bei
Leistungen, zu deren Ausführung sich die Vertragsparteien in
gegenseitigen Verträgen verpflichtet haben, liegt der
erforderliche Leistungsverbrauch grundsätzlich vor; das
versprochene Tun, Dulden oder Unterlassen ist der Vorteil, den der
Leistungsempfänger erhält. Ob der Leistungsempfänger
die Leistung tatsächlich verwendet oder ggf. zu welchem Zweck,
ist grundsätzlich unerheblich (vgl. BFH-Urteile vom 18.1.2005
V R 17/02, BFH/NV 2005, 1394 = SIS 05 32 94; vom 21.4.2005 V R
11/03, BFHE 211, 50 = SIS 05 47 50, unter II. 1. b aa; in BFHE 211,
59 = SIS 05 42 06, unter II. 2. b).
bb) Dagegen sind Zahlungen, durch die
lediglich eine aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder
allgemein-politischen Gründen erwünschte Tätigkeit
des Zahlungsempfängers gefördert werden soll, kein
Entgelt für eine steuerbare Leistung (vgl. BFH-Urteile vom
13.11.1997 V R 11/97, BFHE 184, 137, BStBl II 1998, 169 = SIS 98 04 39; vom 22.7.1999 V R 74/98, BFH/NV 2000, 240 = SIS 00 51 42; vom
26.10.2000 V R 10/00, BFHE 193, 165, UR 2001, 60 = SIS 01 03 09,
jeweils m.w.N.).
So stellt die Verpflichtung zur Aufgabe der
Milcherzeugung, die ein Landwirt im Rahmen der
gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften zur Festsetzung einer
Vergütung bei der endgültigen Aufgabe der Milcherzeugung
eingeht, keine der Umsatzsteuer unterliegende Dienstleistung dar
(vgl. Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften
- EuGH - vom 29.2.1996 Rs. C-215/94, Jürgen Mohr, Slg. 1996,
I-972, 959, UR 1996, 119 = SIS 96 11 20). Ebenso wenig unterliegen
die im Jahr 1991 aufgrund von Vorschriften der EG zur Entlastung
des übersättigten Apfelmarktes gezahlten Prämien
für die Rodung von Apfelbäumen der Umsatzsteuer (vgl. FG
Brandenburg, Urteil vom 9.3.1993 1 K 147/92 U, EFG 1993, 416, UVR
1993, 215). Dasselbe gilt für eine Zuwendung für die von
einem Landwirt im Rahmen einer nationalen
Entschädigungsregelung eingegangene Verpflichtung, mindestens
20 % der von ihm angebauten Kartoffeln nicht zu ernten (vgl.
EuGH-Urteil vom 18.12.1997 Rs. C-384/95, Landboden Agrardienste,
Slg. 1997, I-7387, UR 1998, 102 = SIS 98 05 33). Ferner ist eine
Gebäude-Restwertentschädigung, die eine Gemeinde dem
Eigentümer eines bebauten Grundstücks in einem
Sanierungsgebiet für den Abbruch des Gebäudes zahlt, kein
Entgelt für eine steuerbare (und steuerpflichtige) Leistung
des Grundstückseigentümers an die Gemeinde (vgl.
BFH-Urteil in BFHE 193, 165, UR 2001, 60 = SIS 01 03 09).
cc) Aus der vorbezeichneten Rechtsprechung
kann entgegen der Ansicht der Klägerin aber nicht gefolgert
werden, dass Leistungen, die ein Unternehmer im allgemeinen
Interesse erbringt, generell nicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz
1 UStG steuerbar sind.
Es ist nicht zweifelhaft, dass Personen des
öffentlichen Rechts auch außerhalb ihrer Betriebe
gewerblicher Art Empfänger von Lieferungen und sonstigen
Leistungen (Dienstleistungen) sein können. So liegt z.B. eine
steuerbare Grundstückslieferung vor, wenn eine juristische
Person des öffentlichen Rechts Land durch Enteignung für
den Straßenbau erwirbt (vgl. Nr. 27 des Schlussantrags des
Generalanwalts in der Rechtssache Mohr in Slg. 1996, 959, UR 1996,
119 = SIS 96 11 20). Nach den Grundsätzen der bezeichneten
Urteile ist also nicht entscheidend, ob eine Leistung im
öffentlichen Interesse liegt, sondern ob ein individueller
Leistungsempfänger vorhanden ist, der aus der Leistung einen
Vorteil zieht, der Gegenstand eines Leistungsaustauschs sein kann
(vgl. BFH-Urteil in BFHE 184, 137, 141, BStBl II 1998, 169, 171 =
SIS 98 04 39).
b) So war es im Streitfall. Die B-KG erbrachte
keine Leistung an die Allgemeinheit, sondern - aufgrund
vertraglicher Vereinbarung - an das Land ... als individuellen
Leistungsempfänger.
aa) Die Leistung an das Land ... bestand
darin, dass die B-KG in Erfüllung des Vertrages vom 8.12.1992
ihr Vorhaben zur Errichtung und zum Betrieb der Sonderabfalldeponie
B endgütig beendete. Im Einzelnen verzichtete sie dabei auf
die (durch Vertrag vom 23.12.1987 vom Rechtsinhaber, der S-KG, auf
sie übertragenen) Rechte aus dem rechtskräftig
festgestellten Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung ...
vom ... 1978, nahm den von ihr eingelegten Widerspruch gegen den
Bescheid der Bezirksregierung ... vom 18.12.1991 zurück, gab
gegenüber dem OVG die verbindliche Erklärung ab, dass sie
auf die weitere Durchführung des Vorhabens der
Sonderabfalldeponie verzichte und erklärte den
Verwaltungsrechtsstreit für erledigt.
