Wesentliche Beteiligung, Unterschreiten der Wesentlichkeitsgrenze in Folge Kapitalerhöhung, 5-Jahres-Frist: Verzichtet ein GmbH-Gesellschafter zugunsten eines Mitgesellschafters unentgeltlich auf die Teilnahme an einer Kapitalerhöhung mit der Folge, dass seine bisher wesentliche Beteiligung zu einer unwesentlichen wird, beginnt der Lauf der Fünf-Jahres-Frist des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG erst mit der Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister. - Urt.; BFH 14.3.2006, VIII R 49/04; SIS 06 35 39
I. Die
Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden im
Streitjahr 1998 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der
Kläger war jedenfalls seit 1990 mit 360.000 DM an dem
Stammkapital einer GmbH (insgesamt 1 Mio. DM) beteiligt (36 v.H.).
1993 waren neben dem Kläger auch F und P an der GmbH, die ein
abweichendes Wirtschaftsjahr (1. Oktober bis 30. September) hatte,
beteiligt.
Am 20.2.1993
wandte sich der Kläger mit folgendem Schreiben an F, das
dieser handschriftlich mit Vornamen und dem Vermerk
„i.O.“ gegenzeichnete:
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„Lieber
...(F),
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ich beziehe
mich auf unsere Gespräche in den letzten Tagen und Wochen und
möchte an dieser Stelle nochmals bedauern, dass durch meine
persönliche finanzielle Situation Probleme auf die
Unternehmensgruppe einwirken.
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Wir sind uns
einig über die Maßnahmen im Zusammenhang mit einer
Kapitalerhöhung. Ich darf hiermit den Inhalt der mündlich
getroffenen Vereinbarungen in aller Form bestätigen, um Dich
in die Lage zu versetzen, die notwendigen Maßnahmen
durchzuführen:
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Es soll eine
Kapitalerhöhung um DM 2 Mio. beschlossen werden; an der
Kapitalerhöhung wirst Du in Höhe von DM 1.130.000,00
teilnehmen. Mein Anteil wird sich von bisher 36 v.H. auf 25 v.H.
vermindern.
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Bereits ab dem
Zeitpunkt des Beschlusses über die Kapitalerhöhung gehe
ich von meinen reduzierten Gesellschafterrechten in Höhe von
25 v.H. aus und werde mich in künftigen
Gesellschafterversammlungen daran halten.
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Du hast mein
Wort, dass ich mit der von der bisherigen Kapitalquote abweichenden
Kapitalerhöhung einverstanden bin, und dass ich mich bereits
mit Wirkung ab Beschluss über die Kapitalerhöhung so
verhalten werde, wie es meinem Anteil nach Wirksamwerden der
Kapitalerhöhung entsprechen wird. Um der Form gerecht zu
werden, darf ich Dich bitten, Dein Einverständnis durch
Gegenzeichnung der anliegenden Kopie dieses Schreibens zu
erklären.
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Ich danke Dir
für Dein Verständnis und ich bin sicher, dass die
problemlose Fortführung der Unternehmensgruppe
gewährleistet ist, wenn Du die Dinge - wie vereinbart - in die
Hand nimmst.
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Bis
bald
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...
(Kläger).“
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Auf der
Gesellschafterversammlung am 16.3.1993 beschlossen die
Gesellschafter der GmbH einstimmig eine Erhöhung des
Stammkapitals der GmbH. Der notariell beurkundete
Gesellschafterbeschluss lautet u.a. wie folgt:
„1)
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Das
Stammkapital der Gesellschaft ... wird um DM 2.000.000, - auf DM
3.000.000, - ... erhöht.
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2)
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Die neuen
Stammeinlagen werden zum Nennwert ausgegeben und sind in Geld zu
erbringen.
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3)
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Zur
Übernahme der neuen Stammeinlage werden
zugelassen:
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a) ... F ... DM
1.130.000, - ;
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b) ... P ... DM
480.000, - ;
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c) der ...
Kläger ... DM 390.000, - .
