Auf die Revision der Klägerin wird das
Urteil des Finanzgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 06.03.2018
- 4 K 986/14 = SIS 19 03 36 aufgehoben und der
Einkommensteuerbescheid 2006 des Beklagten vom 29.01.2013 in
Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.08.2014 dahingehend
geändert, dass der Gewinn aus Gewerbebetrieb um ... EUR
vermindert wird.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der
Beklagte zu tragen.
1
|
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist Gesamtrechtsnachfolgerin
ihres am ...2005 verstorbenen Ehemannes (E). Dieser betrieb u.a.
das Einzelunternehmen A.
|
|
|
2
|
Im Jahr 2003 hatte sich E mit einer Einlage
von ... EUR als stiller Gesellschafter an der B GmbH (GmbH) mit
Sitz in Kasachstan beteiligt und hielt die Beteiligung im
Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens. Dem lagen diverse
Vereinbarungen zwischen E und seinem kasachischen
Geschäftspartner, S, zugrunde. So wollten die Vertragspartner
zunächst eine Gesellschaft nach dem Recht der Republik
Kasachstan oder nach deutschem Recht errichten, deren Stammkapital
... EUR betragen sollte. Da unverzüglich liquide Mittel
benötigt wurden, sollte E dem S zunächst darlehensweise
... EUR zur Verfügung stellen, die später als
Stammkapitaleinlage in die Gesellschaft umgebucht werden sollten. E
überwies daraufhin am 25.06.2002 den vereinbarten
Darlehensbetrag mit der Empfängerangabe „B, S“ an
die GmbH. Später schlossen E und S einen weiteren Vertrag,
weil S die darlehensweise zur Verfügung gestellten Mittel
nicht in der Form verwendet hatte, wie es ursprünglich
vereinbart worden war. Nunmehr verzichtete E auf die
Übertragung von 50 % der Geschäftsanteile an der GmbH.
Stattdessen sollte ihm von S rückwirkend auf den 01.07.2002
eine stille Beteiligung an der GmbH eingeräumt werden.
|
|
|
3
|
Am ...2005 verstarb S. Daraufhin fuhr der
Sohn der Klägerin nach Kasachstan. Seine Bemühungen, an
Unterlagen zu gelangen bzw. die Rückzahlung der Einlage von
den Erben des S zu erhalten, blieben erfolglos. Die GmbH wurde nach
Mitteilung der Klägerin im Jahr 2006 abgewickelt. Die
Klägerin buchte den Verlust der Beteiligung daraufhin zum
31.12.2006 gewinnmindernd aus.
|
|
|
4
|
In ihrer Einkommensteuererklärung
für das Jahr 2006 (Streitjahr) erklärte die Klägerin
u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb für die A in Höhe
von ... EUR unter gewinnmindernder Berücksichtigung des
Verlustes der Beteiligung in Höhe von ... EUR.
|
|
|
5
|
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) folgte zunächst den Angaben der
Klägerin und erließ mit Datum vom 08.04.2010 den
Einkommensteuerbescheid für 2006 unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung). Dieser
Bescheid wurde am 10.02.2011 nochmals geändert.
|
|
|
6
|
Eine Außenprüfung gelangte zu
dem Ergebnis, dass der Verlust der Beteiligung gemäß
§ 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes in der im
Streitjahr geltenden Fassung (EStG) nicht zu berücksichtigen
sei. Das FA folgte dem in einem geänderten
Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 29.01.2013 und
erhöhte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um ...
EUR.
|
|
|
7
|
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) des Landes Sachsen-Anhalt gelangte in seinem
Urteil vom 06.03.2018 - 4 K 986/14 (EFG 2019, 758 = SIS 19 03 36)
zu der Auffassung, der Verlust der Einlage aus der stillen
Beteiligung an der GmbH sei bei der Ermittlung der Einkünfte
aus Gewerbebetrieb nicht in Abzug zu bringen, da die
Voraussetzungen des § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG
vorlägen.
|
|
|
8
|
Mit ihrer Revision rügt die
Klägerin die Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das
angefochtene Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2006
des FA vom 29.01.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom
15.08.2014 dahingehend zu ändern, dass der Gewinn aus
Gewerbebetrieb um ... EUR vermindert wird.
