Die Revision des Beklagten gegen das Urteil
des Finanzgerichts Düsseldorf vom 16.7.2014 7 K 1201/14 GE =
SIS 14 31 39 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der
Beklagte zu tragen.
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I. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom
21.3.1988 übertrug der Vater (V) des im Oktober 1988 geborenen
Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger) dessen zwei
Schwestern im Wege der vorweggenommenen Erbfolge
Miteigentumsanteile an einem Grundstück zu gleichen Teilen.
Die Schwestern verpflichteten sich in dem Vertrag, für den
Fall der Geburt weiterer, ehelicher Kinder des V ihre
(künftigen) Geschwister so zu stellen, als ob diese zu
denselben Bedingungen einen Miteigentumsanteil erworben
hätten. V behielt sich ein Nießbrauchsrecht an dem
übertragenen Grundstück vor.
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Mit notariell beurkundetem Vertrag vom
27.12.2012 übertrugen die beiden Schwestern unter Bezugnahme
auf ihre Verpflichtung aus dem Vertrag vom 21.3.1988 dem
Kläger gegen teilweise Übernahme der
Nießbrauchsverpflichtung jeweils ein Sechstel des
Grundstücks, so dass alle Geschwister Miteigentümer zu je
einem Drittel wurden.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) setzte gegen den Kläger für den Erwerb
der Miteigentumsanteile an dem Grundstück durch Bescheid vom
31.1.2013 Grunderwerbsteuer in Höhe von 5.958 EUR fest.
Bemessungsgrundlage war der anteilige Wert der vom Kläger
übernommenen Nießbrauchsverpflichtung in Höhe von
119.165 EUR.
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Der nach erfolglosem Einspruchsverfahren
erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) mit dem in EFG 2014,
2075 = SIS 14 31 39 veröffentlichten Urteil statt.
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Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung von § 3 Nr. 6 i.V.m. § 3 Nr. 2 Satz 1 des
Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG).
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Das FA beantragt, die Vorentscheidung
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet. Sie war
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zu Recht entschieden,
dass der Erwerb der Miteigentumsanteile von den Schwestern durch
den Kläger aufgrund interpolierender Betrachtung von § 3
Nr. 6 i.V.m. § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer
befreit ist.
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1. Aus der Zusammenschau (Interpolation)
zweier Befreiungsvorschriften kann sich eine Steuerbefreiung
ergeben, die im Wortlaut der Einzelvorschriften, je für sich
allein betrachtet, nicht zum Ausdruck kommt (Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 20.12.2011 II R 42/10, BFH/NV 2012,
1177 = SIS 12 16 07). Eine Steuerbefreiung aufgrund
interpolierender Betrachtung kann sich insbesondere ergeben, wenn
sich der tatsächlich verwirklichte Grundstückserwerb als
abgekürzter Weg darstellt und die unterbliebenen
Zwischenerwerbe, wenn sie durchgeführt worden wären,
ebenfalls steuerfrei wären (BFH-Beschluss vom 11.8.2014 II B
131/13, BFH/NV 2015, 5 = SIS 14 32 48, Rz 16, m.w.N.). Der
Interpolation als Auslegungsmethode sind jedoch Schranken gesetzt.
So darf diese immer nur an einen real verwirklichten, nicht aber an
einen fiktiven Sachverhalt anknüpfen. Des Weiteren darf kein
Gestaltungsmissbrauch i.S. des § 42 der Abgabenordnung (AO)
vorliegen (Meßbacher-Hönsch in Boruttau,
Grunderwerbsteuergesetz, 17. Aufl., § 3 Rz 35 f.).
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a) Eine Befreiung des Erwerbs der
Miteigentumsanteile von den Schwestern nach § 3 Nr. 2 Satz 1
GrEStG scheidet aus. Nach dieser Vorschrift sind u.a.
Grundstücksschenkungen unter Lebenden i.S. des
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) von der
Grunderwerbsteuer befreit. Dadurch soll verhindert werden, dass ein
Vorgang sowohl der Schenkungsteuer als auch der Grunderwerbsteuer
unterliegt (Meßbacher-Hönsch in Boruttau, a.a.O., §
3 Rz 98). § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG setzt voraus, dass
zivilrechtlich und schenkungsteuerrechtlich Gegenstand der
Schenkung ein Grundstück ist und sich der
Grundstückserwerb zwischen Schenker und Bedachtem vollzieht
(BFH-Beschluss in BFH/NV 2015, 5 = SIS 14 32 48, Rz 12).
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Im Streitfall sind diese Voraussetzungen
für den Erwerb des Klägers nicht erfüllt. Eine
Schenkung der Schwestern an den Kläger liegt nicht vor. Die
Übertragung der Miteigentumsanteile durch die Schwestern
erfolgte nicht freigebig, sondern zur Erfüllung der Auflage
aus dem notariellen Vertrag vom 21.3.1988. Schenkungsteuerrechtlich
ist V als Zuwendender i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG
anzusehen, weil die Schwestern ihm gegenüber zur
Übertragung der Miteigentumsanteile auf den Kläger
verpflichtet waren (BFH-Beschluss in BFH/NV 2015, 5 = SIS 14 32 48,
Rz 13, m.w.N.). V hatte die Zuwendungen der hälftigen
Miteigentumsanteile an die Schwestern im Vertrag vom 21.3.1988 mit
der aufschiebend bedingten Verpflichtung verbunden, anteilige
Miteigentumsanteile auf künftige Geschwister zu
übertragen. Schenker ist nicht der mit der Auflage Beschwerte,
sondern derjenige, der dem mit der Auflage Beschwerten die
Zuwendung macht (vgl. BFH-Urteil vom 17.2.1993 II R 72/90, BFHE
171, 316, BStBl II 1993, 523 = SIS 93 14 11).
