Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil
des Finanzgerichts Münster vom 26.2.2015 3 K 3065/14 Erb
aufgehoben.
Der Schenkungsteuerbescheid vom 19.2.2014 in
Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.8.2014 wird dahingehend
abgeändert, dass die Schenkungsteuer auf 23.647 EUR
festgesetzt wird.
Von den Kosten des gesamten Verfahrens tragen
der Kläger 73 % und der Beklagte 27 %.
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I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) verzichtete durch notariell beurkundeten
Erbschaftsvertrag vom 14.2.2006 gegenüber seinen drei
Brüdern für den Fall, dass er durch letztwillige
Verfügung von der Erbfolge seiner Mutter (M) ausgeschlossen
sein sollte, auf die Geltendmachung seines Pflichtteilsanspruchs
einschließlich etwaiger
Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen eine von den
Brüdern jeweils zu zahlende Abfindung in Höhe von 150.000
EUR.
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Nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) mit
Urteil vom 16.5.2013 II R 21/11 (BFHE 241, 390, BStBl II 2013, 922
= SIS 13 22 83) entschieden hatte, dass die Zahlung der Abfindungen
an den Kläger nicht als Schenkung der M an diesen, sondern als
drei freigebige Zuwendungen der Brüder an den Kläger
getrennt zu besteuern sind, setzte der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) für die Zuwendung
eines Bruders (K) mit Bescheid vom 19.2.2014 gegen den Kläger
Schenkungsteuer in Höhe von 28.405 EUR fest. Dabei
berücksichtigte das FA die Abfindung abzüglich anteiliger
Kosten der Schenkung in Höhe von 520 EUR. Dem Erwerb rechnete
es Vorerwerbe (Schenkungen) von M aus dem Jahr 2002 in Höhe
von 1.056.232 EUR hinzu. Hinsichtlich des Freibetrags (205.000 EUR
gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 des Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetzes in der im Jahr 2006 geltenden Fassung -
ErbStG - ) und des Steuersatzes (19 % nach § 19 Abs. 1 ErbStG)
ging das FA von der im Verhältnis des Klägers zu M
geltenden Steuerklasse I Nr. 2 (§ 15 Abs. 1 ErbStG) aus.
Für die Vorschenkungen zog es einen Steuerbetrag von 161.728
EUR ab.
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Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
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Das Finanzgericht (FG) setzte die
Schenkungsteuer auf 10.810 EUR herab. Vorerwerbe nach M rechnete es
nicht hinzu. Entsprechend dem Antrag des Klägers
berücksichtigte es einen Freibetrag i.S. des § 16 Abs. 1
Nr. 3 ErbStG in Höhe von 51.200 EUR. Das Urteil ist in EFG
2015, 1108 = SIS 15 12 17 veröffentlicht.
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Mit seiner Revision rügt das FA eine
Verletzung der §§ 14, 15 und 16 ErbStG.
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Das FA beantragt, die Vorentscheidung
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Änderung
des Schenkungsteuerbescheids vom 19.2.2014 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 28.8.2014 dahingehend, dass die
Schenkungsteuer auf 23.647 EUR festgesetzt wird (§ 126 Abs. 3
Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zwar
zutreffend angenommen, dass die Vorerwerbe von M bei der Berechnung
der Steuer nicht zu berücksichtigen sind. Entgegen der
Auffassung des FG ist aber die im Verhältnis des Klägers
zu K gemäß § 15 Abs. 1 ErbStG geltende Steuerklasse
II maßgebend.
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1. Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1
ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung
unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des
Zuwendenden bereichert wird. Eine freigebige Zuwendung setzt in
objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung
des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die
Zuwendung objektiv unentgeltlich ist, und in subjektiver Hinsicht
den Willen des Zuwendenden zur Freigebigkeit (BFH-Urteil vom
29.6.2016 II R 41/14, BFHE 254, 64, BStBl II 2016, 865 = SIS 16 17 67, Rz 9).
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a) Schließen künftige gesetzliche
Erben einen Vertrag gemäß § 311b Abs. 5 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB - (früher § 312 Abs.
2 BGB), wonach der eine auf seine künftigen
Pflichtteils(ergänzungs)ansprüche gegen Zahlung eines
Geldbetrags verzichtet, stellt die Zahlung eine freigebige
Zuwendung des Zahlenden i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dar.
Da die Abfindung in einem solchen Fall aus dem Vermögen des
künftigen gesetzlichen Erben geleistet wird, liegt eine
freigebige Zuwendung von diesem und nicht eine freigebige Zuwendung
des künftigen Erblassers an den Empfänger der Abfindung
vor (vgl. BFH-Urteil in BFHE 241, 390, BStBl II 2013, 922 = SIS 13 22 83, Rz 10 f.).