Der entgeltliche Verzicht, ganz oder teilweise
eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben -
worum es im Streitfall im Kern geht -, ist eine sonstige Leistung,
wie § 3a Abs. 4 Nr. 9 UStG belegt. Dementsprechend hat der
Senat die Voraussetzungen eines Leistungsaustauschs i.S. des §
1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG in einer Reihe von Fällen
angenommen, in denen ein Unternehmer auf eine ihm zustehende
Rechtsposition gegen Entgelt verzichtet hat (vgl. BFH-Urteil in
BFHE 211, 59 = SIS 05 42 06, unter II. 1., m.w.N.).
bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin
liegt auf Seiten des Landes ... ferner ein
„Verbrauch“ im Sinne des gemeinschaftlichen
Mehrwertsteuersystems vor.
Hierzu ist erforderlich, dass einem
identifizierbarem Verbraucher ein Vorteil verschafft wird, der
einen Kostenfaktor in der Tätigkeit eines anderen Beteiligten
am Wirtschaftsleben bilden könnte (vgl. EuGH im Urteil
Landboden Agrardienste in Slg. 1997, I-7387, UR 1998, 102 = SIS 98 05 33).
Diese Voraussetzung hat das FG im Ergebnis
zutreffend mit der Erwägung bejaht, der Verzicht auf die
Geltendmachung der Rechte aus dem Planfeststellungsbeschluss vom
... 1978 und auf das Weiterbetreiben der Sonderabfalldeponie habe
dazu geführt, dass das Land ... im Hinblick auf die
ursprünglich für die Abfalldeponie vorgesehenen
Flächen wieder Planungsfreiheit erlangt habe. Die
Klägerin (richtig: die B-KG) habe eine rechtskräftig
festgestellte Befugnis zum Betrieb einer Sonderabfalldeponie aus
dem Planfeststellungsbeschluss vom ... 1978 gehabt. Dieses Recht
habe das Land ... der Klägerin nur
„abkaufen“ können. Der Verzicht eines
Berechtigten auf eine auf öffentlich-rechtlichem Weg nicht
mehr entziehbare öffentlich-rechtliche Nutzungsbefugnis gegen
Abfindung sei eine sonstige Leistung i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1
Satz 1 UStG. Dass dieser „Kauf“ des Verzichts
der Klägerin auf den Betrieb der Sonderabfalldeponie auch
politisch motiviert gewesen sei, sei unerheblich, denn eine
politische Motivation führe nicht zwangsläufig dazu, dass
Zahlungen aus lediglich strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen
oder allgemein-politischen Gründen erfolgten.
Der Auffassung der Klägerin, das Land ...
habe deshalb keinen Vorteil aus dem Nichtweiterbetreiben des
Vorhabens zur Errichtung und zum Betrieb der Sonderabfalldeponie
haben können, da es zu keinem Zeitpunkt Beteiligter an einem
möglichen Planfeststellungsverfahren gewesen sei, vermag der
Senat nicht zu folgen. Dass ausschließliche
Planungsbehörde die Bezirksregierung ... - eine
Landesbehörde - war, schließt den dargelegten Vorteil
für das Land ... nicht aus. Damit steht im Einklang, dass das
Land bei Abschluss des Vertrages vom 8.12.1992 von der
Bezirksregierung ... vertreten wurde.
4. Entgegen der Ansicht der Klägerin
stellte die Zahlung des Landes ... auch keinen Schadensersatz
dar.
Zwar sind so genannte Entschädigungen
oder Schadensersatzzahlungen kein Entgelt im Sinne des
Umsatzsteuerrechts, wenn die Zahlung nicht für eine Lieferung
oder sonstige Leistung an den Zahlenden erfolgt, sondern weil der
Zahlende nach Gesetz oder Vertrag für den Schaden und seine
Folgen einzustehen hat (vgl. BFH-Urteil vom 10.12.1998 V R 58/97,
BFH/NV 1999, 987 = SIS 98 59 19).
Wie das FG aber zutreffend ausgeführt
hat, ist im Streitfall ein Schadensersatzanspruch gegen das Land
... nicht ersichtlich. Eine Schadensersatzpflicht kam - entgegen
der Ansicht der Klägerin - insbesondere nicht gemäß
§ 72 Abs. 1 i.V.m. § 49 Abs. 5 des
Verwaltungsverfahrensgesetzes a.F. wegen Widerrufs eines
rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakts in
Betracht. Denn der Planfeststellungsbeschluss vom ... 1978 ist
nicht widerrufen worden. Es ist (lediglich) unter dem 18.12.1991
eine Anordnung nach § 8 Abs. 1 Satz 3 AbfG ergangen. Nach
dieser Vorschrift ist die Aufnahme, Änderung oder
Ergänzung von Auflagen über Anforderungen an die
Abfallentsorgungsanlagen oder ihren Betrieb auch nach Ergehen des
Planfeststellungsbeschlusses oder nach Erteilung der Genehmigung
zulässig.
Das bestätigt im Übrigen auch §
2 Ziff. 2 Satz 2, 2. Halbsatz des Vertrages, wonach von einem
Verzicht auf die Geltendmachung „eventueller Schadens-
oder Folgenbeseitigungsansprüche“ die Rede ist.
Selbst die Vertragsparteien haben danach nicht lediglich über
die Höhe eines bestehenden Schadensersatzanspruchs verhandelt
(vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 987 = SIS 98 59 19). Vielmehr
zahlte das Land ... - wie dargelegt - für den Verzicht der
B-KG auf die Realisierung ihres Vorhabens.