Die Revision des Beklagten gegen das Urteil
des Finanzgerichts Nürnberg vom 27.09.2022 - 1 K 1595/20 = SIS 23 01 97 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der
Beklagte zu tragen.
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) ist eine Kapitalgesellschaft ungarischen Rechts
(Korlátolt felelösségü
társaság [Kft]), die auf der Grundlage eines
Rechtstypenvergleichs einer GmbH deutschen Rechts entspricht; der
Sitz und die Geschäftsleitung befinden sich in der Republik
Ungarn. Sie unterhielt im Jahr 2017 (Streitjahr) in der
Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) eine Betriebsstätte
und erbrachte Werkvertragsleistungen im Bereich der
…montage, denen Dienstleistungsverträge mit zwei
Auftraggebern aus dem Jahre 2009 zugrunde lagen. Zum …2020
erfolgte die Gewerbeabmeldung für die inländische
Betriebsstätte.
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Der Beklagte und Revisionskläger
(Finanzamt - FA - ) folgte im Rahmen des Veranlagungsverfahrens den
für das Streitjahr deklarierten Besteuerungsgrundlagen nicht.
Vielmehr ging das FA unter Verweis auf § 32 der
Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV) vom
13.10.2014 (BGBl I 2014, 1603, BStBl I 2014, 1378 = SIS 14 28 21)
hinsichtlich der inländischen Betriebsstätte von einer
„Routinebetriebsstätte“ aus und
ermittelte den Gewinn in der Weise, dass es aus den
Betriebsausgaben (Materialaufwand von … EUR, Personalaufwand
von … EUR und sonstige betriebliche Aufwendungen von
… EUR) unter Ansatz eines Aufschlagsatzes von 10 % einen
Gewinn in Höhe von … EUR errechnete. Diesen Gewinn
legte es dem für das Streitjahr ergangenen
Körperschaftsteuerbescheid zugrunde, ebenfalls entsprechend
der jeweiligen gewerbesteuerlichen Festsetzung/Feststellung
(Bescheide vom 12.04.2019).
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Hiergegen legte die Klägerin am
29.04.2019 Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 24.11.2020
änderte das FA die Bescheide dahingehend ab, dass es den
Aufschlagsatz auf 5 % der Personalkosten und sonstigen
betrieblichen Aufwendungen reduzierte und somit einen
Jahresüberschuss in Höhe von nur noch … EUR
ansetzte; der Materialaufwand fand keine Berücksichtigung
mehr. An der Einschätzung, dass es sich nach dem Gesamtbild
der Verhältnisse um eine
„Routinebetriebsstätte“ gehandelt
habe, hielt das FA fest. Die Körperschaftsteuer 2017 setzte es
in der Einspruchsentscheidung auf … EUR und den
Gewerbesteuermessbetrag 2017 auf 0 EUR herab, den
vortragsfähigen Gewerbeverlust stellte es auf den 31.12.2017
in Höhe von … EUR fest; im Übrigen wies es den
Einspruch als unbegründet zurück.
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Die dagegen vor dem Finanzgericht (FG)
Nürnberg erhobene Klage war erfolgreich (Urteil vom 27.09.2022
- 1 K 1595/20, EFG 2023, 527 = SIS 23 01 97); das FG führte
aus, der Anwendungsbereich der einschlägigen Vorschriften des
Außensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden
Fassung (AStG) sei nicht eröffnet, weshalb auch eine Anwendung
der Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung nicht in
Betracht komme.
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Dagegen richtet sich die auf die Verletzung
von Bundesrecht gestützte Revision des FA.
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Es beantragt, das Urteil des FG
Nürnberg vom 27.09.2022 - 1 K 1595/20 aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat ohne Rechtsfehler dahin
erkannt, dass das FA die inländischen Einkünfte der in
Deutschland belegenen Betriebsstätte der Klägerin zu
Unrecht unter Hinweis auf § 1 Abs. 5 AStG neu ermittelt und
der Besteuerung zugrunde gelegt hat.
