Die Revision des Klägers gegen das Urteil
des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 20.03.2019 - 7 K
92/17 = SIS 20 20 88 wird als
unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der
Kläger zu tragen.
1
|
I. Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) war Teilnehmer eines 2002 eingeleiteten
Flurbereinigungsverfahrens. In der Verhandlung (§§ 129
ff. des Flurbereinigungsgesetzes - FlurbG - ) vom 22.04.2009
über den Verkauf von Masseland wurde vereinbart, dass der
Kläger Masseland gegen Mehrabfindung von 33.428 EUR erwirbt,
die er am 01.11.2009 zu zahlen hatte. Die entsprechende
Besitzeinweisung hatte bereits 2008 stattgefunden. Am 29.07.2016
ordnete die Flurbereinigungsbehörde die vorzeitige
Ausführung des Flurbereinigungsplans mit Wirkung zum
29.08.2016 an.
|
|
|
2
|
Der Beklagte und Revisionsbeklagte
(Finanzamt - FA - ) setzte mit Bescheid vom 23.12.2016 für den
Erwerb vom 29.08.2016 Grunderwerbsteuer in Höhe von 1.671 EUR
fest. Dem lag nach Abs. 2 des Gesetzes über die Festsetzung
des Steuersatzes für die Grunderwerbsteuer in Niedersachsen
vom 17.12.2010 - GrEStFestG ND - (Niedersächsisches Gesetz-
und Verordnungsblatt - GVBl ND - 2010, 631) ein Steuersatz von 5 %
auf der Bemessungsgrundlage von 33.428 EUR zugrunde.
|
|
|
3
|
Mit Einspruch und Klage begehrte der
Kläger die Anwendung des im Jahr 2009 geltenden Steuersatzes
von 3,5 %. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Der
gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 des
Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) steuerbare Erwerbsvorgang
(Übergang des Eigentums) sei durch die vorzeitige
Ausführungsanordnung der Flurbereinigungsbehörde zum
29.08.2016 verwirklicht worden. An demselben Tag sei auch die
Steuer entstanden. Das Urteil des FG ist in EFG 2021, 472 =
SIS 20 20 88
veröffentlicht.
|
|
|
4
|
Mit der Revision rügt der Kläger
sinngemäß die Verletzung von § 23 GrEStG i.V.m.
Art. 3 Abs. 1 des Haushaltsbegleitgesetzes 2011 für
Niedersachsen (GVBl ND 2010, 631) sowie Art. 9 Nr. 2 des
Haushaltsbegleitgesetzes 2014 für Niedersachsen (GVBl ND 2013,
310), wonach der Grunderwerbsteuersatz von 4,5 % bzw. 5 % für
Rechtsvorgänge gelte, die ab dem 01.01.2011 bzw. 01.01.2014
verwirklicht werden. Verwirklicht sei ein Erwerbsvorgang nach der
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) in dem Zeitpunkt, in dem
die Vertragspartner im Verhältnis zueinander gebunden seien.
Im Flurbereinigungsverfahren stehe aber der Eigentumserwerb mit der
nach § 52 Abs. 2 FlurbG durch die Verhandlungsniederschrift
eintretenden unwiderruflichen Bindung nicht mehr zur Disposition
der Beteiligten. Das gelte auch dann, wenn die Steuer nach §
14 GrEStG erst später entstehe, wie hier am 29.08.2016. Wenn
der Gesetzgeber schon durch einen besonderen, vom
Entstehungszeitpunkt abweichenden Verwirklichungstatbestand
Vertrauensschutz schaffe, müsse dieser für den
verfahrensrechtlichen Eigentumserwerb im Flurbereinigungsverfahren
ebenso gelten wie für den rechtsgeschäftlichen Erwerb.
