Überschussbeteiligung neben Grundrente: Bezieht der Steuerpflichtige aufgrund eines Rentenversicherungsvertrages gegen Einmalbeitrag auf Lebenszeit sowohl eine garantierte "Grundrente" als auch eine nicht garantierte "Bonusrente aus der Überschussbeteiligung", so sind beide Bestandteile der wiederkehrenden Bezüge einheitlich zu beurteilen und trotz der durch die fehlende Gleichmäßigkeit der Leistungen bedingten Nichterfüllung des Leibrentenbegriffs lediglich mit ihrem Ertrags- bzw. Zinsanteil der Einkommensbesteuerung zu unterwerfen. - Urt.; BFH 20.6.2006, X R 3/06; SIS 06 34 80
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten
(Kläger) sind Eheleute, die für das Streitjahr 1992
zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden.
Der am 8.8.1942 geborene Kläger
schloss durch Vermittlung der Fa. V zum 1.12.1992 als
Versicherungsnehmer mit der L-Lebensversicherungs-AG (L-AG) einen
Vertrag über eine sofort beginnende Leibrente gegen Zahlung
eines Einmalbeitrages in Höhe von 200.000 DM. Die L-AG
verpflichtete sich, beginnend ab 1.1.1993 monatlich 874,75 DM zzgl.
einer nicht garantierten Bonusrente aus der
Überschussbeteiligung in Höhe von anfänglich
monatlich 436,92 DM an den Kläger bis an dessen Lebensende,
mindestens aber für die Dauer von 20 Jahren, zu
zahlen.
Der Kläger finanzierte den
Einmalbeitrag in voller Höhe durch ein am 18.12.1992
aufgenommenes Darlehen der E-Bank, das mit 9 v.H. verzinst und am
17.12.2004 in einem Betrag zurückgezahlt werden sollte
(Darlehen I). Die Zinsen für die gesamte Laufzeit entrichtete
der Kläger (abgezinst) im Voraus. Zur Finanzierung dieser
Zinszahlung nahm er ebenfalls am 18.12.1992 ein weiteres Darlehen
der E-Bank über 139.235 DM auf, bei dem die Zinsen in
Höhe von nominell 8,75 v.H. vierteljährlich
nachschüssig zu entrichten waren (Darlehen II). Das Darlehen
II war in voller Höhe am 17.12.1998 zurückzuzahlen.
Sondertilgungen waren beim Darlehen II jederzeit zulässig,
ohne dass eine Vorfälligkeitsentschädigung anfallen
sollte. Für die beiden Darlehen waren über die gesamten
Laufzeiten berechnete Kontoführungsgebühren in Höhe
von 1.440 DM (Darlehen I) bzw. 720 DM (Darlehen II) sofort zu
entrichten. Sie wurden bei der Auszahlung der Darlehenssummen
einbehalten.
Für die „Entwicklung des
Rentenkonzepts und der Finanzierung“ hatte der Kläger an
die Fa. V eine sog. Konzeptgebühr in Höhe von 11.400 DM
zu zahlen.
In der Einkommensteuererklärung
für 1992 machte der Kläger bei seinen Einkünften aus
der „Leibrente“ einen Werbungskostenüberschuss in
Höhe von 143.235 DM (im Einzelnen: Zinsen aus Darlehen I
139.235 DM + Konzeptgebühren in Höhe von 2 % von 200.000
DM = 4.000 DM) geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) lehnte die Berücksichtigung des
Werbungskostenüberschusses ab, weil es nach seiner Auffassung
an der Absicht des Klägers zur Erzielung eines
Totalüberschusses gefehlt habe.
Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen
gerichteten Klage statt (vgl. EFG 2006, 741 = SIS 06 22 13).
Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts.
Es beantragt, die Vorentscheidung
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen
(sinngemäß), die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
II. Die Revision des FA ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung
der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung
- FGO - ). Der erkennende Senat folgt dem FG nicht darin, dass der
Kläger hinsichtlich seiner Einkünfte aus der
Rentenversicherung gegen fremdfinanzierten Einmalbeitrag die
Absicht verfolgt habe, einen (Total-) Überschuss der
steuerbaren und steuerpflichtigen Renteneinnahmen über die
voraussichtlichen Werbungskosten zu erzielen.
