Die Revision des Klägers gegen das Urteil
des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 17.05.2022 - 4 K
110/21 = SIS 22 13 75 wird als unbegründet
zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der
Kläger zu tragen.
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I. Streitig ist die Anwendung der
Auszahlungsbeschränkung nach § 70 Abs. 1 Satz 2 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) im Hinblick auf das Kindergeld
für August 2018 bis Januar 2019.
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Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) beantragte am 05.08.2019 die Festsetzung und
Auszahlung des Kindergelds für die Monate ab August 2018
für seine Stieftochter A.
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Mit Bescheid vom 07.05.2020 setzte die
Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) Kindergeld für
den Zeitraum August 2018 bis einschließlich Oktober 2019
fest. Zugleich wurde die Auszahlung des festgesetzten Kindergelds
auf den Zeitraum Februar 2019 bis Oktober 2019 begrenzt. Insoweit
verwies die Familienkasse auf die Sechsmonatsfrist des § 70
Abs. 1 Satz 2 EStG, die für nach dem 18.07.2019 eingehende
Anträge gelte. Den gegen die Beschränkung der Auszahlung
gerichteten Einspruch wies die Familienkasse mit
Einspruchsentscheidung vom 18.08.2021 als unbegründet
zurück.
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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als
unbegründet ab.
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Mit der hiergegen gerichteten Revision
rügt der Kläger die Verletzung materiellen
Rechts.
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Der Kläger beantragt
sinngemäß,
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das Urteil des Schleswig-Holsteinischen FG
vom 17.05.2022 aufzuheben und den Bescheid vom 07.05.2020 in
Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.08.2021 dahingehend
abzuändern, dass der Kläger am 18.08.2021 einen Anspruch
auf Auszahlung des für die Zeit von August 2018 bis
einschließlich Januar 2019 festgesetzten Kindergelds
hatte.
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Die Familienkasse beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet und
deshalb gemäß § 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.
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1. Das FG hat zu Recht angenommen, dass der
Bescheid vom 07.05.2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom
18.08.2021 einen Abrechnungsbescheid im Sinne des § 218 Abs. 2
der Abgabenordnung darstellt (Senatsurteil vom 14.07.2022 - III R
28/21, BFHE 278, 78, BStBl II 2023, 32 = SIS 22 17 23, Rz 13).
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2. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen,
dass der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten
Behördenentscheidung, hier der Einspruchsentscheidung (s.
Senatsurteil vom 12.10.2023 - III R 38/21, BFH/NV 2024, 199 = SIS 23 20 87, Rz 20), gemäß § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG
i.d.F. des Art. 9 Nr. 9 des Gesetzes gegen illegale
Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch vom 11.07.2019
(BGBl 2019, 1066, BStBl I 2019, 814) keinen Auszahlungsanspruch
hinsichtlich des für die Monate August 2018 bis
einschließlich Januar 2019 festgesetzten Kindergelds
hatte.
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a) Nach dieser Vorschrift erfolgt die
Auszahlung von festgesetztem Kindergeld rückwirkend nur
für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats, in dem der
Antrag auf Kindergeld eingegangen ist. Nach den Feststellungen des
FG beantragte der Kläger am 05.08.2019 Kindergeld. Die
rückwirkende Auszahlung des von der Familienkasse für den
Zeitraum August 2018 bis einschließlich Oktober 2019
festgesetzten Kindergelds ist daher auf die sechs Monate vor August
2019, also Februar bis Juli 2019, beschränkt. Für die vor
diesem Sechsmonatszeitraum liegenden Monate August 2018 bis
einschließlich Januar 2019 wird sie durch § 70 Abs. 1
Satz 2 EStG ausgeschlossen. Die laufende Auszahlung des Kindergelds
ab August 2019 wird durch die Ausschlussfrist nicht
berührt.
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b) Zu Recht ist das FG dabei davon
ausgegangen, dass der zeitliche Anwendungsbereich des § 70
Abs. 1 Satz 2 EStG eröffnet ist.
