Auf die Revision der Klägerin wird das
Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 06.06.2016 - 5 K
1811/12 = SIS 17 11 69 aufgehoben.
Die Sache wird an das Sächsische Finanzgericht zur
anderweitigen Verhandlung und Entscheidung
zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens
übertragen.
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I. Streitig ist, ob die
Eintrittserlöse aus Musikveranstaltungen der Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) in den Streitjahren (2007
und 2008) dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.
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Die Klägerin ist eine GbR, deren Zweck
vor allem in der Organisation und Veranstaltung von Musik-Events
besteht. Sie führte in mehreren Räumen
(„floors“) eines stillgelegten Gebäudeareals
verschiedene Musikveranstaltungen durch. Hierbei wurde von
Discjockeys (DJs) Musik unterschiedlicher Stilrichtungen (z.B.
House, Electro, Rave, Trance, Black-R’n’B & Hiphop,
80ies & 90ies Video Disco, Chillout-Ibiza) dargeboten. Daneben
veranstaltete sie auch Partys und Open-Air-Discos. Die
Veranstaltungen begannen üblicherweise um 23 Uhr
(Einlassbeginn). Der Eintritt kostete 5 EUR oder 6 EUR und war nur
von Männern zu entrichten, Frauen hatten freien Zugang.
Für die jeweilige Veranstaltung engagierte die Klägerin
neben lokal und regional tätigen DJs einen, vereinzelt auch
mehrere national und international in der Szene durch eigene
Musikentwicklungen oder –produktionen,
Tonträger-Veröffentlichungen und
Tonträgerverkäufe sowie teilweise aus den Musikcharts
bekannte und renommierte DJs. Diese „renommierten“ DJs
traten im „…“ auf, der ca. 65 % der angemieteten
Gesamtfläche ausmachte. Die drei bis vier Nebenfloors konnten
bis zu 200 Besucher fassen.
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Die Klägerin warb für ihre
Veranstaltungen u.a. im Internet und mittels Werbeflyern. Auf der
Vorderseite der Werbeflyer waren die jeweiligen Veranstaltungen
nach Ort, Datum und Uhrzeit bezeichnet sowie „zumeist junge
Frauen, regelmäßig leicht bekleidet“ abgebildet.
Auf der Rückseite waren das jeweilige „line up“,
d.h. die einzelnen „floors“ mit den jeweiligen DJs
aufgeführt. Im Rahmen der Veranstaltungen verkaufte die
Klägerin gesondert berechnete Getränke, deren Erlös
den aus dem Verkauf von Eintrittskarten erheblich
überstieg.
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Nachdem die Klägerin ihre Umsätze
zunächst vollumfänglich dem Regelsteuersatz unterworfen
hatte, reichte sie am 03.06.2010 berichtigte
Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre ein und
beantragte für die Umsätze aus Eintrittsgeldern die
Anwendung des ermäßigten Steuersatzes. Der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) lehnte diesen Antrag ab
und wies den dagegen eingelegten Einspruch mit
Einspruchsentscheidung vom 05.11.2012 zurück.
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Die anschließende Klage wies das
Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 06.06.2016 - 5 K 1811/12 = SIS 17 11 69 als unbegründet zurück. Die
streitgegenständlichen Umsätze seien weder nach § 12
Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a noch nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d
des Umsatzsteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden
Fassung (UStG) steuersatzermäßigt.
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Der überwiegende Teil der DJs
führe bei den Veranstaltungen zwar Musikstücke im Sinne
des - nach dem Senatsurteil vom 18.08.2005 - V R 50/04 (BFHE 211,
557, BStBl II 2006, 101 = SIS 06 00 23) - maßgebenden
Konzertbegriffs auf, die Anwendung des ermäßigten
Steuersatzes scheitere aber daran, dass diese Konzerte bei einer
Gesamtwürdigung der einzelnen Indizien nicht den eigentlichen
Zweck der jeweiligen Veranstaltung ausmachten. Die Auftritte der
DJs gäben der Veranstaltung nicht das Gepräge.
