Freiberufler, Geschäftseinrichtung in DBA-Staat: Einem selbständig Tätigen steht im anderen Vertragsstaat für die Ausübung seiner Tätigkeit gewöhnlich eine feste Einrichtung i.S. von Art. 13 DBA-Bulgarien, Art. 14 DBA-Kasachstan und Art. 15 DBA-Jugoslawien zur Verfügung, wenn ihm von seinem Auftraggeber im Tätigkeitsstaat Räume überlassen werden, die er über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten hinweg immer wieder für mehrere Tage nutzt, sofern die Räume auch während seiner Abwesenheit dazu bestimmt sind, seiner selbständigen Tätigkeit zu dienen. - Urt.; BFH 28.6.2006, I R 92/05; SIS 07 00 36
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten
(Kläger) sind Eheleute, die für das Streitjahr 2001
zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden.
Der Kläger ist als Unternehmensberater
tätig. Er arbeitete in den Jahren 2000 bis 2002 für die X
in Bosnien und Herzegowina, für die Y, die ihrerseits
Auftragnehmerin der X war, in Bulgarien, und für die Z in
Serbien und Montenegro (2001 bis 2002).
Im Streitjahr 2001 hielt der Kläger
sich an insgesamt 62 Tagen in Bosnien und Herzegowina, an 77 Tagen
in Bulgarien und an 33 Tagen in Serbien und Montenegro, dort im
Kosovo, auf. Die einzelnen Aufenthalte erstreckten sich über
das gesamte Jahr und betrugen zwischen 7 und 33 Tagen. Im Jahr 2002
hielt er sich insgesamt an 145 Tagen im Kosovo auf.
In Bosnien und Herzegowina war der
Kläger federführend im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft
der X für das Projekt „Industrielle Modernisierung und
wirtschaftspolitische Beratung“ tätig. Projektbüros
befanden sich in Sarajevo und Banja Luka. Nach dem Vertrag vom
23.8.2000 mit der X sollte der Kläger Beratungsleistungen in
der Zeit vom 17.8.2000 bis 30.6.2003 erbringen. Der Einsatz des
Klägers in Bosnien und Herzegowina war mit 5,5 Monaten, der
Einsatz im Inland mit 1,5 Monaten vorgesehen. Der tatsächliche
Einsatz des Klägers erstreckte sich von August 2000 bis Ende
Juli 2001; ein Büro stand ihm bereits während eines
vorhergehenden Projekts seit Februar 2000 zur Verfügung.
Mitarbeiter der Arbeitsgemeinschaft nutzten die Projektbüros
noch bis Juni 2002. Nach einem weiteren Vertrag mit der X sollte
der Kläger in der Zeit vom 17.5.2001 bis 30.11.2001 im Rahmen
einer Entwicklungsstudie für die Schuh- und Lederindustrie in
Bosnien und Herzegowina tätig werden.
In Bulgarien war der Kläger Leiter des
Projekts „Förderung der
Baukeramikbranche/Verbandsaufbau/Training von Branchenberater/
innen“. Dem Team stand ein Projektbüro in Sofia
ununterbrochen zur Verfügung. Nach dem Vertrag von 7.2.2001
sollte der Kläger Leistungen von Februar 2001 bis 15.12.2001
erbringen, davon mindestens 80 v.H. in Bulgarien. Der
tatsächliche Einsatz des Klägers war mit 2,5 Monaten
veranschlagt, er erstreckte sich auf die Zeit von April 2000 bis
Oktober 2001. Andere Fachexperten nutzten das Projektbüro von
Ende April 2000 bis zur Jahresmitte 2002.
Im Kosovo war der Kläger beratend als
„Valuation Expert“ tätig. Vertraglich waren der
Zeitraum vom 18.11.2001 bis 31.7.2002 und ein tatsächlicher
Einsatz von sieben Monaten bestimmt. Tatsächlich erbrachte der
Kläger seine Beratungsleistungen vom 18.11.2001 bis zum
15.6.2002. Ihm stand ein Projektbüro in Priština
ununterbrochen zur Verfügung.
Die im Streitjahr vom Kläger erzielten
Einnahmen entfielen zum Teil auf eine im Jahre 1998 im Auftrag der
W in Kasachstan ausgeübte Tätigkeit. Diese Einnahmen
behandelte der Kläger als nach dem Abkommen zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Republik Kasachstan zur
Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom
Einkommen und vom Vermögen (DBA-Kasachstan) vom 26.11.1997
(BStBl I 1998, 1030) steuerfrei. In gleicher Weise verfuhr er mit
den Einnahmen aus seiner Tätigkeit in Bosnien, in Bulgarien
und im Kosovo.
Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) vertrat die Auffassung, das Besteuerungsrecht
liege bei der Bundesrepublik Deutschland.
Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf gab
der gegen den entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheid
erhobenen Klage mit Urteil vom 14.9.2005 7 K 6293/04 E,
veröffentlicht in EFG 2006, 52 = SIS 06 04 99, statt.
Mit seiner Revision rügt das FA eine
Verletzung materiellen Rechts.
Das FA beantragt, das Urteil des FG
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1
Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG ist zu Unrecht
davon ausgegangen, dass einem Steuerpflichtigen auch dann
gewöhnlich eine feste Einrichtung im anderen Vertragsstaat zur
Verfügung steht, wenn diese für weniger als sechs Monate
besteht. Die tatsächlichen Feststellungen des FG lassen keine
abschließende Beantwortung der Frage zu, ob Deutschland oder
die jeweiligen Tätigkeitsstaaten die Beraterhonorare aus den
streitbefangenen Verträgen besteuern dürfen.
1. Der Kläger hatte im Streitjahr seinen
Wohnsitz (§ 8 der Abgabenordnung - AO 1977 - ) in Deutschland
und war deshalb hier unbeschränkt steuerpflichtig. In
sachlicher Hinsicht unterliegen der unbeschränkten
Steuerpflicht alle in § 2 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes
(EStG) genannten Einkünfte. Dazu gehören auch die
Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 2 Abs. 1 Nr.
3, § 18 EStG). Allerdings sehen Art. 22 Abs. 1 Buchst. a des
Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der
Volksrepublik Bulgarien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf
dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen
(DBA-Bulgarien) vom 2.6.1987 (BGBl II 1988, 771, BStBl I 1988,
390), Art. 24 Abs. 1 Buchst. a des Abkommens zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen
Republik Jugoslawien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem
Gebiet der Steuern vom Einkommen und Vermögen vom 26.3.1987
(BGBl II 1988, 745; zur Fortgeltung s. BGBl II 1997, 961) -
DBA-Jugoslawien -, sowie Art. 23 Abs. 2 Buchst. a DBA-Kasachstan
eine Steuerbefreiung hinsichtlich der Einkünfte vor, die in
dem anderen Vertragsstaat besteuert werden können.
2. Nach Art. 13 DBA-Bulgarien wird das
Besteuerungsrecht für Einkünfte aus einem freien Beruf
oder aus sonstiger selbständiger Tätigkeit
grundsätzlich dem Wohnsitzstaat zugewiesen. Jedoch können
Einkünfte im anderen Vertragsstaat besteuert werden, wenn der
Person dort für die Ausübung ihrer Tätigkeit
gewöhnlich eine feste Einrichtung zur Verfügung steht.
Dies gilt jedoch nur insoweit, als die Einkünfte dieser festen
Einrichtung zugerechnet werden können.
Art. 15 DBA-Jugoslawien und Art. 14
DBA-Kasachstan enthalten dieselbe Regelung. Ferner können nach
Art. 15 Abs. 1 Buchst. b DBA-Jugoslawien die Einkünfte, die
aus der im anderen Staat ausgeübten Tätigkeit stammen,
auch dann im anderen Vertragsstaat besteuert werden, wenn sich die
Person dort insgesamt 183 Tage oder länger während des
betreffenden Steuerjahres aufhält. Hält sich eine in
einem Vertragsstaat ansässige natürliche Person insgesamt
länger als 183 Tage innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten,
der während des betreffenden Steuerjahres beginnt oder endet,
im anderen Vertragsstaat auf, gilt sie nach Art. 14 Abs. 1 Satz 3
DBA-Kasachstan für diese Zwecke als eine Person, der im
anderen Vertragsstaat gewöhnlich eine feste Einrichtung zur
Verfügung steht.
3. Art. 13 DBA-Bulgarien stimmt wörtlich
mit Art. 14 des OECD-Musterabkommens (OECDMustAbk) überein,
der am 29.4.2000 aus dem Musterabkommen gestrichen wurde. Seitdem
werden Unternehmensgewinne und Einkünfte aus
selbständigem Arbeitseinkommen nach Art. 7 OECDMustAbk nach
einheitlichen Maßstäben behandelt. Trotz der
unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen der Art. 14 a.F.
