Die Revision des Beklagten gegen das Urteil
des Finanzgerichts Münster vom 22.10.2020 - 3 K 2699/17 F =
SIS 20 18 83 wird als
unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der
Beklagte zu tragen.
Außergerichtliche Kosten der
Beigeladenen werden nicht erstattet.
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I. Mit notariellem Vertrag übertrug
der Beigeladene zu 1. schenkweise an den Beigeladenen zu 2. mit
Wirkung zum 01.12.2013 einen Teilgeschäftsanteil an der
Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin), einer
GmbH.
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Auf Grundlage der eingereichten
Feststellungserklärung und nach Abschluss einer
Außenprüfung stellte der Beklagte und
Revisionskläger (Finanzamt - FA - ) mit geänderten
Bescheiden vom 18.07.2016 gegenüber der Klägerin und den
Beigeladenen u.a. den Wert des Anteils an einer Kapitalgesellschaft
nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Bewertungsgesetzes (BewG)
und die Summe der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des
Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 2a des
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes i.d.F. bis 30.06.2016
(ErbStG a.F.) auf den 01.12.2013 gesondert fest.
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Im Rahmen des Einspruchsverfahrens wurden
mit geänderten Bescheiden vom 24.08.2016 der Wert des Anteils
an der Kapitalgesellschaft auf 10.982.059 EUR sowie die Summe der
gemeinen Werte des Verwaltungsvermögens mit 3.968.007 EUR
festgestellt und die Quote des Verwaltungsvermögens mit 17,76
% angegeben. Bei der Ermittlung des Verwaltungsvermögens
setzte das FA Anzahlungen in Höhe von 3.243.361 EUR im
Zusammenhang mit einem Verwaltungsneubau sowie in Höhe von
626.673 EUR im Zusammenhang mit dem laufenden Geschäftsbetrieb
als „andere Forderungen“ i.S. des §
13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a Satz 1 ErbStG a.F. an. Nach insoweit
erfolglosem Einspruchsverfahren gab das Finanzgericht (FG) der
Klage statt und führte zur Begründung im Wesentlichen
aus, der Begriff der „anderen
Forderungen“ i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2
Nr. 4a Satz 1 ErbStG a.F. sei einschränkend auszulegen und
umfasse lediglich Forderungen, die auf Geld gerichtet seien. Die
geleisteten Anzahlungen stellten keine auf Geld gerichteten
Forderungen dar, sondern verkörperten
Sachleistungsansprüche. Das Urteil des FG ist in EFG 2020,
1826 veröffentlicht.
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Mit der Revision macht das FA eine
Verletzung von § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a Satz 1 ErbStG a.F.
geltend. Es ist der Ansicht, geleistete Anzahlungen seien
„andere Forderungen“ im Sinne dieser
Vorschrift. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff sei nach dem
Gesetzeswortlaut nicht auf Geldforderungen beschränkt.
Vielmehr dokumentiere gerade die gegenüber § 13b Abs. 2
Satz 2 Nr. 4 ErbStG a.F. („vergleichbare
Forderung“) weitgefasste Formulierung das Ziel
des Gesetzgebers, einen Gestaltungsmissbrauch durch Zahlung und
spätere Rückabwicklung des Geschäfts
auszuschließen. Zudem müsse systemgerecht die Behandlung
der geleisteten und der erhaltenen Anzahlungen korrespondieren.
Wenn bei dem Anzahlungsempfänger Finanzmittel aktiviert,
erhaltene Anzahlungen passiviert und so die Anzahlungen
schenkungsteuerrechtlich neutral blieben, müsse bei dem die
Anzahlung Leistenden ebenfalls unerheblich sein, ob die Geldmittel
noch vorliegen oder bereits als Anzahlung verausgabt worden seien.
Mindestens aber müsse differenziert werden nach
Abschlagszahlungen, die mit anteilig bereits erbrachten Leistungen
im Zusammenhang stünden, und Vorauszahlungen, bei denen eine
geldbezogene Forderung im Vordergrund stehe und die deshalb
jedenfalls dem Verwaltungsvermögen zuzurechnen seien.
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Das FA beantragt,
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die Vorentscheidung aufzuheben und die
Klage als unbegründet abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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Der Gesetzgeber habe nur Verschiebungen von
Finanzmitteln auf die betriebliche Ebene einer Kapitalgesellschaft
verhindern wollen und dafür im Rahmen des
Verwaltungsvermögenskatalogs Wirtschaftsgüter in Gruppen
zusammengefasst, die in einem sachlichen Zusammenhang stünden.