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So spreche die Regelmäßigkeit
der Veranstaltung (wöchentlich/monatlich) dafür, dass der
Party- oder Tanzcharakter überwiege. Eine Gesamtschau der
Indizien ergebe, dass die Aufführung von Musik eher Mittel zum
Zweck als der eigentliche Zweck gewesen sei, und dass andere Zwecke
(gemeinsames Feiern, Partymachen, geselliges Beisammensein,
Trinken, Tanzen, Anbahnen und Unterhalten sozialer Kontakte,
Sich-Vergnügen musikalisch Gleichgesinnter und ähnliche
disco- und tanzpartytypische Elemente) im Vordergrund gestanden,
jedenfalls aber der Musikaufführung und dem Musikerlebnis
zumindest gleichwertig gegenübergestanden hätten.
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Nach der Selbstbeschreibung des
Veranstaltungsorts durch die Klägerin werde das Element des
Feierns und Partymachens in den Vordergrund gestellt. Die Anlage
und Konzeption des Veranstaltungsorts mit seinen mehreren Floors
einschließlich der Chill-Out-Lounge und der
Außenterrasse ähnelten eher einer gehobenen Diskothek
mit mehreren Tanzflächen als einem Ort, an dem typischerweise
Konzerte oder konzertähnliche Veranstaltungen
durchgeführt werden. Für eine moderne Form der
Tanzveranstaltung spreche auch die Preisgestaltung, denn die
Preisermäßigung sei eher typisch für eine
Tanzveranstaltung oder Diskothek als für
Konzertveranstaltungen. Dies gelte insbesondere für den freien
Eintritt von Frauen. Der damit verfolgte Zweck lasse darauf
schließen, dass für männliche Besucher das Anbahnen
sozialer Kontakte wesentlicher Grund für den Besuch der
Veranstaltung sei und nicht die Musikdarbietung. Auch sei zu
berücksichtigen, dass wegen der niedrigen Eintrittspreise
selbst bei vergleichsweise bekannten DJs aus Sicht der
Klägerin eher die Erzielung von Erlösen aus dem Verkauf
von Getränken im Vordergrund gestanden habe. Die
Live-Übertragung der Veranstaltung im Radio spreche zwar
für die musikalische Qualität der übertragenen
Darbietungen der „renommierten“ DJs, sage aber wenig
darüber aus, was für die Besucher der Veranstaltung im
Vordergrund gestanden habe. Auch wenn der Auftritt renommierter DJs
ein gewichtiges Indiz dafür sei, dass diese Besucher anziehen
könnten, bleibe ungewiss, ob das Erleben der Auftritte das
maßgebliche Motiv eines wesentlichen Teils der Besucher
gewesen war.
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Die Erlöse aus der
Veräußerung von Eintrittskarten unterlägen auch
nicht dem ermäßigten Steuersatz für Schausteller
nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG i.V.m. § 30
Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV). Es handele sich
um eine nicht begünstigte ortsfeste
Dauerveranstaltung.
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Mit ihrer Revision rügt die
Klägerin die Verletzung materiellen sowie formellen Rechts und
trägt zur Begründung im Wesentlichen vor:
Die Versagung des ermäßigten Steuersatzes verstoße
gegen § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG. Die Klägerin
gewähre die Eintrittsberechtigung zu einer kulturellen
Veranstaltung. Die bekannten DJs seien Hauptakteure und
Anziehungspunkt der Veranstaltung gewesen und auf sie als
„Hauptact“ zugeschnitten worden. Wie bei Popkonzerten
üblich seien Nachwuchs-DJs quasi als Vorband vor den Hauptacts
aufgetreten. Die Musik der bekannten DJs sei im
„…“ gespielt worden, der von ca. 90 % der
Gäste besucht werde. Gemessen an der Gesamtzeit der
Veranstaltungen hätten die Hauptacts mit 2,5 bis 3 Stunden den
wesentlichen Teil der Veranstaltung eingenommen.
