Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil
des Finanzgerichts Düsseldorf vom 08.10.2019 - 10 K 963/18 E =
SIS 19 17 32 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der
Kläger zu tragen.
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I. Streitig ist, ob die
Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre (2009 bis 2013)
vom 25.04.2017 dem Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger)
ordnungsgemäß bekanntgegeben worden sind.
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Der Kläger hat seit 2013 seinen
ausschließlichen Wohnsitz in der Schweizerischen
Eidgenossenschaft (Schweiz). Für die Streitjahre wurde er
zunächst mit seiner Ehefrau, die ihren Wohnsitz in Z-Stadt
hat, zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Nachdem die Ehefrau
für die Jahre 2009 bis 2012 die getrennte Veranlagung und
für das Jahr 2013 die Einzelveranlagung beantragt hatte,
forderte der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt - FA - )
den Kläger mit Schreiben vom 14.10.2016 und vom 14.11.2016
auf, Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre
abzugeben. In letzterem Schreiben forderte es den Kläger zudem
auf, einen inländischen Empfangsbevollmächtigten zu
benennen. Zugleich wies es darauf hin, dass ohne die Benennung
eines Empfangsbevollmächtigten die für ihn bestimmten
Schriftstücke nur durch öffentliche Zustellung
bekanntgegeben werden könnten.
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Mit Schreiben vom 29.11.2016 bat der
Kläger, Schriftstücke an seine Anschrift in der Schweiz
und nicht an Dritte zu senden. Einkommensteuererklärungen gab
er nicht ab.
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Das FA hob die im Wege der
Zusammenveranlagung ergangenen Einkommensteuerbescheide für
die Streitjahre, soweit sie den Kläger betrafen, mit
Bescheiden vom 25.04.2017 auf. Unter gleichem Datum veranlagte es
den Kläger für die Streitjahre getrennt bzw. einzeln zur
Einkommensteuer.
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Ebenfalls am 25.04.2017 ordnete das FA die
öffentliche Zustellung der Einkommensteuerbescheide und der
Aufhebungsbescheide an. Die Benachrichtigungen über die
öffentliche Zustellung wurden am selben Tag im FA
ausgehängt und am 10.05.2017 wieder abgenommen. Zudem
informierte das FA den Kläger mit Schreiben vom 25.04.2017
über die öffentliche Zustellung und übersandte ihm
Kopien der Einkommensteuer- sowie der Aufhebungsbescheide.
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Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen
Klage, mit der der Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit
der Bekanntgabe der Einkommensteuerbescheide der Streitjahre vom
25.04.2017 begehrte, gab das Finanzgericht (FG) aus den in EFG
2019, 1809 = SIS 19 17 32
veröffentlichten Gründen statt.
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Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts.
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Es beantragt,
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das Urteil des FG vom 08.10.2019 - 10 K
963/18 E aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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II. Die Revision des FA ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG ist zu Unrecht davon
ausgegangen, dass die Einkommensteuerbescheide für die
Streitjahre dem Kläger nicht wirksam durch öffentliche
Bekanntgabe gemäß § 122 Abs. 1 und 5 Sätze 1
und 2 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) bekanntgegeben
wurden.
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1. Gemäß § 122 Abs. 1 Satz 1
AO ist ein schriftlicher Verwaltungsakt - und damit auch ein
Steuerbescheid (§ 155 Abs. 1 AO) - demjenigen Beteiligten
bekanntzugeben, für den er bestimmt ist oder der von ihm
betroffen wird.
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a) Die Bekanntgabe eines Steuerbescheids
erfolgt, soweit dessen förmliche Bekanntgabe - wie auch im
Streitfall - nicht gesetzlich angeordnet ist, grundsätzlich
mittels einfachen Briefs durch die Post (§ 122 Abs. 2 AO).
Dies gilt gleichermaßen für die Übermittlung eines
Steuerbescheids in das Ausland.
