Auf die Revision der Klägerin werden das
Urteil des Finanzgerichts München, Außensenate Augsburg,
vom 24.03.2021 - 4 K 264/18 = SIS 21 08 65 und der Bescheid des Beklagten über das
Nichtbestehen der Steuerberaterprüfung 2017 vom 05.01.2018
aufgehoben.
Der Beklagte wird verpflichtet, die von der
Klägerin angefertigte Aufsichtsarbeit
„Prüfungsaufgabe aus dem Gebiet der
Ertragsteuern“ unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts durch andere Prüfer neu bewerten
zu lassen und unter Berücksichtigung der Neubewertung einen
neuen Bescheid über das Ergebnis der schriftlichen
Steuerberaterprüfung 2017 zu erlassen.
Im Übrigen wird die Revision als
unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die
Klägerin zu 1/2 und der Beklagte zu 1/2 zu tragen.
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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) nahm - nach zwei
vorhergehenden erfolglosen Versuchen in den Kampagnen 2011 und 2012
- an der Steuerberaterprüfung 2017 teil, wurde jedoch wegen
nicht ausreichender schriftlicher Prüfungsleistungen
(„Prüfungsaufgabe aus dem Verfahrensrecht und anderen
Steuerrechtsgebieten“ Note 5,00;
„Prüfungsaufgabe aus dem Gebiet der
Ertragsteuern“ Note 5,00;
„Prüfungsaufgabe aus dem Gebiet der Buchführung und
des Bilanzwesens“ Note 4,50; Gesamtnote 4,83)
mit schriftlichem Bescheid des Beklagten und Revisionsbeklagten
(Beklagter) vom 05.01.2018 nicht zur mündlichen Prüfung
zugelassen.
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2
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Parallel zur fristgerechten Klageerhebung
beim Finanzgericht (FG) beantragte die Klägerin das sogenannte
verwaltungsinterne Überdenkungsverfahren nach § 29 der
Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und
Berufsausübungsgesellschaften in der für die
streitgegenständlichen Zeiträume geltenden Fassung
(DVStB). Die Klägerin begehrte hier in Bezug auf die beiden
Aufsichtsarbeiten aus den Gebieten der Ertragsteuern sowie der
Buchführung und des Bilanzwesens eine nochmalige
Überprüfung der Bewertung durch die jeweiligen Erst- und
Zweitprüfer.
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3
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Der Erstprüfer der Klausur
„Prüfungsaufgabe aus dem Gebiet der
Ertragsteuern“ nahm daraufhin unter dem
19.02.2018 schriftlich zu den Einwendungen der Klägerin
Stellung und begründete im Einzelnen, weshalb er ihnen
weitestgehend nicht folge. Im Ergebnis schloss er seine
Überdenkung mit einer Erhöhung der Wertungspunkte von 31
auf 33. Er blieb bei der vergebenen Prüfungsnote von 5,00. Der
Zweitprüfer der Klausur „Prüfungsaufgabe aus dem
Gebiet der Ertragsteuern“ teilte der
prüfenden Steuerberaterkammer zu der Bitte um Überdenkung
per E-Mail (gesendet am 05.03.2018 um 13:04 Uhr) mit, dass er sich
bereits im Vorfeld mit dem Erstkorrektor abgestimmt habe und
deshalb der mit dem Erstkorrektor abgestimmten Stellungnahme
vollumfänglich zustimme. Die Stellungnahme des Erstkorrektors
war ihm zuvor taggleich um 12:32 Uhr per E-Mail von der
prüfenden Steuerberaterkammer zugesendet worden.
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Der Zweitprüfer der Klausur
„Prüfungsaufgabe aus dem Gebiet der Buchführung und
des Bilanzwesens“ nahm ebenfalls unter dem
19.02.2018 schriftlich zu den einzelnen Einwendungen der
Klägerin Stellung und begründete im Einzelnen, weshalb er
ihnen weitestgehend nicht folge. Er kam zu dem Ergebnis, dass eine
höhere Bewertung im Gesamtergebnis nicht sachgerecht sei. Der
Erstprüfer der Klausur „Prüfungsaufgabe aus dem
Gebiet der Buchführung und des
Bilanzwesens“ nahm unter dem 20.02.2018
schriftlich zu den Einwendungen der Klägerin Stellung und
begründete im Einzelnen, weshalb er ihnen weitestgehend nicht
folge. Er stimmte dabei in weiten Teilen den Ausführungen des
Zweitkorrektors in dessen Stellungnahme zu, zum Teil machte er auch
weitergehende Ausführungen und kam ebenfalls zu dem Ergebnis,
dass eine höhere Bewertung im Gesamtergebnis nicht
gerechtfertigt sei.
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Mit Schreiben vom 06.03.2018 teilte die
prüfende Steuerberaterkammer der Klägerin unter Hinweis
auf die dem Schreiben beigefügten Stellungnahmen der Erst- und
Zweitkorrektoren der überdachten Klausuren mit, dass die
Prüfer ihre Bewertung im Ergebnis nicht ändern
würden, sodass auch im Gesamtergebnis des
Überdenkungsverfahrens keine andere Benotung erfolge. Das
Überdenkungsverfahren sei damit endgültig
abgeschlossen.
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Daraufhin verfolgte die Klägerin ihr
Rechtsschutzbegehren beim FG weiter und begehrte eine Aufhebung der
Prüfungsentscheidung sowie eine Verpflichtung des Beklagten,
die beiden Aufsichtsarbeiten aus den Gebieten der Ertragsteuern
sowie der Buchführung und des Bilanzwesens unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts neu bewerten zu lassen.
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Zur Begründung führte die
Klägerin unter anderem aus, dass die Korrektur der
streitgegenständlichen Aufsichtsarbeiten wegen der
Unvereinbarkeit des § 24 Abs. 2 DVStB mit höherrangigem
Recht an einem ergebnisrelevanten Verfahrensmangel leide. Auch die
Gestaltung des Überdenkungsverfahrens führe im Streitfall
zu einem Anspruch auf Neubewertung. Insbesondere sei keine
eigenständige Überdenkung des Zweitkorrektors der Klausur
„Prüfungsaufgabe aus dem Gebiet der
Ertragsteuern“ ersichtlich, und es sei
überhaupt bedenklich, dass bereits im Vorfeld eine Abstimmung
zu dieser Remonstration erfolgt sei.
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Mit Beschluss vom 23.07.2020 setzte das FG
das Verfahren gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung
(FGO) aus prozessökonomischen Gründen aus, da - so die
Begründung des Beschlusses - nach Aktenlage erhebliche Zweifel
bestünden, dass das Überdenkungsverfahren
ordnungsgemäß durchgeführt und damit abgeschlossen
sei. Der Beklagte erhalte durch die Verfahrensaussetzung die
Möglichkeit, das Überdenkungsverfahren
ordnungsgemäß durchzuführen und
abzuschließen.
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Der Zweitkorrektor der Klausur
„Prüfungsaufgabe aus dem Gebiet der
Ertragsteuern“ nahm daraufhin mit Schreiben
vom 06.10.2020 erneut zu den Einwendungen der Klägerin
Stellung. Er begründete nunmehr im Einzelnen, weshalb er ihnen
weitestgehend nicht folge. An der Benotung mit 5,00 änderte er
nichts.