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Die Klägerin beantragt
sinngemäß, das Urteil des FG vom 06.06.2016 - 5 K
1811/12 = SIS 17 11 69 aufzuheben und der Klage
stattzugeben.
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Das FA beantragt, die Revision gegen das
Urteil des FG als unbegründet zurückzuweisen.
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Das FA verteidigt die Vorentscheidung und
weist ergänzend darauf hin, dass die Klägerin nur deshalb
zu einem anderen Ergebnis als das FG gelange, weil sie die
Auftritte der prominenten DJs isoliert betrachte.
Entscheidungserheblich sei jedoch, ob nach gesamtschauender
Würdigung die Auftritte der DJs der Veranstaltung das
Gepräge geben. Dabei sei insbesondere auf die
Erwartungshaltung des durchschnittlichen Besuchers abzustellen.
Diese werde geprägt durch die Werbung, die Art und Weise der
zu erwartenden Darbietung und der sonstigen Umstände. Im
Streitfall würden keine Konzerte, sondern Tanz- und
Partyveranstaltungen beworben. Auch würden die prominenten DJs
auf den Werbeflyern nicht vordergründig dargestellt, sie
dominierten die Werbung für die jeweilige Veranstaltung weder
in Wort noch im Bild.
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Die Voraussetzungen der
Steuersatzermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst.
d UStG lägen ebenfalls nicht vor. Es komme nicht darauf an, ob
die DJs ihre Auftritte in eigener Regie selbst veranstalteten, da
die Darbietungen der DJs ihrerseits bereits dem Grunde nach nicht
mit denen der Schausteller vergleichbar seien und die Klägerin
weder Volksfeste, Jahrmärkte, Schützenfeste noch
ähnliche Veranstaltungen organisiere.
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Mit ihren Schriftsätzen vom 26.10.2017
(Klägerin) und vom 21.09.2017 (FA) haben die Beteiligten auf
die Durchführung einer mündlichen Verhandlung
verzichtet.
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II. Die Revision der Klägerin ist
begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen
Urteils und - wegen fehlender Spruchreife - zur
Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und
Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zwar zu Recht
entschieden, dass die Voraussetzungen der
Steuersatzermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst.
d UStG nicht vorliegen. Die Würdigung, wonach die
musikalischen Darbietungen der DJs nicht im Vordergrund der
Veranstaltung stünden und deswegen auch die
Steuersatzermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst.
a UStG ausscheide, ist jedoch lückenhaft, da sie das
Gesamtergebnis des Verfahrens nicht ausschöpft.
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1. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG
ermäßigt sich die Steuer auf 7 % für die
Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen sowie
für die den Theatervorführungen und Konzerten
vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler.
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Unionsrechtliche Grundlage dieser
Steuerermäßigung ist Art. 98 Abs. 1 und Abs. 2 der
Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das
gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Danach können
die Mitgliedstaaten einen oder zwei ermäßigte
Steuersätze auf die Lieferungen von Gegenständen und die
Dienstleistungen der in Anhang III genannten Kategorien anwenden.
Dabei kann nach Anhang III Kategorie 7 der MwStSystRL ein
ermäßigter Steuersatz zugunsten der
Eintrittsberechtigung für Veranstaltungen, Theater, Zirkus,
Jahrmärkte, Vergnügungsparks, Konzerte, Museen,
Tierparks, Kinos und Ausstellungen sowie ähnliche kulturelle
Ereignisse und Einrichtungen eingeführt werden.
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a) § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG
definiert weder den Begriff „Konzert“ noch den
der „Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender
Künstler“. Nach der Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs (BFH) sind unter Konzerten i.S. von § 12 Abs.