OECDMustAbk und Art. 7 OECDMustAbk sind jedoch auch für die
Zeit vor 2000 die Begriffe der Betriebsstätte, durch die ein
Unternehmen i.S. des Art. 7 Abs. 1 OECDMustAbk seine Tätigkeit
ausübt, und der festen Einrichtung, die einer Person für
die Ausübung ihrer selbständigen Arbeit zur
Verfügung steht, weitgehend deckungsgleich (Nr. 1.1 des
Kommentars zum OECDMustAbk - OECD-MK - zu Art. 5, Nr. 3 zu Art. 14
OECDMustAbk; Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung,
Art. 14 MA Rz. 8; Krüger, IStR 1998, 104, 107). Wie aus der
Definition des Begriffs der Betriebsstätte in Art. 5 Abs. 1
OECDMustAbk ersichtlich, liegt eine feste Einrichtung demnach vor,
wenn eine bestimmte selbständige unternehmerische
Tätigkeit durch eine Geschäftseinrichtung mit einer
festen örtlichen Bindung ausgeübt wird (Senatsurteile vom
2.12.1992 I R 77/91, BFHE 170, 126 = SIS 93 13 50, zum Begriff der
„ständigen“ Einrichtung in Art. 12 Abs. 2
des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der
Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen
und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete
der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der
Gewerbesteuern und Grundsteuern vom 21.7.1959, BGBl II 1961, 398,
i.d.F. vom 9.6.1969, BGBl II 1970, 719, - DBA-Frankreich -, und vom
3.2.1993 I R 80-81/91, BFHE 170, 263, BStBl II 1993, 462 = SIS 93 14 77).
a) Eine feste Einrichtung erfordert nicht nur
eine Einrichtung, die Grundlage einer Unternehmertätigkeit
sein kann (Senatsurteil in BFHE 170, 263, BStBl II 1993, 462 = SIS 93 14 77). Die Geschäftseinrichtung oder Anlage muss vielmehr
auch in zeitlicher Hinsicht von gewisser Dauer sein. Denn durch den
Begriff der festen Einrichtung drückt sich eine besonders
intensive Verwurzelung der selbständigen Arbeit mit dem Ort
ihrer Ausübung aus. Eine entsprechende Verwurzelung kann aber
nur angenommen werden, wenn der Bezug der Tätigkeit zum Ort
ihrer Ausübung auf eine gewisse Dauer angelegt ist. Eine
Einrichtung, die nur vorübergehend der selbständigen
Tätigkeit zu dienen bestimmt ist, ist nicht
„fest“ (Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer,
a.a.O., Art. 14 MA Rz. 70). Nach der Rechtsprechung des Senats ist
hierfür eine Zeitspanne von mindestens sechs Monaten
anzusetzen (Senatsurteil vom 19.5.1993 I R 80/92, BFHE 171, 297,
BStBl II 1993, 655 = SIS 93 19 53 hinsichtlich des
gleichbedeutenden Merkmals „fester Mittelpunkt“
in Art. 7 Abs. 1 des Abkommens zwischen dem Deutschen Reiche und
Italien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Regelung
anderer Fragen auf dem Gebiete der direkten Steuern vom 31.10.1925
- DBA-Italien 1925 -, RGBl 1925, 1145; zustimmend
Österreichischer Verwaltungsgerichtshof, Erkenntnis vom
21.5.1997 96/14/0084, IStR 1999, 633 zum
DBA-Österreich-Schweiz; OECD-MK zu Art. 5 Nr. 6; Wassermeyer
in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 14 MA Rz. 70; Züger in
Gassner/Lang/Lechner, Die Betriebsstätte im Recht der
Doppelbesteuerung, S. 51 f.: Richtwert 12 Monate; Prokisch in
Vogel/ Lehner, DBA, 4. Aufl., Art. 14 Rz. 24; Krüger, IStR
1998, 104, 108, jeweils weniger als sechs Monate).
An dieser Auffassung hält der Senat -
jedenfalls für den Regelfall - fest. Sie entspricht dem Zweck
von Art. 14 a.F. OECDMustAbk, der dem anderen Vertragsstaat nur
dann das Besteuerungsrecht zuweist, wenn der selbständig
Tätige eine intensive wirtschaftliche Bindung mittels einer
festen örtlichen Einrichtung zu diesem Staat unterhält
(vgl. Prokisch in Vogel/Lehner, a.a.O., Art. 14 Rz. 22; Wassermeyer
in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 14 MA Rz. 67). Eine derartige
Bindung liegt aber nicht vor, wenn der selbständig Tätige
für weniger als sechs Monate eine Geschäftseinrichtung im
anderen Vertragsstaat unterhält.
b) Da dem anderen Vertragsstaat das
Besteuerungsrecht schon dann zusteht, wenn der Person die feste
Einrichtung „gewöhnlich“ zur Verfügung
steht, ist für die Annahme einer festen Einrichtung nicht
erforderlich, dass sie dauernd benutzt wird (OECD-MK zu Art. 5 Nr.
