Überlassung eines Parkplatzes zur Weitervermietung, USt: § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG gilt für die Vermietung eines Parkplatz-Grundstücks auch dann, wenn der Mieter dort zwar nicht selbst parken will, aber entsprechend der Vereinbarung im Mietvertrag das Grundstück Dritten zum Parken überlässt. - Urt.; BFH 30.3.2006, V R 52/05; SIS 06 34 85
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist Erbbauberechtigte an
einem Grundstück in G. Sie hatte im Jahr 1992 auf diesem
Grundstück 170 Parkplätze errichtet und betrieb damit bis
Ende März 1996 eine Parkplatzvermietung. Mit Vertrag vom
18.3.1996 verpachtete sie das Grundstück an die Gemeinde G,
die seitdem den Parkplatz betreibt und dort Parkscheinautomaten
aufgestellt hat. Der Pachtvertrag lautet auszugsweise wie
folgt:
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„... § 1
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Frau X ist Erbbauberechtigte folgender
Grundstücke ... auf diesen Grundstücken hat die
Verpächterin 170 befestigte Parkplätze hergestellt. Die
Verpächterin verpachtet diese Grundstücke an die
Pächterin zur Nutzung als öffentlicher Parkplatz und
stimmt einer entsprechenden Widmung der Flächen nach dem
Straßen- und Wegegesetz zu. ...
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§ 2
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Die Pachtzeit beträgt 10 Jahre
...
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§ 3
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Der Pachtzins beträgt je Stellplatz
730 DM jährlich, für die 170 Stellplätze insgesamt
124.100 DM. ...“
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Entsprechend den Erklärungen der
Klägerin wurden die Umsätze aus der Parkplatzvermietung
bis zum 31.3.1996 als steuerpflichtig behandelt und die im
Zusammenhang mit der Errichtung der Parkplätze stehenden
Vorsteuerbeträge als abziehbar anerkannt. In ihrer
Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 1996
erklärte die Klägerin die Umsätze aus der
Verpachtung des Grundstücks an die Gemeinde G als steuerfrei.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) folgte
dem nicht. Mit Umsatzsteuerbescheid vom 16.7.1998 behandelte das FA
diese Umsätze als steuerpflichtig und setzte die Umsatzsteuer
aus dem Pachtzins fest.
Die hiergegen gerichtete Klage blieb ohne
Erfolg (vgl. SIS 05 46 85).
Mit der Revision macht die Klägerin
Verletzung materiellen Rechts (§ 4 Nr. 12 Satz 2 des
Umsatzsteuergesetzes 1993 - UStG - ) geltend. Für eine
Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen
reiche es nicht aus, dass die verpachteten Flächen am Ende
einer Vermietungskette Fahrzeugbesitzern zum Gebrauch als
Stellfläche überlassen würden. Mit § 4 Nr. 12
Satz 2 UStG werde nur die unmittelbare Überlassung einer
Stellfläche an Fahrzeugbesitzer erfasst. Nach der
Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen
Gemeinschaften (EuGH) sei unter dem Begriff der Vermietung von
Grundstücken die Einräumung des Rechts, das
Grundstück auf bestimmte Zeit in Besitz zu nehmen und andere
von diesem Recht auszuschließen, zu verstehen. Eine von der
Befreiung ausgenommene gewerbliche Nutzung folge aus der Vorhaltung
und Nutzung der dafür erforderlichen Einrichtungen. Ihre
Leistung habe sich aber in der passiven Überlassung des
Parkplatzgrundstücks erschöpft.
Die Klägerin beantragt, die
Vorentscheidung aufzuheben und die Umsatzsteuer 1996 auf 1.896,05
DM (969,43 EUR) herabzusetzen.
Das FA ist der Revision
entgegengetreten.
II. Die Revision ist unbegründet; sie ist
deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das Finanzgericht (FG) hat die von
der Klägerin ausgeführten Verpachtungsumsätze zu
Recht als steuerpflichtig beurteilt.
Eine steuerpflichtige Vermietung von
Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen i.S. des §
4 Nr. 12 Satz 2 UStG liegt auch dann vor, wenn ein Unternehmer ein
mit befestigten Parkplätzen bebautes Grundstück an einen
Dritten - wie im Streitfall - „zur Nutzung als
öffentlicher Parkplatz“ vermietet.
1. Gemäß § 4 Nr. 12 Satz 1
Buchst. a UStG ist u.a. die Vermietung und die Verpachtung von
Grundstücken von der Umsatzsteuer befreit. Die Klägerin
hat ein Grundstück vermietet, so dass diese
Vermietungsleistung grundsätzlich unter die Steuerbefreiung
des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG fallen würde.
Nicht befreit ist nach § 4 Nr. 12 Satz 2
UStG die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von
Fahrzeugen. Mit der Vorschrift wird Art. 13 Teil B Buchst. b Nr. 2
der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung
der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) in nationales
Recht umgesetzt. Nach der Richtlinienbestimmung befreien die
Mitgliedstaaten die Vermietung und Verpachtung von
Grundstücken mit Ausnahme der Vermietung von Plätzen
für das Abstellen von Fahrzeugen.
