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I. Streitig ist die steuerliche Behandlung
von Fahrvergünstigungen.
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Die Kläger und Revisionsbeklagten
(Kläger) sind Ehegatten und wurden im Streitjahr 2011 zusammen
zur Einkommensteuer veranlagt. Die Kläger erzielten als
Ruhestandsbeamte des Bundeseisenbahnvermögens (BEV) neben
ihren Versorgungsbezügen geldwerte Vorteile in Form von
Fahrvergünstigungen durch die Deutsche Bahn AG (DB AG) und
zwar in Höhe von 486,46 EUR für den Kläger und
663,76 EUR für die Klägerin. Auf diese freiwillig
geleisteten Vergünstigungen, die die Kläger bereits vor
dem Eintritt in den Ruhestand während ihrer aktiven Dienstzeit
erhalten hatten, bestand kein Rechtsanspruch.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) behandelte im Rahmen der
Einkommensteuerfestsetzung 2011 die geldwerten Vorteile aus den
Fahrvergünstigungen als Versorgungsbezüge i.S. des §
19 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes in der für das
Streitjahr geltenden Fassung (EStG).
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Mit der nach erfolglosem
Einspruchsverfahren erhobenen Klage machten die Kläger
geltend, dass es sich bei den geldwerten Vorteilen um Arbeitslohn
i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG handle, nicht jedoch um
Versorgungsbezüge i.S. des § 19 Abs. 2 EStG. Daher sei
für beide Kläger ein Arbeitnehmer-Pauschbetrag nach
§ 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG und für den Kläger
darüber hinaus ein Altersentlastungsbetrag nach § 24a
EStG zu berücksichtigen. Im Übrigen seien die
Fahrvergünstigungen steuerfrei nach § 8 Abs. 3 Satz 2
EStG.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit
den in EFG 2013, 1403 = SIS 13 20 97 veröffentlichten
Gründen statt.
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Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts.
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Es beantragt, das Urteil des FG aufzuheben
und die Klage abzuweisen.
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Die Kläger beantragen, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision des FA ist teilweise
begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils, soweit
das FG dem Kläger einen Altersentlastungsbetrag nach §
24a EStG gewährt hat (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Im Übrigen ist die Revision
unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs.
2 FGO). Zwar hat das FG zu Unrecht § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG
nicht angewandt. Es kam aber aus anderen Gründen zu dem
richtigen Ergebnis, dass die Fahrvergünstigungen keine
steuerliche Auswirkung haben (§ 126 Abs. 4 FGO).
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1. Das FG hat zu Recht entschieden, dass es
sich bei den Fahrvergünstigungen um Arbeitslohn i.S. des
§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG handelt.
Die Fahrvergünstigungen stellen dem Grunde nach jeweils
geldwerte Vorteile dar, die die Kläger aufgrund ihres
früheren Dienstverhältnisses erhielten, und zwar in
Höhe von 486,46 EUR für den Kläger und in Höhe
von 663,76 EUR für die Klägerin (vgl. Senatsurteil vom
12.4.2007 VI R 89/04, BFHE 217, 555, BStBl II 2007, 719 = SIS 07 21 31).
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2. Im Streitfall kann dahinstehen, ob es sich
bei den gewährten Fahrvergünstigungen um
Versorgungsbezüge i.S. des § 19 Abs. 2 EStG handelt, da
die Einnahmen jedenfalls - entgegen der Auffassung des FG - nach
§ 8 Abs. 3 Satz 2 EStG steuerfrei sind. Nach der
Rechtsprechung des erkennenden Senats setzt § 8 Abs. 3 EStG
nicht voraus, dass der Sachbezug von dem Arbeitgeber eines
gegenwärtigen Dienstverhältnisses stammen muss. Werden
Sachbezüge für eine Beschäftigung gewährt und
erfüllen sie damit den Lohnbegriff, so findet § 8 Abs. 3
EStG vielmehr unabhängig davon Anwendung, ob es sich um einen
Sachbezug aus einem gegenwärtigen, früheren oder
zukünftigen Dienstverhältnis handelt (Senatsurteil vom
8.11.1996 VI R 100/95, BFHE 182, 61, BStBl II 1997, 330 = SIS 97 10 57).
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3. Erhält ein Arbeitnehmer auf Grund