|
|
|
9
|
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
|
|
|
10
|
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Klagestattgabe
(§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -
). Das FG hat rechtsfehlerhaft dahin erkannt, dass im Streitfall
die Tatbestandsvoraussetzungen des § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5
EStG vorliegen.
|
|
|
11
|
1. Nach § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG
dürfen negative Einkünfte aus der Beteiligung an einem
Handelsgewerbe als (typischer) stiller Gesellschafter, wenn der
Schuldner Wohnsitz, Sitz oder Geschäftsleitung in einem
Drittstaat hat, nur mit positiven Einkünften der jeweils
selben Art aus demselben Staat ausgeglichen und auch nicht nach
§ 10d EStG abgezogen werden. Gewinnminderungen stehen dabei
nach § 2a Abs. 1 Satz 2 EStG negativen Einkünften gleich.
§ 2a EStG regelt die Verrechnung von Einkünften mit Bezug
zu Drittstaaten und beschränkt dabei aus
wirtschaftspolitischen Erwägungen den Abzug bestimmter
Auslandsverluste von positiven inländischen Einkünften.
Nach der Begründung des Gesetzentwurfs soll § 2a Abs. 1
EStG unerwünschte Verlustzuweisungen zurückdrängen
(BT-Drucks. 9/2074, S. 64). Damit werden allerdings nur Anlass und
Zweck des Gesetzes umschrieben, ohne die unerwünschte
Verlustverrechnung zum Tatbestandsmerkmal zu erheben (Senatsurteil
vom 17.11.1999 - I R 7/99, BFHE 191, 18, BStBl II 2000, 605 = SIS 00 07 42).
|
|
|
12
|
2. Soweit die Anwendung des § 2a Abs. 1
EStG danach die Zuordnung des geltend gemachten Verlustes zu einer
durch § 2a Abs. 1 Satz 1 EStG ihrer Art nach bestimmten Quelle
oder Tätigkeit erfordert, ist das FG zunächst in
revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen,
dass die Beteiligung der Klägerin an der GmbH als typisch
stille Gesellschaft zu bewerten ist, die als solche § 2a Abs.
1 Satz 1 Nr. 5 EStG unterfällt. Da die Klägerin gegen
diese Wertung im Revisionsverfahren keine Einwendungen mehr erhoben
hat, sieht der Senat insoweit von eigenen Ausführungen ab.
|
|
|
13
|
3. Gleiches gilt, soweit das FG angenommen
hat, das deutsche Besteuerungsrecht für die Einkommensteuer
werde durch das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland
und der Republik Kasachstan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung
auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom
26.11.1997 - DBA-Kasachstan - (BGBl II 1998, 1593, BStBl I 1998,
1030) nicht ausgeschlossen. Jedenfalls ist nicht erkennbar, dass
dem Wohnsitzstaat Bundesrepublik Deutschland nach den Vorschriften
des DBA-Kasachstan das Besteuerungsrecht entzogen sein
könnte.
|
|
|
14
|
4. Entgegen der Rechtsauffassung des FG
unterfällt der Verlust der Einlage eines stillen
Gesellschafters, der steuerrechtlich als Teilwertabschreibung
abgebildet wird, nicht dem Anwendungsbereich des § 2a Abs. 1
Satz 1 Nr. 5 EStG (ebenso z.B. Gosch in Kirchhof/Seer, EStG, 20.
Aufl., § 2a Rz 27; Blümich/Wagner, § 2a EStG Rz
107).
|
|
|
15
|
a) Soweit § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG
auf negative Einkünfte aus der Beteiligung an einem
Handelsgewerbe als (typischer) stiller Gesellschafter abstellt und
Satz 2 der Vorschrift den in Satz 1 genannten negativen
Einkünften „Gewinnminderungen“
gleichstellt, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die in
§ 2a Abs. 1 Satz 1 EStG enthaltene Aufzählung der
negativen Einkünfte nicht an Einkunftsarten im technischen
Sinn des § 2 Abs. 1 EStG, sondern an bestimmte
Einkunftsquellen und Tätigkeiten anknüpft (vgl. Urteil
des Bundesfinanzhofs vom 13.05.1993 - IV R 69/92, BFH/NV 1994, 100;
Senatsurteil in BFHE 191, 18, BStBl II 2000, 605 = SIS 00 07 42),
also hier an negative Einkünfte aus der Beteiligung an einem
Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter. Die im Rahmen des §
2a Abs. 1 EStG vorzunehmende Gewinnermittlung ist danach
gegenständlich beschränkt. Dadurch wird sichergestellt,
dass Verluste aus den bezeichneten Vorgängen selbst dann den
Ausgleichsbeschränkungen unterfallen, wenn sie - wie im
Streitfall - im Rahmen eines inländischen Gewerbebetriebes
erzielt werden (Senatsbeschluss vom
17.12.1998 - I B 80/98, BFHE 187, 549, BStBl II 1999, 293 =
SIS 99 06 90). Das ändert nichts
daran, dass Gegenstand der Verlustausgleichsbeschränkung nur
„negative Einkünfte“ aus den in § 2a
Abs. 1 EStG bezeichneten Einkunftsquellen und Vorgängen sind.