Zum Zeitpunkt der Verhandlungsniederschriften im Jahr 2009 habe
noch nicht einmal der Gesetzesentwurf zur ersten Anhebung des
Grunderwerbsteuersatzes auf 4,5 % vorgelegen.
|
|
|
5
|
Der Kläger beantragt
sinngemäß,
|
|
die Vorentscheidung und die
Einspruchsentscheidung vom 04.04.2017 aufzuheben und den Bescheid
vom 23.12.2016 dahin zu ändern, dass die Grunderwerbsteuer mit
einem Steuersatz von 3,5 % berechnet wird.
|
|
|
6
|
Das FA beantragt,
|
|
die Revision zurückzuweisen.
|
|
|
7
|
Während die Besitzeinweisung nur ein
Nutzungsrecht eingeräumt habe und auch die
Verhandlungsniederschrift keine unwiderrufliche Bindung geschaffen
habe, sei die Grunderwerbsteuer mit dem in der
Ausführungsanordnung nach §§ 61 ff. FlurbG
bestimmten Datum durch Eigentumsübergang entstanden.
|
|
|
8
|
II. Die Revision ist unbegründet und nach
§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht erkannt, dass sich der der
Grunderwerbsteuer unterliegende Rechtsvorgang erst am 29.08.2016
verwirklicht hat und daher der zu jenem Zeitpunkt geltende
Steuersatz anzuwenden ist.
|
|
|
9
|
1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG
unterliegt der Grunderwerbsteuer der Übergang des Eigentums an
einem inländischen Grundstück, wenn kein den Anspruch auf
Übereignung begründendes Rechtsgeschäft
vorausgegangen ist und es auch keiner Auflassung bedarf. Eine
Ausführungsanordnung zum Flurbereinigungsplan stellt auf den
dort benannten Wirkungszeitpunkt einen steuerbaren Erwerbsvorgang
i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG dar.
|
|
|
10
|
a) Eine Ausführungsanordnung im
Flurbereinigungsverfahren bewirkt hinsichtlich des von ihr
erfassten Landes einen Eigentumswechsel.
|
|
|
11
|
aa) Aufgrund des der Neugestaltung des
Flurbereinigungsgebiets dienenden Flurbereinigungsverfahrens (vgl.
§ 37 Abs. 1 Satz 1 FlurbG) werden die Eigentümer der zum
Flurbereinigungsgebiet gehörenden Grundstücke (Beteiligte
am Verfahren nach § 10 Nr. 1 FlurbG) nach Maßgabe der
§§ 44 ff. FlurbG grundsätzlich mit gleichwertigem
Land, mit Zustimmung auch in Geld abgefunden (§ 52 FlurbG).
Vor Abschluss des Verfahrens können vorläufige
Besitzeinweisungen vorgenommen werden (§§ 65 ff. FlurbG).
Während des Verfahrens (dazu §§ 109 ff. FlurbG)
finden Verhandlungen statt, über die Niederschriften
aufzunehmen und von den Beteiligten zu genehmigen sind
(§§ 129 bis 131 FlurbG). Der Flurbereinigungsplan fasst
die Ergebnisse des Verfahrens zusammen (§§ 56 ff.
FlurbG). Wird aufgrund von Geldabfindungen oder werterhöhenden
Verbesserungsmaßnahmen Land nicht mehr zur wertgleichen
Abfindung benötigt, bestimmt der Flurbereinigungsplan
über die Zuteilung (§ 54 Abs. 2 FlurbG).
|
|
|
12
|
bb) Die Flurbereinigungsbehörde ordnet
die Ausführung des Flurbereinigungsplans entweder nach dessen
Unanfechtbarkeit oder vorzeitig an (§§ 61 ff. FlurbG). Zu
dem in der Ausführungsanordnung zu bestimmenden Zeitpunkt
tritt der im Flurbereinigungsplan vorgesehene neue Rechtszustand an
die Stelle des bisherigen (§ 61 Satz 2 FlurbG bzw. § 63
Abs. 1 i.V.m. § 61 Satz 2 FlurbG). Damit ist der
Eigentumswechsel bewirkt. Das Grundbuch ist zu berichtigen
(§§ 79, 80 FlurbG). Das Verfahren endet durch
Schlussfeststellung (§§ 149 ff. FlurbG).