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aa) Nach dem durch Art. 9 Nr. 5 Buchst. b des
Gesetzes gegen illegale Beschäftigung und
Sozialleistungsmissbrauch geänderten § 52 Abs. 50 Satz 1
EStG ist § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG auf Anträge anzuwenden,
die nach dem 18.07.2019 eingehen. Beide geänderten
Vorschriften traten gemäß Art. 18 Abs. 1 des Gesetzes
gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch am
Tag nach dessen Verkündung (17.07.2019) und mithin am
18.07.2019 in Kraft.
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Anders als der Kläger meint, kommt es
nach dem eindeutigen Wortlaut des § 52 Abs. 50 Satz 1 EStG
für die zeitliche Anwendung des § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG
nicht auf die Entstehung des Kindergeldanspruchs, sondern auf den
Zeitpunkt an, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist.
Ebenso wenig hat der Gesetzgeber bei der Einführung des §
70 Abs. 1 Satz 2 EStG eine Übergangsregelung für vor dem
18.07.2019 entstandene Kindergeldansprüche geschaffen.
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Da der Antrag des Klägers erst nach dem
18.07.2019 eingegangen ist, kommt § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG zur
Anwendung.
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bb) Die Regelung über den zeitlichen
Anwendungsbereich ist nicht willkürlich, sondern lässt
sich durch sachliche Gründe rechtfertigen. Da der Tatbestand
des § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG auf ein bestimmtes Verhalten des
Kindergeldberechtigten, nämlich die Antragstellung, abstellt
und hieran Rechtsfolgen knüpft, ist es sachlich
gerechtfertigt, auch die Regelung über den zeitlichen
Anwendungsbereich dieser Norm von dem nach dem Inkrafttreten der
Regelung liegenden Zeitpunkt der Antragsstellung abhängig zu
machen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass § 70 Abs. 1
Satz 2 EStG nur die bereits in § 66 Abs. 3 EStG i.d.F. des
Gesetzes zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur
Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (StUmgBG) vom
23.06.2017 (BGBl I 2017, 1682, BStBl I 2017, 865) geregelte
Sechsmonatsfrist ablöste, die weitergehend nicht erst die
rückwirkende Auszahlung, sondern bereits die rückwirkende
Festsetzung des Kindergelds jenseits der Sechsmonatsfrist
ausschloss. Diese Regelung wurde durch das am 24.06.2017
veröffentlichte Gesetz eingeführt, war aber
gemäß § 52 Abs. 49a EStG i.d.F. des StUmgBG erst
auf Anträge anzuwenden, die nach dem 31.12.2017 eingehen.
Somit verblieb bei Einführung der Ausschlussfrist ein mehr als
sechsmonatiger Übergangszeitraum, um nicht
festsetzungsverjährte Ansprüche für vergangene
Monate geltend zu machen. Nachdem die Abschaffung des § 66
Abs. 3 EStG und die Einführung des § 70 Abs. 1 Satz 2
EStG nur der Verschiebung der Ausschlussfrist vom
Festsetzungsverfahren in das Erhebungsverfahren diente, der
Gesetzgeber im Übrigen aber an dieser Ausschlussfrist
festhalten wollte (BT-Drucks. 19/8691, S. 65), sind keine
Vertrauensschutzgesichtspunkte ersichtlich, die eine erneute
Übergangsfrist erforderlich erscheinen ließen.