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Mit Schreiben vom 15.10.2020 teilte die
prüfende Steuerberaterkammer der Klägerin unter Hinweis
auf die dem Schreiben beigefügte weitere Stellungnahme des
Zweitkorrektors der Klausur „Prüfungsaufgabe aus dem
Gebiet der Ertragsteuern“ mit, dass das
Überdenkungsverfahren nunmehr endgültig abgeschlossen
sei. Die Korrektoren hielten im Ergebnis an ihrer Bewertung fest,
sodass sich keine Änderungen ergäben.
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Das FG wies die Klage schließlich mit
veröffentlichtem Urteil vom 24.03.2021 - 4 K 264/18 (EFG 2021,
1055 = SIS 21 08 65) ab.
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Ein relevanter Verfahrensverstoß, der
eine Aufhebung der Prüfungsentscheidung rechtfertigen
würde, liege nicht vor. So verstoße die in § 24
Abs. 2 DVStB vorgesehene Regelung, die die Bewertung jeder
Aufsichtsarbeit durch (mindestens) zwei Prüfer vorschreibe,
weder gegen den Grundsatz der Chancengleichheit noch gegen Art. 12
Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Zwar verlange der
prüfungsrechtliche Grundsatz der Chancengleichheit sowie der
effektive Schutz der Berufswahlfreiheit, dass der zuständige
Normgeber die Zahl der Prüfer und das Verfahren im Falle von
Bewertungsdifferenzen der Prüfer bei berufsbezogenen
Prüfungen rechtssatzmäßig festlege. Die Bewertung
sämtlicher Aufsichtsarbeiten der Steuerberaterprüfung
2017 durch lediglich zwei Prüfer sei indes gerichtsbekannt,
sodass keine Anhaltspunkte für die von der Klägerin
gerügten Verstöße gegen die Chancengleichheit oder
gegen Art. 12 Abs. 1 GG bestünden.
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Auch das Überdenkungsverfahren sei
ordnungsgemäß - insbesondere auch mit Blick auf das
Erfordernis der eigenständigen und unabhängigen
Urteilsbildung der Prüfer - durchgeführt worden und daher
nach Überzeugung des Gerichts nicht zu beanstanden. Ein
Anspruch auf eine verdeckte Bewertung der schriftlichen
Steuerberaterprüfung im verwaltungsinternen
Überdenkungsverfahren bestehe nicht. Eine offene
Zweitbewertung, in deren Zuge sich der Zweitkorrektor der
Einschätzung des Erstkorrektors anschließe, sei
zulässig. Zudem habe der Zweitkorrektor der Klausur
„Prüfungsaufgabe aus dem Gebiet der
Ertragsteuern“ zu Recht die Möglichkeit
der nochmaligen Überdenkung der von ihm vergebenen Bewertung
erhalten. Aus der fraglichen E-Mail dieses Zweitkorrektors ergebe
sich im Übrigen lediglich, dass der entsprechende
Erstkorrektor ihm seine Stellungnahme „zur Kenntnis
gebracht“ und dass nur insoweit eine
Abstimmung vorgelegen habe, als der Zweitkorrektor mit diesen
Ausführungen einverstanden gewesen sei und sich diesen
Ausführungen angeschlossen habe. Dass der Zweitkorrektor der
Klausur „Prüfungsaufgabe aus dem Gebiet der
Ertragsteuern“ keine eigenständige und
unabhängige Überprüfung seiner Bewertung vorgenommen
habe, lasse sich nicht feststellen. Überdies habe der
Zweitkorrektor während des Klageverfahrens noch eingehend auf
drei Seiten zu den Einwendungen der Klägerin Stellung
genommen, sodass etwaige Defizite des Überdenkungsverfahrens
jedenfalls im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geheilt
gewesen seien. Dass die Beklagtenseite der Klägerin zuvor mit
Schreiben vom 06.03.2018 mitgeteilt habe, dass das
Überdenkungsverfahren endgültig abgeschlossen sei,
erweise sich in diesem Zusammenhang als unbeachtlich.
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Mit ihrer Revision macht die Klägerin
geltend, dass das Urteil des FG aus den nachfolgend - im Kern
zusammengefasst - dargestellten Gründen Bundesrecht
verletze.
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Die angefochtene Prüfung sei wegen der
Verletzung von Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG
prüfungsverfahrensfehlerhaft durchgeführt worden. Diese
Verfahrensfehler seien für das Prüfungsergebnis von
Bedeutung gewesen und sie, die Klägerin, habe insoweit keine
Rügeverpflichtung getroffen. Zudem sei das Bewertungsverfahren
unter Verletzung von Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG sowie
§ 29 DVStB bewertungsverfahrensfehlerhaft durchgeführt
worden, weshalb die in Rede stehenden Prüfungsleistungen
erneut zu bewerten seien.
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Die in Rede stehenden Bewertungen seien
schon deshalb aufzuheben, weil sie ohne ausreichende rechtliche
Grundlage ergangen seien. § 24 Abs. 2 DVStB, wonach jede
Aufsichtsarbeit von mindestens zwei Prüfern persönlich zu
bewerten sei, verstoße gegen höherrangiges Recht. Wegen
des Gesetzesvorbehalts in Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG und wegen des
prüfungsrechtlichen Grundsatzes der Chancengleichheit nach
Art. 3 Abs. 1 GG müsse die - für das
Prüfungsergebnis wesentliche - konkrete Zahl der Prüfer
rechtssatzmäßig festgelegt werden. Durch die
Einschaltung mehrerer Prüfer werde das Ergebnis objektiviert,
was zugleich Bevorzugungen und Benachteiligungen einzelner
Prüflinge minimiere. Da die Zahl der Prüfer wesentlich
für das Prüfungsergebnis sei, müsse sie für
alle Teilnehmer einer berufsbezogenen Abschlussprüfung durch
den zuständigen Normgeber vorab und vorhersehbar festgelegt
sein; ihre Bestimmung dürfe nicht der Verwaltungspraxis
überlassen bleiben (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts -
BVerwG - vom 10.04.2019 - 6 C 19.18, BVerwGE 165, 202 =
SIS 23 19 67). § 24 Abs. 2
DVStB bestimme demgegenüber in verfassungswidriger Weise
nicht, wie viele Prüfer eine schriftliche
Prüfungsleistung im Rahmen der Steuerberaterprüfung zu
bewerten hätten. Die Norm regele lediglich eine Mindestzahl
von Prüfern. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die
Klausurbewertung im Streitfall bei richtiger Behandlung der
Angelegenheit anders ausgefallen wäre.
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Da § 24 Abs. 2 DVStB nur eine
Mindestzahl von Prüfern bestimme, wäre es rein nach der
Norm zudem durchaus zulässig, dass in verschiedenen
Bundesländern unterschiedliche Prüfungsbedingungen
herrschten. Dies verstieße gegen den prüfungsrechtlichen
Grundsatz der Chancengleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) und sei Folge
der verfassungswidrigen Unbestimmtheit der Norm (Art. 12 Abs. 1
GG), was zu ihrer Unwirksamkeit führe.