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b) Nach § 122 Abs. 5 Satz 1 AO wird ein
Steuerbescheid u.a. zugestellt, wenn dies behördlich
angeordnet wird. Die Anordnung der Zustellung steht im Ermessen der
Behörde und muss auf die Belange des Bekanntgabeadressaten
Rücksicht nehmen sowie dokumentiert sein (Klein/Ratschow, AO,
15. Aufl., § 122 Rz 78).
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c) Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 VwZG erfolgt
eine Zustellung im Ausland durch Einschreiben mit Rückschein,
soweit die Zustellung von Steuerbescheiden unmittelbar durch die
Post völkerrechtlich zulässig ist.
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d) Gemäß § 122 Abs. 5 Satz 2
AO i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 VwZG kann die Zustellung
durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, wenn sie im Fall
des § 9 VwZG (Zustellung im Ausland) nicht möglich ist
oder keinen Erfolg verspricht. Die Zustellung durch
öffentliche Bekanntmachung kommt nur als letztes Mittel in
Betracht, wenn alle Möglichkeiten erschöpft sind, den
Verwaltungsakt dem Empfänger in anderer Weise zu
übermitteln (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
09.12.2009 - X R 54/06, BFHE 228, 111, BStBl II 2010, 732 = SIS 10 09 15, und vom 12.01.2011 - I R 37/10 = SIS 11 23 04, sowie BFH-Beschluss vom
14.03.2017 - X S 18/16 (PKH) = SIS 17 10 38).
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2. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat
das FA zunächst die Zustellung der Steuerbescheide
ermessensfehlerfrei angeordnet und sodann deren Zustellung durch
öffentliche Bekanntmachung auch ermessensfehlerfrei
durchgeführt. Das FA hatte keine andere Möglichkeit, dem
in der Schweiz ansässigen Kläger die
Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre zu
übermitteln.
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a) Die Steuerbescheide konnten dem in der
Schweiz ansässigen Kläger bis zum Inkrafttreten des
Übereinkommens über die gegenseitige Amtshilfe in
Steuersachen vom 25.01.1988 i.d.F. des Protokolls vom 27.05.2010
(im Weiteren: Übereinkommen) völkerrechtlich nicht
zulässig durch einfachen Brief bekanntgegeben werden (s.
Anwendungserlass zur Abgabenordnung - AEAO - zu § 122 Nr.
1.8.4 und 3.1.4.1 in der für die Streitjahre
maßgeblichen Fassung). Die Anordnung der Zustellung der
Steuerbescheide ist daher nicht zu beanstanden.
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b) Die Zustellung der Steuerbescheide konnte
gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 VwZG durch
öffentliche Bekanntmachung erfolgen, da eine Zustellung in die
Schweiz gemäß § 9 Abs. 1 VwZG insbesondere mittels
Einschreiben mit Rückschein völkerrechtlich nicht
zulässig war (s. AEAO zu § 122 Nr. 1.8.4 und 3.1.4.1 in
der für die Streitjahre maßgeblichen Fassung).
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c) Eine Zustellung der Steuerbescheide an den
in der Schweiz ansässigen Kläger konnte das FA im Jahr
2017, anders als das FG meint, auch nicht gemäß Art. 17
Abs. 3 des Übereinkommens unmittelbar durch die Post vornehmen
lassen. Denn auch diese Art der Zustellung war nach Art. 28 Abs. 6
Satz 1 des Übereinkommens erst für Steuerbescheide ab dem
Veranlagungszeitraum 2018 zulässig.
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aa) Nach Art. 1 Abs. 2 Buchstabe c des
Übereinkommens umfasst die Amtshilfe, die die Vertragsparteien
einander gemäß Art. 1 Abs. 1 Satz 1 des
Übereinkommens in Steuersachen leisten, die Zustellung von
Schriftstücken. Gemäß Art. 17 Abs. 1 des
Übereinkommens stellt der ersuchte Staat auf Ersuchen des
ersuchenden Staates dem Empfänger die Schriftstücke,
einschließlich derjenigen zu Gerichtsentscheidungen, zu, die
aus dem ersuchenden Staat stammen und eine unter das
Übereinkommen fallende Steuer betreffen. Eine Vertragspartei
kann die Zustellung von Schriftstücken nach Art. 17 Abs. 3 des
Übereinkommens an eine Person im Hoheitsgebiet einer anderen
Vertragspartei auch unmittelbar durch die Post vornehmen.