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cc) Soweit sich der Kläger auf die
Unübersichtlichkeit der Anwendungsvorschrift des § 52
EStG beruft, ist darauf hinzuweisen, dass die Vorschrift in
Absätze gegliedert ist, welche sich in ihrer Abfolge erkennbar
am Aufbau und der Paragraphenreihenfolge des
Einkommensteuergesetzes orientieren. Der die Anwendung des §
70 EStG regelnde § 52 Abs. 50 EStG besteht dabei lediglich aus
zwei kurzen Sätzen, die sich auf § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG
und § 70 Abs. 4 EStG beziehen. Der § 70 Abs. 1 Satz 2
EStG betreffende § 52 Abs. 50 Satz 1 EStG ist mit seinem
Wortlaut „§ 70 Absatz 1 Satz 2 ist auf Anträge
anzuwenden, die nach dem 18.7.2019 eingehen.“
hinreichend bestimmt und ohne Weiteres verständlich. Die
weiteren Absätze des § 52 EStG sind für die
Anwendung des § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG ohne Bedeutung und daher
nicht geeignet, rechtsstaatliche Bedenken (Art. 20 Abs. 3 des
Grundgesetzes - GG - ) gegen § 52 Abs. 50 Satz 1 EStG zu
begründen.
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c) Schließlich vermag der Kläger
auch nicht mit seinen unter Hinweis auf den vom Gesetzgeber zu
gewährleistenden Schutz der Familie begründeten Angriffen
gegen die Ausschlussfrist als solche durchzudringen.
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aa) Soweit das Kindergeld dem Schutz des
Kinderexistenzminimums (Art. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 und Art. 6
Abs. 1 GG) dient (§ 31 Satz 1 EStG), ist zunächst auf die
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu der
früher geltenden, bereits durch das Jahressteuergesetz 1996
vom 11.10.1995 (BGBl I 1995, 1250) eingeführten
Ausschlussfrist des § 66 Abs. 3 EStG hinzuweisen. Danach
gewährleistet der Gesetzgeber den Schutz des
Kinderexistenzminimums zulässigerweise primär über
die Freibetragsregelungen des § 32 Abs. 6 EStG
(BVerfG-Beschluss vom 06.11.2003 - 2 BvR 1240/02, HFR 2004, 260,
unter III.1.b). Die kindbedingten steuerlichen Freibeträge
stehen zwar nur den Eltern oder Pflegeeltern zu (§ 32 Abs. 1
EStG), können auf Antrag aber auch auf einen Stiefelternteil
übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt
aufgenommen hat (§ 32 Abs. 6 Satz 10 EStG). Durch § 31
Satz 5 EStG ist überdies sichergestellt, dass bei der
Prüfung der Steuerfreistellung und der Hinzurechnung nach
§ 31 Satz 4 EStG der Anspruch auf Kindergeld für
Kalendermonate unberücksichtigt bleibt, in denen durch
Bescheid der Familienkasse ein Anspruch auf Kindergeld festgesetzt,
aber wegen § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG nicht ausgezahlt wurde.
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Soweit das Kindergeld der Förderung der
Familie dient (§ 31 Satz 2 EStG), liegt die Einführung
einer Ausschlussfrist innerhalb des Gestaltungsspielraums des
Gesetzgebers (BVerfG-Beschluss vom 06.11.2003 - 2 BvR 1240/02, HFR
2004, 260, unter III.2.; Senatsbeschluss vom 22.09.2022 - III R
21/21, BFHE 278, 201, BStBl II 2023, 249 = SIS 22 19 41, Rz
21).
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bb) Die Einführung einer Ausschlussfrist
für die rückwirkende Geltendmachung von
Kindergeldansprüchen beeinträchtigt auch nicht die
Freiheit der Eltern und des Kindes, Ausbildungsorte flexibel und
insbesondere auch im europäischen Ausland zu wählen. Der
Kindergeldberechtigte wird durch derartige Entscheidungen nicht
daran gehindert, einen Kindergeldantrag zeitnah zu stellen.
Etwaige, durch den Auslandsbezug bedingte zeitliche
Verzögerungen in der Beibringung von Ausbildungsnachweisen
fallen nach rechtzeitig erfolgter Antragstellung in das bereits
laufende Verwaltungsverfahren und lösen die
Auszahlungsbeschränkung des § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG nicht
aus.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
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