1. Mit Recht hat das FG angenommen, dass der
geltend gemachte Werbungskostenüberschuss schon dem Grunde
nach nur dann einkommensteuermindernd berücksichtigt werden
kann, wenn der Kläger mit der in Rede stehenden Rentenanlage
die Absicht verfolgte, auf die voraussichtliche Dauer der Anlage
einen Totalüberschuss der Einnahmen über die
Werbungskosten zu erwirtschaften (vgl. z.B. Senatsurteil vom
16.9.2004 X R 29/02, BFHE 208, 129, BStBl II 2006, 234 = SIS 05 12 83).
Der Zeitraum, für den die
Überschussprognose vorzunehmen ist, entspricht der
mutmaßlichen Gesamtdauer der Vermögensnutzung (vgl. z.B.
Senatsurteil vom 15.12.1999 X R 23/95, BFHE 190, 460, BStBl II
2000, 267 = SIS 00 04 81, unter II.3.b). Maßgebend sind die
bei Vertragsschluss erkennbaren Verhältnisse, weil sich der
„Rentenberechtigte“ bereits zu diesem Zeitpunkt
endgültig gebunden hat (vgl. Senatsurteile in BFHE 208, 129,
BStBl II 2006, 234 = SIS 05 12 83, unter II.1., und in BFHE 190,
460, BStBl II 2000, 267 = SIS 00 04 81, unter II.4.a aa und
bb).
2. Des Weiteren ist das FG zutreffend im
Rahmen der von ihm getroffenen Überschussprognose davon
ausgegangen, dass der Kläger aus der maßgeblichen
Perspektive bei Abschluss des Rentenversicherungsvertrages im
Streitjahr 1992 aus der Rentenversicherung voraussichtlich
Bruttoeinnahmen in Höhe von 398.747,68 DM zu erwarten
hatte.
a) Der zu Beginn der Rente 50 Jahre alte
Kläger verfügte an seinem 50. Geburtstag (8.8.1992) nach
der „Abgekürzten Sterbetafel 1988/1990“ (zu
deren Maßgeblichkeit im Streitfall vgl. Senatsurteil vom
16.9.2004 X R 25/01, BFHE 207, 515, BStBl II 2006, 228 = SIS 05 04 71, unter II.4.a bb und cc, mit ausführlicher Begründung;
zur Berechnung der mittleren Lebenserwartung genau ab dem Zeitpunkt
des betreffenden Geburtstags vgl. BFH-Urteil in BFHE 207, 515,
BStBl II 2006, 228 = SIS 05 04 71, unter II.4.a dd) über eine
mittlere Lebenserwartung von 25,72 Jahren. Dieser Zeitraum
übersteigt die vereinbarte Mindestlaufzeit der
„Rente“ von 20 Jahren.
Nach der statistischen Wahrscheinlichkeit
stand daher zu erwarten, dass der Kläger alle Rentenzahlungen
vom 1.1.1993 bis zum 1.4.2018 (= 304 Monatszahlungen) erleben
werde. Demnach ergeben sich folgende voraussichtliche
Rentenzahlungen:
„Grundrente“
|
|
304 x 874,75 DM =
|
265.924,00 DM
|
“Überschussbeteiligung“
(Bonusrente)
|
|
304 x 436,92 DM =
|
132.823,68 DM
|
Summe
|
398.747,68 DM
|
b) Mit Recht ist das FG davon ausgegangen,
dass auch die nicht garantierte „Bonusrente“
während der gesamten mutmaßlichen Laufzeit der
Rentenzahlungen - wie zu deren Beginn - 436,92 DM betragen wird
(vgl. Oberfinanzdirektion - OFD - Kiel, Verfügung vom
4.10.2000 S 2255 A St 236, FR 2001, 323 = SIS 01 06 20, unter
III.2.1.b; OFD Berlin, Verfügung vom 29.12.1998 St 446 - S
2255 - 1/93, DStR 2000, 687 = SIS 99 15 01, unter 2.2.1, letzter
Absatz).