2 Nr. 7 Buchst. a UStG Aufführungen von Musikstücken zu
verstehen, bei denen Instrumente und/oder die menschliche Stimme
eingesetzt werden. Aufführende können einzelne oder
mehrere Personen sein (BFH-Urteil vom 26.04.1995 - XI R 20/94, BFHE
177, 548, BStBl II 1995, 519 = SIS 95 17 47, Rz 11). Hierzu
gehören auch Pop- und Rockkonzerte, die den Besuchern die
Möglichkeit bieten, zu der im Rahmen des Konzerts dargebotenen
Musik zu tanzen (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22.05.2003 - 6 K
1712/01, EFG 2003, 1275 = SIS 03 36 13). Außerdem kann
für „Mischformen“ von
Theateraufführungen und Konzerten die Steuervergünstigung
in Anspruch genommen werden, wenn eine Vorführung entweder als
theaterähnlich oder als konzertähnlich einzustufen ist
und eine persönlich geistige Schöpfung in der für
einen Urheberrechtsschutz geforderten geistigen Höhe darstellt
(Senatsurteil vom 09.10.2003 - V R 86/01, BFH/NV 2004, 984 = SIS 04 23 20). Nach dem Senatsurteil in BFHE 211, 557, BStBl II 2006, 101
= SIS 06 00 23 ist der Konzertbegriff im Hinblick auf die
technischen Entwicklungen auf dem Gebiet der Musik und dem
unionsrechtlichen Neutralitätsgrundsatz weit auszulegen.
Für die Musikrichtungen „Techno“ und
„House“ sind daher als
„Instrumente“ i.S. der o.g. Begriffsbestimmung
auch Plattenteller, Mischpulte und CD-Player u.Ä. anzusehen,
mit denen die Musik im Rahmen eines Konzerts dargeboten wird, wenn
sie (wie konventionelle Instrumente) zum Vortrag des
Musikstücks - und nicht nur zum Abspielen eines
Tonträgers - genutzt werden (Senatsurteil in BFHE 211, 557,
BStBl II 2006, 101 = SIS 06 00 23, Rz 18).
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Weitere Voraussetzung für die
Steuersatzermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst.
a UStG ist, dass die begünstigte Veranstaltung oder
Vorführung („Konzert“) den eigentlichen
Zweck der Veranstaltung ausmacht (Senatsurteil in BFHE 211, 557,
BStBl II 2006, 101 = SIS 06 00 23, Rz 16 sowie BFH-Urteil in BFHE
177, 548, BStBl II 1995, 519 = SIS 95 17 47). Daher müssen
Leistungen anderer Art, die in Verbindung mit diesen
Veranstaltungen erbracht werden, von so untergeordneter Bedeutung
sein, dass dadurch der Charakter der Veranstaltung als Konzert
nicht beeinträchtigt wird (Klenk in Sölch/Ringleb,
Umsatzsteuer, § 12 Rz 391; Bosche in Birkenfeld/Wäger,
Umsatzsteuer-Handbuch, § 144 Rz 144; Klezath in
Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, § 12 Abs. 2 Nr. 7
Rz 32).
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Für die Beurteilung, ob die hier
streitige Vorführung den eigentlichen Zweck der Veranstaltung
ausmacht, ist die Sicht des Durchschnittsverbrauchers im Rahmen
einer Gesamtbetrachtung maßgeblich (Urteile des Gerichtshofs
der Europäischen Union Mìsto Žamberk vom
21.02.2013 - C-18/12, EU:C:2013:95, HFR 2013, 360 = SIS 13 11 63,
Rz 30 und 33, sowie Pro Med Logistik und Pongratz vom 27.02.2014 -
C-454/12 und C-455/12, EU:C:2014:111, HFR 2014, 470 = SIS 14 08 10,
Rz 57; Senatsurteil vom 22.11.2018 - V R 29/17, BFHE 263, 85 = SIS 18 21 10, Rz 17).
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b) Das FG ist zwar zu Recht davon ausgegangen,
dass zur Feststellung des dominierenden Zwecks der Veranstaltung
eine Gesamtwürdigung der einzelnen Indizien aus Sicht des
Durchschnittsverbrauchers („Besuchers“)
vorzunehmen ist. Die von ihm vorgenommene Beweiswürdigung ist
jedoch lückenhaft, sodass es an einer tragfähigen
Tatsachengrundlage für die Folgerungen in der tatrichterlichen
Entscheidung fehlt.