6.1; Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 14 MA Rz. 68;
Prokisch in Vogel/Lehner, a.a.O., Art. 14 Rz. 26). Es genügt,
dass sie dem Unternehmer für seine Tätigkeit ständig
zur Verfügung steht. Sie muss jedoch - auch während
seiner Abwesenheit - dazu bestimmt sein, der jeweiligen
Berufstätigkeit zu dienen (Senatsurteil vom 12.10.1978 I R
69/75, BFHE 126, 209, BStBl II 1979, 64 = SIS 79 00 36; Wassermeyer
in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 14 MA Rz. 67; anderer Ansicht
Prokisch in Vogel/Lehner, a.a.O., Art. 14 Rz. 26). Das ist nicht
der Fall, wenn die Geschäftseinrichtung während der
Abwesenheit des selbständig Tätigen der gewerblichen oder
freien Tätigkeit eines anderen Unternehmers zuzuordnen
ist.
c) Art. 15 Abs. 1 Buchst. b DBA-Jugoslawien
und Art. 14 Abs. 1 Sätze 2 und 3 DBA-Kasachstan weisen das
Besteuerungsrecht auch dann dem Quellenstaat zu, wenn sich die
Person an mindestens 183 Tagen (Jugoslawien) oder mehr als 183 Tage
(Kasachstan) in diesem Staat aufhält. Entgegen der Auffassung
des FG (gleicher Ansicht Prokisch in Vogel/Lehner, a.a.O., Art. 14
Rz. 24; Krüger, IStR 1998, 104, 108) ist hieraus nicht zu
folgern, dass die Annahme einer festen Geschäftseinrichtung an
andere zeitliche Voraussetzungen als eine sechsmonatige Dauer
geknüpft sein muss. Da eine feste Geschäftseinrichtung -
wie ausgeführt - keine ständige Anwesenheit des
Unternehmers erfordert, haben beide Merkmale unterschiedliche
Voraussetzungen: Das Besteuerungsrecht des anderen Vertragsstaates
erfordert entweder eine feste örtliche Verwurzelung des
Selbständigen von mindestens sechs Monaten Dauer oder dessen
Anwesenheit an mindestens 183 Tagen innerhalb eines Jahres
(Jugoslawien) oder an mehr als 183 Tagen in einander folgenden
Jahren (Art. 14 Abs. 1 Satz 3 DBA-Kasachstan) im anderen
Vertragsstaat. Diese Doppelbesteuerungsabkommen knüpfen das
Besteuerungsrecht des anderen Vertragsstaates folglich neben dem
ortsbezogenen Merkmal der Geschäftseinrichtung alternativ an
das personenbezogene Merkmal der Anwesenheit des Unternehmers im
Quellenstaat an mindestens (oder mehr als) 183 Tagen, bei dem eine
vergleichbar enge wirtschaftliche Bindung an den
Tätigkeitsstaat unterstellt wird.
4. Nach den Feststellungen des FG nutzte der
Kläger in Sofia, Sarajewo, Banja Luka und Priština
für seine Tätigkeit Büros, die ihm entweder von
seinen Auftraggebern zur Verfügung gestellt oder von ihm
selbst angemietet wurden. Dort befanden sich Telefon, PC, Internet-
und Faxanschlüsse. Dem Kläger standen demnach jeweils
Büroräume zur Verfügung, die so ausgestattet waren,
dass er seine Tätigkeit dort ausüben konnte (Senatsurteil
in BFHE 170, 263, BStBl II 1993, 462 = SIS 93 14 77). Die
Feststellungen des FG reichen aber nicht aus, um beurteilen zu
können, ob der Kläger in den jeweiligen Ländern im
Streitjahr über eine feste Einrichtung verfügt hat.
Der Kläger war im Streitjahr im Februar
11 Tage, im März 13 Tage, im Mai und Juni insgesamt 20 Tage,
im August 19 Tage und im Oktober und November insgesamt 14 Tage in
Bulgarien. In Bosnien und Herzegowina arbeitete er im Februar und
März insgesamt 14 Tage, im März und April 20 Tage, im
Juni 13 Tage, im Juli sieben und erneut mit Unterbrechung acht Tage
und im Kosovo im November und Dezember 33 Tage. Feststellungen zu
seiner Tätigkeit in Kasachstan im Jahr 1998 fehlen.