3. Nicht beizupflichten vermag der erkennende
Senat dem FG indessen darin, dass es lediglich die
„Grundrente“ mit ihrem Ertragsanteil (=
Zinsanteil; lt. Tabelle in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a des
Einkommensteuergesetzes - EStG - ) von 41 v.H., die
Überschussbeteiligung hingegen in voller Höhe als i.S.
von § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG steuerbare und steuerpflichtige
Einnahmen behandelt hat.
a) In der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs
(BFH) ist bislang nicht abschließend entschieden worden, ob
in dem auch hier gegebenen Fall, dass dem Bezugsberechtigten neben
einer vom Versicherer garantierten Grundrente eine nicht
garantierte laufende Überschussbeteiligung
(„Bonusrente“) gewährt wird, die
wiederkehrenden Leistungen mit steuerrechtlicher Wirkung
zergliedert werden müssen in die gleich bleibende, der
Ertragsanteilsbesteuerung unterfallende (Grund-)Rente und die der
Höhe nach variabel vereinbarte Zusatzrente.
aa) Teilweise wird dies bejaht und daraus die
Folgerung gezogen, dass die Grundrente der
Ertragsanteilsbesteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a
EStG und die Zusatzrente in vollem Umfang der Besteuerung nach
§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG unterliege (vgl. Niedersächsisches
FG, Urteil vom 16.4.1996 XV 42/93, EFG 1996, 978; OFD Hannover,
Verfügung, vom 2.5.1997 S 2255 - 107 - StO 223/S 2255 - 342 -
StH 215, DStR 1997, 1083 = SIS 97 20 02). Dieser Ansicht hat sich
auch die Vorinstanz angeschlossen.
bb) Überwiegend wird indessen die
Auffassung vertreten, dass die gesamte Rente einschließlich
der Überschussanteile („Bonusrente“) mit
dem Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG zur
Einkommensteuer heranzuziehen sei (vgl. Schreiben des
Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 26.11.1998 IV C 3 - S
2255 - 35/98, BStBl I 1998, 1508 = SIS 99 02 01; OFD Cottbus,
Verfügung vom 22.10.1998 - S 2255 - 7-St 110, FR 1998, 1060 =
SIS 99 01 01; OFD Berlin in DStR 2000, 687 = SIS 99 15 01, unter
2.2; OFD Kiel in FR 2001, 323 = SIS 01 06 20, unter III.2.1.b;
Horlemann, FR 1998, 466, 467).
Im BMF-Schreiben in BStBl I 1998, 1508 = SIS 99 02 01 wird dies unter gleichzeitigem Hinweis auf die
„bisherige langjährige Übung“ vor
allem mit der Erwägung begründet, dass eine
„volle Erfassung der Überschussanteile ... bei
gleichzeitiger Erfassung der garantierten (Grund-)Rente mit dem
Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG ...
bezogen auf die Gesamtleistung zu einer Überbesteuerung
führen (würde). Die garantierte Rente, die aus
versicherungsaufsichtsrechtlichen Gründen auf der Basis eines
Zinssatzes von derzeit lediglich 4 v.H. berechnet (werde), werde
mit einem Ertragsanteilssatz herangezogen, der auf der Basis eines
Zinssatzes von 5,5 v.H. berechnet (sei). Bei einer vollen
Heranziehung des Überschussanteils unterläge deshalb
insgesamt auch ein Teil der Kapitalrückzahlung der
Besteuerung. Mit der Anwendung eines durchschnittlichen Zinssatzes
von 5,5 v.H. bei der Ermittlung des Ertragsanteils (werde) der
Ertrag der Rente typisierend erfasst, unabhängig vom
tatsächlichen Ertrag im Einzelfall“.
b) Der erkennende Senat vermag sich der
Vorinstanz und der vorstehend unter II.3.a aa skizzierten Ansicht
schon deswegen nicht anzuschließen, weil die volle
ertragsteuerliche Erfassung der nicht garantierten
Überschussbeteiligung - wie das BMF im Schreiben in BStBl I
1998, 1508 = SIS 99 02 01 (vgl. oben a bb) zu Recht ausführt -
zu einer verfassungswidrigen Überbesteuerung führen
würde. Wie das BMF (in BStBl I 1998, 1508 = SIS 99 02 01)
zutreffend hervorgehoben hat, beträgt der in der Tabelle in
§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG zugrunde gelegte
Rechnungszinsfuß 5,5 v.H. Allein mit dem Ansatz der
Garantiezinsen, deren Höhe im Streitjahr 3,5 v.H. betrug (vgl.
