1
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A. Die Klägerin und
Revisionsklägerin zu 1. (Klägerin) - eine GmbH - ist Ende
1997 aus der A-KG hervorgegangen, an der sie bis dahin als
Komplementärin beteiligt war. Kommanditisten der A-KG waren
zuletzt B, der Beigeladene und Revisionskläger zu 2.
(Beigeladener), sowie C. In den Streitjahren (1993 und 1994) war
neben der Klägerin als Komplementärin nur der Beigeladene
als Kommanditist beteiligt.
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2
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Im Dezember 1997 vereinbarten die
Gesellschafter der A-KG, das Kapital der Klägerin mit Wirkung
zum 31.12.1997 zu erhöhen und zu diesem Zweck die
Kommanditanteile von dem Beigeladenen und von C auf die
Klägerin zu übertragen. Gleichzeitig wurden die Firma der
Klägerin und deren Gesellschaftszweck den neuen Gegebenheiten
angepasst. Am 20.2.1998 wurde die A-KG im Handelsregister
gelöscht.
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3
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Nach den Feststellungen des Finanzgerichts
(FG) hatte die A-KG ein Zulieferunternehmen für die
Automobilindustrie unterhalten, das in der Folgezeit von der
Klägerin fortgeführt wurde. Hierbei hatte sich die A-KG
Anfang der 1990er Jahre wirtschaftlich in Spanien engagiert. In
ihrer Bilanz zum 30.6.1992 wies die A-KG unter Beteiligungen bzw.
sonstige Vermögensgegenstände u.a. folgende Positionen
aus:
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4
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DM
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P-AG, Liechtenstein
Beteiligungsquote 50 v.H.
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8.569.778
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Sonstiger Vermögensgegenstand
„P-AG, Liechtenstein“
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455.222
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5
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In den folgenden Wirtschaftsjahren 1992/93
und 1993/94 nahm die A-KG auf die Beteiligung an der P-AG
„Teilwertabschreibungen“ vor; der genannte sonstige
Vermögensgegenstand wurde im Wirtschaftsjahr 1993/94 auf 0 DM
abgeschrieben:
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6
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DM
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DM
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Abschreibung
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verbleibender Wert
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Bilanz zum 30.6.1993
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Beteiligung an der P-AG
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2.569.778
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6.000.000
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Sonstiger Vermögensgegenstand
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0
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455.222
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Bilanz zum 30.6.1994
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Beteiligung an der P-AG
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5.529.580
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470.420
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Sonstiger Vermögensgegenstand
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455.222
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0
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7
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) berücksichtigte die geltend gemachten
Abschreibungen zunächst in seinen unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO - )
erlassenen Gewinnfeststellungsbescheiden für 1993 vom
16.2.1995 und für 1994 vom 4.9.1995. Die darin festgestellten
Einkünfte aus Gewerbebetrieb beliefen sich auf 11.610.785 DM
(1993) und auf 7.769.060 DM (1994). Ausgehend davon setzte das FA
unter dem Vorbehalt der Nachprüfung den
Gewerbesteuermessbetrag für 1993 auf 602.073 DM und für
1994 auf 405.558 DM fest.
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8
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Eine bei der A-KG durchgeführte
Außenprüfung gelangte in ihrem Bericht vom 26.11.1997
u.a. zu der Feststellung, dass alleiniger Geschäftszweck der
P-AG das Halten von Anteilen (45,965 v.H.) an der spanischen C-SA
gewesen sei. Die P-AG habe diese Anteile am 26.9.1991 von der
ebenfalls in Liechtenstein ansässigen V-AG zu einem Kaufpreis
von umgerechnet 940.840 DM erworben. Die P-AG und die V-AG
hätten lediglich den Charakter einer Briefkastengesellschaft
gehabt. Am 20.2.1992 habe die A-KG 50 v.H. der Anteile an der P-AG
von der S-Anstalt mit Sitz in Vaduz/Liechtenstein erworben. Der
Kaufpreis habe 9.025.000 DM betragen, wovon 8.569.778 DM auf die
Beteiligung und 455.222 DM auf eine abgetretene Forderung entfallen
seien. Zeitgleich mit dem Erwerb der Anteile an der P-AG habe die
A-KG mittelbar weitere Anteile an der C-SA über die T-SA,
Spanien, bzw. über eine Tochtergesellschaft der T-SA erworben.
Für diese Anteile (insgesamt rund 54 v.H.) sei von der T-SA
ein Kaufpreis von 6 Mio. DM entrichtet worden. Hieraus folgerte die
Außenprüfung, dass von der liechtensteinischen
Gesellschaft im Vergleich zu der Investition in Spanien ein
deutlich höherer Kaufpreis in Rechnung gestellt worden
sei.
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9
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Weiter führte die
Außenprüfung in ihrem Bericht aus, dass die P-AG mit
Beschluss vom 26.8.1994 aufgelöst worden sei. Im Zuge der
Liquidation seien die von der P-AG gehaltenen Anteile an der C-SA
auf die Anteilseigner der P-AG übertragen worden und damit zur
Hälfte auf die A-KG. Hierfür sei ein Kaufpreis in
Höhe von 470.420 DM vereinbart worden; zum gleichen Preis habe
die A-KG die Anteile an die T-SA veräußert.
Anschließend sei die P-AG im Handelsregister gelöscht
worden.
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10
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Die Außenprüfung vertrat die
Auffassung, dass die A-KG trotz entsprechender Anfrage nicht
eindeutig habe klären können, wer Anteilseigner der im
Ausland ansässigen sog. „Briefkastenfirmen“
gewesen sei. Ihrer Erklärung zufolge habe vermutlich ein
spanischer Staatsbürger, G, hinter den Unternehmungen
gestanden. Dies sei aber zweifelhaft, denn G habe in einem
Schreiben vom 3.6.1991, d.h. während der laufenden
Verkaufsverhandlungen, mitgeteilt, dass er die Aktionäre, die
unmittelbar oder mittelbar die Anteile an der C-SA hielten,
„mit den Vollmachten und Entscheidungsbefugnis“
vertreten werde. Dies deute darauf hin, dass G lediglich als
Generalbevollmächtigter für Dritte aufgetreten sei. Die
Außenprüfung vertrat deshalb die Ansicht, dass die in den
Streitjahren geltend gemachten Abschreibungen steuerlich nicht
anzuerkennen und dem Gewinn außerhalb der Bilanzen
hinzuzurechnen seien.