|
|
|
13
|
b) Dem Eigentumswechsel geht kein einen
Übereignungsanspruch begründendes Rechtsgeschäft
voraus.
|
|
|
14
|
aa) Der allgemeine Anspruch auf Abfindung in
Land nach § 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG verwirklicht noch keinen
steuerpflichtigen Erwerbstatbestand. Bis zum Abschluss des
Flurbereinigungsverfahrens steht nicht fest, ob es überhaupt
und ggf. in welchem Umfang zu einer Zuteilung von Land kommen wird.
Auch eine vorläufige Besitzeinweisung vermittelt keine
gesicherte Rechtsposition. Nach § 60 Abs. 1 Satz 2 FlurbG kann
der Flurbereinigungsplan geändert werden, nach § 9 Abs. 1
Satz 1 FlurbG das gesamte Verfahren durch Einstellung beendet
werden (BFH-Urteil vom 17.05.2000 - II R 47/99, BFHE 191, 426,
BStBl II 2000, 627 = SIS 00 10 63, unter II.2.a, b).
|
|
|
15
|
bb) Dasselbe gilt, soweit der bisherige
Eigentümer einer Abfindung in Geld zustimmt und seine
Ansprüche auf Abfindung in Land auf den späteren Erwerber
überträgt (BFH-Urteile vom 23.08.2006 - II R 41/05, BFHE
213, 406, BStBl II 2006, 919 = SIS 06 40 90, unter II.2., und vom
22.10.2014 - II R 10/14, BFHE 247, 340, BStBl II 2015, 401 = SIS 14 33 29, Rz 13 a.E., m.w.N.). Die in einer Verhandlungsniederschrift
nach §§ 129 ff. FlurbG erklärte Bereitschaft,
Masseland gegen ein bestimmtes Entgelt zu übernehmen,
begründet deshalb für sich allein keinen Anspruch auf
Übereignung dieses Landes.
|
|
|
16
|
cc) Selbst eine im Vorfeld des
Flurbereinigungsplans abgeschlossene wirksame Planvereinbarung
über eine entsprechende Zuteilung stellt kein
Rechtsgeschäft i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG
dar. Solche grundsätzlich zulässigen
öffentlich-rechtlichen Verträge (vgl. Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 29.04.1998 - 11 C 6/97,
BVerwGE 106, 345, unter 2.b; Urteile des Oberverwaltungsgerichts -
OVG - Berlin-Brandenburg vom 04.06.2009 - OVG 70 A 2.07, und des
OVG Lüneburg vom 06.07.2010 - 15 KF 25/09) sind zwar
Rechtsgeschäfte, die auch durch Verhandlungsniederschrift nach
§§ 129 ff. FlurbG geschlossen werden können (vgl. zu
den Einzelheiten Urteil des OVG des Landes Sachsen-Anhalt vom
31.08.2021 - 8 K 2/20, juris, Rz 26 ff.). Sie führen aber
nicht zu einer - unmittelbaren - Verpflichtung zur Übertragung
oder zum Erwerb eines Grundstücks (vgl. Urteil des OVG des
Landes Sachsen-Anhalt vom 31.08.2021 - 8 K 2/20, juris, Rz 27, zum
Bodenordnungsverfahren; ferner Urteil des Oberlandesgerichts
Frankfurt vom 17.01.2019 - 100 U 3/16 (Baul), juris, Rz 32, zum
Umlegungsverfahren nach dem Baugesetzbuch). Planvereinbarungen
geben nur den Anstoß zu einem infolge eines mehraktigen
Verwaltungsverfahrens später eintretenden gesetzlichen
Eigentumswechsel.
