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Stellplatz- und Garagenkosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung

Stellplatz- und Garagenkosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung: 1. Aufwendungen für einen separat angemieteten Pkw-Stellplatz können im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten zu berücksichtigen sein. - 2. Die Abgeltungswirkung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG und der (allgemeinen) in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG geregelten Entfernungspauschale stehen dem Werbungskostenabzug insoweit nicht entgegen. (Hinweis aus BStBl 2013 II S. 286: § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG wurde ab dem Veranlagungszeitraum 2014 durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.2.2013 (BGBl 2013 I S. 285, BStBl 2013 I S. 188) neu gefasst. Der Höchstbetrag von 1.000,00 EUR im Monat umfasst auch die nachgewiesenen beruflich notwendigen Stellplatz- und Garagenkosten (vgl. Bundestags-Drucksache 17/10774 S. 13)) - Urt.; BFH 13.11.2012, VI R 50/11; SIS 13 04 62

Kapitel:
Lohnsteuer für Arbeitnehmer > Doppelte Haushaltsführung
Fundstellen
  1. BFH 13.11.2012, VI R 50/11
    BStBl 2013 II S. 286
    DStR 2013 S. 350
    BFH/NV 2013 S. 627
    LEXinform 0928871

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 3.4.2013
    jh in StuB 5/2013 S. 196
    -/- in NWB 8/2013 S. 489
    AK in DStZ 6/2013 S. 176
    St.G. in HFR 3/2013 S. 209
    St.Sch. in StC 5/2013 S. 9
    St.G. in NWB 20/2013 S. 1552
    St.Sch. in BFH/PR 5/2013 S. 145
    KAM in Stbg 6/2013 S. M 11
Normen
[EStG] § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5, § 12 Nr. 1
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: Hessisches FG, 06.06.2011, SIS 11 38 12, Stellplatz, Werbungskosten, Doppelte Haushaltsführung, Wohnung, Abgeltung, Entfernungspauschale
Zitiert in... / geändert durch...
  • Niedersächsisches FG 16.3.2023, SIS 23 12 14, Abzugsfähigkeit von Stellplatzkosten im Rahmen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung: S...
  • FG Mecklenburg-Vorpommern 21.9.2022, SIS 22 19 25, Berücksichtigung eines separat von der Wohnung angemieteten Pkw-Stellplatzes im Rahmen der Aufwendungen f...
  • FG München 26.11.2021, SIS 22 00 45, Zweitwohnungsteuer für zweite Wohnung am Arbeitsort gesondert als Werbungskosten im Rahmen einer doppelte...
  • FG des Saarlandes 20.5.2020, SIS 20 17 87, Umfang der Abzugsfähigkeit von Aufwendungen des Steuerpflichtigen im Rahmen einer doppelten Haushaltsführ...
  • BFH 4.4.2019, SIS 19 06 71, Zur Abziehbarkeit von Aufwendungen für Einrichtungsgegenstände und Hausrat im Rahmen einer doppelten Haus...
  • FG Düsseldorf 14.3.2017, SIS 17 07 57, Doppelte Haushaltsführung, Aufwendungen für Einrichtungsgegenstände und Hausrat, Zugehörigkeit zu den auf...
  • FG Baden-Württemberg 12.1.2017, SIS 17 07 37, Voraussetzungen einer Änderung eines bestandskräftigen Steuerbescheids nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buc...
  • BMF 24.10.2014, SIS 14 28 22, Ergänztes BMF-Schreiben zur Reform des steuerlichen Reisekostenrechts ab 1.1.2014: Mit dem Gesetz zur Änd...
  • Niedersächsisches FG 21.10.2014, SIS 15 12 41, Werbungskosten anlässlich doppelter Haushaltsführung: 1. Zum Abzug von WK bei doppelter Haushaltsführung....
  • BMF 30.9.2013, SIS 13 27 50, Reform des steuerlichen Reisekostenrechts: Mit dem Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmens...
  • FG Münster 27.6.2013, SIS 13 26 94, Begründung einer doppelten Haushaltsführung: Eine doppelte Haushaltsführung i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr...
Fachaufsätze
  • LIT 02 62 01 St. Geserich, NWB 20/2013 S. 1552: Neues zur doppelten Haushaltsführung - Aktuelle BFH-Rechtsprechung zu Stellplatz und Garagenkosten sowie ...
Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

 

1

I. Streitig ist, ob Kosten für einen separat angemieteten Stellplatz im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.