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bb) Der Deutsche Bundestag hat dem
Übereinkommen i.d.F. des Protokolls vom 27.05.2010 mit
Zustimmung des Bundesrates durch Gesetz vom 16.07.2015 zugestimmt
(BGBl II 2015, 966). Nach der Ratifikation des Übereinkommens
am 28.08.2015 ist es für die Bundesrepublik Deutschland
(Deutschland) am 01.12.2015 in Kraft getreten (BGBl II 2015, 1277).
Die Schweiz hat das Übereinkommen am 26.09.2016 ratifiziert.
In Kraft getreten ist es dort am 01.01.2017 (Amtliche Sammlung des Bundesrechts 2016,
5071).
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cc) Allerdings hat sich die Schweiz -
gestützt auf Art. 30 Abs. 1 Buchstabe d des
Übereinkommens - vorbehalten, keine Amtshilfe bei der
Zustellung von Schriftstücken gemäß Art. 17 Abs. 1
des Übereinkommens im Zusammenhang mit Steuern, die in Art. 2
Abs. 1 des Übereinkommens aufgelistet sind, zu leisten
(Vorbehalt Nr. 4 des Übereinkommens). Zu diesen Steuern
gehören auch die Steuern vom Einkommen (Art. 2 Abs. 1
Buchstabe a Unterbuchstabe i des Übereinkommens).
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dd) Von der in Art. 30 Abs. 1 Buchstabe e des
Übereinkommens geregelten Möglichkeit, auch die in Art.
17 Abs. 3 des Übereinkommens vorgesehene Zustellung von
Schriftstücken durch die Post nicht zu gestatten, hat die
Schweiz hingegen keinen Gebrauch gemacht.
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ee) Nach Art. 28 Abs. 6 Satz 1 des
Übereinkommens in der durch das Protokoll von 2010
geänderten Fassung (s. dort: Art. VIII Abs. 6) gilt das
Übereinkommen (erst) für die Amtshilfe im Zusammenhang
mit Besteuerungszeiträumen, die am oder nach dem 01.01. des
Jahres beginnen, das auf das Jahr folgt, in dem das
Übereinkommen in der durch das Protokoll von 2010
geänderten Fassung für eine Vertragspartei in Kraft
getreten ist. Da das Übereinkommen in der Schweiz, wie
dargelegt, am 01.01.2017 in Kraft getreten ist und der
Veranlagungszeitraum gemäß § 25 Abs. 1 des
Einkommensteuergesetzes am 01.01. beginnt, gilt die Amtshilfe erst
für Besteuerungszeiträume ab 2018.
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ff) Art. 28 Abs. 6 Satz 1 des
Übereinkommens erstreckt sich auch auf die Zustellung von
Schriftstücken durch die Post gemäß Art. 17 Abs. 3
des Übereinkommens. Denn auch diese Zustellung ist eine Form
der Amtshilfe im Sinne dieser Regelung. Eine Zustellung von
Steuerbescheiden unmittelbar durch die Post an in der Schweiz
ansässige Steuerpflichtige ist mithin erst für
Steuerbescheide ab dem Veranlagungszeitraum 2018 möglich. Nur
diese Auslegung entspricht dem Regelungsgehalt des
Übereinkommens, von dem die hier beteiligten Vertragsparteien
(Schweiz und Deutschland) ausgegangen sind.
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(1) Zur Ermittlung des Regelungsgehalts eines
völkerrechtlichen Vertrags - hier des Übereinkommens -
ist das Wiener Übereinkommen über das Recht der
Verträge vom 23.05.1969 - WÜRV - (BGBl II 1985, 927)
heranzuziehen, das seit Inkrafttreten des Zustimmungsgesetzes vom
03.08.1985 (BGBl II 1985, 926) am 20.08.1987 (BGBl II 1987, 757) in
innerstaatliches Recht transformiert ist (BFH-Beschluss vom
13.07.2021 - I R 63/17, BFHE 274, 18 = SIS 21 18 59, Rz 16,
m.w.N.).