z.B. Dötsch in Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, §
20 Rdnr. H 18), war ein solcher Ertrag aber bisher - soweit
ersichtlich - zu keinem Zeitpunkt erreichbar (zur Entwicklung der
Garantiezinsen vgl. auch § 2 Abs. 1 der
Deckungsrückstellungsverordnung vom 6.5.1996, BGBl I 1996,
670, mit späteren Änderungen durch die Verordnungen vom
29.3.2000, BGBl I 2000, 336, und vom 5.11.2003, BGBl I 2003, 2259;
vom 1.5.1996 bis 30.6.2000: 4,0 v.H.; vom 1.7.2000 bis 31.12.2003:
3,25 v.H.; seit 1.1.2004: 2,75 v.H.). Bei der vom FG
befürworteten vollen Heranziehung der Überschussanteile
unterläge daher bei einer Gesamtbetrachtung der
Rentenzahlungen auch ein Teil der Kapitalrückzahlung der
Besteuerung, was indes der verfassungskonform einzugrenzenden
Grundaussage des § 2 Abs. 2 EStG widerspräche (näher
dazu z.B. Senatsurteil vom 26.11.1992 X R 187/87, BFHE 170, 98,
BStBl II 1993, 298 = SIS 93 05 01, insbesondere unter II.2.a bis c
der Gründe; ferner Senatsurteil vom 25.11.1992 X R 34/89, BFHE
170, 76, BStBl II 1996, 663 = SIS 93 05 02, unter 2.c aa und bb der
Gründe; vgl. ferner auch Beschluss des Großen Senats des
BFH vom 15.7.1991 GrS 1/90, BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78 = SIS 91 22 01, unter C.II.2. der Gründe; BFH-Urteil vom 9.2.1994 IX
R 110/90, BFHE 175, 212, BStBl II 1995, 47 = SIS 94 22 06, unter 5.
der Gründe).
Abgesehen davon käme es bei der vom FG
angenommenen vollen Besteuerung der Überschussanteile auch zu
einer Ungleichbehandlung der Versicherungsprodukte deutscher
Anbieter einerseits, die aufgrund aufsichtsrechtlicher Bestimmungen
(vgl. § 65 Abs. 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes - VAG - )
die Höhe der Überschussanteile nicht garantieren
dürfen, und ausländischer Anbieter andererseits, die
nicht daran gehindert sind, Erträge in voller Höhe zu
garantieren (zu britischen Lebensversicherungen vgl. z.B.
Meyer-Scharenberg, DStR 1997, 1678).
Schließlich kann der erkennende Senat
der Vorinstanz und der unter II.3.a aa dargestellten Auffassung
aber auch deshalb nicht folgen, weil sie zu einer gekünstelten
und deshalb bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht gerechtfertigten
Aufsplittung des im Streitfall gegen Einmalbeitrag erworbenen
einheitlichen Rentenrechts führen würde.
c) Bei der danach gebotenen einheitlichen
Beurteilung des Rentenrechts hinsichtlich der garantierten
Grundrente und der nicht garantierten Überschussbeteiligung
stellen sich die weiteren Fragen, welcher Einkunftsart die
streitigen Rentenzahlungen unterfallen und - daran anknüpfend
- auf welche Weise der in diesen wiederkehrenden Leistungen
enthaltene (steuerbare und steuerpflichtige) Zins- bzw.
Ertragsanteil von dem - wie dargelegt (vgl. oben II.3.b) - in jeder
Rentenzahlung enthaltenen nicht steuerbaren
Kapitalrückzahlungsanteil zu sondern ist.
In seinem Urteil vom 15.6.2005 X R 64/01 (BFHE
210, 281, BStBl II 2006, 245 = SIS 05 42 01, unter II.3.b bb) hat
der erkennende Senat - ohne sich allerdings endgültig
festlegen zu müssen - die Überlegung für nahe
liegend erachtet, dass der Zinsanteil der bei der gebotenen
Einheitsbetrachtung insgesamt abänderbaren
„Rente“ nicht nach § 22 Nr. 1 EStG, sondern
nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu besteuern sei. Da § 22 Nr.
1 Satz 3 Buchst. a EStG nur den Ertragsanteil von -
definitionsgemäß gleich bleibenden - Leibrenten regele,
sei bei privaten abänderbaren Renten eine - letztlich nur
praktische - Schwierigkeit in dem Erfordernis begründet, die
Laufzeit der wiederkehrenden Bezüge zu bestimmen, von der die
Höhe des Zinsanteils abhänge. Die Modalitäten der
Berechnung des Zinsanteils seien umstritten (vgl.