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18
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Auch unter dem Gesichtspunkt, dass dem -
gemäß § 35 Abs. 1 Satz 3 des
Steuerberatungsgesetzes (StBerG) - aus sechs Personen bestehenden
Prüfungsausschuss nach § 24 Abs. 5 DVStB die
Möglichkeit zukomme, die Note abweichend von den Korrektoren
festzulegen, sei die Regelung in § 24 Abs. 2 DVStB zu
unbestimmt, weil letzthin die Frage, ob eine Klausur von zwei, drei
oder mehr Prüfern oder anstelle von den bereits vorbefassten
Prüfern von dem Prüfungsausschuss und damit von sechs
Personen bewertet werde, nicht normativ vorgegeben, sondern in das
Ermessen des Prüfungsausschusses gestellt sei.
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Auch das Überdenkungsverfahren sei im
Streitfall rechtswidrig und zudem nicht ordnungsgemäß
durchgeführt worden.
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Das erste Überdenkungsverfahren, das
auf eigenen Antrag der Klägerin eingeleitet und mit Schreiben
vom 06.03.2018 abgeschlossen worden sei, leide an einem nicht mehr
zu behebenden Verfahrensmangel. Nach den Tatsachenfeststellungen
des FG sowie der von ihm getroffenen Würdigung der
Äußerung des Zweitkorrektors handele es sich um die
Erstellung einer abgesprochenen und damit unzulässigen
gemeinsamen Stellungnahme.
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Dass während des Klageverfahrens auf
Beschluss des FG vom 23.06.2020 erneut ein
Überdenkungsverfahren durchgeführt worden sei, erweise
sich bereits deshalb als rechtswidrig, weil § 29 DVStB nur ein
Überdenkungsverfahren kenne und dieses auch nur durch einen
Antrag des Bewerbers in Gang gesetzt werden könne. Das
beantragte Überdenkungsverfahren sei indes bereits durch das
Schreiben vom 06.03.2018 „endgültig
abgeschlossen“ gewesen. Unabhängig von
der Rechtsnatur dieses Schreibens - das entweder einen
Verwaltungsakt oder eine formlose Mitteilung darstelle - scheide
eine Heilung des benannten Verfahrensfehlers hier aus. Das vom FG
im Streitfall veranlasste „Überdenken des
Überdenkens“ sei weder vorgesehen noch
zulässig. Dies gelte hier zudem schon deshalb, weil das
Überdenken nicht mehr zeitnah zu der Bewertung erfolgt sei.
Ein fehlendes (und damit ein „Fehlen
des“) Überdenkungsverfahren sowie
fehlende Teile des Überdenkungsverfahrens könnten zwar
während eines Klageverfahrens geheilt werden. Nicht
möglich sei aber, ein bereits durchgeführtes und auch
abgeschlossenes Überdenkungsverfahren wiederzueröffnen
oder erneut durchzuführen, mit dem Ziel, dem Zweitkorrektor
erneut, also nochmal, eine eigenständige, nicht vorher mit dem
Erstkorrektor abgesprochene Überdenkung seiner eigenen
Bewertung zu ermöglichen.
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Der angefochtene Prüfungsbescheid sei
daher auch aus diesem Grund aufzuheben. Denn es sei nicht
ausgeschlossen, dass bei richtiger Behandlung der Angelegenheit der
Zweitprüfer in einem fehlerfrei durchgeführten
Überdenkungsverfahren zu einer besseren Bewertung gekommen
wäre.
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23
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Die Klägerin beantragt,
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unter Abänderung des angefochtenen
Urteils des FG München vom 24.03.2021 - 4 K 264/18
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1.
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die Prüfungsentscheidung vom
05.01.2018 aufzuheben und
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2.
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den Beklagten zu verpflichten, die beiden
Aufsichtsarbeiten aus den Gebieten des Ertragsteuerrechts und der
Buchführung und des Bilanzwesens unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bewerten.
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24
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Der Beklagte beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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25
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Das FG habe die angefochtene
Prüfungsentscheidung zutreffend bestätigt.
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26
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§ 24 Abs. 2 DVStB verstoße nicht
gegen Grundrechte. Der prüfungsrechtliche Grundsatz der
Chancengleichheit verlange zwar, dass der zuständige Normgeber
die Zahl der Prüfer in berufsbezogenen Prüfungen
rechtssatzmäßig festlege (BVerwG-Urteil vom 10.04.2019 -
6 C 19.18, BVerwGE 165, 202 = SIS 23 19 67). § 24 Abs. 2 DVStB trage dieser Vorgabe im Hinblick
auf den schriftlichen Teil der Steuerberaterprüfung indes
hinreichend Rechnung, indem er die Bewertung der Aufsichtsarbeit
durch (mindestens) zwei Prüfer vorsehe.
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27
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Die Klägerin verkenne in ihren
Ausführungen, dass es sich bei der Steuerberaterprüfung
zwar um eine bundeseinheitlich geregelte, aber vor einem bei der
obersten Landesbehörde zu bildenden Prüfungsausschuss
abzulegende Landesprüfung handele. Eine Verletzung der
Chancengleichheit könne sich deshalb nur dann ergeben, wenn
für die innerhalb der einzelnen Bundesländer
durchzuführende Prüfung keine einheitlichen
Prüfungsbedingungen geherrscht hätten; Unterschiede bei
der Steuerberaterprüfung zwischen den einzelnen
Bundesländern seien unerheblich (vgl. Beschluss des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13.03.1990 - VII B 141/89, BFH/NV
1991, 124).
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28
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Bei der in seinem
Zuständigkeitsbereich abgelegten Steuerberaterprüfung
würden die schriftlichen Aufsichtsarbeiten jedes
Prüflings grundsätzlich von zwei Prüfern - einem
Erst- und einem Zweitprüfer - bewertet. Die erforderlichen
Regelungen zum Umgang mit Bewertungsdifferenzen machten es
allerdings unmöglich, dass der Prüfling bereits vor
Ablegen der schriftlichen Prüfung mit 100%iger Sicherheit
wisse, wie viele Prüfer seine schriftlichen Arbeiten letztlich
tatsächlich bewerten würden. So sei es eine übliche
und zulässige prüfungsrechtliche Regelung, dass bei
größeren Bewertungsdifferenzen zwischen Erst- und
Zweitprüfer entweder noch ein dritter Prüfer die
Aufsichtsarbeit beurteile oder aber, wie auch in § 24 Abs. 4
DVStB vorgesehen, der Prüfungsausschuss die Note festsetze.
Wie viele Prüfer die Aufsichtsarbeit letztendlich
korrigierten, entscheide sich somit regelmäßig erst,
nachdem Erst- und Zweitprüfer ihre Einschätzung
vorgenommen hätten.