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b) Im Hinblick auf die anzuwendende
Steuerklasse führte der BFH in seiner bisherigen
Rechtsprechung aus, diese richte sich nicht nach dem
Verhältnis des Zuwendungsempfängers (Verzichtenden) zum
Zahlenden, sondern zum künftigen Erblasser (BFH-Urteile vom
25.5.1977 II R 136/73, BFHE 122, 543, BStBl II 1977, 733 = SIS 77 04 11; vom 25.1.2001 II R 22/98, BFHE 194, 440, BStBl II 2001, 456
= SIS 01 04 95, und in BFHE 241, 390, BStBl II 2013, 922 = SIS 13 22 83). Der Verzicht auf
Pflichtteils(ergänzungs)ansprüche gegenüber einem
anderen gesetzlichen Erben sollte hinsichtlich der Steuerklasse vor
Eintritt des Erbfalls nicht anders behandelt werden als nach
Eintritt des Erbfalls, bei dem der Verzicht auf die noch nicht
geltend gemachten Pflichtteilsansprüche gegen Abfindung
gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG nach der Steuerklasse
zu bestimmen ist, die im Verhältnis zum Erblasser gilt (vgl.
BFH-Urteil in BFHE 194, 440, BStBl II 2001, 456 = SIS 01 04 95,
unter II.2.d). Zudem sollte es für die anwendbare Steuerklasse
keinen Unterschied machen, ob der Verzicht mit dem künftigen
Erblasser oder dem anderen gesetzlichen Erben vereinbart wird. Es
sollte stets das Verhältnis des Verzichtenden zum
künftigen Erblasser zu Grunde gelegt werden.
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c) Nach nochmaliger Überprüfung
hält der BFH an dieser Rechtsprechung zur Bestimmung der
Steuerklasse nicht mehr fest. Der Streitfall zeigt, dass eine
steuerrechtliche Gleichbehandlung des vor und nach dem Erbfall
erklärten Verzichts auf
Pflichtteils(ergänzungs)ansprüche gegenüber anderen
gesetzlichen Erben nicht möglich ist.
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aa) Die vom FA verwendete Berechnungsmethode,
die bei mehreren Zahlungsverpflichteten den im Verhältnis zum
Erblasser maßgebenden Freibetrag bei jeder Abfindung des
Verzichtenden berücksichtigt, kann wegen der Vervielfachung
des Freibetrags zu einer erheblichen schenkungsteuerrechtlichen
Besserstellung des vor dem Erbfall vereinbarten
Pflichtteilsverzichts führen. So wären im Streitfall -
bei der vom Kläger begehrten Nichtberücksichtigung der
Vorerwerbe von der künftigen Erblasserin M - die von seinen
Brüdern gezahlten Abfindungen von jeweils 150.000 EUR geringer
als der Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG von jeweils
205.000 EUR. Schenkungsteuer würde nicht anfallen.
Demgegenüber würden die Abfindungen bei einem nach
Eintritt des Erbfalls vereinbarten Pflichtteilsverzicht
gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 4 Alternative 1 ErbStG als von
M zugewendet gelten mit der Folge, dass der Freibetrag von 205.000
EUR nur einmal anzusetzen wäre; für die Abfindungen
wäre, soweit sie zusammen 205.000 EUR übersteigen,
Erbschaftsteuer festzusetzen.
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bb) Eine Aufteilung des im Verhältnis zum
Erblasser maßgebenden Freibetrags nach § 16 Abs. 1 Nr. 2
ErbStG auf die jeweiligen freigebigen Zuwendungen der zur
Abfindungszahlung verpflichteten gesetzlichen Erben kann ebenfalls
nicht gewährleisten, dass beim Erwerber eine unabhängig
vom Zeitpunkt des Pflichtteilsverzichts gleichmäßige
Steuerbelastung eintritt. Denn auch hier sind die Abfindungen, die
andere gesetzliche Erben leisten, bei einem Pflichtteilsverzicht
vor dem Erbfall als freigebige Zuwendungen der anderen gesetzlichen
Erben nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu besteuern, während
bei einem Pflichtteilsverzicht nach dem Erbfall insoweit ein Erwerb
von Todes wegen vom Erblasser nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG
vorliegt. Wegen der progressiven Steuersätze könnte diese
Berechnungsmethode eine im Ergebnis gleiche Steuerbelastung
allenfalls zufällig erreichen.