|
|
|
17
|
dd) Der notwendig vor der
Ausführungsanordnung erlassene Flurbereinigungsplan ist kein
Rechtsgeschäft i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG,
sondern Verwaltungsakt (vgl. BVerwG-Urteile vom 20.05.1998 - 11 C
7/97, juris, unter 2., und vom 14.12.2005 - 10 C 6/04, BVerwGE 125,
9, juris, unter 2.b, sowie BVerwG-Beschluss vom 26.10.2016 - 9 B
70/15, juris, Rz 5).
|
|
|
18
|
c) Nach § 61 Satz 2 FlurbG tritt der
Eigentumswechsel kraft Anordnung ein. Einer Auflassung bedarf es
nicht.
|
|
|
19
|
2. Die Zuteilung nach § 54 Abs. 2 FlurbG
ist nicht von der Steuer befreit.
|
|
|
20
|
a) Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a
GrEStG in der am 29.08.2016 geltenden Fassung war - soweit hier in
Betracht kommend - der Übergang des Eigentums durch die
Abfindung in Land von der Grunderwerbsteuer ausgenommen. Soweit
gemäß § 54 Abs. 2 FlurbG nicht benötigtes Land
zugeteilt wird, wird dieses Land nicht zur Abfindung verwendet,
weil es zur Abfindung gerade nicht benötigt wird (so implizit
BFH-Urteil in BFHE 213, 406, BStBl II 2006, 919 = SIS 06 40 90,
unter II.3.a; in diesem Sinne auch, sowohl für
Mehrausweisungen nach § 44 Abs. 3 FlurbG als auch für
Zuteilungen nach § 54 Abs. 2 FlurbG, BFH-Urteil in BFHE 247,
340, BStBl II 2015, 401 = SIS 14 33 29, Rz 13, m.w.N.; ebenso
bereits Urteile des FG Nürnberg vom 19.07.2001 - IV 233/2000 =
SIS 02 81 52, unter 1.b, und des
FG Baden-Württemberg vom 01.02.2005 - 1 K 241/04 =
SIS 05 20 91).
|
|
|
21
|
b) Einer Entscheidung über die Reichweite
der mit Art. 32 des Jahressteuergesetzes 2020 vom 21.12.2020 (BGBl
I 2020, 3096) in § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a GrEStG
eingefügten Steuerbefreiung einer Mehrzuteilung bedarf es
für den streitigen Erwerbsvorgang des Jahres 2016 nicht.
|
|
|
22
|
3. Die Steuer entsteht mit dem Zeitpunkt des
Wirksamwerdens der Ausführungsanordnung.
|
|
|
23
|
a) Die Steuer entsteht gemäß §
38 der Abgabenordnung (AO) grundsätzlich, sobald der
Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht
knüpft. Ist die Wirksamkeit eines Erwerbsvorgangs jedoch von
dem Eintritt einer Bedingung abhängig oder bedarf er einer
Genehmigung, entsteht die Steuer gemäß § 14 GrEStG
erst mit Eintritt der Bedingung oder der Genehmigung.
|
|
|
24
|
b) Bei einem Erwerbstatbestand nach § 1
Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG verwirklicht der Übergang des
Eigentums den steuerbaren Tatbestand. Das ist im Fall der
Landzuteilung im Flurbereinigungsverfahren der Zeitpunkt, in dem
die Rechtswirkungen der Ausführungsanordnung eintreten
(ähnlich für einen baurechtlichen Umlegungsbeschluss
BFH-Urteil vom 25.11.1992 - II R 67/89, BFHE 169, 533, BStBl II
1993, 308 = SIS 93 05 27, unter II.1.). Die
Ausführungsanordnung stand nicht unter einer Bedingung oder
Genehmigung.
|
|
|
25
|
4. Der maßgebende Steuersatz richtet
sich nach dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der
Ausführungsanordnung. Statt des in § 11 Abs. 1 GrEStG
vorgesehenen Steuersatzes von 3,5 % beträgt gemäß
Abs. 2 des durch Art. 105 Abs. 2a Satz 2 des Grundgesetzes
legitimierten GrEStFestG ND der Steuersatz für
Rechtsvorgänge betreffend in Niedersachsen belegene
Grundstücke, die ab dem 01.01.2014 verwirklicht werden, 5 %.