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(2) Danach ist ein völkerrechtlicher
Vertrag nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der
gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang
zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Zieles und Zweckes
auszulegen (Art. 31 Abs. 1 WÜRV). Maßgeblich sind
insbesondere der Wortlaut des Vertrags (Art. 31 Abs. 2 WÜRV)
und die gewöhnliche Bedeutung der verwendeten Ausdrücke.
Dementsprechend sind die übereinkommensrechtlichen Begriffe
nach der Rechtsprechung des BFH zunächst nach dem Wortlaut und
den Definitionen des Übereinkommens und sodann nach dem Sinn
und dem Vorschriftenzusammenhang innerhalb des Übereinkommens
auszulegen. Auf die Begriffsbestimmungen des innerstaatlichen
Rechts ist grundsätzlich erst auf einer nachgelagerten
Prüfungsebene zurückzugreifen (vgl. z.B. BFH-Beschluss in
BFHE 274, 18 = SIS 21 18 59, Rz 16, m.w.N.).
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(3) Außer dem in Art. 31 Abs. 2
WÜRV näher beschriebenen systematischen
„Zusammenhang“ sind nach Art. 31 Abs. 3
WÜRV in gleicher Weise jede spätere Übereinkunft
zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung des Vertrags
oder die Anwendung seiner Bestimmungen (Buchstabe a) sowie jede
spätere Übung bei der Anwendung des Vertrags, aus der die
Übereinstimmung der Vertragsparteien über seine Auslegung
hervorgeht (Buchstabe b), zu berücksichtigen.
Demgemäß können ein übereinstimmendes
Übereinkommensverständnis und eine gemeinsame
„Übung“ der beteiligten
Finanzverwaltungen für die Auslegung des Übereinkommens
bedeutsam sein, sofern sie nicht dem Wortlaut des
Übereinkommens zuwiderlaufen (vgl. BFH-Urteil vom 11.07.2018 -
I R 44/16, BFHE 262, 354 = SIS 18 19 17, Rz 18, m.w.N.).
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(4) Ausgehend von diesen Grundsätzen
erstreckt sich die zeitliche Anwendungsregelung in Art. 28 Abs. 6
Satz 1 des Übereinkommens auch auf die Zustellung von
Schriftstücken gemäß Art. 17 Abs. 3 des
Übereinkommens.
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Art. 28 Abs. 6 Satz 1 des Übereinkommens
enthält (lediglich) eine zeitliche Anwendungsregelung
betreffend die „Amtshilfe“ nach
dem Übereinkommen. Eine Unterscheidung nach der Art der
dahingehenden Maßnahmen ist dort nicht geregelt. Die
Vorschrift bezieht sich auf jegliche Form der
übereinkommensrechtlichen Amtshilfe. Diese umfasst nach Art. 1
Abs. 2 Buchstabe c des Übereinkommens ohne jegliche
Einschränkungen (auch) die Zustellung von Schriftstücken.
Nach dem Wortlaut und den Definitionen des Übereinkommens
sowie nach Sinn und Vorschriftenzusammenhang ist der Begriff
„Amtshilfe“ daher in den
vorgenannten Vorschriften einheitlich zu verstehen und von
nämlich weitem Bedeutungsgehalt.
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Dem steht nicht entgegen, dass in Art. 17 des
Übereinkommens unterschiedliche Formen der Zustellung von
Schriftstücken geregelt sind. Insbesondere kann aus der
Unterscheidung von einer Zustellung „durch den ersuchten
Staat“ gemäß Art. 17 Abs. 1 und
Abs. 2 des Übereinkommens - einerseits - und der postalischen
Zustellung durch eine Vertragspartei im Hoheitsgebiet der anderen
Vertragspartei - andererseits - nicht geschlossen werden, dass die
Zustellung durch den anderen Vertragsstaat
„Amtshilfe“ darstellt, die
postalische (Eigen-)Zustellung auf fremdem Hoheitsgebiet hingegen
nicht. Vielmehr ist auch die Zustellung durch die Post eine
Zustellung i.S. des insoweit allgemein gefassten Art. 1 Abs. 2
Buchstabe c des Übereinkommens und damit
„Amtshilfe“. Denn auch eine
solche Zustellung und die damit einhergehenden Rechtsfolgen zu
Lasten einer Person im Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates
stellen einen (zustimmungsbedürftigen) Eingriff in die
staatliche Gebietshoheit dar, die einer besonderen Rechtsgrundlage
- hier dem Amtshilfeübereinkommen - bedarf.