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29
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Das Überdenkungsverfahren sei im
Streitfall entgegen der Rechtsansicht der Klägerin
rechtmäßig durchgeführt worden. Der Zweitkorrektor
der Aufsichtsarbeit „Prüfungsaufgabe aus dem Gebiet der
Ertragsteuern“ habe eine eigenständige
und unabhängige Überprüfung seiner Bewertung
vorgenommen. Es sei nicht zu beanstanden, wenn dem Zweitprüfer
das Gutachten des Erstprüfers mitgeteilt werde und dieser sich
der Wertung des Erstprüfers anschließe.
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30
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Es sei zudem auch nicht
verfahrensfehlerhaft, dass der genannte Zweitprüfer im Rahmen
des finanzgerichtlichen Verfahrens nochmals eine eingehende
Stellungnahme abgegeben habe. Das Überdenkungsverfahren
könne zeitlich auch noch während eines bereits
anhängigen Gerichtsverfahrens durchgeführt
beziehungsweise nachgeholt werden. Sogar - gegebenenfalls
ergänzende - Stellungnahmen der Prüfer in der
mündlichen Verhandlung könnten den
Überdenkungsanspruch noch erfüllen (vgl. BVerwG-Beschluss
vom 02.05.1996 - 6 B 75.95, juris, unter 2. der Gründe;
BVerwG-Beschluss vom 15.09.1994 - 6 B 42.94, juris, unter 1. der
Gründe; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom
19.03.2004 - 7 BV 03.1953, Bayerische Verwaltungsblätter 2004,
597, unter 3.c der Entscheidungsgründe).
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31
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Das Überdenkungsverfahren im
Steuerberaterexamen sei zudem ein eigenständiges Verfahren,
dessen Fehlen oder ein dabei unterlaufener Formfehler sich auf die
Rechtmäßigkeit der Prüfungsentscheidung nicht
unmittelbar auswirken könnte.
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32
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Das Bundesministerium der Finanzen (BMF)
ist dem Verfahren gemäß § 122 Abs. 2 FGO
beigetreten und unterstützt - ohne einen eigenen Antrag
gestellt zu haben - die Position und Rechtsauffassungen des
Beklagten. Nach Auffassung des BMF genüge § 24 Abs. 2
DVStB dem prüfungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit.
Das Überdenkungsverfahren im Sinne von § 29 DVStB sei
ferner ein verwaltungsinternes Verfahren, das nicht durch
Verwaltungsakt abgeschlossen werde. Im Falle von Verfahrensfehlern
könnten die betreffenden Prüfer in der Regel eine erneute
Stellungnahme abgeben.
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33
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Es treffe zwar zu, dass nach der
Rechtsprechung des BVerwG (Urteile vom 10.04.2019 - 6 C 19.18,
BVerwGE 165, 202 = SIS 23 19 67,
Rz 10 ff. und vom 28.10.2020 - 6 C 8.19, BVerwGE 170, 1, Rz 21)
Regelungen über das Verfahren der Bewertung der
Prüfungsleistungen - auch die konkrete Zahl der Prüfer -
aufgrund des Gesetzesvorbehalts des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG
rechtssatzmäßig, das heißt für
Staatsprüfungen zumindest in einer Rechtsverordnung, vorab und
für die Prüflinge vorhersehbar festzulegen seien. Diese
Regelungen müssten zudem insbesondere dem
prüfungsrechtlichen Gebot der Chancengleichheit
genügen.
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34
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Die im Steuerberatungsgesetz und der
Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und
Berufsausübungsgesellschaften enthaltenen Regelungen zur
Anzahl der Prüfer genügten bei einer Gesamtbetrachtung
allerdings diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben.
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35
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Die Steuerberaterprüfung sei nach
§ 35 Abs. 1 Satz 2 StBerG vor einem Prüfungsausschuss
abzulegen, der bei den obersten Finanzbehörden der Länder
zu bilden sei. Der Gesetzgeber habe die Zusammensetzung des
Prüfungsausschusses weder der Verwaltungspraxis noch dem
Verordnungsgeber überlassen, sondern ausdrücklich in
§ 35 Abs. 1 Satz 3 StBerG festgelegt, dass diesem drei Beamte
des höheren Dienstes oder vergleichbare Angestellte der
Finanzverwaltung sowie drei Steuerberater oder zwei Steuerberater
und ein Vertreter der Wirtschaft angehörten. Die Arbeitsweise
des Prüfungsausschusses werde durch § 10 DVStB näher
ausgestaltet, insbesondere werde bestimmt, dass der
Prüfungsausschuss mit Stimmenmehrheit und bei
Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden entscheide (§ 10
Abs. 2 DVStB).
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36
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Unter Berücksichtigung vorstehender
Ausführungen genüge die Regelung in § 24 Abs. 2
DVStB, wonach jede Aufsichtsarbeit von mindestens zwei Prüfern
(Erst- und Zweitprüfer) persönlich zu bewerten sei, den
vom BVerwG aufgestellten Grundsätzen. Denn es handele sich bei
der Bewertung der Aufsichtsarbeiten in jeder denkbaren
Konstellation um Noten des Prüfungsausschusses. Die
Zusammensetzung des Prüfungsausschusses, der letztlich in
allen Fällen über die Note der Aufsichtsarbeiten
entscheiden könne, werde gerade nicht dem die
Steuerberaterprüfung durchführenden Land überlassen,
sondern sei ausdrücklich durch den Gesetzgeber bestimmt
worden. Die Regelungen zur Steuerberaterprüfung wiesen
insoweit kein Regelungsdefizit auf. In dem Fall, in dem sich die
Prüfer nicht auf einen gemeinsamen Notenvorschlag einigen
könnten, setze der Prüfungsausschuss gemäß
§ 24 Abs. 4 DVStB die Note nach Maßgabe des § 10
Abs. 2 DVStB fest. Und in dem Fall, in dem die Bewertung einer
Arbeit der Prüfer nicht voneinander abweiche, gelte der von
den Prüfern übereinstimmend ermittelte Notenvorschlag
gemäß § 24 Abs. 3 DVStB als Note des
Prüfungsausschusses. Aber auch in den Fällen, in denen
die Fiktion des § 24 Abs. 3 DVStB greife, könne der aus
genau sechs Mitgliedern bestehende Prüfungsausschuss die Note
nach § 24 Abs. 4 DVStB festsetzen.
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Sollte der Senat auf der Ebene der
Prüfungsordnung ein Regelungsdefizit feststellen, wäre er
zudem zur Vermeidung einer verfassungsferneren Regelungslücke
und zur Wahrung der Berufsfreiheit gehalten, bis zur Herstellung
verfassungsgemäßer Zustände durch den
Verordnungsgeber eine Übergangsregelung zu treffen, damit den
aus Art. 12 Abs. 1 GG resultierenden Gewährleistungen der
Bewerber Rechnung getragen werden könne (BVerwG-Urteil vom
10.04.2019 - 6 C 19.18, BVerwGE 165, 202 = SIS 23 19 67, Rz 20).
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38
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Betreffend das Überdenkungsverfahren
sei zunächst auf § 127 der Abgabenordnung (AO)
hinzuweisen, wonach Verfahrensfehler immer dann unbeachtlich seien,
wenn sie ohne Einfluss auf das Entscheidungsergebnis
blieben.