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1. Gemäß § 1 Abs. 5 Satz 1
AStG (zum zeitlichen Anwendungsbereich s. § 21 Abs. 20 Satz 3
AStG und z.B. Kaeser in Wassermeyer MA Art. 7 Rz 696; Andresen in
Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, 2. Aufl.,
Rz 4.31) sind die Absätze 1, 3 und 4 der Norm über die
Berichtigung von Einkünften entsprechend anzuwenden, wenn
für eine Geschäftsbeziehung im Sinne des § 1 Abs. 4
Satz 1 Nr. 2 AStG die Bedingungen, insbesondere die
Verrechnungspreise, die der Aufteilung der Einkünfte zwischen
einem inländischen Unternehmen und seiner ausländischen
Betriebsstätte oder der Ermittlung der Einkünfte der
inländischen Betriebsstätte eines ausländischen
Unternehmens steuerlich zugrunde gelegt werden, nicht dem
Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen und dadurch (zum Beispiel) die
inländischen Einkünfte eines beschränkt
Steuerpflichtigen gemindert werden. Zur Anwendung des
Fremdvergleichsgrundsatzes ist eine Betriebsstätte wie ein
eigenständiges und unabhängiges Unternehmen zu behandeln,
es sei denn, die Zugehörigkeit der Betriebsstätte zum
Unternehmen erfordert eine andere Behandlung (§ 1 Abs. 5 Satz
2 AStG). Um die Betriebsstätte wie ein eigenständiges und
unabhängiges Unternehmen zu behandeln, sind ihr nach § 1
Abs. 5 Satz 3 AStG in einem ersten Schritt die Funktionen des
Unternehmens, die durch ihr Personal ausgeübt werden
(Personalfunktionen), die Vermögenswerte des Unternehmens, die
sie zur Ausübung der ihr zugeordneten Funktionen
benötigt, die Chancen und Risiken des Unternehmens, die sie
aufgrund der ausgeübten Funktionen und zugeordneten
Vermögenswerte übernimmt, sowie ein angemessenes
Eigenkapital (Dotationskapital) zuzuordnen. Auf der Grundlage
dieser Zuordnung sind in einem zweiten Schritt die Art der
Geschäftsbeziehungen zwischen dem Unternehmen und seiner
Betriebsstätte und die Verrechnungspreise für diese
Geschäftsbeziehungen zu bestimmen (§ 1 Abs. 5 Satz 4
AStG). Die Einzelheiten des Fremdvergleichsgrundsatzes und dessen
einheitliche Anwendung werden in der auf Grundlage des § 1
Abs. 6 AStG ergangenen
Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung geregelt.
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2. Geschäftsbeziehungen nach § 1
Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG sind
Geschäftsvorfälle zwischen einem Unternehmen eines
Steuerpflichtigen und seiner in einem anderen Staat gelegenen
Betriebsstätte (anzunehmende schuldrechtliche Beziehungen).
Relevant sind insoweit ausschließlich tatsächliche
Handlungen (sogenannte dealings, vgl. van der Ham/Retzer, IStR
2023, 213), das heißt, es muss ein wirtschaftlicher Vorgang,
also ein tatsächliches und identifizierbares Ereignis
vorliegen, das eine gewisse ökonomische Relevanz hat, sodass
fremde Dritte deswegen eine schuldrechtliche Vereinbarung getroffen
hätten oder eine Rechtsposition geltend machen würden
(Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 22.12.2016,
Verwaltungsgrundsätze Betriebsstättengewinnaufteilung,
BStBl I 2017, 182 = SIS 17 02 39, Rz 165). Dies wird durch § 1
Abs. 4 Satz 2 AStG gesetzlich vermutet, wenn der Steuerpflichtige
nicht im Einzelfall etwas Anderes nachweist (FG München, Urteil vom 10.07.2023 - 7 K
1938/22, EFG 2023, 1516 = SIS 23 14 45, m.w.N., Revision I R 49/23
erledigt mit Urteil vom 18.12.2024).
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3. Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BsGaV gilt die
Mitwirkung einer Bau- und Montagebetriebsstätte an der
Erfüllung des vom Bau- und Montageunternehmen abgeschlossenen
Bau- und Montagevertrags widerlegbar als anzunehmende
schuldrechtliche Beziehung (im Sinne des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr.
2 AStG), die als Dienstleistung der Bau- und
Montagebetriebsstätte gegenüber dem übrigen
Unternehmen anzusehen ist. Der Verrechnungspreis für die
Dienstleistung ist nach dem Satz 2 der Vorschrift im Regelfall nach
einer kostenorientierten Verrechnungspreismethode zu bestimmen.