Senatsentscheidungen in BFHE 170, 98, BStBl II 1993, 298 = SIS 93 05 01; vom 14.12.1994 X R 1-2/90, BFHE 177, 36, BStBl II 1996, 680
= SIS 95 14 04; anders - entsprechende Anwendung der Vorschriften
über den Ertragsanteil - BFH-Urteil in BFHE 175, 212, BStBl II
1995, 47 = SIS 94 22 06). Der Senat habe auch bei einer
finanzmathematischen Berechnung zur Gleichbehandlung im
Wesentlichen gleicher Sachverhalte die biometrischen
Durchschnittswerte der Allgemeinen Deutschen Sterbetafel als
maßgebend angesehen, die ebenso wie der
Rechnungszinsfuß von 5,5 v.H. der Ertragsanteilstabelle des
§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG zugrunde lägen
(BFH-Urteil in BFHE 170, 76, BStBl II 1996, 663 = SIS 93 05 02). Er
habe ferner entschieden, dass in Einzelfällen, insbesondere
solchen von geringer betragsmäßiger Bedeutung, eine
vereinfachte Berechnung - z.B. in Anlehnung an die
Ertragswerttabelle des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG -
zulässig sein könne (Senatsurteil in BFHE 210, 281, BStBl
II 2006, 245 = SIS 05 42 01, unter II.3.b cc der Gründe).
d) Der erkennende Senat braucht auch im
vorliegenden Fall nicht abschließend zu entscheiden, ob die
streitigen Renteneinnahmen insgesamt den sonstigen Einkünften
i.S. von § 22 Nr. 1 EStG zuzuordnen sind und der sich in den
Gesamteinnahmen enthaltene Ertragsanteil nach der Tabelle in §
22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG bemisst oder ob in diesen Einnahmen
enthaltene Zinsanteile dem Grunde nach Einkünfte aus
Kapitalvermögen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG sind,
deren Höhe aus Vereinfachungsgründen in
sinngemäßer Anwendung der Ertragsanteilstabelle in
§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG oder nach finanz- bzw.
versicherungsmathematischen Grundsätzen zu ermitteln ist. Denn
gleichviel welcher Ansicht und welcher Methode zur Zins- bzw.
Ertragsanteilsermittlung man folgt, fehlt es wegen der in allen
denkbaren Konstellationen negativen
„Totalüberschussprognose“ an der für
die Berücksichtigung des geltend gemachten
Werbungskostenüberschusses gebotenen
Einkünfteerzielungsabsicht.
aa) Folgt man der unter II.3.a bb
dargestellten Auffassung, wonach die gesamten, aus der Perspektive
des Streitjahres 1992 zu erwartenden Renteneinnahmen
einschließlich der voraussichtlichen
Überschussbeteiligungen in der unstreitigen Höhe von
398.747,68 DM (vgl. oben II.2.) als sonstige Einkünfte
(Leibrente) i.S. von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG zu
qualifizieren sind und mithin insgesamt mit dem unstreitigen und
zutreffenden Ertragsanteil in Höhe von 41 v.H. der
Einkommensbesteuerung unterliegen, so ergeben sich steuerbare und
steuerpflichtige (Total-)Einnahmen in Höhe von 41 v.H. von
398.747,68 DM = 163.486,54 DM.
Diesen Einnahmen stehen nach der im
Wesentlichen zutreffenden Prognose des FG voraussichtliche
Werbungskosten in folgender Gesamthöhe gegenüber:
Schuldzinsen für Darlehen I
(unstreitig)
|
139.235,01 DM
|
Schuldzinsen für Darlehen II
|
|
(139.235,01 DM x 8,75 % x 6 Jahre)
|
73.098,38 DM
|
Kontoführungsgebühren für
Darlehen I (unstreitig)
|
1.440,00 DM
|
Kontoführungsgebühren für
Darlehen II (unstreitig)
|
720,00
DM
|
Darlehensvermittlungsgebühren, begrenzt
auf 2 % von 200.000 DM (unstreitig)
|
4.000,00 DM
|
Summe
|
218.493,39 DM
|
Danach stand aus der maßgeblichen Sicht
des Streitjahres zu erwarten, dass der Kläger aus seinem
Rentenengagement einen „Totalverlust“
(Überschuss der mutmaßlichen Werbungskosten über
die zu prognostizierenden Einnahmen) in Höhe von 55.006,85 DM
erleiden werde.