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Eine Befreiung des Erwerbs des Klägers
nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG kommt trotz der
schenkungsteuerrechtlich vorliegenden Zuwendung des V an den
Kläger nicht in Betracht. V hat nicht selbst die
Miteigentumsanteile übertragen und war damit nicht an dem der
Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechtsvorgang beteiligt. Der
Grundstückserwerb vollzog sich deshalb nicht zwischen dem
Schenker und dem Bedachten.
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b) Eine Befreiung des Erwerbs der
Miteigentumsanteile nach § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG scheidet
ebenfalls aus. Der Kläger und seine Schwestern sind nicht
Verwandte in gerader Linie, sondern als Geschwister in der
Seitenlinie verwandt (§ 1589 Satz 2 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs - BGB - ).
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c) Die Steuerbefreiung des Erwerbs ergibt sich
aufgrund interpolierender Betrachtung nach § 3 Nr. 6 und
§ 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG. Die Übertragung der von V
zugewendeten Miteigentumsanteile der Schwestern auf den Kläger
stellt sich als abgekürzter Weg einer freigebigen Zuwendung
des V an den Kläger dar. Eine Übertragung der
Miteigentumsanteile von jeweils einem Sechstel von den Schwestern
auf V wäre nach § 3 Nr. 6 Satz 1 GrEStG - und
gegebenenfalls auch nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG - steuerfrei
gewesen. Die anschließende Übertragung dieser
Miteigentumsanteile von V auf den Kläger wäre nach §
3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit gewesen.
Diese interpolierende Betrachtung knüpft an den real
verwirklichten Sachverhalt der Übertragung der
Miteigentumsanteile von den Schwestern auf den Kläger an.
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d) Die Anwendung der Steuerbefreiungen
aufgrund interpolierender Betrachtung ist nicht durch § 42 AO
ausgeschlossen.
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aa) Ein Gestaltungsmissbrauch i.S. des §
42 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 AO kann vorliegen, wenn bei einer
beabsichtigten Grundstücksübertragung zwischen
Geschwistern die Grundstücke zunächst auf die Eltern
übertragen werden, um eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 6
GrEStG zu erreichen (vgl. BFH-Urteil vom 30.11.1960 II 154/59 U,
BFHE 72, 54, BStBl III 1961, 21 = SIS 61 00 16), und hierfür
kein außerhalb der Steuerersparnis liegender beachtlicher
Grund vorhanden ist (vgl. BFH-Urteil vom 18.12.1963 II 198/61, HFR
1964, 246; Pahlke, GrEStG, 5. Aufl., Vorb §§ 3 bis 7 Rz
11).
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bb) Ein solcher Gestaltungsmissbrauch liegt im
Streitfall jedoch nicht vor. Ein außerhalb der
Steuerersparnis liegender beachtlicher Grund für die
gewählte Gestaltung ergibt sich vorliegend daraus, dass der
Kläger im Zeitpunkt des notariellen Vertragsabschlusses am
21.3.1988 - anders als die Schwestern - mangels
Rechtsfähigkeit nicht im Rahmen einer Schenkung
berücksichtigt werden konnte. Nach § 1923 Abs. 2 BGB gilt
derjenige, der zur Zeit des Erbfalls noch nicht lebte, aber bereits
gezeugt war, als vor dem Erbfall geboren (Erbfähigkeit des
nasciturus, vgl. Palandt/Weidlich, BGB, 75. Aufl., § 1923 Rz
6). Eine dem § 1923 Abs. 2 BGB entsprechende Regelung für
Schenkungen gibt es jedoch nicht. Daher konnte der Kläger nur
dadurch in die vertraglichen Regelungen einbezogen werden, dass V
den Schwestern das Grundstück mit der Auflage schenkte, dem
Kläger nach dessen Geburt einen entsprechenden
Miteigentumsanteil zu übertragen. Nach dem Vertrag vom
21.3.1988 war von Anfang an eine Grundstücksübertragung
von V auf dessen Kinder und künftige Kinder zu gleichen Teilen
geplant. Der gewählten Gestaltung lag damit die
außersteuerliche Intention zugrunde, alle Kinder im Rahmen
der vorweggenommenen Erbfolge gleichmäßig zu
berücksichtigen.
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cc) Zudem ist von der Rechtsprechung
anerkannt, dass sich im Rahmen der Gestaltung einer
vorweggenommenen Erbfolge ein beachtlicher Grund für die
gewählte Gestaltung aus dem Interesse eines Elternteils
ergeben kann, gegenüber einem begünstigten Kind selbst
als Schenker aufzutreten (BFH-Urteil in BFHE 72, 54, BStBl III
1961, 21 = SIS 61 00 16; BFH-Beschluss in BFH/NV 2015, 5 = SIS 14 32 48, Rz 18). So ist es hier, da es sich bei dem Vertrag vom
21.3.1988 um eine Regelung zur Vorwegnahme der Erbfolge
handelt.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 2 FGO.
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