Reiserücktrittsversicherung, Abgrenzung zu Reiseleistung: Ein vom Reiseveranstalter obligatorisch angebotener Abschluss einer Reiserücktrittskostenversicherung für die Kunden kann eine selbständige steuerfreie Leistung neben der unter § 25 UStG 1993 fallenden Reiseleistung sein. - Urt.; BFH 13.7.2006, V R 24/02; SIS 06 35 35
(Anmerkung der Redaktion:
vgl. auch BMF-Schreiben vom 27.11.2006, IV A 5 - S 7419 - 11/06,
BStBl 2006 I S. 790 = SIS 06 45 91)
I. In den Streitjahren 1993 bis 1996 war
die Rechtsvorgängerin der Klägerin und Revisionsbeklagten
(im Folgenden vereinfacht: Klägerin) als Reiseveranstalterin
tätig. Neben den üblichen Reiseleistungen
(Beförderung, Unterkunft, Verpflegung) gehörte zu ihrem
Leistungsangebot der Abschluss einer obligatorischen
Reiserücktrittskostenversicherung. Den dafür
erforderlichen Versicherungsschutz verschaffte sich die
Klägerin durch Abschluss von
Gruppenversicherungsverträgen zu Gunsten der Reiseteilnehmer
bei Versicherungs-Gesellschaften; hierfür hatte sie aufgrund
eigener Rechtspflicht entsprechende Beiträge zu entrichten.
Das von den Reisekunden gezahlte Entgelt für die
Reiserücktrittskostenversicherung sah die Klägerin als
Entgelt für die nach § 4 Nr. 10 Buchst. b des
Umsatzsteuergesetzes (UStG 1993) umsatzsteuerfreie Verschaffung von
Versicherungsschutz an.
Nach einer Betriebsprüfung beurteilte
der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) die
im Reisepreis enthaltene obligatorische
Reiserücktrittskostenversicherung als Bestandteil der
einheitlichen Reiseleistung i.S. des § 25 Abs. 1 Satz 3 UStG
1993. Eine Änderung des Vorsteuerabzugs ergab sich daraus
nicht.
Das Finanzgericht (FG) gab der nach
erfolglosem Einspruch erhobenen Klage statt. Das Urteil des FG ist
in EFG 2002, 1409 = SIS 02 91 68 veröffentlicht.
Das FA rügt mit der Revision
Verletzung von § 1 Abs. 1 Nr. 1 und § 25 UStG 1993. Es
trägt vor, das FG habe die Kriterien zur Abgrenzung von Haupt-
und Nebenleistung unzutreffend angewandt.
Nach den gemeinschaftsrechtlichen
Grundsätzen der Rechtsprechung des Gerichtshofs der
Europäischen Gemeinschaften - EuGH - (Urteil vom 25.2.1999
C-349/96 CPP, Slg. I-1999, 973, UVR 1999, 157, UR 1999, 254 = SIS 99 10 25), die der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 31.5.2001 V
R 97/98 (BFHE 194, 555, BStBl II 2001, 658 = SIS 01 11 12)
übernommen habe, sei die obligatorische
Reiserücktrittskostenversicherung - wie sie im Streitfall
geleistet werde - eine unselbständige Nebenleistung zur
angebotenen Pauschalreise. Sie sei im Verhältnis zur
Pauschalreise nebensächlich, weil sie ein wesentlich
geringeres Gewicht habe als diese.
Die Versicherung sei bei dem von der
Klägerin angebotenen Reiseprodukt auch nicht unüblich.
Die gegenteilige Auffassung des FG (gestützt auf Henkel, DStR
1995, 1329), differenziere nicht wirtschaftlich zwischen
obligatorischer und fakultativer Versicherung. Dazu fehlten auch
statistische Erhebungen des Statistischen Bundesamtes. Selbst wenn
die Möglichkeit des Verkaufs einer Pauschalreise ohne eine
solche Versicherung bestehe und in anderen Fällen so
durchgeführt würde, sei dies für die Beurteilung als
selbständige Nebenleistung nicht ausschlaggebend.