Da die in § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a Satz 1 ErbStG a.F.
benannten Wirtschaftsgüter als eine Gruppe zusammengefasst
seien, als Nr. 4a (und nicht als neue Nr. 6) platziert seien und
schließlich auch in der seit dem 01.07.2016 geltenden Fassung
der Vorschrift (nunmehr als § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG) der
Oberbegriff „Finanzmittel“
eingefügt worden sei, werde deutlich, dass
ausschließlich Produkte der Geldanlage mit
Forderungscharakter erfasst werden sollten. Eine Differenzierung
nach Abschlags- und Vorauszahlungen sei nicht vorzunehmen, da der
Leistungsempfänger stets auf seine vertragliche Verpflichtung
zahle und für ihn der Anspruch auf die Sachleistung im
Vordergrund stehe. Eine Umwandlung in einen
Rückgewähranspruch nach Rücktritt vom Vertrag habe
im Streitfall gerade nicht stattgefunden. Schließlich erfasse
die Finanzverwaltung selbst in R E 13 b.23 Abs. 2 der
Erbschaftsteuer-Richtlinien (ErbStR) 2019 vom 16.12.2019 (BStBl I,
Sondernummer 1/2019) nur auf Geld gerichtete Forderungen aller Art
als Verwaltungsvermögen.
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II. Die Revision ist unbegründet und war
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2, Abs. 4 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat im Ergebnis zutreffend
entschieden, dass die Bilanzposition „geleistete
Anzahlungen“ nicht zum
Verwaltungsvermögen i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a
Satz 1 ErbStG a.F. zählt.
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1. Die Vorschriften der §§ 13a, 13b
ErbStG a.F. betreffend die Begünstigung des
Betriebsvermögens sind verfassungswidrig, jedoch nach
Maßgabe des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom
17.12.2014 - 1 BvL 21/12 (BGBl I 2015, 4, BVerfGE 138, 136, BStBl
II 2015, 50 = SIS 15 00 45) weiter anzuwenden (Urteile des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 16.03.2021 - II R 3/19, BFHE 272, 508
= SIS 21 13 43, Rz 21, und vom 06.05.2021 - II R 1/19, BFHE 273,
547, BStBl II 2022, 77 = SIS 21 18 10, Rz 26, jeweils m.w.N.).
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2. Zum Verwaltungsvermögen gehört
u.a. nach § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG a.F. der nach
Abzug des gemeinen Werts der Schulden verbleibende Bestand an
Zahlungsmitteln, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und
anderen Forderungen, soweit er 20 % des anzusetzenden Werts des
Betriebsvermögens des Betriebs oder der Gesellschaft
übersteigt. Die Summen der gemeinen Werte der
Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens i.S. des §
13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 5 ErbStG a.F. werden gesondert
festgestellt (§ 13b Abs. 2a Satz 1 und 2 ErbStG a.F. i.V.m.
§ 152 Nr. 1 bis 3 BewG).
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a) Die Auslegung des Begriffs der
„anderen Forderungen“ im Sinne dieser
Vorschrift ist umstritten. In Teilen des Schrifttums werden
darunter dem Grunde nach sämtliche Sachleistungsansprüche
verstanden, diese jedoch teleologisch reduziert auf solche, die bei
Erfüllung wiederum Verwaltungsvermögen begründen
würden (vgl. Meincke/Hannes/Holtz, Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 18. Aufl., § 13b Rz 72;
Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG,
§ 13b Rz 335; in diese Richtung auch Korezkij, DStR 2021, 145;
Bernhard, DStR 2021, 1089). Demgegenüber wird auch vertreten,
dass der Gesetzgeber § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG a.F.