Der Begriff der negativen Einkünfte ist im herkömmlichen
Sinne des § 2a Abs. 1 EStG zu verstehen, also als Saldo aus
den Erträgen und Aufwendungen bzw. der Einnahmen und Ausgaben,
die der jeweiligen Einkunftsquelle oder Tätigkeit zuzuordnen
sind (Senatsbeschluss in BFHE 187, 549, BStBl II 1999, 293 = SIS 99 06 90).
|
|
|
16
|
b) Der Begriff der
„Gewinnminderungen“ in § 2a Abs. 1 Satz 2
EStG erfasst zwar seinem Wortlaut nach auch solche aus
Teilwertabschreibungen auf eine Beteiligung. Indessen hat der
Gesetzgeber § 2a Abs. 1 Satz 2 EStG deshalb ins Gesetz
aufgenommen, um „insbesondere aus Teilwertabschreibungen
herrührende Gewinnminderungen den negativen Einkünften
i.S. des § 2a EStG zuzuordnen“ (BT-Drucks. 12/1108,
S. 51). Diese Regelung war notwendig, weil die von § 2a Abs. 1
EStG erfassten Tatbestände in gegenständlicher und
zeitlicher Hinsicht nicht einheitlich sind: Während Nr. 1, 2,
5 und 6 Buchst. a und b eine einzelne Einkunftsquelle erfassen,
knüpfen Nr. 3, 4, 6 Buchst. c und 7 an einen einzelnen Vorgang
an. Für die erste Gruppe und damit den Streitfall lassen sich
die negativen Einkünfte für den jeweiligen
Veranlagungszeitraum bestimmen, während bei der zweiten Gruppe
vorgangsbezogen zu verfahren ist. Dies alleine erklärt die in
Satz 2 vorgenommene Klarstellung (Vogel in
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 2a Rz B 3). Gemeint
sind mit dem Terminus „Gewinnminderungen“ nur
solche, die vorgangsbezogen aus einer Privatentnahme oder
Teilwertabschreibung resultieren und nicht zu negativen
Einkünften führen, weil sie etwa nur höhere positive
Einkünfte mindern. Nur solche Fälle sollen durch §
2a Abs. 1 Satz 2 EStG vom Abzug ausgeschlossen werden (Herkenroth
in Herrmann/Heuer/Raupach, § 2a EStG Rz 25). Dass der
Gesetzgeber insoweit differenziert hat, zeigt sich im Übrigen
auch daran, dass er Teilwertabschreibungen in § 2a Abs. 1 Satz
1 Nr. 3 Buchst. a, Nr. 6 Buchst. c und Nr. 7 Buchst. a EStG
ausdrücklich erwähnt, dies aber in § 2a Abs. 1 Satz
1 Nr. 5 EStG gerade unterlassen hat.
|
|
|
17
|
c) Für diese Auslegung spricht auch der
mit § 2a EStG generell verfolgte Zweck, den Import
„unerwünschter“ Verluste aus
Verlustzuweisungsmodellen in das Inland auszuschließen
(BT-Drucks. 9/2074, S. 64). Es ist insoweit schwerlich vorstellbar,
dass derartige Modelle auf den Verlust der Vermögenssubstanz
abzielen könnten. Insoweit erscheint es sachgerecht, den
Verlust der Einlage des stillen Gesellschafters, der
steuerrechtlich als Teilwertabschreibung abgebildet wird, weil er
seine Beteiligung an der stillen Gesellschaft im
Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens hält, aus dem
Anwendungsbereich des § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG
auszunehmen.
|
|
|
18
|
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 1 FGO.
|