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11
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Der Beurteilung der Außenprüfung
folgend stellte das FA mit nach § 164 Abs. 2 AO
geänderten Gewinnfeststellungsbescheiden 1993 und 1994 vom
21.4.1998 Einkünfte der A-KG aus Gewerbebetrieb in Höhe
von 14.028.274 DM (1993) und in Höhe von 11.354.425 DM (1994)
fest. Die Gewerbesteuermessbeträge für die Streitjahre
setzte das FA mit nach § 164 Abs. 2 AO geänderten
Gewerbesteuermessbescheiden 1993 und 1994 vom 19.5.1998 auf 753.544
DM (1993) und 608.282 DM (1994) fest.
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12
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Während des nachfolgenden
Einspruchsverfahrens erließ das FA wegen hier nicht streitiger
Sachverhalte auf § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO gestützte
weitere Änderungsbescheide. In seinen
Gewinnfeststellungsbescheiden 1993 und 1994 vom 11.11.1998 stellte
das FA Einkünfte der A-KG aus Gewerbebetrieb in Höhe von
12.577.608 DM (1993) und in Höhe von 9.927.478 DM (1994) fest.
Die Gewerbesteuermessbeträge setzte das FA auf 684.229 DM
(1993) und 540.157 DM (1994) fest.
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13
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Den gegen die Nichtberücksichtigung
der geltend gemachten Abschreibungen eingelegten Einspruch wies das
FA mit Einspruchsentscheidung vom 26.1.2005 als unbegründet
zurück. Das FG wies die Klage aus den in EFG 2009, 1538 = SIS 09 24 05 veröffentlichten Gründen ab.
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14
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Mit ihren Revisionen rügen die
Klägerin und der Beigeladene Verfahrensfehler sowie die
Verletzung materiellen Rechts.
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15
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Die Klägerin beantragt, das Urteil des
FG Düsseldorf vom 15.4.2009 10 K 795/05 G,F aufzuheben und
unter Änderung der Feststellungsbescheide 1993 und 1994 vom
11.11.1998 und der Gewerbesteuermessbescheide 1993 und 1994,
jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.1.2005,
Teilwert- bzw. Forderungsabschreibungen auf den 30.6.1993 in
Höhe von 2.569.778 DM und auf den 30.6.1994 in Höhe von
5.529.580 DM und 455.222 DM zu berücksichtigen,
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16
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hilfsweise, das Urteil des FG
Düsseldorf vom 15.4.2009 10 K 795/05 G,F aufzuheben und die
Sache zur erneuten Entscheidung an das FG Düsseldorf
zurückzuverweisen.
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17
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Der Beigeladene schließt sich dem
Antrag der Klägerin hinsichtlich der
Gewinnfeststellungsbescheide an.
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18
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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19
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B. Die Revisionen der Klägerin und des
Beigeladenen sind unbegründet und deshalb zurückzuweisen
(§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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20
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I. Die Verfahrensrügen der
Revisionskläger greifen nicht durch.
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1. Ein absoluter Revisionsgrund i.S. des
§ 119 Nr. 2 FGO ist nicht gegeben. Die Revisionskläger
sehen die in der Vorinstanz mit der Sache befassten Richter als
befangen an, weil das FG in seiner angefochtenen Entscheidung die
„Seriosität“ der A-KG in Frage gestellt habe. Es
kann dahinstehen, ob diese Verfahrensrüge schon deshalb ohne
Erfolg bleibt, weil nach § 119 Nr. 2 FGO die Besorgnis der
Befangenheit eines Richters nur dann ein absoluter Revisionsgrund
ist, wenn der Richter wegen dieser Besorgnis mit Erfolg abgelehnt
war (ständige Rechtsprechung, z.B. Beschlüsse des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 15.12.1987 VIII R 132/86, BFH/NV 1988,
506, zur Vorgängervorschrift des § 116 Abs. 1 Nr. 2 FGO
a.F.; vom 31.7.2012 VIII B 53/12, BFH/NV 2012, 1984 = SIS 12 29 98)
und eine erst nach Erlass des angefochtenen Urteils geltend
gemachte Richterablehnung als absoluter Revisionsgrund - jedenfalls
grundsätzlich - selbst dann nicht in Betracht kommt, wenn dem
Betroffenen der Ablehnungsgrund erst nachträglich bekannt
geworden ist (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 23.5.2000 VIII R 20/99,
BFH/NV 2000, 1359 = SIS 00 60 40; BFH-Beschluss vom 30.5.2008 IX B
216/07, BFH/NV 2008, 1510 = SIS 08 32 03; Lange in
Hübschmann/Hepp/Spitaler - HHSp -, § 119 FGO Rz 160,
jeweils m.w.N.; zu möglichen Ausnahmen von diesen
Grundsätzen BFH-Beschluss in BFH/NV 1988, 506, und BFH-Urteil
in BFH/NV 2000, 1359 = SIS 00 60 40). Diese Verfahrensrüge
kommt schon deshalb nicht zum Tragen, weil die beanstandete, in den
Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils enthaltene
Äußerung des FG in ihrem Kontext zu sehen ist und sich
insoweit als Teil einer sachbezogenen und möglichen Tatsachen-
und Beweiswürdigung erweist.