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Für diese Auslegung streiten auch das
übereinstimmende Übereinkommensverständnis und die
gemeinsame „Übung“ der
beteiligten Finanzverwaltungen. Ausweislich des vom FA vorgelegten
E-Mail-Verkehrs zwischen den deutschen und den schweizerischen
Finanzbehörden sind die beiden Staaten dahingehend
übereingekommen, dass auch die (einfache) postalische
Zustellung als Amtshilfe gilt und von der Anwendungsregelung des
Art. 28 Abs. 6 Satz 1 des Übereinkommens umfasst wird.
Dementsprechend sind die deutschen Finanzbehörden - nicht nur
im Streitfall - verfahren (Schreiben des Bundesministeriums der
Finanzen vom 01.02.2018 - IV B 6 - S 1300/07/10011:009, nicht
veröffentlicht, zitiert vom Landesamt für Steuern
Rheinland-Pfalz, Verfügung vom 27.03.2018 - S 0284 A-St 35 2, Tz. 1 und Tz.
5.21; Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, Erlass vom
08.07.2019 - S 0284, AO-Kartei NW § 122 AO Karte 803 =
SIS 19 13 53). Der Umstand, dass
das FA den zwischen den deutschen und den schweizerischen
Finanzbehörden erfolgten E-Mail-Verkehr erst im
Revisionsverfahren vorgelegt hat, hindert nicht, dessen Inhalt noch
zu berücksichtigen. Denn das (übereinstimmende)
Übereinkommensverständnis der beteiligten
Finanzverwaltungen und dessen tatsächliche Umsetzung ist ein
von Amts wegen zu berücksichtigender Umstand.
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Etwas anderes folgt nicht aus dem Umstand,
dass die Schweiz gestützt auf Art. 30 Abs. 1 Buchstabe d des
Übereinkommens keine Amtshilfe bei der Zustellung von
Schriftstücken gemäß Art. 17 Abs. 1 des
Übereinkommens leistet (Vorbehalt Nr. 4 des
Übereinkommens) und von der entsprechenden
Vorbehaltsmöglichkeit in Art. 30 Abs. 1 Buchstabe e des
Übereinkommens keinen Gebrauch gemacht hat. Denn die in Art.
30 des Übereinkommens eröffneten
Vorbehaltsmöglichkeiten eines jeden Vertragsstaates betreffen
lediglich den sachlichen Anwendungsbereich des Übereinkommens.
Davon zu unterscheiden ist die hier allein entscheidungserhebliche
Frage des Inkrafttretens und damit des zeitlichen
Anwendungsbereichs des Übereinkommens.
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3. Das FG ist von anderen Grundsätzen
ausgegangen. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben. Die Sache
ist spruchreif. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden. Die
Klage ist abzuweisen. Die streitgegenständlichen
Steuerbescheide sind dem Kläger wirksam bekanntgegeben worden.
Da die Zustellung der Einkommensteuerbescheide 2009 bis 2013 an den
Kläger nach Art. 17 Abs. 3 des Übereinkommens unmittelbar
durch die Post völkerrechtlich nicht zulässig war, war
deren öffentliche Zustellung nach § 122 Abs. 5 Satz 1 und
2 AO i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 VwZG nach den oben
dargelegten Grundsätzen nicht zu beanstanden. Diese hat das FA
gemäß den unangefochtenen und den Senat daher bindenden
Feststellung des FG (§ 118 Abs. 2 FGO)
ordnungsgemäß nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 VwZG
bewirkt. Einwendungen hiergegen hat der Kläger weder erhoben
noch sind solche nach Aktenlage ersichtlich.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 1 FGO.
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