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39
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Bei der Steuerberaterprüfung gestalte
sich die zeitliche Abfolge dergestalt, dass die für die
Finanzverwaltung zuständige oberste Landesbehörde,
vertreten durch die Steuerberaterkammer, Bewerber, die die
Prüfung nicht bestanden hätten, zunächst
gemäß § 25 Abs. 3 DVStB schriftlich zu bescheiden
habe. Erst im Anschluss seien die Prüfer nach § 29 Abs. 1
DVStB unter den dort genannten Voraussetzungen verpflichtet, ihre
Bewertung der Prüfungsleistungen zu überdenken. Dieses
Überdenkungsverfahren sei nicht in ein förmliches
Einspruchsverfahren inkorporiert, das der Gesetzgeber in diesem
Zusammenhang durch § 348 Nr. 4 AO bewusst ausgeschlossen habe,
sondern es sei als eigenständiges verwaltungsinternes
Verfahren ausgestaltet. Die Mitteilung über das Ergebnis des
Überdenkungsverfahrens stelle grundsätzlich keinen
Verwaltungsakt dar, da die Verordnung zur Durchführung der
Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte
und Berufsausübungsgesellschaften den Erlass eines
Verwaltungsakts an dieser Stelle zulässigerweise nicht vorsehe
(dazu Fischer in Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7.
Aufl. 2018, Rz 798).
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40
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Ein Verfahrensfehler in einem dem Erlass
des Prüfungsbescheids nachgelagerten
Überdenkungsverfahren, das nicht in ein Einspruchsverfahren
inkorporiert sei, bleibe für den ursprünglichen, allein
streitgegenständlichen Prüfungsbescheid ohne Bedeutung.
Das insoweit eigenständige Überdenkungsverfahren
könne zeitlich grundsätzlich auch noch während eines
bereits anhängigen gerichtlichen Verfahrens - wie vom FG im
Streitfall zutreffend veranlasst - durchgeführt
beziehungsweise nachgeholt werden.
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41
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II. 1. Die Revision hat in dem aus dem Tenor
ersichtlichen Umfang Erfolg. Insofern ist sie begründet und
führt zur Aufhebung des FG-Urteils und des angefochtenen
Bescheids über das Nichtbestehen der Steuerberaterprüfung
2017 vom 05.01.2018 sowie zur Verpflichtung des Beklagten, die von
der Klägerin angefertigte Aufsichtsarbeit
„Prüfungsaufgabe aus dem Gebiet der
Ertragsteuern“ unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts durch andere Prüfer neu bewerten
zu lassen und unter Berücksichtigung der Neubewertung einen
neuen Bescheid über das Ergebnis der schriftlichen
Steuerberaterprüfung 2017 zu erlassen (§ 126 Abs. 3 Satz
1 Nr. 1, § 101 Satz 2 FGO). Im Übrigen ist die Revision
unbegründet und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
Soweit die Klägerin eine Neubewertung auch der Klausur
„Prüfungsaufgabe aus dem Gebiet der Buchführung und
des Bilanzwesens“ beantragt hat, ist die
Revision unbegründet, denn das FG hat die Klage zu Recht
abgewiesen.
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42
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a) Prüfungsentscheidungen können -
wovon das FG in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgegangen ist
und was auch den Maßstab für die vorliegende
Revisionskontrolle bildet - gerichtlich nur beschränkt
überprüft werden. Prüferische Bewertungen sind von
den Erfahrungen und Wertvorstellungen des einzelnen Prüfers
abhängig und damit unvertretbare höchstpersönliche
Urteile. Das Gericht kann daher nur prüfen, ob die
Prüfungsentscheidung an fachlichen Beurteilungsmängeln
leidet, ob die Prüfer den prüferischen
Bewertungsspielraum überschritten haben und ob die für
die Prüfung maßgebenden Verfahrensbestimmungen
eingehalten worden sind (Senatsurteil vom 11.07.2023 - VII R 10/20
= SIS 23 19 43, Rz 30, m.w.N. aus
der ständigen Rechtsprechung).
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b) Gemessen an diesen Anforderungen ist die
angefochtene Prüfungsentscheidung rechtlich in Teilen zu
beanstanden.
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aa) Der Einwand der Klägerin, ein
Verfahrensfehler liege hier unter dem Gesichtspunkt vor, dass es
gemeinsame beziehungsweise zwischen diesen abgestimmte
Überdenkungen von Erst- und Zweitprüfer gegeben habe, was
auch nicht durch eine „zweite
Überdenkung“ heilbar sei, führt im
Ergebnis zur Begründetheit ihrer Revision, soweit sie eine
Neubewertung der von ihr angefertigten Aufsichtsarbeit
„Prüfungsaufgabe aus dem Gebiet der
Ertragsteuern“ beantragt.
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(1) Eine gemeinsam abgestimmte
Überdenkung von Klausuren durch Erst- und Zweitprüfer
wird dem Erfordernis der eigenständigen und unabhängigen
Urteilsbildung und dem Gebot der fairen Gestaltung des
Prüfungsverfahrens nicht gerecht und erweist sich damit als
rechtswidrig. Das in § 29 DVStB vorgesehene
Überdenkungsverfahren im Steuerberaterexamen gibt dem
Prüfling die Möglichkeit, eine erneute
Überprüfung seiner Examensergebnisse durch die jeweiligen
Prüfer zu beantragen, falls er Zweifel an der Richtigkeit der
Bewertung hat und sich dagegen wehren möchte. Nach der
Rechtsprechung des BVerwG bildet das grundrechtlich durch Art. 12
Abs. 1 GG geforderte Überdenken der Prüfungsbewertungen
im Rahmen eines verwaltungsinternen Kontrollverfahrens der Sache
nach eine Verfahrensgewährleistung. Ebenso wie der durch Art.
19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistete Anspruch des Prüflings
auf gerichtliche Kontrolle der Prüfungsbewertung dient es der
effektiven Durchsetzung seines materiell-rechtlichen, auf Art. 12
Abs. 1 Satz 1 GG gestützten Anspruchs auf eine
rechtmäßige Prüfungsbewertung. Als
verfahrensrechtliches Instrument der Fehlerkontrolle kommt ihm im
Hinblick auf den nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle
unterliegenden Beurteilungsspielraum des Prüfers hinsichtlich
prüfungsspezifischer Wertungen im Rahmen des grundrechtlichen
Schutzsystems eine unterstützende Funktion zu
(BVerwG-Beschluss vom 18.01.2022 - 6 B 21.21, Rz 15). Die
rechtliche Grundlage für das Überdenkungsverfahren im
Steuerberaterexamen bildet § 29 Abs. 1 Satz 1 DVStB, wonach
die Prüfer verpflichtet sind, ihre Bewertung der
Prüfungsleistungen zu überdenken, wenn dies von einem
Bewerber, der die Prüfung nicht bestanden hat, mit
begründeten Einwendungen bei der zuständigen
Steuerberaterkammer schriftlich beantragt wird und die Entscheidung
über das Ergebnis der Prüfung noch nicht
bestandskräftig ist. Zwar enthält § 29 DVStB keine
weiteren Regelungen zur Ausgestaltung des
Überdenkungsverfahrens. Das BVerwG hat insofern - indes in
Zusammenhang mit der Juristenausbildung - zutreffend entschieden,
dass das in Art. 12 Abs. 1 GG verankerte Erfordernis der
eigenständigen und unabhängigen Urteilsbildung der
Prüfer durch eine Verfahrensgestaltung verletzt wird, die es
den Prüfern im Rahmen des Überdenkungsverfahrens
ermöglicht, eine gemeinsame Stellungnahme zu den
Einwänden des Prüflings auf Grundlage eines
entsprechenden, vom Erstprüfer gefertigten Entwurfs und einer
nachfolgenden Beratung zwischen ihnen abzugeben, die stattfindet,
ohne dass die Prüfer zuvor das Ergebnis ihres Überdenkens
schriftlich niedergelegt haben (BVerwG-Beschluss vom 09.10.2012 - 6
B 39.12, Rz 8). Eine Abstimmung und Beratung über die zu
vergebende Note ist allenfalls im Nachgang hierzu zulässig.