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22
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Das FG hat den Vortrag der Klägerin
aufgegriffen, dass allein G eine Verschiebung der Kaufpreisanteile
- sinngemäß nach Liechtenstein - vorbereitet habe; dabei
hat es u.a. ausgeführt, dass es nicht für die
Seriosität der A-KG spreche, wenn diese dem Ansinnen des G
zugestimmt habe. Dies steht im Zusammenhang mit der gleichzeitigen
Aussage des FG, den tatsächlich verwirklichten Sachverhalt
nicht zu kennen. Wenn das FG unter diesen Umständen gefolgert
hat, sich nicht in der Lage zu sehen, „die A-KG allein nach
der Schilderung der Klägerin zu entlasten“, ist dies
allein nicht geeignet, Misstrauen in die Unparteilichkeit der mit
der Ausgangsentscheidung befassten Richter zu begründen.
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23
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2. a) Soweit die übrigen von den
Revisionsklägern vorgebrachten Verfahrensfehler überhaupt
im Zusammenhang mit der Anwendung des § 160 Abs. 1 Satz 1 AO
stehen, hält der Senat diese Verfahrensrügen - ungeachtet
teilweise bestehender Bedenken gegen ihre ordnungsgemäße
Darlegung gemäß § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b FGO -
jedenfalls nicht für durchgreifend. Soweit nicht im Folgenden
unter B.II. zu weiteren gerügten Verfahrensfehlern,
insbesondere einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht,
Stellung genommen wird, sieht der Senat gemäß § 126
Abs. 6 FGO von einer weiter gehenden Begründung ab.
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24
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b) Soweit sich die von den
Revisionsklägern erhobenen Verfahrensrügen auf die
Begründung des FG beziehen, dass (auch) die
materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die streitbefangenen
Abschreibungen nicht vorlägen, braucht über diese
Rügen nicht entschieden zu werden (B.III.).
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25
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II. Das FG hat zu Recht entschieden, dass der
von der A-KG in den Streitjahren geltend gemachte
Betriebsausgabenabzug in der Gestalt von Abschreibungen zu versagen
ist. Der streitbefangene Abzug scheidet bereits deshalb aus, weil -
wie das FG unter Beachtung der Vorgaben des § 102 FGO in
revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise erkannt hat - die
Voraussetzungen des § 160 Abs. 1 Satz 1 AO vorliegen und dem
FA bei Anwendung dieser Vorschrift kein Ermessensfehler unterlaufen
ist.
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26
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1. Nach § 160 Abs. 1 Satz 1 AO sind
(u.a.) Betriebsausgaben, Werbungskosten und andere Ausgaben
steuerlich regelmäßig nicht zu berücksichtigen, wenn
der Steuerpflichtige dem Verlangen der Finanzbehörde nicht
nachkommt, die Empfänger genau zu benennen.
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27
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Das nach dieser Vorschrift vom FA
auszuübende Ermessen vollzieht sich nach ständiger
Rechtsprechung des BFH (z.B. BFH-Urteil vom 30.8.1995 I R 126/94,
BFH/NV 1996, 267, m.w.N.) auf zwei Stufen.
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28
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a) Auf der ersten Stufe entscheidet das FA
nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 5 AO), ob es das
Benennungsverlangen an den Steuerpflichtigen richten soll. Ein
Benennungsverlangen als erste Stufe der Ermessensausübung ist
grundsätzlich rechtmäßig, wenn aufgrund der
Lebenserfahrung die Vermutung naheliegt, dass der Empfänger
einer Zahlung den Bezug zu Unrecht nicht versteuert hat (BFH-Urteil
vom 10.3.1999 XI R 10/98, BFHE 188, 280, BStBl II 1999, 434 = SIS 99 12 31, m.w.N.).
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29
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b) Auf der zweiten Stufe trifft das FA eine
Ermessensentscheidung darüber, ob und inwieweit es die in
§ 160 Abs. 1 Satz 1 AO genannten Ausgaben, bei denen der
Empfänger nicht genau benannt ist, zum Abzug zulässt.
Kommt ein Steuerpflichtiger einem (rechtmäßigen)
Benennungsverlangen nicht nach, ist jedoch der Abzug der Ausgaben
gemäß § 160 Abs. 1 Satz 1 AO
„regelmäßig“ zu versagen. Deshalb kann von
der Rechtsfolge des § 160 AO nur ausnahmsweise abgesehen
werden bzw. die Versagung des Abzugs nur im Ausnahmefall gleichwohl
ermessensfehlerhaft sein (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile vom 13.3.1985
I R 7/81, BFHE 145, 502, BStBl II 1986, 318 = SIS 86 08 58; in BFHE
188, 280, BStBl II 1999, 434 = SIS 99 12 31; vom 4.4.1996 IV R
55/94, BFH/NV 1996, 801 = SIS 96 21 15).
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30
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c) Diese Ermessensentscheidungen sind
unselbständige Bestandteile der Verfahren der gesonderten
Feststellung der Besteuerungsgrundlagen (wie hier die
Gewinnfeststellung 1993 und 1994) oder der Steuerfestsetzung - bzw.
hier der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 1993 und 1994 -
und können nur mit Rechtsbehelfen gegen die betreffenden
Bescheide angegriffen werden (z.B. BFH-Urteile in BFH/NV 1996, 267,
m.w.N.; vom 12.9.1985 VIII R 371/83, BFHE 146, 99, BStBl II 1986,
537 = SIS 86 11 49). Das Benennungsverlangen steht in besonderem
Maße unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit (z.B.
BFH-Urteile in BFH/NV 1996, 267, und in BFHE 188, 280, BStBl II
1999, 434 = SIS 99 12 31; BFH-Beschluss vom 25.8.1986 IV B 76/86,
BFHE 149, 381, BStBl II 1987, 481 = SIS 87 15 58, jeweils m.w.N.).
Deshalb dürfen das Verlangen nicht
unverhältnismäßig sein und die für den
Steuerpflichtigen zu befürchtenden Nachteile (z.B.
wirtschaftliche Existenzgefährdung) nicht außer
Verhältnis zum beabsichtigten Aufklärungserfolg (z.B.
geringfügige Steuernachholung bei den Empfängern) stehen.