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aa) Ob die musikalischen Darbietungen der DJs
die Veranstaltung prägen, ist grundsätzlich Tatfrage und
als solche vom FG zu beurteilen. Die revisionsrechtliche
Prüfung beschränkt sich darauf, ob das FG im Rahmen der
Gesamtwürdigung von zutreffenden Kriterien ausgegangen ist,
alle maßgeblichen Beweisanzeichen in seine Beurteilung
einbezogen und dabei nicht gegen Denkgesetze oder
Erfahrungssätze verstoßen hat. Fehlt es an einer
tragfähigen Tatsachengrundlage für die Folgerungen in der
tatrichterlichen Entscheidung oder fehlt die nachvollziehbare
Ableitung dieser Folgerungen aus den festgestellten Tatsachen und
Umständen, so liegt ein Verstoß gegen die Denkgesetze
vor, der als Fehler der Rechtsanwendung ohne besondere Rüge
vom Revisionsgericht beanstandet werden kann (z.B. BFH-Urteile vom
09.05.2017 - IX R 1/16, BFHE 259, 36, BStBl II 2018, 94 = SIS 17 20 14, Rz 17; vom 02.12.2004 - III R 49/03, BFHE 208, 531, BStBl II
2005, 483, und vom 20.06.2012 - X R 20/11, BFH/NV 2012, 1778 = SIS 12 27 24).
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bb) Aus der maßgeblichen Perspektive des
Durchschnittsverbrauchers (Durchschnittsbesuchers) ist die
Regelmäßigkeit der Veranstaltung hier ein ungeeignetes
Abgrenzungskriterium. Tritt ein renommierter Künstler (hier:
DJ) mit seinem Repertoire auf, verliert die Veranstaltung für
den Durchschnittsbesucher nicht dadurch ihr vorzugsbezogenes
Gepräge, dass er dies mehrfach oder in regelmäßigen
Abständen tut.
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Darüber hinaus besagt das Verhältnis
der Umsätze (Eintrittskarten und Getränke) im Regelfall
nichts darüber, ob es sich bei der Veranstaltung dem Charakter
nach um ein Tanzvergnügen oder ein Konzert handelt.
Hinsichtlich des vom FG berücksichtigten
Umsatzverhältnisses ist nicht nachvollziehbar, wie sich der
Charakter der Veranstaltung als Konzert oder Tanzveranstaltung
ausnahmsweise in Abhängigkeit von der
„Trinkfreude“ der Besucher ändern
könnte. Insoweit fehlen zudem Feststellungen des FG
hinsichtlich der konkreten Umsatzhöhe aus dem Verkauf von
Eintrittskarten und dem Getränkeverkauf. Das FG hat sich auf
die Feststellung beschränkt, dass der Erlös aus dem
Verkauf von Getränken den aus dem Verkauf von Eintrittskarten
„erheblich“ überstieg.
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Die Selbstbeschreibung des Veranstaltungsorts
durch die Klägerin als Partylocation schließt es aus
Sicht des Durchschnittsbesuchers nicht aus, dass dort auch Konzerte
veranstaltet werden, sofern die Räumlichkeiten geeignet sind,
die musikalischen Darbietungen der jeweiligen DJs jedenfalls
akustisch wahrzunehmen. In die Würdigung der Beweisanzeichen
einzubeziehen ist dabei insbesondere, dass die renommierten DJs im
„…“ auftreten, der 65 % der
Gesamtfläche ausmacht. Darüber hinaus ist zu
berücksichtigen, ob der „…“ einer
Konzerthalle gleicht oder ähnelt und ob die Behauptung der
Klägerin zutrifft, wonach ca. 90 % der Besucher den
Musikvorführungen im „…“ folgten.