betont „geldbezogen“ ausgestaltet habe
und daher mit „anderen Forderungen“
sonstige auf Geld gerichtete Forderungen gemeint seien. Nicht
einzubeziehen seien deswegen Sachleistungsansprüche (FG
Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.10.2017 - 2 K 2201/15, EFG 2018, 136
= SIS 17 23 78, Rz 20; Kirnberger in
Götz/Meßbacher-Hönsch, eKomm ab [29.12.2020],
§ 13b ErbStG Rz 84, Aktualisierung vom [19.10.2021]; BeckOK
ErbStG/Korezkij, 14. Ed. [01.01.2022], ErbStG § 13b Rz 202;
Stephan Viskorf in Viskorf/Schuck/Wälzholz, Erbschaftsteuer-
und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 6. Aufl., § 13b
ErbStG Rz 215; Esskandari in Stenger/Loose, Bewertungsrecht, §
13b ErbStG Rz 176; Erkis/Mannek/van Lishaut, FR 2013, 245, 246;
Korezkij, DStR 2013, 1764; Weber/Schwind, Zeitschrift für
Erbrecht und Vermögensnachfolge - ZEV - 2013, 369; Eisele,
Neue Wirtschafts-Briefe - NWB - 2013, 2294 und NWB 2017, 2670,
2682; Viskorf/Haag, ZEV 2014, 21; Kaminski, Die Steuerberatung
2014, 6, 7; Knittel, Erbschaftsteuerberater - ErbStB - 2021, 40,
41).
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b) Nach Auffassung des Senats sind mit
„anderen Forderungen“ i.S. des §
13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG a.F. in erster Linie Forderungen
gemeint, die auf Zahlungsmittel gerichtet sind. Die Vorschrift
erfasst Sachleistungsansprüche jedenfalls dann nicht, wenn
diese Ansprüche auf Wirtschaftsgüter gerichtet sind, die
ihrerseits, wären sie bereits zum Stichtag aktiviert, kein
Teil des Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 2 Satz 2
Nr. 1 bis 4, Nr. 5 ErbStG a.F. wären.
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aa) Wenn auch nach § 241 Abs. 1 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs
„Forderungen“ alle Ansprüche
aufgrund eines Schuldverhältnisses sind, zeigt schon der
systematische Zusammenhang der Vorschrift, dass mit „anderen
Forderungen“ i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2
Nr. 4a ErbStG a.F. auf Geldleistungen gerichtete Forderungen
bezeichnet werden. Zwar hat der Gesetzgeber in § 13b Abs. 2
Satz 2 Nr. 4a ErbStG a.F. - anders als in § 13b Abs. 2 Satz 2
Nr. 4 ErbStG a.F. - nicht die Formulierung „vergleichbare
Forderungen“, sondern „andere
Forderungen“ gewählt, jedoch sind die
Aktiva, die in der Aufzählung in Nr. 4a unmittelbar vorangehen
(Zahlungsmittel, Geschäftsguthaben, Geldforderungen),
ausnahmslos Finanzmittel, auch wenn die Gesetzesfassung zum
Stichtag diesen Begriff noch nicht eingeführt hatte. Die
vierte Fallgruppe „andere Forderungen“
ist daher als finanzmittelbezogener Typusbegriff zu verstehen. Im
Übrigen wäre bei einem weiten, alle Forderungen
umfassenden Begriffsverständnis die vorhergehende Benennung
von „Geldforderungen“ (als Spezialfall)
überflüssig.
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bb) Diesem Verständnis entspricht auch
der in der Gesetzeshistorie zum Ausdruck kommende Gesetzeszweck.
Nach der ursprünglichen Zielrichtung des § 13b Abs. 2
ErbStG a.F. sollte Vermögen nicht begünstigt werden, das
in erster Linie der weitgehend risikolosen Renditeerzielung dient
und in der Regel weder die Schaffung von Arbeitsplätzen noch
zusätzliche volkswirtschaftliche Leistungen bewirkt (vgl.
BR-Drucks. 4/08, 57). Mit § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG
a.F., eingefügt durch Art. 30 des Gesetzes zur Umsetzung der
Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher
Vorschriften (AmtshilfeRLUmsG) vom 26.06.2013 (BGBl I 2013, 1809)
reagierte der Gesetzgeber auf missbräuchliche Gestaltungen und
bezweckte eine Eindämmung der sogenannten Cash-Gesellschaften
(vgl. BT-Drucks. 17/13033, 112), denn bis zur Änderung des
ErbStG durch das AmtshilfeRLUmsG zählten insbesondere
Geldforderungen nicht zum Verwaltungsvermögen. Damit konnten
Gelder zu „gewillkürtem“
Betriebsvermögen eines Gewerbebetriebs erklärt werden, um
so an sich nicht begünstigtes privates Vermögen in
steuerbegünstigtes Betriebsvermögen umzuwandeln.
Dementsprechend sollte der Katalog des Verwaltungsvermögens um
„Geldforderungen und andere Finanzmittel, soweit diese nicht
betriebsnotwendig sind“, ergänzt werden
(BT-Drucks. 17/13033, 112). Nach diesen Maßstäben
wären Sachleistungsansprüche nicht als Finanzmittel zu
verstehen und damit nicht von dem Begünstigungsausschluss
gemäß § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG a.F.
erfasst.