Die Entscheidung über die Zumutbarkeit des
Benennungsverlangens hängt jedoch von den jeweiligen
Umständen des Einzelfalles ab. Das Verlangen darf auch dann
gestellt werden, wenn der Steuerpflichtige den Empfänger nicht
bezeichnen kann, weil ihm bei Auszahlung des Geldes dessen Name und
Anschrift unbekannt waren. Dies gilt umso mehr für
Auslandssachverhalte, in denen der Steuerpflichtige nach § 90
Abs. 2 AO in erhöhtem Maße zur Erbringung von Nachweisen
und zur Beschaffung und Vorlage von Beweismitteln verpflichtet ist
(z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 1996, 267, m.w.N.). Vor allem bei
Domizilgesellschaften besteht für den Steuerpflichtigen ein
hinreichender Anlass, sich bei Aufnahme der
Geschäftsbeziehungen über den Vertragspartner oder bei
Zahlung der Gelder über den wahren Zahlungsempfänger zu
erkundigen (z.B. BFH-Beschluss vom 5.11.2001 VIII B 16/01, BFH/NV
2002, 312 = SIS 02 53 10, m.w.N.). Aus § 90 Abs. 2 AO ergibt
sich, dass bei Sachverhalten mit Auslandsberührung die
Informationsbeschaffung Sache des Steuerpflichtigen ist, der die
Verhältnisse gestaltet (vgl. BFH-Urteil in BFHE 145, 502,
BStBl II 1986, 318 = SIS 86 08 58).
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31
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d) Empfänger der in § 160 Abs. 1
Satz 1 AO bezeichneten Ausgaben ist derjenige, dem der in der
(Betriebs-)Ausgabe enthaltene wirtschaftliche Wert übertragen
worden ist (vgl. hierzu und zum Folgenden z.B. BFH-Urteil in BFH/NV
1996, 267; BFH-Beschlüsse vom 24.4.2009 IV B 104/07, BFH/NV
2009, 1398 = SIS 09 26 45, und vom 17.11.2010 I B 143/10, BFH/NV
2011, 198 = SIS 11 00 50, jeweils m.w.N.). Ist eine natürliche
oder juristische Person, die die Zahlungen des Steuerpflichtigen
entgegengenommen hat, lediglich zwischengeschaltet, weil sie
entweder mangels eigener wirtschaftlicher Betätigung die
vertraglich bedungenen Leistungen gar nicht erbringen konnte oder
weil sie aus anderen Gründen die ihr erteilten Aufträge
und die empfangenen Gelder an Dritte weitergeleitet hat, so ist sie
nicht Empfänger i.S. des § 160 Abs. 1 Satz 1 AO; die
hinter ihr stehenden Personen, an die die Gelder letztlich gelangt
sind, sind in einem solchen Fall zu benennen. Dies folgt aus dem
Sinn der Vorschrift, mögliche Steuerausfälle zu
verhindern, die dadurch eintreten können, dass der
Empfänger geltend gemachter (Betriebs-)Ausgaben die Einnahmen
bei sich nicht steuererhöhend erfasst. Empfänger kann
mithin nur derjenige sein, bei dem sich die Geldzahlung - wenn auch
neben anderen Personen - steuerrechtlich auswirkt. Insoweit reicht
es auch nicht aus, dass die in das Leistungsverhältnis
zwischengeschaltete Domizilgesellschaft benannt wird; eine
Domizilgesellschaft kann selbst niemals wirtschaftlicher
Empfänger der Zahlungen sein (vgl. hierzu und zum Folgenden
z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 312 = SIS 02 53 10, m.w.N.). Es
genügt auch nicht, dass die Anteilseigner einer
Domizilgesellschaft oder die in deren Namen auftretenden Personen
benannt werden; zu benennen sind die Auftragnehmer der
Domizilgesellschaft, die die vertraglich ausbedungenen Leistungen
ausführen und deshalb die hierfür geschuldete
Gegenleistung beanspruchen können. Auch insoweit ist zu
berücksichtigen, dass der Steuerpflichtige - bei Sachverhalten
mit Auslandsberührung in besonderem Maße (§ 90 Abs.
2 AO) - verpflichtet ist, von sich aus die erforderlichen
Nachforschungen über diese Auftragnehmer und weitere
Zahlungsempfänger anzustellen. Benannt ist ein Empfänger,
wenn er (nach Namen und Adresse) ohne Schwierigkeiten und eigene
Ermittlungen der Finanzbehörde bestimmt und ermittelt werden
kann (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 1.4.2003 I
R 28/02, BFHE 202, 196, BStBl II 2007, 855 = SIS 03 34 40;
BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 1398 = SIS 09 26 45, jeweils m.w.N.).
Bei ausländischen Domizilgesellschaften ist der Zweck des
§ 160 Abs. 1 Satz 1 AO erst erreicht, wenn sichergestellt ist,
dass der wirkliche Empfänger der Zahlungen entweder im Inland
nicht steuerpflichtig ist oder im Inland seine steuerlichen
Pflichten erfüllt hat (z.B. BFH-Urteil vom 15.10.1998 IV R
8/98, BFHE 187, 201, BStBl II 1999, 333 = SIS 99 05 22, m.w.N.).
Gleiches gilt bei Zahlungen an eine ausländische Gesellschaft,
die selbst nicht in nennenswertem Umfang wirtschaftlich tätig
ist (ausländische Basisgesellschaft, vgl. z.B. BFH-Urteil in
BFHE 202, 196, BStBl II 2007, 855 = SIS 03 34 40, m.w.N.). Auch
dann muss der wirkliche Empfänger der Zahlungen benannt sein
und die Finanzbehörde überprüfen können, ob
dieser seine steuerlichen Pflichten im Inland entweder erfüllt
hat oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Inland
nicht steuerpflichtig ist (z.B. BFH-Urteil in BFHE 202, 196, BStBl
II 2007, 855 = SIS 03 34 40; BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 198 =
SIS 11 00 50). Die Behörde ihrerseits ist zwar berechtigt
(§ 160 Abs. 1 Satz 2 AO), nicht aber verpflichtet,
aufzuklären, wer wirklich hinter der Basisgesellschaft steht
(BFH-Urteil in BFHE 202, 196, BStBl II 2007, 855 = SIS 03 34 40).