Den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG wird nur dann genügt,
wenn Prüfungsleistungen, deren Bewertung intensiv in die
Freiheit der Berufswahl eingreift, einer Bewertung durch zwei oder
mehr Prüfer zugeführt werden. Der
objektivitätssteigernde Effekt der Einschaltung einer
Prüfermehrheit würde aber durch Zulassung gemeinsamer
Beurteilungen zu einem erheblichen Teil wieder zunichtegemacht
(BVerwG-Beschluss vom 09.10.2012 - 6 B 39.12, Rz 7, m.w.N.). Jeder
Prüfer muss seine Bewertungen vielmehr eigenständig
überdenken (BVerwG-Urteil vom 10.04.2019 - 6 C 19.18, BVerwGE
165, 202 = SIS 23 19 67, Rz 26,
m.w.N. aus der ständigen Rechtsprechung). Diese
Erwägungen gelten nach Auffassung des Senats ebenso für
die Überdenkung im Rahmen des Steuerberaterexamens, da es sich
desgleichen um eine berufsbezogene Abschlussprüfung handelt
(Senatsurteil vom 11.07.2023 - VII R 10/20 = SIS 23 19 43, Rz 33).
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(2) Die eigenständige Überdenkung
der Prüfungsleistung durch die Prüfer in Kenntnis des vom
anderen Prüfer bereits gefundenen Ergebnisses -
gewissermaßen eine „offene“
Überdenkung - ist mit dem prüfungsrechtlichen Gebot der
Chancengleichheit und dem Gebot der fairen Gestaltung des
Prüfungsverfahrens hingegen vereinbar. Eine unabhängige
Beurteilung wird durch eine solche Vorkenntnis nicht in Frage
gestellt (BVerwG-Beschluss vom 19.05.2016 - 6 B 1.16, Rz 12 ff.).
Dementsprechend gestattet es § 24 Abs. 2 Satz 2 DVStB auch,
dass dem Zweitprüfer die Bewertung der betreffenden
Aufsichtsarbeit durch den Erstprüfer mitgeteilt wird. Für
das Überdenkungsverfahren, das letztlich als inhaltlich
beschränkte Nachbewertung noch Teil des Bewertungsverfahrens
ist, kann nichts anderes gelten (Senatsurteil vom 11.07.2023 - VII
R 10/20 = SIS 23 19 43, Rz
34).
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(3) Gemessen an diesen Anforderungen ist die
vorliegend streitgegenständliche
„offene“ Überdenkung der Klausur
„Prüfungsaufgabe aus dem Gebiet der Buchführung und
des Bilanzwesens“ nicht
verfahrensfehlerbehaftet. Beide Prüfer haben zu den
Einwendungen jeweils eigene und als solche gekennzeichnete
Ausführungen gemacht. Dies verdeutlicht, dass sie ihre
Bewertung jeweils eigenständig und eigenverantwortlich
überdacht haben, obgleich sich der Erstprüfer in weiten
Teilen den ihm zur Kenntnis gebrachten Ausführungen des
Zweitprüfers angeschlossen hat. Ein Zweitprüfer muss sein
Bewertungsergebnis nicht eigenständig begründen, wenn er
mit der Erstbewertung vollinhaltlich übereinstimmt
(BVerwG-Beschluss vom 18.12.1997 - 6 B 69.97, unter 2. der
Gründe). Auch der Umstand, dass im hiesigen
Überdenkungsverfahren nicht eine
„offene“ Bewertung durch den
Zweitkorrektor, sondern durch den Erstkorrektor stattgefunden hat,
ist rechtlich unbedenklich. Anders als in § 24 Abs. 2 Satz 2
DVStB, der die „offene“ Korrektur von
Aufsichtsarbeiten dahingehend regelt, dass dem Zweitprüfer die
Bewertung des Erstprüfers mitgeteilt werden darf, gibt es
für das Überdenkungsverfahren insoweit keine konkreten
verfahrensrechtlichen Vorgaben. Hierfür gibt es mangels
Rangfolge der Prüfer auch kein Bedürfnis.
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(4) Zu der Klausur „Prüfungsaufgabe
aus dem Gebiet der Ertragsteuern“ haben die
Prüfer indes nach dem klaren Inhalt der Akten, den das FG
zulässigerweise in Bezug genommen hat, eine rechtswidrig
untereinander abgestimmte Stellungnahme im
Überdenkungsverfahren abgegeben. Dem Erfordernis einer
eigenständigen und unabhängigen Überdenkung wird
dann nicht mehr genügt, wenn sich der Zweitkorrektor - wie er
im Streitfall erklärt hat - darauf beschränkt, die
Stellungnahme des Erstkorrektors mit diesem abzustimmen, anstatt
die von ihm vorgenommenen Bewertungen autonom einer
Überprüfung zu unterziehen. Eine solche zwischen Erst-
und Zweitkorrektor abgestimmte Stellungnahme steht - anders als
eine „offene Überdenkung“ - nicht
mehr in Einklang mit der oben zitierten einschlägigen
Rechtsprechung des BVerwG, der sich der Senat als zutreffend
anschließt.
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Aufgrund des Akteninhalts sieht der Senat eine
unzulässige Abstimmung der beteiligten Prüfer als gegeben
an. Für die abweichende Sachverhaltswürdigung des FG, es
habe ausweislich der vom Zweitkorrektor versandten E-Mail nur
insoweit eine Abstimmung vorgelegen, als der Zweitkorrektor mit den
ihm zur Kenntnis gebrachten Ausführungen des Erstkorrektors
einverstanden gewesen sei und er sich deshalb diesen
Ausführungen angeschlossen habe, finden sich im Text der
fraglichen E-Mail keine belastbaren Anhaltspunkte. Der
Zweitkorrektor bekundet hier vielmehr eine Abstimmung mit dem
Erstkorrektor und dass er sich der im Vorfeld mit diesem
abgestimmten Stellungnahme anschließe. Tatsächliche
Umstände betreffende Würdigungen können im
Revisionsverfahren auf der Grundlage des § 118 Abs. 2 FGO zwar
nur daraufhin überprüft werden, ob sie in
verfahrensfehlerhafter Weise zustande gekommen sind oder ob sie
gegen Denkgesetze oder gegen allgemeine Erfahrungssätze
verstoßen (BFH-Urteil vom 17.05.2023 - I R 29/20 =
SIS 23 13 87, Rz 23). Im
Streitfall fehlt es jedoch an einer tragfähigen
Tatsachengrundlage für die Sachverhaltswürdigung des FG,
weshalb diese den Senat nach diesen Grundsätzen ausnahmsweise
nicht bindet. Es wirkt zudem wenig überzeugend, dass das FG
einerseits an dieser Stelle keine unzulässige Abstimmung
erkannt haben will, andererseits aber das Verfahren zwecks - seiner
Meinung nach zulässigen - Nachbesserung der Überdenkung
ausgesetzt hat.