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4)
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Die neuen
Stammeinlagen sind mit Beginn des bei der Eintragung der
Kapitalerhöhung im Handelsregister laufenden
Geschäftsjahres am Gewinn der Gesellschaft
beteiligt.
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...“
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Bei
Übernahme dieser Stammeinlage ergab sich ein Anteil des
Klägers am Stammkapital von nur noch 25 v.H. Für die
Absenkung der Beteiligungsquote um 11 v.H. und entsprechende
Erhöhung der Beteiligungsquote von F erhielt der Kläger
kein Entgelt und keine sonstige Begünstigung.
Die
Kapitalerhöhung wurde dem Amtsgericht mit einem am 16.3.1993
vom Kläger, am 17.3.1993 von P und am 31.3.1993 von F und dem
weiteren Geschäftsführer D unterzeichneten Schreiben
mitgeteilt, insbesondere unter Überreichung der
Übernahmeerklärungen des Klägers, von F und von P
sowie der Versicherung, dass die neuen Stammeinlagen mindestens zu
einem Viertel eingezahlt seien.
Auf einer
Gesellschafterversammlung am 3.6.1993 wurde beschlossen, dass die
Erhöhung des Stammkapitals durch Verrechnung mit den
Gesellschafterdarlehen und nicht, wie am 16.3.1993 vereinbart,
durch Bareinlage erfüllt werden solle. Dem Handelsregister
wurde in der Folgezeit eine nicht datierte Mitteilung nachgereicht,
in der versichert wurde, dass F, P sowie der Kläger die
vereinbarten Stammeinlagen eingezahlt hätten.
Am 16.11.1993
wurde die Kapitalerhöhung lt. Gesellschafterbeschluss vom
16.3.1993 in das Handelsregister eingetragen.
Mit notariellem
Vertrag vom 8.4.1998 veräußerte der Kläger einen
Teil seiner Beteiligung im Nennwert von 120.000 DM zu einem
Kaufpreis von 3 Mio. DM an einen Dritten. Als Vertragsgegenstand
wurde ein Teilgeschäftsanteil von 120.000 DM von einem
Geschäftsanteil im Wert von 342.000 DM, auf den die
Stammeinlage in voller Höhe erbracht war, festgelegt. Der
Teilung des Geschäftsanteils im Nennwert von 342.000 DM in
einen Teilgeschäftsanteil im Nennwert von 120.000 DM und einen
Teilgeschäftsanteil im Nennwert von 222.000 DM stimmte die
GmbH am selben Tag zu.
Bei der
Einkommensteuerveranlagung der Kläger für 1998 wurde
gemäß § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ein
Veräußerungsgewinn von 2.880.000 DM angesetzt. Der
angefochtene Einkommensteuerbescheid vom 18.6.2001 wurde am
23.12.2002 im Hinblick auf unstreitige Besteuerungsgrundlagen nach
§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977)
geändert. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Das
Finanzgericht (FG) hat die Klage als unbegründet abgewiesen
(EFG 2004, 1516 = SIS 04 31 81).
Mit ihrer
Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen
Rechts (§ 17 EStG).
Die Kläger
beantragen, unter Aufhebung der Vorentscheidung den
Einkommensteuerbescheid 1998 vom 23.12.2002 in der Fassung der
Einspruchsentscheidung vom 18.12.2003 aufzuheben und die
Einkommensteuer ohne Berücksichtigung des
Veräußerungsgewinns in Höhe von 2.880.000 DM
festzusetzen.
Der Beklagte
und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) beantragt, die
Revision der Kläger zurückzuweisen.
II. Die
Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§
126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
FA und FG haben zu Recht angenommen, dass der
Kläger im Streitjahr 1998 Einkünfte aus der
Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft
gemäß § 17 Abs. 1 EStG in Höhe von 2.880.000
DM erzielt hat.
Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 und 4 EStG in der
für das Streitjahr geltenden Fassung gehört zu den
Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der
Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft,
wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf
Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich, d.h. zu mehr als
einem Viertel, unmittelbar oder mittelbar beteiligt war. Diese
Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
1. Der Kläger hat am 8.4.1998 mit dem
Teil-Geschäftsanteil im Nennbetrag von 120.000 DM einen Anteil
an einer Kapitalgesellschaft i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG
veräußert.
2. Er war auch innerhalb der letzten fünf
Jahre vor dem 8.4.1998 (Veräußerungszeitpunkt) zu mehr
als 25 v.H. an der GmbH beteiligt. Seine wesentliche Beteiligung an
der GmbH von 36 v.H. wurde nicht vor Beginn der
Fünf-Jahres-Frist zivilrechtlich wirksam vermindert. Denn
hierfür war die Eintragung der Kapitalerhöhung im
Handelsregister erforderlich (§§ 54 Abs. 3, 55 Abs. 3 des
Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter
Haftung - GmbHG - ).
3. Eine auf 25 v.H. verminderte Beteiligung
des Klägers ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung
des Beschlusses vom 16.3.1993 über die Zulassung der
Gesellschafter zur Übernahme der neuen Stammeinlagen oder der
Zeichnung dieser neuen Stammanteile. Bei einer
Kapitalerhöhung, die - wie im Streitfall - zu einer
Veränderung der bisherigen Beteiligungsquoten führt, sind
die neuen Beteiligungsverhältnisse grundsätzlich erst ab
dem Zeitpunkt maßgeblich, an dem die Erhöhung des
Stammkapitals wirksam geworden ist.
a) Anteile an einer GmbH i.S. des § 17
Abs. 1 EStG sind nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs (BFH) die Geschäftsanteile i.S. der
§§ 5 und 14 GmbHG (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 25.11.1997
VIII R 29/94, BFHE 184, 543, BStBl II 1998, 257 = SIS 98 07 04, und
VIII R 36/96, BFH/NV 1998, 691 = SIS 98 08 32, sowie VIII R 49/96,
BFH/NV 1998, 694 = SIS 98 08 31; vom 14.6.2005 VIII R 73/03, BFHE
210, 272, BStBl II 2005, 861 = SIS 05 46 02, jeweils m.w.N.). Nach
§ 14 GmbHG bestimmt sich der Geschäftsanteil eines
Gesellschafters nach dem Betrag der übernommenen Stammeinlage.
Aus der Anbindung des § 17 Abs. 1 EStG an diese
zivilrechtliche Regelung folgt, dass sich steuerrechtlich die
Höhe des Anteils an einer GmbH ebenfalls aus der
übernommenen Stammeinlage errechnet. Dagegen sind die
Einflussmöglichkeiten eines Gesellschafters auf die
Kapitalgesellschaft für die Beurteilung, ob eine wesentliche
Beteiligung vorliegt, ohne Bedeutung. Von den dispositiven
Vorschriften des GmbHG abweichende Vereinbarungen der
Gesellschafter über das Stimmrecht, das Gewinnbezugsrecht oder
die Beteiligung am Liquidationserlös beeinflussen die
Höhe der Beteiligung nicht (vgl. z.B. Senatsurteile in BFH/NV
1998, 691 = SIS 98 08 32; in BFHE 184, 543, BStBl II 1998, 257 =
SIS 98 07 04). Dies führt zu einer kapitalmäßigen
Bestimmung des Begriffs der wesentlichen Beteiligung. Für die
Beteiligung am Kapital der Gesellschaft ist danach
grundsätzlich der nominelle Anteil an deren Stammkapital
maßgebend (BFH-Urteile in BFHE 184, 543, BStBl II 1998, 257 =
SIS 98 07 04, und in BFHE 210, 272, BStBl II 2005, 861 = SIS 05 46 02).
Für die Höhe der Beteiligung des
Klägers ist es deshalb ohne Bedeutung, dass sich dieser
gegenüber dem Mitgesellschafter F verpflichtet hat, sein
Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung schon vor dem
Wirksamwerden des Kapitalerhöhungsbeschlusses so
auszuüben, als habe sich seine Beteiligung bereits auf 25 v.H.
vermindert.
Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass sich die
Höhe des Anteils an einer GmbH aus der übernommenen
Stammeinlage errechnet, hat der Senat nur für den Fall als
geboten erachtet, dass sich das Kapital der Gesellschaft neben den
Einlagen noch aus weiteren Beiträgen der Gesellschafter zum
Eigenkapital zusammensetzt, die „Anteile an einer
Kapitalgesellschaft“ i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 3
EStG gewähren (Senatsurteil in BFHE 210, 272, BStBl II 2005,
861 = SIS 05 46 02, betreffend Genussrechte).
b) Im Streitfall ist das Stammkapital der GmbH
nicht schon mit der Entstehung der Übernahmerechte auf die
neuen Stammanteile aufgrund des Gesellschafterbeschlusses vom
16.3.1993 erhöht worden. Erst mit der Eintragung der
Kapitalerhöhung im Handelsregister hat sich die Beteiligung
des Klägers am Kapital der Gesellschaft von 36 v.H. auf 25
v.H. vermindert und die des Mitgesellschafters F von 40 v.H. auf 51
v.H. erhöht.
Die Kapitalerhöhung wird wie jede
Änderung der Satzung (§ 54 GmbHG) erst mit ihrer
Eintragung im Handelsregister wirksam. Erst zu diesem Zeitpunkt
entstehen die neuen Mitgliedschaftsrechte (Scholz/Priester, GmbHG,
9. Aufl., § 55 Rdnr. 117 und § 57 Rdnr. 33). Soweit
nichts anderes vereinbart ist, besteht auch eine Gewinnberechtigung
der neuen Anteile erst für das Wirtschaftsjahr der Eintragung
(Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 18. Aufl., § 55 Rn.
49). Liegt wie im Streitfall (Ende des Wirtschafsjahrs der GmbH am
30. September) der Bilanzstichtag der Gesellschaft vor dem Tag der
Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister, so ist noch
die alte Stammkapitalziffer (§ 42 Abs. 1 GmbHG i.V.m.
§§ 266 Abs. 3 A I, 272 Abs. 1 Satz 1 des
Handelsgesetzbuchs - HGB - ) in die Schlussbilanz einzusetzen
(Scholz/Priester, a.a.O., § 57 Rdnr. 34; vgl. auch BFH-Urteil
vom 16.4.1991 VIII R 63/87, BFHE 164, 513, BStBl II 1991, 832 = SIS 91 18 13). Dementsprechend bestimmen sich auch das
Gewinnbezugsrecht und die Teilhabe an den stillen Reserven des
Unternehmens noch nach der ursprünglichen
Beteiligungsquote.
c) Die Einbeziehung von Anwartschaftsrechten
(Bezugsrechten) bei der Ermittlung der Beteiligungsquote kann auch
nicht mit der Erwägung gerechtfertigt werden, es handele sich
bei wirtschaftlicher Betrachtung um Rechtspositionen, die
„Anteile an einer Kapitalgesellschaft“
gewähren.
aa) Bezugsrechte gehören zu den in §
17 Abs. 1 Satz 3 EStG genannten Anwartschaften auf Anteile an einer
GmbH (vgl. BFH-Urteil vom 13.10.1992 VIII R 3/89, BFHE 169, 336,
BStBl II 1993, 477 = SIS 93 02 18, m.w.N.). Die entgeltliche
Verfügung eines wesentlich beteiligten Gesellschafters
über sein Anwartschaftsrecht zugunsten eines Dritten kann
deshalb zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn
nach § 17 EStG führen (ständige Rechtsprechung, vgl.