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32
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e) Die Aufforderung, den
Zahlungsempfänger zu benennen und bei unterlassener
Empfängerbenennung den Betriebsausgabenabzug zu versagen, ist
auch dann rechtmäßig, wenn die geltend gemachten
Betriebsausgaben dem Steuerpflichtigen mit Sicherheit entstanden
sind (BFH-Urteile vom 9.8.1989 I R 66/86, BFHE 158, 7, BStBl II
1989, 995 = SIS 90 01 53, und vom 24.6.1997 VIII R 9/96, BFHE 183,
358, BStBl II 1998, 51 = SIS 98 03 32; BFH-Beschluss vom 10.12.2009
X B 172/08, BFH/NV 2010, 596 = SIS 10 08 35).
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33
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2. § 160 Abs. 1 Satz 1 AO ist auch auf
die im Streitfall vorliegende Situation anwendbar, dass
anlässlich eines Erwerbs- bzw. Anschaffungsvorgangs bei einem
bilanzierenden Steuerpflichtigen im Wirtschaftsjahr des Erwerbs/der
Anschaffung ein erfolgsneutraler Aktivtausch gebucht und erst in
späteren Wirtschaftsjahren Abschreibungen auf den Zugangswert
des erworbenen Wirtschaftsguts vorgenommen werden, die den Gewinn
des Erwerbers mindern.
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34
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a) § 160 Abs. 1 Satz 1 AO erfasst nicht
nur Ausgaben, die sich unmittelbar gewinnmindernd auswirken. Nicht
zu berücksichtigen sind bei Vorliegen der Voraussetzungen der
Norm auch Ausgaben für den Erwerb eines Wirtschaftsguts, die
infolge einer zunächst stattfindenden Aktivierung erst
später zu einer Gewinnminderung führen, sei es in Gestalt
von Abschreibungen auf den aktivierten Betrag, sei es durch
gewinnmindernde Ausbuchung des Buchwerts bzw. Restbuchwerts bei
Veräußerung oder Untergang des aktivierten
Wirtschaftsguts. Dies folgt zum einen aus dem weit gefassten
Wortlaut des § 160 Abs. 1 Satz 1 AO, nach dem es nicht darauf
ankommt, wann Ausgaben - verstanden als Ausgabe von Geld - auch zu
Aufwand führen und sich damit erfolgswirksam auswirken. Die
Ausgaben für ein aktivierungspflichtiges Wirtschaftsgut sind
daher unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Aufwandswirksamkeit
steuerlich nicht zu berücksichtigen. Zum anderen ergibt sich
dies auch aus dem vorgenannten Sinn der Vorschrift. Denn danach
sind auch mögliche Steuerausfälle zu verhindern, die
dadurch eintreten können, dass der Empfänger Einnahmen
bei sich nicht steuererhöhend erfasst, während beim
Leistenden Ausgaben nicht nur im Zeitpunkt der Verausgabung,
sondern auch in späteren Veranlagungszeiträumen zu
erfolgswirksamem Aufwand führen können. Insoweit ist
nicht von Bedeutung, in welcher Gestalt späterer Aufwand
steuerlich geltend gemacht wird, so dass es für die Anwendung
des § 160 Abs. 1 Satz 1 AO auch nicht darauf ankommt, ob es
sich etwa um planmäßige Absetzungen für Abnutzung
oder um Teilwertabschreibungen handelt. Soweit der Steuerpflichtige
bei unerfülltem Benennungsverlangen „gleichsam als
Haftender“ für fremde Steuerschulden in Anspruch
genommen wird (vgl. z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 312 = SIS 02 53 10, m.w.N.), setzt § 160 Abs. 1 Satz 1 AO nicht voraus,
dass sich durch die Ausgabe von Geld bewirkter steuermindernder
Aufwand und (möglicherweise) steuererhöhende Einnahmen
auf den gleichen Veranlagungszeitraum beziehen. Allerdings ist im
Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit des Benennungsverlangens
nach § 160 Abs. 1 Satz 1 AO (auch) zu würdigen, ob
zwischen einer Ausgabe zum Erwerb eines aktivierungspflichtigen
Wirtschaftsguts, darauf beruhenden erfolgswirksamen Buchungen des
bilanzierenden Steuerpflichtigen und einem hieran anknüpfenden
Benennungsverlangen der Finanzverwaltung ein Zeitraum liegt, der
das Benennungsverlangen im konkreten Einzelfall als
unverhältnismäßig erscheinen lässt.
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35
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b) Die vorgenannten Grundsätze
entsprechen den für die Anwendung des früheren §
205a Abs. 2 der Reichsabgabenordnung (AO a.F.) entwickelten
Maßstäben in den BFH-Urteilen vom 23.2.1951 IV 81/50 S
(BFHE 55, 204, BStBl III 1951, 77 = SIS 51 00 39) und vom 22.5.1968
I 59/65 (BFHE 93, 118, BStBl II 1968, 727 = SIS 68 04 98), auf die
sich das FG berufen hat. Auch nach jener, ähnlichen Zwecken
wie § 160 Abs. 1 Satz 1 AO dienenden Vorgängervorschrift
konnte das FA verlangen, dass ein Steuerpflichtiger die
Empfänger von Zahlungen genau bezeichnete, wenn die Zahlungen
Betriebsausgaben des Steuerpflichtigen waren; es konnte weiter nach
§ 205a Abs. 3 AO a.F. den Abzug der Betriebsausgaben versagen,
wenn die Empfänger nicht benannt wurden. Die genannte
höchstrichterliche Rechtsprechung hat als Betriebsausgaben
i.S. des § 205a Abs. 2 AO a.F. auch Aufwendungen für
aktivierungspflichtige Wirtschaftsgüter angesehen. Schon in
seinem Urteil in BFHE 55, 204, BStBl III 1951, 77 = SIS 51 00 39
hat sich der BFH darauf berufen, dass der Begriff der
Betriebsausgaben durch das Einkommensteuergesetz (EStG) - also
durch § 4 Abs. 4 dieses Gesetzes - festgelegt sei und alle
Ausgaben eines Betriebes umfasse, ohne Rücksicht darauf, ob
sie im Veranlagungszeitraum bereits Aufwand geworden sind oder
nicht. In dem BFH-Urteil in BFHE 93, 118, BStBl II 1968, 727 = SIS 68 04 98 wird u.a. ausgeführt, dass nach § 4 Abs. 4 EStG
Betriebsausgaben alle durch den Betrieb veranlassten Aufwendungen
seien, der Begriff der Betriebsausgabe somit auch solche
Aufwendungen umfasse, die für die Hereinnahme
aktivierungspflichtiger Wirtschaftsgüter in den Betrieb
gemacht werden. Deshalb erfordere der Zweck des § 205a AO a.F.