Entscheidend sei vielmehr, dass der
Durchschnittsverbraucher bei einem Komplett-Reise-Angebot davon
ausgehe, dass alle notwendigen Versicherungen üblicherweise
enthalten seien. Anderenfalls habe der Reiseveranstalter sogar nach
§ 651a Abs. 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) i.V.m.
der Verordnung über die Informationspflicht von
Reiseveranstaltern (InfoV) vom 14.11.1994 (BGBl I, 3436),
geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 26.11.2001 (BGBl I,
3138) die Pflicht, über den möglichen Abschluss einer
Reiserücktrittskostenversicherung zu informieren (§ 3
Abs. 2 Buchst. i InfoV). Der Reiseveranstalter könne sich den
negativen Folgen einer unterlassenen Information durch das Angebot
einer obligatorischen Reiserücktrittskostenversicherung im
Reisepaket entziehen. Soweit das FG darauf abstelle, dass z.B. die
Verschaffung von Versicherungsschutz (Risiko-Lebensversicherung)
durch eine Bausparkasse zugunsten von Bausparern nicht als
unselbständige Nebenleistung zur Hauptleistung
(Kreditgewährung) angesehen werde, weil sie nicht der
Abrundung oder Verbesserung dieser Leistung diene, sondern die
Zahlungsverpflichtung der Bausparer ergänze, handle es sich um
einen anderen Versicherungsfall. Diese Versicherung greife nicht
ein, wenn die Hauptleistung (Kreditgewährung) nicht oder
verändert angenommen werde. Dagegen wäre dieser
Versicherungsschutz im Kreditgeschäft ebenfalls
unselbständige Nebenleistung, wenn er z.B. auch Ansprüche
aus einer Vorfälligkeitsentschädigung abdecken
würde. Darüber hinaus ergänze die obligatorische
Reiserücktrittskostenversicherung die Hauptleistung und runde
sie wirtschaftlich ab. Durch die Absicherung des Schadens aus der
Nichtabnahme der Hauptleistung ergebe sich der wirtschaftliche
Zusammenhang. Die Reiserücktrittskostenversicherung sei auch
Teil des Gesamtpreisangebots und runde das
„Sorglos-Paket“ der Pauschalreise sinnvoll ab.
Aus der Sicht des
Durchschnittsverbrauchers, der einen All-Inclusive-Service
anstrebe, sei die Reiserücktrittskostenversicherung Teil der
einheitlichen Dienstleistung des Reiseveranstalters.
Letztlich folge aus der Auffassung des FG,
dass generell keine Nebenleistung mit einer Hauptleistung zu einer
einheitlichen Leistung verbunden werden könnte, weil jede
Nebenleistung losgelöst von der Hauptleistung aus der Sicht
des Kunden einen eigenen Zweck haben könne. Das zeige das
Beispiel einer Güterbeförderung mit
Transportversicherung. Letztere sei eine selbständige
Leistung, wenn der Kunde sie unmittelbar bei der
Versicherungsgesellschaft abschließe, sie sei aber Teil der
einheitlichen Beförderungsleistung, wenn der Spediteur sie
anbiete. Entgegen der Auffassung von FG und Klägerin komme es
nicht darauf an, dass die Nebenleistung ein Mittel zur Erbringung
der Hauptleistung sei. Es reiche vielmehr aus, dass durch sie die
Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch genommen
werden könne und die Nebenleistung deshalb keinem eigenen
Zweck diene.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin tritt der Revision
entgegen.
II. Die Revision des FA ist unbegründet.
Die Beurteilung der Reiserücktrittskostenversicherung durch
das FG als selbständige - nach § 4 Nr. 10 Buchst. b UStG
1993 steuerfreie - Leistung neben den unter § 25 UStG 1993
fallenden Pauschalreiseleistungen ist revisionsrechtlich nicht zu
beanstanden.