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3. „Geleistete
Anzahlungen“ i.S. von § 266 Abs. 2 des
Handelsgesetzbuchs sind danach keine „anderen
Forderungen“ i.S. von § 13b Abs. 2 Satz 2
Nr. 4a ErbStG a.F. Inwieweit sie als Verwaltungsvermögen zu
qualifizieren wären, wenn sie für Wirtschaftsgüter
geleistet werden, die, wenn sie zum Stichtag bereits dem Betrieb
zuzurechnen wären, ihrerseits Verwaltungsvermögen
wären, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.
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a) Die als Bilanzposition eigener Art
erfassten „geleisteten Anzahlungen“
dienen der bilanziell zutreffenden Erfassung schwebender
Geschäfte.
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Anzahlungen sind Vorleistungen auf eine von
dem anderen Vertragspartner noch zu erbringende Lieferung oder
Leistung. Leistet der Unternehmer eine Anzahlung, so hat er einen
Sach- bzw. Dienstleistungsanspruch (Forderung) gegenüber
demjenigen, der die Anzahlung erhalten hat. Infolge des Verbots der
Bilanzierung von Ansprüchen aus schwebenden Geschäften
wird jedoch nicht der Sach- oder Dienstleistungsanspruch selbst
beim Vorleistenden aktiviert, sondern die geleistete Anzahlung. Der
Bilanzausweis dient dazu, das gestörte Gleichgewicht der
Vertragsbeziehungen bilanziell abzubilden, da Ansprüche aus
schwebenden Geschäften grundsätzlich nicht ausgewiesen
werden dürfen (vgl. BFH-Urteile vom 03.07.1980 - IV R 138/76,
BFHE 131, 57, BStBl II 1980, 648 = SIS 80 03 34; vom 25.10.1994 -
VIII R 65/91, BFHE 176, 359, BStBl II 1995, 312 = SIS 95 09 21,
unter 3.c aa; vom 07.12.2017 - IV R 37/16, BFH/NV 2018, 440 = SIS 17 26 04, Rz 27, und vom 07.11.2018 - IV R 20/16, BFHE 262, 435,
BStBl II 2019, 224 = SIS 18 21 03, Rz 27, jeweils m.w.N.).
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b) Die als „geleistete
Anzahlungen“ bilanzierten Aktiva sind keine
„anderen Forderungen“ i.S. des §
13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG a.F. und können diesen auch
nicht gleichgestellt werden.
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aa) Hinter der Aktivierung der geleisteten
Anzahlung verbirgt sich zwar der Anspruch auf die Gegenleistung
oder - bei Nichterfüllung durch den anderen Vertragsteil oder
bei Wegfall des Vertrags - der Anspruch auf die Rückzahlung
(vgl. BFH-Urteil vom 26.06.1979 - VIII R 145/78, BFHE 128, 243,
BStBl II 1979, 625 = SIS 79 03 16, unter 3.; BFH-Beschluss vom
04.07.1990 - GrS 1/89, BFHE 160, 466, BStBl II 1990, 830 = SIS 90 18 09, unter C.III.1.c aa). Das bedeutet jedoch gerade nicht, dass
die geleistete Anzahlung selbst eine Forderung wäre. Die
Bilanzposition „geleistete Anzahlungen“
bezweckt vielmehr, die hinter ihr stehenden Ansprüche nicht zu
bilanzieren, weswegen sie nicht mit diesen Ansprüchen
gleichgesetzt werden darf. Schon deshalb erübrigt sich eine
Differenzierung zwischen Abschlags- und Vorauszahlungen im Hinblick
auf die vermeintlich durch die betreffende Aktivierung
repräsentierten Forderungen.