dessen Auslegung in dem Sinne, dass auch Anschaffungskosten
für aktivierungspflichtige Wirtschaftsgüter bei
Nichtbenennung des Partners oder bei Benennung eines fingierten
Partners unter den Begriff der Betriebsausgabe i.S. von § 205a
AO a.F. eingeordnet werden.
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c) Das Urteil des erkennenden Senats in BFHE
187, 201, BStBl II 1999, 333 = SIS 99 05 22 steht dem - anders als
die Revisionskläger meinen - nicht entgegen. Zwar hat der
Senat den dort zu beurteilenden Sachverhalt als den Fall einer
Teilwertabschreibung bezeichnet, der generell nicht unter die
Regelung des § 160 AO falle. Zum einen ist diese Aussage
jedoch auf die dort zu beurteilende Situation bezogen, dass die
erst bei drohender Inanspruchnahme des Bürgen zu passivierende
Bürgschaftsverpflichtung nur insoweit zu einer Gewinnminderung
führt, als der zu aktivierende Rückgriffsanspruch gegen
den Hauptschuldner wegen Wertminderung - im Wege einer
Teilwertabschreibung - abzuschreiben ist. Insoweit ließe sich
im Einklang mit den vorgenannten Grundsätzen für die
Anwendung des § 160 AO vertreten, dass eine solche
Gewinnminderung nicht dasjenige Wirtschaftsgut betrifft, für
das die Ausgabe geleistet worden ist (Darlehensforderung), sondern
ein zweites Wirtschaftsgut (Rückgriffsforderung). Zum anderen
war die zitierte Aussage aber auch nicht entscheidungserheblich,
nachdem der Senat das auf § 160 AO gestützte Verlangen
auf Benennung des Darlehensgläubigers mit der Begründung
als nicht ermessensgerecht angesehen hat, dass der Gläubiger -
bei einem bilanzierenden Steuerpflichtigen käme es zu einem
bloßen Aktivtausch - aus der Rückzahlung des Darlehens
keinen steuerpflichtigen Gewinn erziele, unabhängig davon, ob
der Darlehensbetrag vom Schuldner oder vom Bürgen
zurückgezahlt werde. Sollte die Aussage indes dahin zu
verstehen sein, dass im Fall (erfolgswirksamer)
Teilwertabschreibungen die für den Erwerb des entsprechenden
Wirtschaftsguts aufgebrachten aktivierungspflichtigen Ausgaben
nicht unter die Regelung des § 160 AO fallen, hielte der Senat
daran nicht mehr fest.
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3. Bei Anwendung der vorgenannten
Maßstäbe (B.II.1. und B.II.2.) hält die Entscheidung
des FG, dass das Benennungsverlangen des FA rechtmäßig
ist und die streitbefangenen „Abschreibungen“ nach
§ 160 Abs. 1 Satz 1 AO in vollem Umfang nicht zu
berücksichtigen sind, einer revisionsrechtlichen
Überprüfung stand.
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a) Die Vorschrift ist auf den Streitfall
anwendbar. Zwar ist die Ausgabe der A-KG von dieser zunächst
als Beteiligung an und Forderung gegenüber der P-AG aktiviert
worden. Nach den oben ausgeführten Grundsätzen werden
jedoch auch derartige Ausgaben, die erst nach Verausgabung zu
erfolgswirksamem Aufwand führen, von der Vorschrift
erfasst.
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b) Das FG hat unter Beachtung der Vorgaben des
§ 102 FGO zutreffend entschieden, dass das vom FA an die A-KG
und die Klägerin als deren Rechtsnachfolgerin gerichtete
Benennungsverlangen ermessensgerecht ist.
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aa) Nach den Feststellungen des FG, die auch
die Revisionskläger nicht in Frage gestellt haben, handelte es
sich beim Veräußerer der Anteile an der P-AG und der von
der A-KG bilanzierten Forderung gegen die P-AG, der S-Anstalt mit
Sitz in Liechtenstein, um eine sog.
„Briefkastengesellschaft“, was dem Begriff einer selbst
nicht in nennenswertem Umfang wirtschaftlich tätigen
ausländischen Basisgesellschaft entspricht. Ist es nach der
oben benannten höchstrichterlichen Rechtsprechung
ausgeschlossen, dass eine Domizilgesellschaft wirtschaftlicher
Empfänger der an sie geleisteten Zahlungen ist, so gilt dies
erst recht für eine ausländische Basisgesellschaft, die
mangels eigener wirtschaftlicher Tätigkeit selbst keine
Leistungen erbringt. Deshalb liegt auch bei derartigen
ausländischen Gesellschaften aufgrund der Lebenserfahrung die
Vermutung nahe, dass hinter dieser Gesellschaft stehende Personen
wirtschaftlicher Empfänger einer Zahlung an die Gesellschaft
sind und diese den Bezug zu Unrecht nicht versteuert haben.