1. § 25 UStG 1993 enthält eine
Sonderregelung für Reiseleistungen eines Unternehmers, die
nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers
bestimmt sind, soweit der Unternehmer dabei gegenüber dem
Leistungsempfänger im eigenen Namen auftritt und
Reisevorleistungen in Anspruch nimmt. Die Leistung des Unternehmers
ist als sonstige Leistung anzusehen. Erbringt der Unternehmer an
einen Leistungsempfänger im Rahmen einer Reise mehrere
Leistungen dieser Art, so gelten sie als eine einheitliche sonstige
Leistung. Der Ort der sonstigen Leistung bestimmt sich nach §
3a Abs. 1 UStG 1993. Reisevorleistungen sind Lieferungen und
sonstige Leistungen Dritter, die den Reisenden unmittelbar zugute
kommen (§ 25 Abs. 1 Satz 5 UStG 1993).
Nach Abs. 3 der Vorschrift bemisst sich die
sonstige Leistung nach dem Unterschied zwischen dem Betrag, den der
Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, und
dem Betrag, den der Unternehmer für die Reisevorleistungen
aufwendet.
§ 25 UStG 1993 soll die
gemeinschaftsrechtliche Sonderregelung für Reisebüros in
Art. 26 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur
Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über
die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche
steuerpflichtige Bemessungsgrundlage - 77/388/EWG (Richtlinie
77/388/EWG) umsetzen.
Die Bestimmung lautet (soweit hier von
Interesse):
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„(1) Die Mitgliedstaaten wenden die
Mehrwertsteuer auf die Umsätze der Reisebüros nach den
Vorschriften dieses Artikels an, soweit die Reisebüros
gegenüber den Reisenden im eigenen Namen auftreten und
für die Durchführung der Reise Lieferungen und
Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger in Anspruch nehmen. Die
Vorschriften dieses Artikels gelten nicht für Reisebüros,
die lediglich als Vermittler handeln und auf die Artikel 11 Teil A
Absatz 3 Buchstabe c) anzuwenden ist. Im Sinne dieses Artikels
gelten als Reisebüros auch Reiseveranstalter.
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(2) Die bei Durchführung der Reise vom
Reisebüro erbrachten Umsätze gelten als eine einheitliche
Dienstleistung des Reisebüros an den Reisenden. Sie wird in
dem Mitgliedstaat besteuert, in dem das Reisebüro den Sitz
seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste
Niederlassung hat, von wo aus es die Dienstleistung erbracht hat.
Für diese Dienstleistung gilt als Besteuerungsgrundlage und
als Preis ohne Steuer im Sinne des Artikels 22 Absatz 3 Buchstabe
b) die Marge des Reisebüros, das heißt die Differenz
zwischen dem vom Reisenden zu zahlenden Gesamtbetrag ohne
Mehrwertsteuer und den tatsächlichen Kosten, die dem
Reisebüro durch die Inanspruchnahme von Lieferungen und
Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger entstehen, soweit diese
Umsätze dem Reisenden unmittelbar zugute
kommen.“
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2. Die Anwendung dieser Vorschriften durch das
FG auf den Streitfall lässt keinen Rechtsverstoß
erkennen.
a) Wie das FG ausgeführt hat,
erfüllt die Klägerin als Reiseveranstalterin mit ihren
Pauschalreiseumsätzen zwar grundsätzlich die
Voraussetzungen der Sonderregelung.
b) Revisionsrechtlich unbedenklich kommt das
FG aber zum Ergebnis, dass die Verschaffung des
Versicherungsschutzes durch die Klägerin nicht zum Kreis der
„Reiseleistungen“ bzw. der
„Umsätze eines Reisebüros oder
Reiseveranstalters“ im Sinne der Regelungen
gehört.
aa) Ebenso wenig wie § 25 UStG 1993 die
„Reiseleistungen“ definiert, definiert Art. 26
der Richtlinie 77/388/EWG den dort verwendeten Begriff der
„Umsätze von Reisebüros und
Reiseveranstaltern“.
Nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. zuletzt
Urteil vom 13.10.2005 C-200/04, iSt, BFH/NV, Beilage 2006, 34 = SIS 05 46 11 RandNr. 21) sind Letztere dadurch gekennzeichnet, dass sie
sich meist aus mehreren Leistungen, insbesondere
Beförderungs- und Unterbringungsleistungen zusammensetzen,
die teils im Ausland und teils in dem Mitgliedstaat erbracht
werden, in dem das Reisebüro seinen Sitz oder eine feste
Niederlassung hat.
Die Gewährung von Versicherungsschutz
fällt nicht unter die vorbezeichneten typischen
Reiseleistungen.
bb) Nach den Feststellungen des FG hat die
Klägerin ihren Reisekunden die Gewährung von
Versicherungsschutz mit Hilfe der
Reiserücktrittskostenversicherung als eigene Leistung
angeboten. Sie hat dies in der Weise bewirkt, dass sie mit
Versicherungsunternehmen sog. Gruppenversicherungen abschloss und
ihren Kunden gegen Entgelt im eigenen Namen und für eigene
Rechnungen Versicherungsschutz durch Einschaltung des Versicherers
verschaffte. Wie der EuGH im CPP-Urteil (in UVR 1999, 157, UR 1999,
254 = SIS 99 10 25 RandNr. 21) ausführte, fallen auch solche
„Versicherungsumsätze“, die nicht von einem
Versicherungsunternehmen selbst, sondern - wie hier - durch ein
anderes Unternehmen (Klägerin) an dessen Kunden erbracht
werden, unter die Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil B Buchst. a der
Richtlinie 77/388/EWG bzw. des § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG 1993
für die Verschaffung von Versicherungsschutz.
c) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist
auch die Auffassung des FG, die Verschaffung des
Versicherungsschutzes sei nicht als unselbständige
Nebenleistung anzusehen, die das Schicksal der Pauschalreisen als
Hauptleistung teile und wie diese (gemäß § 25 UStG
1993) zu besteuern sei.
aa)
Das FG stützt sich dazu auf die Rechtsprechung des EuGH und
des BFH zu den sog. zusammengesetzten Leistungen.
Im
Urteil CPP in UVR 1999, 157, UR 1999, 254 = SIS 99 10 25 RandNr. 28
ff. hat der EuGH grundlegende Aussagen zu dieser Fragestellung
getroffen, unter welchen Bedingungen mehrere zusammenhängende
Leistungen als eine Gesamtleistung zu behandeln sind. In erster
Linie ist bei einem Umsatz, der ein Leistungsbündel darstellt,
eine Gesamtbetrachtung erforderlich (RandNr. 28). Im Einzelnen
gilt:
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„29 Da
sich zum einen aus Artikel 2 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie
ergibt, dass jede Dienstleistung in der Regel als eigene,
selbständige Leistung zu betrachten ist, und da zum anderen
eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung im Interesse eines
funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich
aufgespalten werden darf, ist das Wesen des fraglichen Umsatzes zu
ermitteln, um festzustellen, ob der Steuerpflichtige dem
Verbraucher mehrere selbständige Hauptleistungen oder eine
einheitliche Leistung erbringt, wobei auf die Sicht des
Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist.
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30 Eine
einheitliche Leistung liegt insbesondere dann vor, wenn ein Teil
oder mehrere Teile die Hauptleistung, ein oder mehrere andere Teile
aber Nebenleistungen darstellen, die das steuerliche Schicksal der
Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer
Hauptleistung anzusehen, wenn sie für die Kundschaft keinen
eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung
des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu
nehmen. ...“
|
Nach RandNr. 32
des bezeichneten Urteils ist es Sache des nationalen Gerichts,
anhand der Auslegungshinweise zu entscheiden, ob mehrere zusammen
angebotene Umsätze des Unternehmers als selbständig oder
als einheitlich zu beurteilende Haupt- und Nebenleistung zu
erfassen sind (ebenso EuGH, Urteil vom 27.10.2005 C-41/04, Levob,
BFH/NV Beilage 2006, 38 = SIS 06 02 01 RandNr. 23).