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Die Werbung des Veranstalters für die
musikalischen Darbietungen hat das FG nur insoweit in seine
Würdigung einbezogen, als auf der einen Seite des Werbeflyers
zumeist „leicht bekleidete Frauen“ erscheinen,
nicht aber, dass diese Werbeflyer auf der anderen Seite auch den
Ort, das Datum und die Uhrzeit der jeweiligen Veranstaltung angaben
sowie den Namen des jeweils auftretenden DJs aufführten.
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Schließlich hat das FG nicht
nachvollziehbar dargelegt, wie es zu der Folgerung kommt, dass das
Erleben des jeweiligen DJ-Auftritts als maßgebliches Motiv
eines wesentlichen Teils der Besucher ungewiss sei, obwohl es die
Auftritte der renommierten DJs für geeignet hält,
Besucher anzuziehen und darüber hinaus auch festgestellt hat,
dass die Auftritte dieser DJs zwischen 1 Uhr und 4 Uhr stattfanden,
ca. 2,5 bis 3 Stunden dauerten und mit dem Ende des Auftritts auch
das Veranstaltungsende eingeläutet wurde.
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2. Das FG hat dagegen zu Recht entschieden,
dass die Umsatzerlöse aus der Veräußerung von
Eintrittskarten nicht dem ermäßigten Steuersatz nach
§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG unterliegen. Denn die
Klägerin hat ihre Leistungen nicht als Schausteller i.S. von
§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG erbracht.
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a) Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7
Buchst. d UStG ermäßigt sich die Steuer für
„die Zirkusvorführungen, die Leistungen aus der
Tätigkeit als Schausteller sowie die unmittelbar mit dem
Betrieb der zoologischen Gärten verbundenen
Umsätze“. Bei den Leistungen aus der Tätigkeit
als Schausteller handelt es sich gemäß § 30 UStDV
um „Schaustellungen, Musikaufführungen, unterhaltende
Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten auf Jahrmärkten,
Volksfesten, Schützenfesten oder ähnlichen
Veranstaltungen“.
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b) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil
vom 02.08.2018 - V R 6/16, BFHE 262, 272, BStBl II 2019, 293 = SIS 18 15 75) erfasst § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG nur die
Schausteller, die ein Reisegewerbe betreiben, nicht aber auch
ortsgebundene Schaustellerunternehmen. Die
Steuersatzermäßigung erfordert daher, dass der jeweilige
Umsatz auf einer nicht ortsfest ausgeführten
schaustellerischen Leistung des Steuerpflichtigen beruht und u.a.
Musikaufführungen oder ähnliche Veranstaltungen umfasst.
Daran fehlt es im Streitfall, da die von der Klägerin
veranstalteten Konzerte in gemieteten Räumen und damit
ortsfest stattfinden. Unerheblich ist, ob die von der Klägerin
engagierten Künstler selbst von Ort zu Ort ziehen, da es im
Streitfall um die Beurteilung der Umsätze der Klägerin
geht und nicht um diejenigen der jeweiligen Künstler.
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3. Die Sache ist nicht spruchreif. Sie wird
daher zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts und zur
Vervollständigung des Gesamtbildes der Verhältnisse an
das FG zurückverwiesen. Das FG hat im zweiten Rechtsgang die
fehlenden Feststellungen zur Ausgestaltung des
„…“ und deren (geschätzte)
Besucherzahl sowie ggf. zum Verhältnis der Erlöse aus dem
Verkauf der Eintrittskarten und aus dem Getränkeverkauf
nachzuholen und sodann im Rahmen einer Gesamtwürdigung neu
darüber zu befinden, ob die Auftritte der DJs nach der
maßgeblichen Sicht des Durchschnittsverbrauchers
(Durchschnittsbesuchers) den jeweiligen Veranstaltungen das
Gepräge geben.
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4. Wegen der Aufhebung der Vorentscheidung und
Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung ist
über den von der Klägerin gerügten
Verfahrensverstoß nicht zu entscheiden (vgl. BFH-Urteil vom
04.05.2016 – II R 18/15, BFH/NV 2016, 1565 = SIS 16 21 55, Rz
17).
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5. Die Übertragung der Kostenentscheidung
auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
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