BFH-Urteile vom 20.2.1975 IV R 15/71, BFHE 115, 223, BStBl II 1975,
505 = SIS 75 03 00; in BFHE 169, 336, BStBl II 1993, 477 = SIS 93 02 18; vom 19.4.2005 VIII R 68/04, BFHE 209, 476, BStBl II 2005,
762 = SIS 05 36 06).
bb) Streitig ist dagegen, ob Bezugsrechte auch
bei der Prüfung, ob eine Beteiligung wesentlich i.S. des
§ 17 Abs. 1 Satz 1 EStG ist, einem bestehenden Anteil am
nominellen Grund- oder Stammkapital hinzuzurechnen sind. Der BFH
hatte bisher keine Gelegenheit, über diese Frage zu
entscheiden.
Die Literatur hierzu ist nicht einheitlich.
Zum Teil wird die Auffassung vertreten, die Anwartschaft auf einen
nominellen Kapitalanteil stehe nicht nur hinsichtlich der
Bestimmung des Veräußerungsobjekts in § 17 Abs. 1
Satz 3 EStG, sondern auch bei der Ermittlung der Beteiligungsquote
i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG der nominellen Beteiligung am
Grund- oder Stammkapital gleich (vgl. Schneider, in:
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 17 Rdnr. B 132,
m.w.N.; Blümich/Ebling, § 17 EStG Rz. 88; Frotscher in
Frotscher, Praxiskommentar zum Einkommensteuergesetz, § 17 Rz.
39 ff., m.w.N.; Hörger in Littmann/Bitz/ Pust, Das
Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 17 Rn. 59; Gosch in
Kirchhof, EStG, 6. Aufl., § 17 Rn. 52; Schulte in Ernst &
Young, KStG, § 17 Rz. 42). Anwartschaften auf einen
Gesellschaftsanteil sind nach dieser Auffassung jedenfalls dann in
die Berechnung der Beteiligungsquote einzubeziehen, wenn sie eine
Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös vermitteln
(Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Kommentar zum KStG
und EStG, § 17 Tz. 99; Gosch in Kirchhof, a.a.O., § 17
Rn. 52). In ihrer Mehrzahl sehen aber auch die Vertreter dieser
Auffassung die Eintragung der Kapitalerhöhung im
Handelsregister als maßgeblich für den Beginn der
Fünf-Jahres-Frist an, wenn sich auf Grund einer
Kapitalerhöhung, an der nicht alle Gesellschafter teilnehmen,
die Beteiligungsquoten verändern (z.B. Gosch in Kirchhof,
a.a.O., § 17 Rn. 80; Blümich/Ebling, a.a.O., § 17
EStG Rz. 114; Hörger in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., § 17
Rn. 93; Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O.,
§ 17 EStG Tz. 108; Jäschke in Lademann, EStG, § 17
EStG Anm. 95; Schulte in Ernst & Young, a.a.O., § 17 EStG
Rz. 63; a.A. Milatz/ Kuhlemann, GmbHR 2001, 966: maßgeblich
ist der Zeitpunkt des Kapitalerhöhungsbeschlusses).