Eine Ausführungsanordnung im Flurbereinigungsverfahren ist
auch im Sinne dieser Vorschrift im Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens
und damit dem Zeitpunkt des Eigentumswechsels
„verwirklicht“.
|
|
|
26
|
a) Der Senat ist nicht gehindert, über
die Auslegung des in dieser Vorschrift verwandten
Tatbestandsmerkmals
„verwirklicht“ zu entscheiden. Es
handelt sich zwar um grundsätzlich nach § 118 Abs. 1 Satz
1 FGO irrevisibles Landesrecht, während die intertemporale
Übergangsvorschrift des - revisiblen - Bundesrechts, § 23
GrEStG, die ebenfalls darauf abstellt, wann Erwerbsvorgänge
„verwirklicht“ werden,
unmittelbar nicht anzuwenden ist. Zum einen jedoch wird revisibles
Recht auch insoweit angewandt, als bei der Auslegung irrevisiblen
Rechts eine Bindung an das revisible Recht stattfindet (vgl.
BVerwG-Urteil vom 31.10.1975 - IV C 8.74 bis 11.74, BVerwGE 49,
301, NJW 1976, 723, Leitsatz 1). Es wäre nicht haltbar, die
Definition des Merkmals
„verwirklicht“ im
niedersächsischen Landesrecht anders zu verstehen als in der
korrespondierenden Norm des Bundesrechts. Zum anderen hat das
Revisionsgericht in jedem Falle zu prüfen, ob das Gericht der
Vorinstanz bei der Auslegung von irrevisiblem Landesrecht das Gebot
bundesrechtskonformer, insbesondere verfassungskonformer Auslegung
beachtet hat (BVerwG-Urteil vom 18.12.1987 - 4 C 9/86, BVerwGE 78,
347, Leitsatz 3). Dazu gehört auch die Frage, wie das
Landesrecht unter Vertrauensschutzgesichtspunkten und damit in
verfassungskonformer Weise auszulegen ist.
|
|
|
27
|
b) Das Merkmal
„verwirklicht“ entspricht im
Rahmen des § 23 GrEStG und damit auch des Abs. 2 GrEStFestG ND
grundsätzlich der in § 38 AO verwendeten Begrifflichkeit.
Danach entstehen die Ansprüche aus dem
Steuerschuldverhältnis, sobald der Tatbestand verwirklicht
ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Dies ist
der Übergang des Eigentums. Richtig ist allerdings - worauf
sich der Kläger beruft -, dass nach ständiger
Rechtsprechung des BFH ein Erwerbsvorgang i.S. des § 23 GrEStG
verwirklicht ist, wenn das auf ihn abzielende Wollen in
rechtsgeschäftliche Erklärungen umgesetzt worden ist,
wenn also die Vertragspartner im Verhältnis zueinander
gebunden sind, und zwar unabhängig davon, ob dieser
Rechtsvorgang bereits die Entstehung der Steuer auslöst oder
nicht (vgl. BFH-Urteil vom 28.03.2007 - II R 57/05, BFH/NV 2007,
1537 = SIS 07 24 48, unter II.1.). Diese Rechtsprechung beansprucht
aber ausdrücklich keine Geltung für Erwerbsvorgänge,
die nicht in einer rechtsgeschäftlichen Begründung von
grunderwerbsteuerrechtlich relevanten
(Übertragungs-)Ansprüchen bestehen, sondern am Ende eines
durch Rechtsgeschäft eingeleiteten Prozesses kraft Gesetzes
eintreten. Bei Erwerbsvorgängen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3
Satz 1 GrEStG berühren sowohl die dem Erwerb vorausgehenden
Rechtsgeschäfte (dazu BFH-Urteil
vom 29.09.2005 - II R 23/04, BFHE 210, 531, BStBl II 2006, 137 =
SIS 06 01 74, unter II.1.b, c, zu
einem Umwandlungsvorgang) als auch etwaige
öffentlich-rechtliche Rechtsakte gerade noch keinen
Grunderwerbsteuertatbestand.