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bb) Das Benennungsverlangen des FA war auch
verhältnismäßig und zumutbar, nachdem sich die A-KG
für den Erwerb einer mittelbaren Beteiligung an der C-SA
mehrerer Domizil- bzw. Basisgesellschaften in Liechtenstein bedient
hat. Insoweit bestand nach den oben ausgeführten
Grundsätzen auch im Streitfall hinreichend Anlass, sich bei
Zahlung der Gelder über den wahren Zahlungsempfänger zu
erkundigen. Auch spricht gegen die
Verhältnismäßigkeit des Benennungsverlangens nicht
der Zeitraum zwischen Ausgabe, erfolgswirksamer Verbuchung des
streitbefangenen Anschaffungsvorgangs durch die A-KG und dem
Aufgriff des Vorgangs durch die Finanzverwaltung
(Außenprüfung), denn dem Erwerb der Anteile an der P-AG
durch die A-KG im Februar 1992 folgte zeitnah bereits in den
Bilanzen zum 30.6.1993 bzw. 1994 die Buchung der streitbefangenen
Abschreibungen und noch vor dem Bericht der Außenprüfung
vom 26.11.1997 deren Anfrage nach den Anteilseignern der im Ausland
ansässigen „Briefkastenfirmen“.
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c) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist
auch die Entscheidung des FG, dass das FA zu Recht die
streitbefangenen Aufwendungen in vollem Umfang nicht zum Abzug
zugelassen hat.
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aa) Nach den oben ausgeführten
Grundsätzen waren im Streitfall als Empfänger i.S. des
§ 160 Abs. 1 Satz 1 AO die hinter der S-Anstalt stehende
Person bzw. die Personen, die die S-Anstalt zwischengeschaltet
haben, anzusehen. Allein die Benennung der ausländischen
Gesellschaft (S-Anstalt) genügte nicht den Anforderungen an
eine ordnungsmäßige Empfängerbenennung i.S. des
§ 160 Abs. 1 Satz 1 AO.
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bb) Die der Auffassung des FA folgende
Würdigung des FG, dass wirtschaftlich hinter der S-Anstalt
stehende Personen nicht hinreichend benannt seien, beinhaltet weder
einen Verstoß gegen Denkgesetze noch gegen allgemeine
Erfahrungssätze. Insoweit ist revisionsrechtlich nicht von
Belang, dass die Revisionskläger zu anderen Schlussfolgerungen
als das FG gelangen.
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(1) Die erforderliche positive Benennung des
Empfängers wurde nicht durch die vorgelegte
„Bestätigung“ der Repräsentantin der
S-Anstalt, der liechtensteinischen P-Anstalt, vom 27.10.1998
entbehrlich. In dem Schriftstück wird lediglich negativ
bestätigt, dass weder die A-KG selbst noch verschiedene
ausländische Gesellschaften wirtschaftlich Berechtigte der
S-Anstalt gewesen seien. Davon ist im Ergebnis auch das FG
ausgegangen.
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(2) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden
ist auch, dass das FG nicht die Überzeugung gewonnen hat, der
spanische Staatsbürger G komme auch als hinter der S-Anstalt
stehender wirtschaftlich Berechtigter in Betracht. Die Folgerung
des FG, weder der Umstand, dass G unmittelbarer oder mittelbarer
Inhaber der „in Spanien“ gehaltenen Aktien der C-SA
gewesen sei, noch die Einbindung des G in die Verhandlungen
über den Anteilserwerb der A-KG in Liechtenstein
schlössen die Existenz dritter, hinter der S-Anstalt stehender
Personen aus, ist möglich.
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Soweit sich das FG bei dieser Schlussfolgerung
auch auf das (im Original auf Spanisch abgefasste) Schreiben des G
vom 3.6.1991 gestützt hat, nach dem (in deutscher
Übersetzung) er - G - die Aktionäre, die unmittelbar oder
mittelbar Anteile an der C-SA hielten, „mit den
Vollmachten“ und Entscheidungsbefugnis vertreten werde,
enthält dies gleichfalls keinen Verstoß gegen
Denkgesetze. Dass das FG auch nicht aufgrund der von der
Klägerin vorgelegten „Sachverhaltsdarstellung“
davon überzeugt war, dass G der maßgebliche
Empfänger gewesen ist, ist ebenfalls nachvollziehbar. In der
„Sachverhaltsdarstellung“ wird zwar die Einbindung des
G in die Vorgänge um den Erwerb der Beteiligung an der P-AG
geschildert. Die daran in diesem Schriftstück
anknüpfenden Folgerungen sind indes nicht zwingend, so dass
das FG ohne Verstoß gegen Denkgesetze auch zu anderslautenden
Schlüssen gelangen durfte.
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48
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Weitere Tatsachen, die positiv auf den
wirtschaftlichen Empfänger der streitbefangenen Ausgabe der
A-KG hindeuten könnten, hat das FG nicht festgestellt. Dabei
war das FG - wie zuvor das FA - nach den oben ausgeführten
Maßstäben zwar zu eigener weiter gehender Aufklärung
des im Ausland verwirklichten Sachverhalts nach § 96 Abs. 1
Satz 1 Halbsatz 2 FGO i.V.m. § 160 Abs. 1 Satz 2 AO
berechtigt, aber - anders als die Revisionskläger meinen -
nicht verpflichtet. Insbesondere brauchte das FG nicht die
Glaubwürdigkeit des G, der - wie zwischen den Beteiligten
unstreitig ist - seine Einvernahme als Zeuge im Inland abgelehnt
hat, im Ausland zu überprüfen. Dies schon ungeachtet
dessen, dass es die Klägerin nach eigenem Vortrag nicht
vermocht hat, den im Ausland ansässigen G - wie es
ständiger Rechtsprechung des BFH entsprochen hätte (z.B.
BFH-Beschluss vom 30.5.2011 XI B 90/10, BFH/NV 2011, 1479 = SIS 11 26 02, m.w.N.) - gemäß § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i.V.m.
§ 90 Abs. 2 AO in der mündlichen Verhandlung vor dem FG
zu stellen.
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(3) Soweit das FG - wie die
Revisionskläger beanstandet haben - auch Mutmaßungen zur
„Seriosität“ der A-KG angestellt hat, sind diese
nicht entscheidungserheblich. Für die Anwendung des § 160
Abs. 1 Satz 1 AO kommt es auf die Motive des Steuerpflichtigen, die
zur Verwirklichung eines Auslandssachverhalts mit Einschaltung von
Domizil- bzw. Basisgesellschaften geführt haben, nicht an.