Nach anderer Auffassung zählen
Anwartschaften zwar zu den „Anteilen an einer
Kapitalgesellschaft“ i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 3
EStG, nicht aber zum Kapital der Gesellschaft i.S. von § 17
Abs. 1 Satz 1 EStG; Anwartschaften bleiben danach bei der
Ermittlung der Höhe der Beteiligung grundsätzlich
außer Betracht (Eilers/R. Schmidt in Herrmann/Heuer/Raupach,
§ 17 EStG Anm. 111, 114; Zimmermann/Schwier in
Bordewin/Brandt, § 17 EStG Rz. 62; Schmidt/Weber-Grellet,
EStG, 25. Aufl., § 17 Rz. 45; Lütticken, Steuerberater
2002, 122; Schweyer/Dannecker, BB 1999, 1732; Weirich,
Ähnliche Beteiligungen i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG,
S. 131).
cc) Der Senat ist mit der zuletzt genannten
Literaturmeinung der Ansicht, dass aus der Definition des Begriffs
„Anteile an Kapitalgesellschaften“ in § 17
Abs. 1 Satz 3 EStG nicht folgt, dass Anwartschaften (Bezugsrechte)
notwendig auch bei der Bestimmung der Höhe der Beteiligung zu
berücksichtigen sind. Wie der erkennende Senat in seinem
Urteil in BFHE 210, 272, BStBl II 2005, 861 = SIS 05 46 02
ausgeführt hat, können Rechte, mit denen kein Anteil am
Nennkapital verbunden ist, nur dann als „Anteile an einer
Kapitalgesellschaft“ i.S. des § 17 EStG beurteilt
werden, wenn sie dem Inhaber eines solchen Rechts eine der
Beteiligung am Stammkapital wirtschaftlich vergleichbare Stellung
einräumen. Von einer solchen - dem Stammkapital vergleichbaren
- Kapitalbeteiligung kann nur gesprochen werden, wenn der
Rechtsinhaber - wie ein GmbH-Gesellschafter - an der Substanz der
Kapitalgesellschaft, also insbesondere am Liquidationserlös,
beteiligt ist. Denn Beteiligungen sind dadurch gekennzeichnet, dass
sie die für einen Anteilseigner typische Teilhabe an den
stillen Reserven des Unternehmens gewährleisten. Dieses
Erfordernis ergibt sich auch aus dem Zweck des § 17 Abs. 1
EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung, den
wesentlich beteiligten Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft dem
typischen Mitunternehmer gleichzustellen (Senatsurteil in BFHE 210,
272, BStBl II 2005, 861 = SIS 05 46 02). Dieser ist aber auch an
den stillen Reserven seines Unternehmens beteiligt. An einer
solchen - dem Geschäftsanteil vergleichbaren - Beteiligung des
Bezugsrechtsinhabers am Kapital der Gesellschaft fehlt es, solange
die Kapitalerhöhung nicht im Handelsregister eingetragen ist
(s.o. unter II.3.b der Gründe).
dd) Dieser Auffassung steht die sog.
Substanzabspaltungstheorie nicht entgegen, die besagt, dass die
Gesellschafter mit dem Beschluss über die Einräumung von
Bezugsrechten eine Teilsubstanz ihrer eigenen Mitgliedschaftsrechte
von den bisherigen Geschäftsanteilen abspalten und auf die
Erwerber des Bezugsrechts übertragen (vgl. BFH-Urteil vom
10.8.2005 VIII R 26/03, BFHE 210, 402, BStBl II 2006, 22 = SIS 05 44 62, m.w.N.). Dabei ist es unerheblich, ob man die von den alten
GmbH-Anteilen durch die Kapitalerhöhung abgespaltenen und auf
den Erwerber übergegangenen Vermögenswerte als
Bezugsrecht oder als Anwartschaftsrecht auf Teilnahme an einer
Kapitalerhöhung ansieht (BFH-Urteile in BFHE 164, 513, BStBl
II 1991, 832 = SIS 91 18 13, und in BFHE 209, 476, BStBl II 2005,
762 = SIS 05 36 06). Die in den bisherigen Geschäftsanteilen
ruhenden stillen Reserven gehen mit der Übernahme der neuen
Stammeinlagen anteilig auf den Erwerber des Bezugsrechts über
(BFH-Urteil in BFHE 210, 402, BStBl II 2006, 22 = SIS 05 44 62,
m.w.N.). Der BFH hat daraus gefolgert, dass dem Bezugsrecht und der
an seine Stelle tretenden neuen Stammeinlage ein Teil der
Anschaffungskosten für den Erwerb der alten
Geschäftsanteile zuzuordnen sei (BFH-Urteile vom 19.12.2000 IX
R 100/97, BFHE 194, 182, BStBl II 2001, 345 = SIS 01 06 25, und vom
22.5.2003 IX R 9/00, BFHE 202, 309, BStBl II 2003, 712 = SIS 03 32 19). Dieser Übergang anteiliger stiller Reserven auf die neue
Stammeinlage wird jedoch erst wirksam mit der Eintragung der
Kapitalerhöhung im Handelsregister. Die Entstehung des
Bezugsrechts (Anwartschaftsrechts) führt noch nicht zu einer
Veränderung des Stammkapitals und der Beteiligungsquoten (s.o.