In diesem Zusammenhang folgt der Senat dem FG
darin, dass die voraussichtlichen Schuldzinsen für das nach
sechs Jahren in einer Summe rückzahlbare Darlehen II aus der
Perspektive des Streitjahres trotz der insoweit vom Kläger
ausbedungenen jederzeitigen Sondertilgungsrechte mangels vom FG
festgestellter, hinlänglich substantiierter gegenteiliger
Indizien für eine vorzeitige Tilgung für die gesamte
Kreditlaufzeit anzusetzen waren (vgl. Senatsurteil in BFHE 208,
129, BStBl II 2006, 234 = SIS 05 12 83, unter II.3.c; ferner
BFH-Urteil vom 9.5.2000 VIII R 77/97, BFHE 192, 445, BStBl II 2000,
660 = SIS 00 12 18, unter A.I.3.b bb bbb).
Ebenso rechtsfehlerfrei hat das FG den als
Finanzierungsnebenkosten (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG)
und damit als Werbungskosten abziehbaren Teil der
„Konzeptgebühr“ im Rahmen der
Überschussprognose lediglich mit 2 v.H. der Darlehenssumme
angesetzt (zu einem insoweit parallel gelagerten Fall vgl. schon
Senatsurteil in BFHE 208, 129, BStBl II 2006, 234 = SIS 05 12 83,
unter II.3.c, m.w.N.).
Für die Zeit nach Ende der
Finanzierungsphase hat das FG in seiner Überschussprognose
keinen Werbungskostenpauschbetrag nach § 9a Satz 1 Nr. 3 EStG
abgesetzt. Ob und inwieweit dies berechtigt war (vgl. hierzu
Senatsurteil in BFHE 208, 129, BStBl II 2006, 234 = SIS 05 12 83,
unter II.3.c, m.w.N.), mag indessen mangels
Entscheidungserheblichkeit auf sich beruhen, weil ein dahin
gehender Ansatz den zu prognostizierenden
„Totalverlust“ erhöhen würde.
bb) Geht man davon aus, dass der Kläger
mit den in den Renteneinnahmen enthaltenen Zinsanteilen
Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 Abs. 1
Nr. 7 EStG erzielt (vgl. oben II.3.c) und diese Zinsanteile - aus
Vereinfachungsgründen - in entsprechender Anwendung der
Ertragsanteilstabelle in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG zu
berechnen sind, ergibt sich im Wesentlichen dasselbe Bild. Auch bei
dieser rechtlichen Qualifikation und Handhabung erleidet der
Kläger voraussichtlich einen Totalverlust.
cc) Schließlich erleidet der Kläger
aber auch dann einen „Totalverlust“, wenn man
die aus der Rentenanlage erzielten Einnahmen den Einkünften
aus § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zuordnet sowie die entsprechenden
Zinsanteile finanz- bzw. versicherungsmathematisch unter
Zugrundelegung eines Rechnungszinsfußes von 5,5 v.H. und der
biometrischen Durchschnittswerte der für das Streitjahr 1992
maßgeblichen Allgemeinen Deutschen Sterbetafel 1986/1988
(vgl. Senatsurteil in BFHE 210, 281, BStBl II 2006, 245 = SIS 05 42 01, unter II.3.b cc) berechnet. Insoweit folgt der Senat der
zutreffenden Berechnung des FA in der
Revisionsbegründungsschrift. Danach ergibt sich ein
Kapitalwert (Barwert) des vom Kläger erworbenen
Rentenanspruchs in Höhe von (874,75 DM + 436,92 DM =) 1.311,67
DM x 12 Monate x 12,961 (= Vervielfältiger lt. Anlage 9 zu
§ 14 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes =) 204.006,65 DM. Mithin
errechnet sich der auf die statistisch wahrscheinliche
Gesamtlaufzeit der Rentenzahlungen zu verteilende Zinsanteil in
Höhe der Differenz zwischen den zu erwartenden
Gesamtbruttorenteneinnahmen (398.747,68 DM; siehe oben II.2.) und
dem genannten Kapitalwert (204.006,65 DM) und beträgt folglich
194.741,03 DM. Auch dieser die (steuerbaren) Totaleinnahmen
repräsentierende Betrag wird durch die voraussichtlich
anfallenden gesamten Werbungskosten (218.493,39 DM; siehe oben
II.3.d aa) selbst ohne die ggf. gebotene Berücksichtigung der
nicht anderweitig beanspruchten Sparerfreibeträge
überschritten.