seines Dienstverhältnisses Waren oder Dienstleistungen, die
vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner
Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden und deren
Bezug nicht nach § 40 EStG pauschal versteuert wird, so gelten
als deren Werte abweichend von § 8 Abs. 2 EStG die um 4 %
geminderten Endpreise, zu denen der Arbeitgeber oder der dem
Abgabeort nächstansässige Abnehmer die Waren oder
Dienstleistungen fremden Letztverbrauchern im allgemeinen
Geschäftsverkehr anbietet (§ 8 Abs. 3 Satz 1 EStG). Die
sich nach Abzug der vom Arbeitnehmer gezahlten Entgelte ergebenden
Vorteile sind steuerfrei, soweit sie aus dem Dienstverhältnis
insgesamt 1.080 EUR im Kalenderjahr nicht übersteigen (§
8 Abs. 3 Satz 2 EStG).
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Für die Umstrukturierung der Deutschen
Bundesbahn sieht § 12 des Deutsche Bahn Gründungsgesetzes
(DBGrG) Sondervorschriften vor. So gilt § 8 Abs. 3 EStG
für die an die DB AG nach den Absätzen 2 und 3
zugewiesenen Beamten und die Ruhestandsbeamten des früheren
Sondervermögens Deutsche Bundesbahn entsprechend (§ 12
Abs. 8 DBGrG). Daher sind Fahrvergünstigungen, die die DB AG
den ihr zugewiesenen Beamten bzw. den Ruhestandsbeamten des
früheren Sondervermögens Deutsche Bundesbahn
gewährt, nach § 8 Abs. 3 EStG steuerbegünstigt. Dies
gilt, obwohl in einem solchen Fall die Zuwendung nicht durch den
Arbeitgeber BEV, sondern durch einen Dritten, DB AG, erfolgt und
die Dienstleistungen bzw. Produkte (Fahrkarte bzw.
Beförderungsleistung) nicht zur Liefer- und Leistungspalette
des Arbeitgebers BEV gehören. Auch wenn die Beamten ihre
Arbeitsleistung bei der DB AG erbringen, ist das BEV und nicht die
DB AG Arbeitgeber, da nach § 12 Abs. 4 DBGrG trotz Zuweisung
die Rechtsstellung sowie die Gesamtverantwortung des bisherigen
Dienstherren gewahrt bleiben (vgl. hierzu Beschluss des
Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 26.1.1995 4 S
3368/94; Gast-de Haan, DStR 1997, 1114). Mit der Regelung des
§ 12 Abs. 8 DBGrG wird gewährleistet, dass die
zugewiesenen Beamten den Rabattfreibetrag behalten und mit den
direkt bei der DB AG beschäftigten Angestellten und Arbeitern
gleichgestellt werden (BTDrucks 12/6269, 132).
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4. Nach diesen Grundsätzen ist im
Streitfall § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG aufgrund der
Sondervorschrift des § 12 Abs. 8 DBGrG entsprechend anwendbar,
so dass den Klägern als Ruhestandsbeamten des BEV jeweils ein
Rabattfreibetrag in Höhe von 1.080 EUR zu gewähren
ist.
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5. Entgegen der Auffassung des FG war dem
Kläger jedoch kein Altersentlastungsbetrag nach § 24a
EStG zu gewähren.
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a) Der Altersentlastungsbetrag ist nach §
24a Sätze 1 und 5 EStG bis zu einem Höchstbetrag im
Kalenderjahr ein nach einem Prozentsatz ermittelter Betrag des
Arbeitslohns und der positiven Summe der Einkünfte, die nicht
solche aus nichtselbständiger Arbeit sind. Nach § 24a
Satz 2 EStG bleiben Versorgungsbezüge und Leibrenten bei der
Bemessung des Altersentlastungsbetrags außer Betracht. Im
Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten zur Einkommensteuer ist
die Regelung für jeden Ehegatten gesondert anzuwenden (§
24a Satz 4 EStG).
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b) Aus Gründen der Praktikabilität
wird anstelle der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
der Arbeitslohn der Berechnung des Altersentlastungsbetrags
zugrunde gelegt (BTDrucks 7/1470, 279). Sinn und Zweck sowie
Entstehungsgeschichte des § 24a EStG gebieten es jedoch, nur
solche (im Alter bezogenen) Einkünfte zu privilegieren, die
nicht schon aufgrund anderweitiger Bestimmungen
steuerbegünstigt oder gar von der Besteuerung gänzlich
ausgenommen sind (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 6.8.1997
VIII B 88/96, BFH/NV 1998, 168 = SIS 97 23 07). Steuerfreie
Bezüge aus einem Arbeitsverhältnis scheiden daher aus der
Bemessungsgrundlage aus (so auch die herrschende Meinung in der
Literatur, vgl. Blümich/Stuhrmann, § 24a EStG Rz 12;
Schmidt/Wacker, EStG, 33. Aufl., § 24a Rz 4; Frenz, in:
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 24a Rz B9; Bleschick
in Herrmann/Heuer/Raupach, § 24a EStG Rz 16; Mellinghoff in
Kirchhof, EStG, 13. Aufl., § 24a Rz 4). Nach § 8 Abs. 3
Satz 2 EStG steuerfreie Einnahmen sind deshalb nicht im Rahmen des
Altersentlastungsbetrags nach § 24a EStG zu
berücksichtigen.
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c) Diesen Rechtsgrundsätzen entspricht
die Vorentscheidung nicht. Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass
die vom Kläger erzielte Fahrvergünstigung
Bemessungsgrundlage für die Berechnung des
Altersentlastungsbetrags nach § 24a EStG ist. Auch im
Übrigen liegen keine Einkünfte des Klägers vor, die
im Rahmen des Altersentlastungsbetrags zu berücksichtigen
wären. Die neben der Fahrvergünstigung erzielten
Versorgungsbezüge des Klägers bleiben nach §§
24a Satz 2 Nr. 1, 19 Abs. 2 EStG außer Betracht. Die Sache
ist spruchreif, so dass der Senat durchentscheiden konnte (§
126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Die Klage war daher insoweit
abzuweisen.
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