Nach Satz 3 gehören zu den Kosten der Bau- und
Montagebetriebsstätte, die für die Anwendung dieser
Methode zu berücksichtigen sind, insbesondere auch alle
erforderlichen Personalkosten, die unmittelbar durch die Erbringung
von Personalfunktionen in der Bau- und Montagebetriebsstätte
verursacht sind. Die Personalfunktionen stellen dabei den
wesentlichen Anknüpfungspunkt für die Zuordnung von
Vermögenswerten, Chancen und Risiken und
Geschäftsvorfällen zur Betriebsstätte
beziehungsweise dem übrigen Unternehmen sowie für die
Identifizierung von anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehungen
zwischen beiden Unternehmensteilen dar (FG München, Urteil vom
10.07.2023 - 7 K 1938/22, EFG 2023, 1516 = SIS 23 14 45, m.w.N.,
Revision I R 49/23 erledigt mit Urteil vom 18.12.2024).
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Nach § 1 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 AStG sind
Personalfunktionen „Funktionen des Unternehmens, die durch
ihr Personal ausgeübt werden“. Dies
konkretisiert § 2 Abs. 3 Satz 1 BsGaV als
Geschäftstätigkeit, die von eigenem Personal des
Unternehmens und für das Unternehmen ausgeübt wird. Nach
§ 2 Abs. 4 BsGaV ist eigenes Personal jede natürliche
Person, die aufgrund einer gesellschaftsvertraglichen oder
arbeitsvertraglichen Vereinbarung mit dem Unternehmen für das
Unternehmen tätig wird. Nach § 2 Abs. 5 Satz 1 BsGaV ist
die Personalfunktion einer Betriebsstätte für die
Zuordnung von Vermögenswerten, von Chancen und Risiken oder
von Geschäftsvorfällen maßgeblich, wenn der
Ausübung dieser Personalfunktion im üblichen
Geschäftsbetrieb im Verhältnis zu den Personalfunktionen,
die in anderen Betriebsstätten des Unternehmens ausgeübt
werden, die größte Bedeutung für den jeweiligen
Zuordnungsgegenstand zukommt.
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4. Obwohl die Klägerin ihren
Steuererklärungen für das Streitjahr eine
eigenständige veranlassungsbezogene Gewinnermittlung für
ihre inländische Betriebsstätte zugrunde gelegt hat (zu
diesem grundlegenden Rechtsmaßstab einer
Einkünftezuordnung nach nationalem Recht [§ 2 Nr. 1 des
Körperschaftsteuergesetzes i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2
Buchst. a des Einkommensteuergesetzes in der für das
Streitjahr geltenden Fassung - EStG - ; sinnentsprechend zur
Ermittlung des Gewerbeertrags] und nach Abkommensrecht z.B.
Senatsbeschluss vom 24.11.2021 - I B 44/21 (AdV), BFHE 275, 136,
BStBl II 2022, 431 = SIS 22 02 79; s.a. Schaumburg/Puls in
Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 5. Aufl., Rz 21.20 f.;
Korschan in Greil/Hummel, § 1 AStG, Rz 40 ff.;
Brandis/Heuermann/Reimer, § 49 EStG Rz 63, 105; Glatz,
Abgrenzungsmaßstäbe im Abkommensrecht:
Veranlassungsprinzip und Fremdvergleich bei der
Betriebsstättengewinnabgrenzung, 2021, S. 79 ff., m.w.N.), die
bezogen auf Außentransaktionen weiterhin und bezogen auf
Innentransaktionen letztlich auch Grundlage für den in §
1 Abs. 5 Satz 3 AStG angeführten „ersten
(Ermittlungs-)Schritt“ - wenn auch nun nach
den in § 1 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 bis 4 AStG angeführten
Parametern - darstellt (z.B. Schwenke in
Lüdicke/Mellinghoff/Rödder [Hrsg.], Nationale und
internationale Unternehmensbesteuerung in der Rechtsordnung,
Festschrift für Dietmar Gosch, 2016, S. 377, 385; Andresen in
Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, 2. Aufl.,
Rz 4.33; Kudert, Praxis Internationale Steuerberatung - PIStB -
2024, 191, 194; Kußmaul/Linster/Lang, Der Steuerberater 2024,
121, 124 ff.), hat das FA diese Ermittlung ohne weitergehende
Prüfung auf der Grundlage des § 1 Abs. 5 Satz 1 i.V.m.
Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG und § 32 BsGaV verworfen und den
anzusetzenden Gewinn auf Basis der in § 32 Abs. 1 Satz 2 BsGaV
geregelten kostenorientierten Verrechnungspreismethode bestimmt.
Der Senat kann insoweit offenlassen, ob im Streitfall
überhaupt vom Vorliegen einer Bau- und
Montagebetriebsstätte im Sinne des § 32 BsGaV auszugehen
ist und ob die dort geregelten Einzelheiten uneingeschränkt
von der Ermächtigungsnorm des § 1 Abs. 6 AStG gedeckt
sind. Denn jedenfalls ist § 1 Abs. 5 Satz 1 AStG i.V.m. §
32 Abs. 1 Satz 2 BsGaV im Streitfall keine ausreichende
Rechtsgrundlage dafür, eine veranlassungsbezogene
Gewinnermittlung vollständig zu verwerfen und an ihre Stelle
ausschließlich eine
„Gewinnermittlung“ auf Basis der sogenannten
Kostenaufschlagsmethode als einer kostenorientierten
Verrechnungspreismethode (Betriebsstätte als
„Routineunternehmen“, obgleich insoweit
das operative Kerngeschäft der Klägerin gegenüber
dem Kunden des Gesamtunternehmens erbracht wird [zutreffend Kudert,
PIStB 2024, 191, 198]), für die beschränkte Steuerpflicht
zu setzen.
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a) Bereits aus dem Wortlaut des § 1 Abs.
5 Satz 1 AStG, wonach die Absätze 1, 3 und 4 über die
„Berichtigung von Einkünften“
entsprechend anzuwenden sind, folgt, dass es sich bei § 1 Abs.
5 AStG um eine Einkünftekorrekturnorm und gerade nicht um eine
- systematisch dem Regelungsbereich der §§ 4 ff. EStG
zuzuordnende - eigenständige Regelung zur
Betriebsstättengewinnermittlung handelt (s. z.B. Wassermeyer,
IStR 2012, 277, 278 ff.; Schnitger, IStR 2012, 633, 638; Kaeser in
Wassermeyer MA Art. 7 Rz 693; Gosch in Drüen/Hey/Mellinghoff
[Hrsg.], 100 Jahre Steuerrechtsprechung in Deutschland 1918-2018,
Festschrift für den Bundesfinanzhof, 2018, S. 1027, 1041 =
Internationale Steuer-Rundschau - ISR - 2018, 404, 407 f.;
Schaumburg/Puls in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 5.
Aufl., Rz 21.6, 21.22, 21.67; Kraft in Kraft, AStG, 2. Aufl.,
§ 1 Rz 621; Hofacker in Haase, AStG/DBA, 4. Aufl., § 1
AStG Rz 352; van der Ham/Retzer, IStR 2023, 213; Ehrt, EFG 2023,
1519; Engelen/Spychalski, ISR 2023, 133; BeckOK AStG/Glatz, 9. Ed.
01.09.2024, § 1 Rz 910; Leucht/Hagemeier, FR 2024, 1154, 1156;
einschränkend Andresen in Wassermeyer/Andresen/Ditz,
Betriebsstätten-Handbuch, 2. Aufl., Rz 4.44 und 4.46 ff.).
Dies hat der Senat bereits in einem Verfahren des vorläufigen
Rechtsschutzes auf der Grundlage einer summarischen Prüfung
(Senatsbeschluss vom 24.11.2021 - I B 44/21 (AdV), BFHE 275, 136,
BStBl II 2022, 431 = SIS 22 02 79) so erkannt und dabei
ausgeführt, dass § 1 Abs. 5 AStG als
Einkünftekorrekturvorschrift
„tatbestandlich-systematisch …
unverbunden“ neben die allgemeine
Entstrickungsregelung in § 4 Abs. 1 Satz 3 und 4 EStG als
allgemeine Gewinnermittlungsvorschrift tritt. Insbesondere hat der
Senat darauf verwiesen, dass § 1 Abs. 5 AStG im unmittelbaren
Kontext zu dessen Absatz 1 steht und damit tatbestandlich an eine
Einkünfteminderung anknüpft, die durch eine Vereinbarung
nicht fremdvergleichsgerechter Bedingungen (Verrechnungspreise)
entsteht (vgl. auch insbesondere Gosch, a.a.O., S. 1027, 1035 f.).