Entscheidend ist lediglich, ob das Benennungsverlangen - hier des
FA - dem Steuerpflichtigen zumutbar ist. Bei Auslandssachverhalten
ist jedoch - wie oben ausgeführt - der Steuerpflichtige nach
§ 90 Abs. 2 AO in erhöhtem Maße zur Erbringung von
Nachweisen und zur Beschaffung und Vorlage von Beweismitteln
verpflichtet. Gesichtspunkte, die im Streitfall dafür sprechen
könnten, dass die A-KG trotz des von ihr mitgestalteten
undurchsichtigen Auslandssachverhalts unverschuldet keine
Beweisvorsorge hat treffen können, sind weder vorgetragen noch
sonst ersichtlich. Insbesondere ist auch nicht erkennbar, dass die
A-KG keine Möglichkeit gehabt hätte, sich über den
wirklich Berechtigten Kenntnis zu verschaffen. Insoweit ergeben
sich - wie das FG dem FA zutreffend bestätigt hat - im
Streitfall auch auf der zweiten Stufe der Ermessensausübung
nach § 160 Abs. 1 Satz 1 AO keine Einschränkungen
für eine Versagung des streitigen Abzugs.
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(4) Die Versagung des Abzugs der
streitbefangenen „Abschreibungen“ ist nach den
vorgenannten Maßstäben auch dann rechtmäßig,
wenn die geltend gemachten (Betriebs-)Ausgaben der A-KG mit
Sicherheit entstanden sind. Deshalb ist - selbst wenn das FG mit
der Formulierung „Verschiebung beträchtlicher
Kaufpreisanteile“ hätte entsprechende Mutmaßungen
anstellen wollen - nicht von Bedeutung, ob und inwieweit Ausgaben
der A-KG an diese selbst als wirtschaftlicher Empfänger
zurückgeflossen sein könnten. Allerdings würde auch
in diesem Fall eine Versagung des Abzugs dem Zweck des § 160
Abs. 1 Satz 1 AO gerecht. Denn dann stünde einer zum Teilwert
zu bewertenden erfolgsneutralen Entnahme (Geld) eine gleichfalls
zum Teilwert zu bewertende erfolgsneutrale Einlage (Beteiligung,
Forderung) gegenüber. Auch dann bestünde die Gefahr eines
Steuerausfalls im Inland, soweit bei einem entnommenen
überhöhten „Kaufpreis“ der Ansatz einer
Einlage zu einem niedriger zu bemessenden Teilwert unterbliebe.
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51
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(5) Die Entscheidung des FG, dass das FA den
streitbefangenen Abzug zu Recht in voller Höhe versagt hat,
begegnet auch sonst keinen revisionsrechtlichen Bedenken. Nach dem
Wortlaut des § 160 Abs. 1 Satz 1 AO ist die steuerliche
Nichtberücksichtigung die regelmäßige Rechtsfolge.
Ist im Streitfall nicht erkennbar, ob und in welcher Höhe die
von der A-KG geltend gemachten Zahlungen bei einem Empfänger
im Inland steuerlich erfasst worden sind, kann deshalb der Abzug
von Betriebsausgaben in voller Höhe abgelehnt werden (vgl.
auch BFH-Urteil in BFHE 202, 196, BStBl II 2007, 855 = SIS 03 34 40). Zudem kommt auch insoweit zum Tragen, dass das FA und - hier
im Rahmen der Prüfung einer Ermessensentscheidung nach §
102 FGO - das FG nicht verpflichtet sind, einen Auslandssachverhalt
selbst so weit wie möglich aufzuklären. Im Übrigen
ist § 160 AO keine Schätzungsnorm (BFH-Urteil in BFHE
183, 358, BStBl II 1998, 51 = SIS 98 03 32); insoweit braucht auch
nicht der Frage nachgegangen werden, ob sich für das FA
Anhaltspunkte für eine teilweise steuerliche Anerkennung der
streitigen „Abschreibungen“ im Wege der Schätzung
hätten ergeben können.
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III. Scheidet die steuerliche
Berücksichtigung der von der A-KG geltend gemachten
„Abschreibungen“ bereits aus den vorgenannten
Gründen aus, so bedarf es keiner Entscheidung, ob das FG eine
Forderungsabschreibung sowie Teilwertabschreibungen auf die
Beteiligung an der P-AG zu Recht auch mit der Begründung
versagt hat, dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen
für derartige Abschreibungen nicht vorlägen. Insbesondere
braucht der Senat nicht darüber zu befinden, ob es sich beim
Erwerb der Beteiligung an der P-AG - wie die Revisionskläger
meinen - um eine Fehlmaßnahme gehandelt hat. Ob und inwieweit
die insoweit von den Revisionsklägern erhobenen
Verfahrensrügen den Anforderungen des § 120 Abs. 3 Nr. 2
Buchst. b FGO an deren ordnungsgemäße Darlegung
genügen und insbesondere die vorgebrachten Rügen nach
§ 119 FGO durchgreifen, braucht der Senat deshalb ebenfalls
nicht zu erörtern. Soweit § 119 FGO in den dort genannten
Fällen unwiderleglich vermutet, dass das Urteil auf der
Verletzung von Bundesrecht beruht, gilt dies ausnahmsweise nicht,
wenn es auf das Vorbringen des Revisionsklägers unter keinem
denkbaren Gesichtspunkt ankommt (z.B. BFH-Urteil vom 27.3.2001 VII
R 62/00, BFH/NV 2001, 1037 = SIS 01 67 34, m.w.N.). Dies ist dann
der Fall, wenn das FG - wie hier - seine Entscheidung kumulativ
begründet hat und der gerügte Verfahrensfehler nur einen
der selbständig die Entscheidung tragenden Gründe
betrifft (vgl. auch Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7.
Aufl., § 119 Rz 3), ein anderer dieser Gründe sich jedoch
- wie für den Streitfall unter B.II. ausgeführt - als
rechtsfehlerfrei erweist.
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