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bb) Selbst wenn man auf die hinter der
Bilanzposition stehenden zivilrechtlichen Ansprüche abstellen
und insoweit das Bilanzierungsverbot im vorliegenden Zusammenhang
für unbeachtlich halten wollte, gälte im Ergebnis nichts
anderes. Zwar ersetzen geleistete Anzahlungen die Bilanzierung
sowohl des Gegenleistungsanspruchs als auch des etwaigen
Rückzahlungsanspruchs. In einem schwebenden
Vertragsverhältnis ist aber der Gegenleistungsanspruch
vorrangig. Dieser zählt zu den Sachleistungsansprüchen,
die nach den Ausführungen unter II.2.b grundsätzlich
nicht zum Verwaltungsvermögen gehören. Der
Rückzahlungsanspruch setzt das Hinzutreten eines
zusätzlichen Ereignisses voraus, aufgrund dessen das
Vertragsverhältnis abgewickelt und die geleistete Anzahlung
durch die Aktivierung einer Forderung auf Rückgewähr oder
Schadenersatz ersetzt werden muss. Allein die abstrakte
Möglichkeit aber, dass es zu solchen Ereignissen kommen
könnte, rechtfertigt es nicht, bereits die Bilanzposition
„geleistete Anzahlungen“ als
Zahlungsanspruch zu verstehen.
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cc) Aus der unterschiedlichen Behandlung
geleisteter und erhaltener Anzahlungen folgt nichts anderes. Zum
einen gibt es im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht kein
allgemeines Korrespondenzprinzip, wonach geleistete und erhaltene
Anzahlungen gleich behandelt werden müssten. Zum anderen ist
nicht die Passivierung erhaltener und die Aktivierung geleisteter
Anzahlungen, ebenso wenig die Minderung oder Mehrung der
schenkungsteuerrechtlichen Bereicherung i.S. von § 10 ErbStG,
sondern die Zugehörigkeit der - aktivierten - geleisteten
Anzahlungen zum Verwaltungsvermögen die vorliegend zu
entscheidende Frage. Ob im Übrigen die Passivierung der in
Form von Finanzmitteln bei dem Anzahlungsempfänger vorhandenen
Anzahlungen dazu führen kann, dessen
Verwaltungsvermögensbestand zu mindern, hat im Streitfall
offenzubleiben.
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dd) Eine abweichende Interpretation des §
13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG a.F. ist schließlich nicht
bereits deshalb gerechtfertigt, weil andernfalls neuen
Gestaltungsmöglichkeiten Raum gegeben werde (so aber Mannek,
ErbStB 2013, 343, 345; Milatz/Herbst, GmbHR 2014, 18; Weinmann in
Moench/Weinmann, § 13b ErbStG Rz 195). Ausweichoptionen allein
rechtfertigen keine in der Vorschrift nicht angelegte Auslegung.
Soweit die Finanzverwaltung unter Nr. 4a u.a. sonstige auf Geld
gerichtete Forderungen aller Art, „insbesondere geleistete
Anzahlungen“ erfasst (vgl. Gleich lautende
Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 10.10.2013, BStBl I 2013, 1272 = SIS 13 30 56, Tz. 2.1 und R E 13 b.23 ErbStR
2019 vom 16.12.2019, BStBl I, Sondernummer 1/2019), ist dies in
sich widersprüchlich. Es beruht auf der unzutreffenden
Annahme, geleistete Anzahlungen seien auf Geld gerichtete
Forderungen.
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4. Nach diesen Grundsätzen hat das FG im
Ergebnis zutreffend entschieden, dass die „geleisteten
Anzahlungen“ zu Unrecht als
Verwaltungsvermögen i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a
Satz 1 ErbStG a.F. berücksichtigt wurden. Es ist nach den
Feststellungen des FG nicht ersichtlich, dass die geleistete
Anzahlung sich bereits in einen Rückgewähr- oder
Schadenersatzanspruch verwandelt hätte. Ob im Ergebnis etwas
anderes gälte, wenn die Anzahlungen für den Erwerb von
Gegenständen des Verwaltungsvermögens erbracht worden
wären, brauchte nicht entschieden zu werden, da die
Anzahlungen nach den Feststellungen des FG im Zusammenhang mit der
Errichtung eines Verwaltungsgebäudes und im Zusammenhang mit
der laufenden Geschäftstätigkeit der Klägerin
ersichtlich nicht auf den Erwerb von Verwaltungsvermögen
gerichtet waren.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO. Die außergerichtlichen Kosten der
Beigeladenen sind nach § 139 Abs. 4 FGO nicht
erstattungsfähig. Da sie keinen Antrag gestellt haben, haben
sie kein eigenes Kostenrisiko i.S. des § 135 Abs. 3 FGO
getragen. Zudem haben sie das Verfahren weder durch einen eigenen
Sachvortrag noch durch Rechtsausführungen gefördert (vgl.
BFH-Urteil in BFHE 272, 508 = SIS 21 13 43, Rz 52).
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