|
|
|
28
|
c) Unerheblich ist, ob der Verwirklichung eine
Bindung der Beteiligten vorgelagert ist, sei es durch eine wirksame
Planvereinbarung, sei es durch eine etwaige - vorliegend nicht zu
beurteilende - Unwiderruflichkeit der Zustimmung zur Übernahme
von Land nach § 54 Abs. 2 FlurbG in entsprechender Anwendung
von § 52 Abs. 2 Satz 2 FlurbG.
|
|
|
29
|
aa) Für den Fall der Umwandlung ist
bereits ausdrücklich entschieden, dass der
Verwirklichungszeitpunkt, die Eintragung im Handelsregister, davon
unabhängig ist, ob sich die an der Umwandlung Beteiligten
zuvor mittels ihrer privatrechtlichen rechtsgeschäftlichen
Erklärungen gebunden haben, und auch davon, dass sie auf den
Verwirklichungszeitpunkt keinen Einfluss mehr haben (vgl.
BFH-Urteil in BFHE 210, 531, BStBl II 2006, 137 = SIS 06 01 74,
unter II.1.c). Dies kann für eine im
öffentlich-rechtlichen Flurbereinigungsverfahren etwa
eintretende Bindung der Beteiligten nicht anders betrachtet
werden.
|
|
|
30
|
bb) Es besteht kein anderweitiger Anlass, aus
Gründen des Vertrauensschutzes und damit im Wege der
verfassungskonformen Auslegung den Verwirklichungszeitpunkt
für das Flurbereinigungsverfahren nach vorn zu verlegen. Daher
ist unerheblich, ob eine solche Vorverlegung noch mit dem
Gesetzeswortlaut („verwirklicht“)
zu vereinbaren wäre. Insbesondere die häufig langen
Verfahrensdauern im Flurbereinigungsverfahren - dies ist anders als
im Umwandlungsfall - rechtfertigen keine andere Betrachtung. Die
Beteiligten eines Flurbereinigungsverfahrens wissen um dessen
Dauer. Sie lassen sich deshalb bewusst darauf ein, dass ihre
Erklärungen, auch wenn sie sich damit bereits binden, erst zu
einem noch unbekannten künftigen Zeitpunkt Rechtswirkungen
zeitigen. Dann nehmen sie auch in Kauf, dass der Besteuerungsmodus
den künftigen Vorschriften entsprechen wird, die ihnen zum
Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung noch nicht bekannt
sind.
|
|
|
31
|
5. Nach diesen Maßstäben hat das FG
zu Recht erkannt, dass der Eigentumserwerb, den die zum 29.08.2016
wirksam gewordene Ausführungsanordnung bewirkt hat, im Umfang
der Mehrabfindung auf diesen Zeitpunkt steuerbar nach § 1 Abs.
1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG und steuerpflichtig, insbesondere nicht
steuerfrei nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a GrEStG ist.
Es handelte sich um einen gesetzlichen Eigentumswechsel, dem kein
den Anspruch auf Übereignung begründendes
Rechtsgeschäft vorausgegangen war. Selbst wenn der Kläger
sich durch die Verhandlungsniederschrift vom 22.04.2009 zur
Übernahme der Mehrzuteilung verpflichtet haben sollte,
hätte darin kein solches Rechtsgeschäft gelegen. Da erst
in dem Wirksamwerden der Ausführungsanordnung auch die
Verwirklichung des Steuertatbestands liegt, nämlich der
gesetzliche Eigentumserwerb, ist nach den maßgebenden
Übergangsvorschriften der für diesen Zeitpunkt geltende
Steuersatz anzuwenden.
|
|
|
32
|
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 2 FGO.
|