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(5) Aus diesem Verfahrensfehler im
Überdenkungsverfahren folgt im Streitfall die Rechtswidrigkeit
der Bewertung der betreffenden Aufsichtsarbeit
„Prüfungsaufgabe aus dem Gebiet der
Ertragsteuern“, was einen Anspruch der
Klägerin auf Neubewertung durch noch nicht damit befasste
Prüfer begründet.
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(a) Ist auf Antrag des Prüflings ein
verwaltungsinternes Kontrollverfahren abschließend
durchgeführt worden, ist die zu seinen Gunsten bestehende
Verfahrensgewährleistung zwar zunächst erfüllt,
selbst wenn den Prüfern beim Überdenken ihrer
Prüfungsbewertung Korrekturfehler unterlaufen sein sollten.
Eine Ergebnisrichtigkeit des Kontrollverfahrens garantiert die
Rechtsordnung dem Prüfling nämlich nicht. Art. 19 Abs. 4
Satz 1 GG gewährleistet dem Prüfling gerichtlichen
Rechtsschutz aber etwa dann, wenn die Prüfungsbehörde
sich weigert, überhaupt ein verwaltungsinternes
Kontrollverfahren durchzuführen. Andernfalls liefe die aus
Art. 12 Abs. 1 GG fließende Verfahrensgewährleistung
leer. Gleiches muss gelten, wenn die Prüfungsbehörde bei
der Ausgestaltung des internen Kontrollverfahrens grundlegende
Anforderungen missachtet, die die Annahme rechtfertigen, dass
dessen Zweck nicht erreicht wird (BVerwG-Beschluss vom 18.01.2022 -
6 B 21.21, Rz 15). Ein Verfahrensfehler im Kontrollverfahren
führt in solchen Fällen zur Aufhebung der
Prüfungsentscheidung, wenn er wesentlich ist und somit ein
Einfluss auf das Prüfungsergebnis nicht ausgeschlossen werden
kann (Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Bremen vom 24.02.2023 -
1 B 235/22, m.w.N.). Da der Anspruch des Prüflings auf
„Überdenken“ der
Prüfungsentscheidung einen Ausgleich für die nur
eingeschränkt mögliche Kontrolle von
Prüfungsentscheidungen durch die Gerichte darstellt, ist ein
relevanter Fehler in diesem Sinne im Falle eines nicht
eigenständigen Überdenkens der Prüfungsleistung
durch die eigentlich dazu berufenen Prüfer zu bejahen. Denn es
ist nicht auszuschließen, dass die betreffende Arbeit bei
einer ordnungsgemäßen Überdenkung hätte besser
bewertet werden können. Dies führt zur Rechtswidrigkeit
der Bewertung der betroffenen Aufsichtsarbeit, was einen Anspruch
auf Neubewertung durch noch nicht damit befasste Prüfer
begründet. Denn sofern sich ein Prüfer als befangen
gezeigt hat, etwa durch die Festlegung im
Überdenkungsverfahren, dass eine Änderung der Note nicht
in Betracht komme, kann von einer neutralen nochmaligen
Überdenkung durch diesen Prüfer nicht mehr ausgegangen
werden. Die Berechtigung zur Annahme von Befangenheit ergibt sich
aus dem Vorhandensein derartiger Umstände, da sie unter
vernünftigen Erwägungen durchaus dazu geeignet sind, die
Besorgnis zu begründen, dass ein Prüfer in der
Angelegenheit keine unvoreingenommene Entscheidung (mehr) treffen
wird. Im Ergebnis besteht ein Anspruch auf eine umfassende erneute
Korrektur der betroffenen Aufsichtsarbeit durch hierzu neu zu
bestellende Ersatzprüfer (vgl. zu einem fehlerhaften
Überdenkungsverfahren in der juristischen Staatsprüfung
Urteil des Verwaltungsgerichts Bremen vom 06.09.2022 - 7 K 1636/20,
Rz 41; zum Ganzen Senatsurteil vom 11.07.2023 - VII R 10/20 =
SIS 23 19 43, Rz 38).
Dementsprechend waren das angefochtene FG-Urteil und der Bescheid
des Beklagten über das Nichtbestehen der
Steuerberaterprüfung 2017 vom 05.01.2018 unter Ausspruch einer
entsprechenden Verpflichtung des Beklagten aufzuheben.
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(b) Eine Heilung dieses Verfahrensfehlers
durch das vom FG veranlasste weitere beziehungsweise erneute
Überdenken der Bewertung war nicht möglich.
Ausschlaggebend hierfür ist nicht die Frage nach einer
Verwaltungsaktqualität und etwaigen Änderbarkeit der
gemäß § 29 Abs. 2 DVStB erteilten Mitteilung
über das Ergebnis des Überdenkungsverfahrens, sondern
vielmehr der Umstand, dass in solchen Konstellationen einer
unzulässig abgestimmten Überdenkung aus den genannten
Gründen ein Anspruch auf eine umfassende erneute Korrektur der
betroffenen Aufsichtsarbeit durch noch nicht damit befasste
Prüfer besteht.
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bb) Die auf eine Unvereinbarkeit des § 24
Abs. 2 DVStB mit höherrangigem Recht gestützte
Argumentation verhilft der Revision demgegenüber nicht zu
einem (weitergehenden) Erfolg.
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(1) Höchstrichterlich geklärt ist in
diesem Zusammenhang, dass es angesichts des Gesetzesvorbehalts in
Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG und vor dem Hintergrund des in Art. 3 Abs.
1 i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG verankerten prüfungsrechtlichen
Gebotes der Chancengleichheit in Berufszugangsprüfungen der
rechtssatzmäßigen Festlegung bedarf und nicht der
Verwaltungspraxis überlassen bleiben kann, wie viele
Prüfer in einer berufsbezogenen Prüfung zum Einsatz
kommen und welches Verfahren bei Bewertungsdifferenzen zwischen den
Prüfern gilt. Die Anzahl der Prüfer ist - auch angesichts
der gerichtlich nur beschränkt überprüfbaren
Ausübung des Beurteilungsspielraums - wesentlich für das
Prüfungsergebnis und muss für alle Teilnehmer einer
berufsbezogenen Abschlussprüfung vorab und vorhersehbar
festgelegt sein (ausführlich und zutreffend BVerwG-Urteil vom
10.04.2019 - 6 C 19.18, BVerwGE 165, 202 = SIS 23 19 67, Rz 14 ff.).
