1
|
I. Streitig ist, ob Kosten für einen
separat angemieteten Stellplatz im Rahmen einer doppelten
Haushaltsführung als Werbungskosten zu berücksichtigen
sind.
|
|
|
2
|
Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) erzielte im Streitjahr 2008 u.a. Einkünfte aus
nichtselbständiger Arbeit. In seiner
Einkommensteuererklärung machte er im Rahmen der doppelten
Haushaltsführung Kosten für seine Unterkunft sowie
für einen PKW-Stellplatz am Arbeitsort geltend. Für die
Wohnung und den PKW-Stellplatz lagen zwei Mietverträge vor. In
§ 2 Abs. 5 des Mietvertrages über den Garagenstellplatz
hieß es: „Die Vertragsparteien sind sich darüber
einig, dass weder ein wirtschaftlicher noch ein rechtlicher
Zusammenhang zwischen diesem Stellplatzmietvertrag und einem
Wohnraummietverhältnis besteht.“ Weiterhin machte der
Kläger in seiner Steuererklärung Fahrtkosten für
Heimfahrten geltend. Er gab an, die Heimfahrten teilweise mit dem
eigenen PKW und teilweise mit der Bahn durchgeführt zu haben.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - )
berücksichtigte zwar die Miet- und Mietnebenkosten für
die gemietete Wohnung sowie die Fahrtkosten für
Familienheimfahrten, nicht jedoch die Kosten für den
PKW-Stellplatz in Höhe von 720 EUR (12 x 60 EUR).
|
|
|
3
|
Die dagegen nach erfolglosem
Einspruchsverfahren erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) aus
den in EFG 2012, 243 = SIS 11 38 12 veröffentlichten
Gründen abgewiesen. Die Aufwendungen für den Stellplatz
stellten keine notwendigen Kosten im Rahmen der doppelten
Haushaltführung dar. Sie seien insbesondere nicht zu den
Wohnkosten zu zählen, sondern vielmehr - wie alle
Unterhaltskosten für den PKW - mit der Entfernungspauschale
für Familienheimfahrten abgegolten.
|
|
|
4
|
Mit der Revision rügt der Kläger
die Verletzung materiellen Rechts.
|
|
|
5
|
Er beantragt sinngemäß, das
Urteil des Hessischen FG vom 6.6.2011 1 K 2222/10 und die
Einspruchsentscheidung vom 13.8.2010 aufzuheben sowie den
Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008 vom 13.8.2010
dahingehend abzuändern, dass bei den Einkünften des
Klägers aus nichtselbständiger Arbeit weitere
Werbungskosten in Höhe von 720 EUR berücksichtigt
werden.
|
|
|
6
|
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
|
|
|
7
|
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Im Streitfall tragen die vom FG
bisher getroffenen Feststellungen dessen Entscheidung nicht, dass
die vom Kläger im Rahmen der doppelten Haushaltsführung
geltend gemachten Aufwendungen für einen Stellplatz vom
Werbungskostenabzug ausgeschlossen sind.
|
|
|
8
|
1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) sind notwendige Mehraufwendungen,
die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass
begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen,
Werbungskosten. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nach
§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG vor, wenn der Arbeitnehmer
außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand
unterhält, beschäftigt ist und auch am
Beschäftigungsort wohnt. Dies gilt grundsätzlich auch
für einen alleinstehenden Arbeitnehmer; auch er kann einen
doppelten Haushalt führen (ständige Rechtsprechung des
Senats, zuletzt Senatsurteil vom 26.7.2012 VI R 10/12, zur
amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2013, 112 = SIS 12 30 60).
|
|
|
9
|
a) Zu den notwendigen Mehraufwendungen, die
nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG als Werbungskosten zu
berücksichtigen sind, zählen insbesondere Aufwendungen
für wöchentliche Familienheimfahrten, (zeitlich
befristete) Verpflegungsmehraufwendungen und (begrenzt auf den
durchschnittlichen Mietzins einer 60-qm-Wohnung) die Kosten der
Unterkunft am Beschäftigungsort. Aber auch sonstige notwendige
Mehraufwendungen, beispielsweise die - soweit nicht
überhöht - Anschaffungskosten für die erforderliche
Wohnungseinrichtung sind als Werbungskosten abziehbar (Bergkemper
in Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Rz 491, m.w.N.;
Blümich/Thürmer, § 9 EStG Rz 413, m.w.N.; Urteil des
Bundesfinanzhofs vom 3.12.1982 VI R 228/80, BFHE 137, 564, BStBl II
1983, 467 = SIS 83 09 33; FG München, Urteil vom 29.12.2003 8
K 4428/00, EFG 2005, 1677 = SIS 05 43 80; Sächsisches FG,
Urteil vom 18.9.2008 2 K 863/08, EFG 2010, 131 = SIS 09 35 94; FG
Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.6.2011 9 K 9079/08, EFG 2012, 35
= SIS 11 28 59).
|
|
|
10
|
b) Liegt wie im Streitfall nach den bindenden
Feststellungen des FG eine doppelte Haushaltsführung vor,
können auch Kosten für einen Stellplatz oder eine Garage
zu den notwendigen Mehraufwendungen im Sinne der Vorschrift
zählen.
|
|
|
11
|
2. Das FG ist von anderen Grundsätzen
ausgegangen; die Vorentscheidung ist daher aufzuheben. Die Sache
ist allerdings nicht spruchreif. Das FG wird im zweiten Rechtsgang
Feststellungen zur Notwendigkeit der Anmietung eines Stellplatzes
durch den Kläger zu treffen haben.
|
|
|
12
|
Dabei hat es zu berücksichtigen, dass
sich die Notwendigkeit von Stellplatzkosten im Rahmen einer
doppelten Haushaltsführung nicht danach bestimmt, ob das
Vorhalten eines Kraftfahrzeugs am Beschäftigungsort beruflich
erforderlich ist. Denn § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG lässt
Mehraufwendungen für einen aus beruflichen Gründen
geführten zweiten Haushalt und damit ggf. allgemeine
Lebenshaltungskosten, die üblicherweise nach § 12 Nr. 1
Satz 1 EStG nicht abzugsfähig sind, zum Werbungskostenabzug
zu. Aufwendungen, die der Steuerpflichtige für seinen
Zweithaushalt tätigt, sind nur und insoweit abzugsfähig,
als dieser beruflich veranlasst ist und die Aufwendungen
hierfür notwendig sind. Dies gilt auch, soweit Aufwendungen
für einen (separat angemieteten) PKW-Stellplatz beispielsweise
zum Schutz des Fahrzeugs oder aufgrund der angespannten
Parkplatzsituation am Beschäftigungsort in Rede stehen. Aus
welchen Gründen der Steuerpflichtige dort einen PKW
vorhält, ist ohne Bedeutung. Denn § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5
EStG erfasst gerade auch solche Kosten, die - ohne den aus
beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushalt - den
Lebensführungskosten zuzurechnen wären.
|
|
|
13
|
Sollte das FG im zweiten Rechtsgang die
Erkenntnis gewinnen, dass die Kosten des Stellplatzes notwendig
waren, werden diese Aufwendungen von der Abgeltungswirkung des
§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG oder der (allgemeinen) in
§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG geregelten Entfernungspauschale
nicht erfasst. Denn es handelt sich insoweit nicht um
beschränkt abzugsfähige berufliche Mobilitätskosten,
sondern um sonstige Kosten im Rahmen einer doppelten
Haushaltsführung.
|