Der Senat hält an dieser Rechtsauffassung nach erneuter
Überprüfung auch nach dem für eine
Revisionsentscheidung erforderlichen Maß der
Rechtsüberzeugung fest: Dem Wortlaut des § 1 Abs. 5 AStG
und insbesondere dessen Satz 3 lässt sich insoweit gerade
nicht entnehmen, dass außerhalb des Anwendungsbereichs des
§ 1 AStG und insbesondere für die allgemeine
Gewinnermittlung nach §§ 4 ff. EStG eine
Veranlassungsprüfung (allein) nach den in den jeweiligen
Unternehmensteilen ausgeübten Personalfunktionen vorzunehmen
wäre. Gegen eine solche
„Ausstrahlwirkung“ spricht auch die
systematische Stellung der Vorschrift im Außensteuergesetz.
Mit der Neuregelung verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, „die
Besteuerung grenzüberschreitender Vorgänge im Hinblick
auf die Gewinnabgrenzung bzw. Gewinnverteilung klar und für
alle Investitionsalternativen (Kapitalgesellschaften,
Personengesellschaften, Betriebsstätten) einheitlich zu
regeln“ (vgl. BTDrucks 17/10000, S. 61). Durch
die Einfügung des § 1 Abs. 5 AStG sollte insoweit der
Authorized OECD Approach (AOA) des Art. 7 OECD-Musterabkommen
(OECD-MustAbk) 2010 in innerstaatliches Recht umgesetzt werden.
Eine Anpassung des allgemeinen Gewinnbegriffs in den §§ 4
ff. EStG ist insoweit jedoch nicht erfolgt. § 1 Abs. 5 Satz 1
i.V.m. Abs. 1 Satz 1 AStG sieht seinem eindeutigen Wortlaut nach
lediglich einseitige Gewinnkorrekturen vor (s. nochmals Gosch,
a.a.O., S. 1027, 1034), auch wenn der Passus „Aufteilung der
Einkünfte“ den vollständigen
Unternehmensgewinn als
„Ausgangsgröße“ nahelegt
beziehungsweise in den Gesetzesmaterialien der grundsätzliche
Wille des Gesetzgebers erkennbar sein sollte, die
Selbständigkeits- und Unabhängigkeitsfiktion der
Betriebsstätte zum allgemeinen Grundprinzip der
betriebsstättenbezogenen Gewinnabgrenzung und -ermittlung zu
machen (daher wird ungeachtet der systematischen Zuordnung auch von
einer Einkünfteermittlungsnorm ausgegangen, so z.B. von Ditz,
ISR 2013, 261, 262 f.; Ditz/Luckhaupt, ISR 2015, 1 f.;
Leonhardt/Tcherveniachki in Flick/Wassermeyer/Ditz/Schönfeld,
Außensteuerrecht, § 1 AStG Rz 2812, m.w.N.; wohl auch
Kessens, EFG 2023, 528; Bärsch in Herrmann/Heuer/Raupach,
§ 49 EStG Rz 181, 240, 261 und 320). Es handelt sich bei
§ 1 Abs. 5 AStG gerade nicht um eine Generalvorschrift, nach
der bei Bestehen inländischer und ausländischer
Betriebsstätten stets eine (Neu-)Aufteilung des Gewinns nach
den dort beschriebenen Grundsätzen zu erfolgen hätte.
Eine außerbilanzielle Korrektur hat vielmehr (nur) dann zu
erfolgen, wenn die tatsächlichen Verhältnisse von den
gegenüber fremden Dritten zu erwartenden fiktiven Bedingungen
zu Lasten der inländischen Besteuerung abweichen (so auch FG
Düsseldorf, Urteil vom 12.05.2023 - 3 K 70/18 F, EFG 2023,
1705 = SIS 23 13 64, Rz 59 ff. [anhängige Revision I R
38/23]).
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b) Darüber hinaus verlangt § 1 Abs.