2. Die Begriffe, mit denen die
Steuerbefreiungen des Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG umschrieben
sind, sind eng auszulegen, weil sie Ausnahmen von dem allgemeinen
Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein
Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Umsatzsteuer
unterliegt (Urteile des EuGH vom 3.3.2005 C-428/02, Fonden
Marselinsborg Lystbadehavn, Rdnr. 29, BFH/NV Beilage 2005, 175,
IStR 2005, 315 = SIS 05 17 77; vom 3.3.2005 C-472/03, Arthur
Andersen, Rdnr. 24, BFH/NV Beilage 2005, 188; UR 2005, 201 = SIS 05 17 37). Dabei muss aber die Auslegung der in den
Steuerbefreiungsvorschriften verwendeten Begriffe mit den Zielen in
Einklang stehen, die mit den Befreiungen verfolgt werden und den
Erfordernissen des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität
entsprechen, auf dem das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht
(EuGH-Urteile vom 26.5.2005 C-498/03, Kingscrest und Montecello, UR
2005, 453 = SIS 05 30 13 Rz. 29; vom 6.11.2003 C-45/01, Dornier,
Slg. 2003, I-12911 = SIS 04 01 38 Rz. 42). Das steht im Einklang
mit den von der Klägerin in Bezug genommenen Urteilen des EuGH
vom 12.6.2003 C-275/01, Sinclair Collis (BFH/NV Beilage 2003, 216,
UR 2003, 348 = SIS 03 29 11 Rdnr. 23) und vom 18.11.2004 C-284/03,
Tempco Europe (BFH/NV Beilage 2005, 86, UR 2005, 24 = SIS 05 07 23
Rdnr. 17, 18).
Die Klägerin kann sich für die von
ihr vertretene Rechtsauffassung nicht auf diese Urteile des EuGH
sowie die Urteile vom 3.3.2005 C-428/02, Fonden Marselinsborg
Lystbadehavn, Rdnr. 29 in BFH/NV Beilage 2005, 175, IStR 2005, 315
= SIS 05 17 77, vom 16.1.2003 C-315/00, Maierhofer (BFH/NV Beilage
2003, 104, UR 2003, 86 = SIS 03 09 06) und vom 4.10.2001 C-326/99,
Stichting Goed Wonen (BFH/NV Beilage 2001, 10, UR 2001, 484 = SIS 01 13 24) stützen. In diesen Entscheidungen hat sich der EuGH
mit der Auslegung des allgemeinen Begriffes der Vermietung und
Verpachtung von Grundstücken i.S. von Art. 13 Teil B der
Richtlinie 77/388/EWG befasst, nicht aber mit der Auslegung der
hierzu in Art. 13 Teil B Buchst. b Nr. 2 der Richtlinie 77/388/EWG
ergangenen Ausnahme für die Vermietung von Plätzen
für das Abstellen von Fahrzeugen. Dass eine Vermietung eines
Grundstücks durch die Klägerin vorliegt, steht nicht in
Frage.
3. Von der nicht steuerbefreiten
„Vermietung von Plätzen für das Abstellen von
Fahrzeugen“ i.S. von § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG und Art.
13 Teil B Buchst. b Nr. 2 der Richtlinie 77/388/EWG wird die
Vermietung eines mit Parkplätzen bebauten Grundstücks
jedenfalls dann umfasst, wenn der Mieter dort zwar nicht selbst
parken will, aber - entsprechend der Vereinbarung im Mietvertrag -
das Grundstück Dritten zum Parken überlässt. §
4 Nr. 12 Satz 2 UStG setzt nicht voraus, dass der Mieter das
Grundstück selbst als Parkfläche nutzt. Nach § 1 des
Pachtvertrages diente die Verpachtung ausdrücklich zur Nutzung
als öffentlicher Parkplatz, wobei sich auch das Entgelt an der
Anzahl der Parkplätze orientierte.
Entgegen der Rechtsauffassung der
Klägerin sind Ausnahmen von der Befreiung nicht eng auszulegen
(EuGH-Urteil vom 3.3.2005 C-428/02, Fonden Marselinsborg
Lystbadehavn, Rdnr. 43 in BFH/NV Beilage 2005, 175 = SIS 05 17 77,
IStR 2005, 315).
4. Der EuGH hat zur Vermietung von
Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen ausgeführt,
dass die Mitgliedstaaten die Vermietung insoweit nicht von der
Mehrwertsteuer befreien dürfen, als sie von der in Art. 13
Teil B Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehenen Befreiung
ausgeschlossen ist, d.h. als sie nicht mit der steuerfreien
Vermietung von für einen anderen Gebrauch bestimmten
Grundstücken eng verbunden ist (EuGH-Urteil vom 13.7.1989 Rs.
173/88, Morten Henriksen, UR 1991, 42 = SIS 90 11 32 Rz. 23). Art.
13 Teil B Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG ordnet die Vermietung
von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen der
allgemeinen Regelung der Richtlinie unter, nach der alle
steuerbaren Umsätze der Steuer unterworfen sein sollen, sofern
nicht ausdrücklich etwas anderes vorgesehen ist (EuGH in UR
1991, 42 Rz. 12). Auch danach ist eine Auslegung, derzufolge eine
Vermietung für das Abstellen von Fahrzeugen eine Nutzung zu
Parkzwecken durch den Mieter selbst voraussetzt, nicht geboten.