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(2) Die für die Anzahl der Prüfer
und den Umgang mit etwaigen Bewertungsdifferenzen im
Steuerberatungsgesetz und der Verordnung zur Durchführung der
Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte
und Berufsausübungsgesellschaften für die
Steuerberaterprüfung getroffenen Regelungen genügen
diesen verfassungsrechtlich und höchstrichterlich bestimmten
Vorgaben.
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(a) Gesetzlich normiert ist insoweit in §
35 Abs. 1 Satz 2 und § 37b Abs. 4 StBerG, dass die
Steuerberaterprüfung von einem Prüfungsausschuss
abgenommen wird. Diesem gehören gemäß § 35
Abs. 1 Satz 3 StBerG drei Beamte des höheren Dienstes oder
vergleichbare Angestellte der Finanzverwaltung an, davon einer als
Vorsitzender, sowie drei Steuerberater oder zwei Steuerberater und
ein Vertreter der Wirtschaft. Insoweit ist die Anzahl der im
Prüfungsausschuss eingesetzten Prüfer - was auch die
Klägerin nicht in Zweifel zieht - eindeutig vorab und
vorhersehbar sowie für alle Prüflinge gleichermaßen
rechtssatzmäßig festgelegt. Der Umgang mit
Bewertungsdifferenzen ist ebenfalls rechtssatzmäßig in
einer mit den genannten Anforderungen konformen Weise normiert: Der
Ausschuss entscheidet gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1
DVStB mit Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit ist
gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 DVStB die Stimme des
Vorsitzenden entscheidend.
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(b) Der Prüfungsausschuss bestimmt
gemäß § 24 Abs. 1 DVStB die Prüfer für
die Bewertung der Aufsichtsarbeiten. Die in § 24 Abs. 2 Satz 1
DVStB hierzu getroffene Regelung, jede Aufsichtsarbeit sei von
„mindestens“ zwei Prüfern (Erst-
und Zweitprüfer) zu bewerten, und die in § 24 Abs. 2 Satz
2 DVStB in diesem Zusammenhang verdeutlichte Möglichkeit, dass
über einen Erst- und Zweitprüfer hinaus vom
Prüfungsausschuss auch weitere Prüfer bestimmt werden
können, verstößt nicht gegen die oben genannten
Grundsätze, wonach die Bestimmung der Prüferzahl nicht
einer Entscheidung der Verwaltung überlassen werden darf. Denn
die für das Abschneiden des Prüflings entscheidende
Notengebung liegt in den Händen des Prüfungsausschusses,
nicht in den Händen der Korrektoren der Aufsichtsarbeiten.
Prüfer im Sinne der obengenannten verfassungsrechtlichen und
höchstrichterlichen Vorgaben sind damit nur die Mitglieder des
Prüfungsausschusses, da nur ihnen die Entscheidungskompetenz
hinsichtlich der Notengebung zukommt. Der Prüfungsausschuss
macht sich einen seitens der Klausurkorrektoren
übereinstimmend ermittelten Notenvorschlag zwar
gemäß § 24 Abs. 3 Satz 1 DVStB grundsätzlich
zu eigen. Er kann indes - etwa im Falle begründeter
Einwendungen des Prüflings - gemäß § 24 Abs. 5
DVStB die Note durchaus abweichend von einem solchen Votum
festsetzen. Auch in dem Fall, in dem die Korrektoren sich nicht auf
einen gemeinsamen Notenvorschlag einigen, kommt dem
Prüfungsausschuss gemäß § 24 Abs. 4 DVStB die
Aufgabe zu, die Note festzusetzen. Das Prüfungsergebnis ist
damit - durch das Zusammenspiel der genannten Regelungen
rechtssatzmäßig für alle Prüflinge im Vorfeld
und vorhersehbar bestimmt - dem stets aus sechs Mitgliedern
bestehenden Prüfungsausschuss anvertraut, der über
Bewertungsdifferenzen mit Stimmenmehrheit und im Falle von
Stimmengleichheit durch die ausschlaggebende Stimme des
Vorsitzenden befindet.
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(c) Dass § 24 Abs. 2 DVStB lediglich eine
Mindestzahl von Korrektoren für die Aufsichtsarbeiten vorgibt
und es mithin eindeutig zulässt, dass die Aufsichtsarbeiten
vom Prüfungsausschuss auch mehr als zwei Korrektoren für
die Erstellung von Bewertungsvorschlägen anvertraut werden,
ist rechtlich ebenfalls unbedenklich. Der
objektivitätssteigernde Effekt der Einschaltung einer
Prüfermehrheit - dem Regelungen wie § 24 Abs. 2 DVStB in
Berufszugangsprüfungen dienen (vgl. auch BVerwG-Urteil vom
10.04.2019 - 6 C 19.18, BVerwGE 165, 202 = SIS 23 19 67, Rz 15) - würde beim Einsatz
von mehr als zwei Prüfern eher gesteigert als
geschmälert. Der als prüfungsrechtliche Ausprägung
des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) geltende
Grundsatz der Chancengleichheit verlangt zwar, dass den
Prüflingen Gelegenheit gegeben wird, ihre
Prüfungsleistungen unter möglichst gleichartigen
Prüfungsbedingungen zu erbringen (Senatsurteil vom 11.11.1997
- VII R 66/97, BFHE 184, 157, BStBl II 1998, 218 = SIS 98 07 72, Rz
12). Insofern durfte die Beklagtenseite Prüflinge und deren
Aufsichtsarbeiten hinsichtlich der Frage, ob über Erst- und
Zweitkorrektor hinaus noch weitere Korrektoren zum Einsatz kommen,
nicht ohne sachlichen Grund unterschiedlich behandeln. Da das FG
insoweit allerdings die Bewertung sämtlicher Aufsichtsarbeiten
der Steuerberaterprüfung 2017 durch lediglich zwei Prüfer
als gerichtsbekannt festgestellt hat, ist eine willkürliche
oder auch nur unsachliche Handhabung der Anzahl der Korrektoren je
Klausur im Zuständigkeitsbereich des Beklagten nicht
ersichtlich. Verfassungsrechtlich unbedenklich wäre es im
Übrigen - entgegen der Rechtsmeinung der Klägerin -
insofern auch, wenn das Prüfungsverfahren in den einzelnen
Bundesländern an dieser Stelle - trotz bundeseinheitlicher
Prüfung - unterschiedlich ausgestaltet wäre. Denn nach
den verfassungsrechtlichen Grundlagen sind unterschiedlich
behandelte Personengruppen nicht vergleichbar, wenn sie nicht
derselben Rechtssetzungsgewalt unterfallen, also bei
unterschiedlichen Regelungen durch Landesrecht; im Bereich der
Länderzuständigkeit müssen demnach
länderübergreifend keine identischen Regelungen bestehen
(Senatsurteil vom 11.07.2023 - VII R 10/20 = SIS 23 19 43, Rz 43).
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf §
136 Abs. 1 Satz 1, § 135 Abs. 1 und Abs. 2 FGO.
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