unter II.3.b der Gründe). Zwar entstehen schon mit der
Übernahme (Zeichnung der neuen Stammanteile durch die
Übernahmeerklärung des Bezugsberechtigten) Ansprüche
der Gesellschaft gegen den Übernehmer auf Leistung der Einlage
(Scholz/Priester, a.a.O., § 55 Rdnr. 93, m.w.N.; Zöllner
in Baumbach/Hueck, a.a.O., § 55 Rn. 51). Die
Übernahmeerklärung erfolgt jedoch unter der gesetzlichen
Bedingung der Eintragung des Kapitalerhöhungsbeschlusses und
wird erst mit dieser dauerhaft wirksam (Scholz/Priester, a.a.O.,
§ 55 Rdnr. 82; Zöllner in Baumbach/ Hueck, a.a.O., §
55 Rn. 37, 49). Scheitert die Kapitalerhöhung, wird der
Übernehmer von seiner Einlagepflicht frei.
4. Im Streitfall kann dahinstehen, ob
Fälle denkbar sind, in denen der Lauf der
Fünf-Jahres-Frist des § 17 Abs. 1 EStG schon vor der
Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister und damit
vor der wirksamen Erhöhung des Stammkapitals der GmbH
beginnt.
Ein solcher Ausnahmefall kommt jedenfalls nur
dann in Betracht, wenn die zur Übernahme der neuen
Stammanteile zugelassenen Gesellschafter die im
Kapitalerhöhungsbeschluss vereinbarten neuen Stammeinlagen
schon vor Eintragung im Handelsregister erbracht haben und damit
das Eigenkapital der Gesellschaft vermehrt worden ist. Vor diesem
Zeitpunkt kann das Anwartschaftsrecht der zur Übernahme der
neuen Stammeinlagen zugelassenen Gesellschafter keine Beteiligung
an dem neuen Gesellschaftskapital begründen. Im Streitfall ist
das bilanzielle Eigenkapital der Gesellschaft vor Eintragung der
Kapitalerhöhung im Handelsregister nicht vermehrt worden. Nach
den unstreitigen Feststellungen des FG haben die Gesellschafter der
GmbH die im Kapitalerhöhungsbeschluss vom 16.3.1993
beschlossenen Bareinlagen tatsächlich nicht geleistet. Durch
den (zivilrechtlich nichtigen) Beschluss der
Gesellschafterversammlung vom 3.6.1993, dass der Anspruch auf
Leistung der übernommenen Einlagen im Wege der Verrechnung mit
Darlehensforderungen der Gesellschafter gegen die GmbH erfüllt
werden solle, sind die Gesellschafter nicht von ihrer Verpflichtung
zur Leistung der Bareinlagen befreit worden (§ 19 Abs. 5
GmbHG; Urteil des Bundesgerichtshofs vom 7.7.2003 II ZR 235/01, DB
2003, 1894 = SIS 03 44 86). Ist eine Kapitalerhöhung am
maßgeblichen Bilanzstichtag noch nicht ins Handelsregister
eingetragen und sind die beschlossenen Einlagen zu diesem Zeitpunkt
bereits eingefordert, aber noch nicht geleistet, ist der Anspruch
auf die Einlage als schwebendes Geschäft am Bilanzstichtag
noch nicht zu aktivieren (Förschle/Hoffmann in Beck Bil-Komm.
§ 272 Anm. 20; Memento Bilanzrecht für die Praxis
2005/2006, Nr. 11.013). Danach bestand im Streitfall vor Eintragung
der Kapitalerhöhung im Handelsregister kein erhöhtes
Eigenkapital der Gesellschaft, an dem das Bezugsrecht der zur
Übernahme der neuen Stammanteile zugelassenen Gesellschafter
eine zum vorhandenen Gesellschaftsanteil hinzuzurechnende
Beteiligung i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG vermitteln
könnte.