Der Kläger hat sich demnach sowohl in
Jugoslawien als auch in Bulgarien jeweils weniger als sechs Monate
aufgehalten. Feste Geschäftseinrichtungen, die dem Kläger
für seine selbständige Tätigkeit gewöhnlich zur
Verfügung standen, unterhielt er in diesen Ländern nur,
wenn diese Büros, und zwar jedes für sich betrachtet,
auch während seiner Abwesenheit dazu bestimmt waren, seiner
selbständigen Tätigkeit für mindestens sechs Monate
zu dienen. Das wäre der Fall, wenn diese Büros entweder
ausschließlich für ihn vorgehalten wurden oder wenn die
Einkünfte, die dort während seiner Abwesenheit
erwirtschaftet wurden, seiner selbständigen Arbeit zuzurechnen
wären.
Wurden die Büros während seiner
Abwesenheit auch von anderen - deutschen oder lokalen -
Fachexperten benutzt, die ebenfalls von seinen Auftraggebern
beschäftigt oder beauftragt wurden, wäre deren
Tätigkeit nicht der selbständigen Arbeit des Klägers
zuzuordnen. Vielmehr handelte es sich in diesem Fall um
Tätigkeiten auf Rechnung der jeweiligen Auftraggeber oder
Fachexperten und damit entweder um Geschäftseinrichtungen
seiner Auftraggeber oder um solche der anderen Fachexperten, und
zwar auch dann, wenn diese für das gleiche Projekt wie der
Kläger arbeiteten und der Kläger hierfür
federführend gewesen sein sollte. Allein ein sachlicher
Zusammenhang zwischen seinen Beraterverträgen und der dort
ausgeübten Tätigkeit genügt für die Zurechnung
einer festen Geschäftseinrichtung ebenso wenig wie ein
gelegentliches Verweilen in Räumen, die dem Unternehmer von
seinem Auftraggeber zur Verfügung gestellt wurden (vgl.
Senatsurteil vom 11.10.1989 I R 77/88, BFHE 158, 499, BStBl II
1990, 166 = SIS 90 03 51).
5. Das FG ist von anderen rechtlichen
Grundsätzen ausgegangen. Seiner Auffassung nach kann ein
selbständig Tätiger auch dann über eine feste
Einrichtung im anderen Vertragsstaat verfügen, wenn diese
für weniger als sechs Monate besteht. Das Urteil ist daher
aufzuheben und mangels Spruchreife an das FG
zurückzuverweisen.
Sollte das FG zu dem Ergebnis kommen, dass der
Kläger im Streitjahr in den jeweiligen Staaten über feste
Einrichtungen verfügt hat, weil entweder ein speziell ihm
vorbehaltenes Büro vorhanden war oder in den Projektbüros
während seiner Abwesenheit Subunternehmer oder Arbeitnehmer
des Klägers beschäftigt waren, steht das
Besteuerungsrecht für die hier streitigen Einkünfte
insoweit den Tätigkeitsstaaten zu, als sie den festen
Einrichtungen zugerechnet werden können.
Einer festen Einrichtung sind diejenigen
Einkünfte zuzurechnen, für die sie bei wirtschaftlicher
Betrachtung vollständig oder zumindest ganz überwiegend
ursächlich geworden ist. Es kommt folglich nicht allein darauf
an, an welchem Ort die selbständige Arbeit ausgeübt wird
(so aber Prokisch in Vogel/Lehner, a.a.O., Art. 14 Rz. 10). Wird
eine selbständige Arbeit in einer festen Einrichtung
verrichtet, spricht aber eine Vermutung dafür, dass die
hierdurch veranlassten Einnahmen der festen Einrichtung zuzurechnen
sind. Ergänzend können die vertraglichen Regelungen
herangezogen werden. Hat der Selbständige - wie hier - seine
Leistungen teils im Wohnsitzstaat, teils im anderen Vertragsstaat
zu erbringen, kann dies einen wesentlichen Anhalt für eine
Aufteilung bieten. Jedoch kann aus einer hiervon abweichenden
Vertragsdurchführung auch eine andere Zuordnung folgen.
Maßgeblich ist letztlich, mit Hilfe welcher festen
Einrichtung der Selbständige seine Leistung erbringt
(Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 14 MA Rz. 81).
Dabei ist zu beachten, dass ein Teil des erzielten Gewinns stets
dem Bereich der Geschäftsleitung zuzuordnen ist (Senatsurteile
vom 19.11.2003 I R 3/02, BFHE 204, 145, BStBl II 2004, 932 = SIS 04 06 07 a.E.; vom 9.7.2003 I R 4/02, BFH/NV 2004, 83 = SIS 03 53 16).
Im Zweifel kommt dem Wohnsitzstaat der Vorrang zu.