5 Satz 1 AStG, dass bezogen auf eine Geschäftsbeziehung im
Sinne des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG die Bedingungen,
insbesondere die Verrechnungspreise, die der Aufteilung der
Einkünfte zwischen einem inländischen Unternehmen und
seiner ausländischen Betriebsstätte oder der Ermittlung
der Einkünfte der inländischen Betriebsstätte eines
ausländischen Unternehmens steuerlich zugrunde gelegt werden,
nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen und
„dadurch“ (zum Beispiel) die
inländischen Einkünfte eines beschränkt
Steuerpflichtigen gemindert werden. Die Einkünfteminderung
muss daher - als kausale Bedingung (vgl. insbesondere Gosch,
a.a.O., S. 1027, 1035 f.; Engelen/Spychalski, ISR 2023, 133) -
„durch“ die Vereinbarung nicht
fremdvergleichsgerechter Bedingungen (Verrechnungspreise) entstehen
und wird weder durch § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG noch durch
§ 32 BsGaV fingiert. Beide Normen enthalten zwar die Fiktion
eines „Geschäftsvorfalls“ und
Vorgaben zum anzusetzenden Fremdvergleichspreis, allerdings keine
Aussage zu dem - dem Fremdvergleichspreis entgegenzustellenden -
„tatsächlich vereinbarten Preis“.
Jedenfalls reicht die tatsachenersetzende Fiktion
(„anzunehmende schuldrechtliche
Beziehung“), die auf die von den in
Deutschland eingesetzten Arbeitnehmern zur Erfüllung der
werkvertraglichen Verpflichtung der Klägerin erbrachten
Leistungen (konkret: die Montagearbeiten) als
„wirtschaftlicher Vorgang“ abzielt,
nicht aus, den durch die Leistungserbringung in der
Betriebsstätte verursachten Aufwand
(„Personalkosten“ im weiteren Sinne) als
fremdvergleichsungerechten Verrechnungspreis im Verhältnis zum
Stammhaus zu fingieren (keine Fiktion der bestehenden
Einkünfteminderung) - nur eine solche „komplettierte
Fiktionskette“ könnte eine Korrektur nach
Maßgabe des § 1 Abs. 5 AStG rechtfertigen (so im
Ergebnis auch Gosch, a.a.O., S. 1027, 1036).
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5. Nach den vorstehenden Ausführungen hat
das FG keine Hilfs- und Nebenrechnung nach § 3 BsGaV anfordern
und den von der Klägerin eingereichten Jahresabschluss
für das Streitjahr unter Beachtung von § 1 Abs. 5 AStG
korrigieren müssen. Eine Verletzung der Aufzeichnungspflichten
nach § 90 Abs. 3 der Abgabenordnung im Zusammenhang mit
Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Abs. 4 AStG liegt
nicht vor.
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6. Auf dieser Grundlage ist nicht darüber
zu entscheiden, ob der streitgegenständlichen Korrektur auch
§ 1 Abs. 5 Satz 8 AStG entgegensteht, soweit dort von einem
Vorrang eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA)
ausgegangen wird („Schrankenwirkung des
DBA“), wenn vom Steuerpflichtigen - vielleicht
schon durch die Vorlage einer (unstreitig) veranlassungsgerechten
Zuordnung von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben zur
Betriebsstätte als den nationalen Regeln (§ 1 Abs. 5
AStG) widersprechende Ermittlung nach dem anzuwendenden DBA (s.
z.B. Kaeser in Wassermeyer MA Art. 7 Rz 710; Schnitger, IStR 2012,
633, 641; Brandis/Heuermann/Pohl, § 1 AStG Rz 207) -
nachgewiesen wird, dass die Anwendung von Satz 1 bis 7 wegen der
dem DBA nicht entsprechenden Gewinnzuordnung zu einer
Doppelbesteuerung führt (Hinweis auf Nr. 3 Satz 1 des
Protokolls zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und
der Republik Ungarn zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur
Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern
vom Einkommen und vom Vermögen vom 28.02.2011 - BGBl II 2011,
938, BStBl I 2012, 166 -, soweit dort eine Gewinnabgrenzung nach
Maßgabe des vor der AOA-Geltung anzuwendenden
„Altrechts“ [Art. 7 OECD-MustAbk vor der
Neufassung 2010] zugrunde zu legen sein kann).
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7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 2 FGO.
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