bb) Das FG hält sich im angefochtenen
Urteil an den vorgegebenen Auslegungsrahmen. Es sieht die
Reiserücktrittskostenversicherung im Verhältnis zur
Pauschalreise - wegen des erheblich geringeren wirtschaftlichen
Gewichts - zwar als nebensächlich an, nicht aber als Mittel
(ohne eigenen Zweck), um die Hauptleistung unter optimalen
Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Dazu führt es aus, dass die
Reiserücktrittskostenversicherung kein der Hauptleistung
(Reiseleistung) innewohnendes Risiko versichere, sondern bestimmte
Risiken im persönlichen Bereich des Reisenden (wie z.B. Tod
oder Unfall). Damit verfolge sie einen von der Durchführung
der Reise unabhängigen Sicherungszweck. Sie bezwecke, das
finanzielle Risiko des Reisenden in Gestalt der als pauschaliertem
Schadensersatz nach § 651a BGB geschuldeten
Stornogebühren zu mindern oder auszuschließen. Die
Reiserücktrittskostenversicherung könne auch nicht als
ein Mittel angesehen werden, um die Reiseleistung unter optimalen
Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Da sie keinerlei Einfluss auf
die Durchführung der Reise habe, sei sie nicht geeignet, diese
in irgendeiner Weise zu verbessern oder zu optimieren.
Diese Gesamtabwägung durch das FG, die
auf den allgemeinen Schutzzweck der Versicherung abstellt,
lässt keinen Fehler erkennen.
Das FA strebt mit seiner Revision eine vom FG
abweichende Würdigung des
„Leistungsbündels“ der Klägerin an.
Die Würdigung durch das FG als zwei selbständige
Umsätze (steuerpflichtige Reiseleistungen und steuerfreie
Verschaffung von Versicherungsschutz) ist aber jedenfalls
möglich. Sie liegt auch auf der Linie zur Rechtsprechung des
Senats zu Leistungsbündeln, mit denen der Unternehmer seine
„typische“ Leistung zusätzlich mit
Versicherungsschutz anbietet.
So ist nach dem Senatsurteil vom 9.10.2002 V R
67/01 (BFHE 200, 126, BStBl II 2003, 378 = SIS 03 05 88) die
Verschaffung von Versicherungsschutz durch einen
Gebrauchtwagenverkäufer keine unselbständige
Nebenleistung zur Fahrzeuglieferung. Dazu hat der Senat - unter
Bezugnahme auf das CPP-Urteil des EuGH - ausgeführt, dass es
dem Sinn der Steuerbefreiungsregelung in § 4 Nr. 10 UStG 1993
widerspräche, wenn die Verschaffung des Versicherungsschutzes
(wie sie auch im Streitfall durch die Klägerin im eigenen
Namen angeboten wird) zusätzlich zur Versicherungsteuer
umsatzsteuerpflichtig wäre. § 4 Nr. 10 UStG 1993
bezweckt, eine doppelte Belastung des Versicherten mit
Versicherungsteuer und Umsatzsteuer zu vermeiden. Dies käme
durch die Einbeziehung der Versicherungsleistung in die Besteuerung
der Reiseleistung nicht zum Tragen.
Soweit das FA einwendet, bei den - im
Streitfall vorliegenden - obligatorischen
Reiserücktrittskostenversicherungen läge - anders als bei
fakultativen Versicherungen - eine vertraglich vorgegebene
Bündelung mit der Pauschalreise und überdies eine
sinnvolle Abrundung des „Sorglos-Pakets“ der
Pauschalreise vor, wie sie der Durchschnittsverbraucher
üblicherweise erwarte, zwingt dies den Senat nicht, die
Gesamtwürdigung durch das FG als unvertretbar anzusehen.
Vielmehr ergibt sich aus dem oben bezeichneten CPP-Urteil des EuGH,
dass obligatorischen Versicherungsleistungen neben den anderen
Leistungen des Anbieters nicht das Gewicht zukommt, wie das FA es
sieht. Denn auch die in der EuGH-Entscheidung aufgestellten
Grundsätze ergingen zu einer Fallgestaltung mit einem
Leistungsbündel, das den obligatorischen Versicherungsschutz
umfasste.