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cc) Vorerwerbe des Verzichtenden vom
künftigen Erblasser können darüber hinaus nur
berücksichtigt werden, wenn ein Erwerb vom Erblasser zu
besteuern ist, also bei einem nach dessen Tod mit den anderen
gesetzlichen Erben vereinbarten Pflichtteilsverzicht gegen
Abfindung. § 14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG betrifft lediglich
innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallende
Vermögensvorteile. Vom künftigen Erblasser angefallene
Vermögensvorteile können daher bei der Besteuerung der
Abfindung, die von künftigen gesetzlichen Erben für den
vor dem Ableben des Erblassers vereinbarten Pflichtteilsverzicht
gezahlt wird, nicht als Vorerwerb berücksichtigt werden. Aus
der nach der bisherigen Rechtsprechung gegebenen Anwendbarkeit der
Steuerklasse I lässt sich kein vom klaren Wortlaut des §
14 Abs. 1 ErbStG abweichendes Ergebnis ableiten.
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d) Für die Besteuerung des Erwerbs eines
gesetzlichen Erben von einem anderen gesetzlichen Erben aufgrund
Verzichts auf künftige
Pflichtteils(ergänzungs)ansprüche gegen Zahlung eines
Geldbetrags ist nach den allgemeinen Regeln das Verhältnis des
Verzichtenden zu dem anderen gesetzlichen Erben maßgebend.
Die Steuerklasse (§ 15 ErbStG) und somit der Freibetrag
(§ 16 Abs. 1 ErbStG) sowie der Steuersatz (§ 19 ErbStG)
richten sich nach diesem Verhältnis (Abweichung von
BFH-Urteilen in BFHE 122, 543, BStBl II 1977, 733 = SIS 77 04 11;
in BFHE 194, 440, BStBl II 2001, 456 = SIS 01 04 95, und in BFHE
241, 390, BStBl II 2013, 922 = SIS 13 22 83). Vorerwerbe von dem
künftigen Erblasser sind nicht nach § 14 ErbStG für
die Besteuerung dem Erwerb hinzuzurechnen, weil der Verzichtende
die Abfindung nicht vom künftigen Erblasser, sondern von dem
anderen gesetzlichen Erben erhält. Es fehlt an der von §
14 Abs. 1 Satz 1 ErbStG vorausgesetzten Personengleichheit.
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2. Nach diesen Grundsätzen ist dem Erwerb
des Klägers nach § 15 Abs. 1 ErbStG die Steuerklasse II
nach seinem Verhältnis zu seinem Bruder K zu Grunde zu legen.
Nach § 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG bleibt der Erwerb in Höhe
von 10.300 EUR steuerfrei. Vorerwerbe von M sind dem Erwerb nicht
hinzuzurechnen.
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3. Die Steuer berechnet sich daher wie
folgt:
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Steuerklasse II, Steuersatz 17 %
Schenkungsteuer: 23.647 EUR
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4. Der Kläger kann sich nicht darauf
berufen, dass die Aufrechterhaltung der bisherigen Rechtsprechung
zur Anwendung der Steuerklasse I unter den Aspekten des
Vertrauensschutzes oder der Rechtssicherheit geboten war.
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Auf der Grundlage der bisherigen
Rechtsprechung konnte er nicht davon ausgehen, dass für die
Besteuerung die für ihn günstige Steuerklasse I mit dem
entsprechenden Freibetrag (§ 16 Abs. 1 ErbStG) und dem
maßgebenden Steuersatz (§ 19 ErbStG) zur Anwendung
komme, Vorerwerbe von M dem Erwerb aber nicht hinzuzurechnen seien.
Intention der bisherigen Rechtsprechung des BFH war, den Verzicht
vor und nach dem Erbfall steuerrechtlich gleich zu behandeln (vgl.
oben unter II.1.b); wie die Besteuerung im Einzelnen zu erfolgen
habe, wurde offen gelassen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 241, 390, BStBl
II 2013, 922 = SIS 13 22 83, Rz 13). Hätte man im Streitfall
nach dem Verhältnis des Klägers zu M die Steuerklasse I,
den entsprechenden Freibetrag von 205.000 EUR und einen Steuersatz
von 19 % angewendet sowie dem Erwerb die Vorerwerbe von M
hinzugerechnet, hätte sich eine Steuerfestsetzung in Höhe
von 28.405 EUR ergeben (vgl. Bescheid des FA vom 19.2.2014). Diese
liegt über der durch die Revisionsentscheidung festgesetzten
Steuer in Höhe von 23.647 EUR und wäre somit für den
Kläger nachteilig. Aus diesem Grund ist die Entscheidung im
Streitfall nicht an den Grundsätzen zum Vertrauensschutz zu
messen, die der BFH für eine Abweichung von der bisherigen
Rechtsprechung aufgestellt hat (vgl. zum Vertrauensschutz des
Steuerpflichtigen bei Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung
Beschluss des Großen Senats des BFH vom 17.12.2007 GrS 2/04,
BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608 = SIS 08 13 73, unter
D.IV.2.).
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf §
136 Abs. 1 Satz 1 FGO.
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