 

 

2

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erzielte im Streitjahr 2008 u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In seiner Einkommensteuererklärung machte er im Rahmen der doppelten Haushaltsführung Kosten für seine Unterkunft sowie für einen PKW-Stellplatz am Arbeitsort geltend. Für die Wohnung und den PKW-Stellplatz lagen zwei Mietverträge vor. In § 2 Abs. 5 des Mietvertrages über den Garagenstellplatz hieß es: „Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass weder ein wirtschaftlicher noch ein rechtlicher Zusammenhang zwischen diesem Stellplatzmietvertrag und einem Wohnraummietverhältnis besteht.“ Weiterhin machte der Kläger in seiner Steuererklärung Fahrtkosten für Heimfahrten geltend. Er gab an, die Heimfahrten teilweise mit dem eigenen PKW und teilweise mit der Bahn durchgeführt zu haben. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) berücksichtigte zwar die Miet- und Mietnebenkosten für die gemietete Wohnung sowie die Fahrtkosten für Familienheimfahrten, nicht jedoch die Kosten für den PKW-Stellplatz in Höhe von 720 EUR (12 x 60 EUR).

 

 

3

Die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) aus den in EFG 2012, 243 = SIS 11 38 12 veröffentlichten Gründen abgewiesen. Die Aufwendungen für den Stellplatz stellten keine notwendigen Kosten im Rahmen der doppelten Haushaltführung dar. Sie seien insbesondere nicht zu den Wohnkosten zu zählen, sondern vielmehr - wie alle Unterhaltskosten für den PKW - mit der Entfernungspauschale für Familienheimfahrten abgegolten.

 

 

4

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

 

 

5

Er beantragt sinngemäß, das Urteil des Hessischen FG vom 6.6.2011 1 K 2222/10 und die Einspruchsentscheidung vom 13.8.2010 aufzuheben sowie den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008 vom 13.8.2010 dahingehend abzuändern, dass bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit weitere Werbungskosten in Höhe von 720 EUR berücksichtigt werden.

 

 

6

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

7

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Im Streitfall tragen die vom FG bisher getroffenen Feststellungen dessen Entscheidung nicht, dass die vom Kläger im Rahmen der doppelten Haushaltsführung geltend gemachten Aufwendungen für einen Stellplatz vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen sind.

 

 

8

1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, Werbungskosten. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Dies gilt grundsätzlich auch für einen alleinstehenden Arbeitnehmer; auch er kann einen doppelten Haushalt führen (ständige Rechtsprechung des Senats, zuletzt Senatsurteil vom 26.7.2012 VI R 10/12, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2013, 112 = SIS 12 30 60).

 

 

9

a) Zu den notwendigen Mehraufwendungen, die nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG als Werbungskosten zu berücksichtigen sind, zählen insbesondere Aufwendungen für wöchentliche Familienheimfahrten, (zeitlich befristete) Verpflegungsmehraufwendungen und (begrenzt auf den durchschnittlichen Mietzins einer 60-qm-Wohnung) die Kosten der Unterkunft am Beschäftigungsort. Aber auch sonstige notwendige Mehraufwendungen, beispielsweise die - soweit nicht überhöht - Anschaffungskosten für die erforderliche Wohnungseinrichtung sind als Werbungskosten abziehbar (Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Rz 491, m.w.N.; Blümich/Thürmer, § 9 EStG Rz 413, m.w.N.; Urteil des Bundesfinanzhofs vom 3.12.1982 VI R 228/80, BFHE 137, 564, BStBl II 1983, 467 = SIS 83 09 33; FG München, Urteil vom 29.12.2003 8 K 4428/00, EFG 2005, 1677 = SIS 05 43 80; Sächsisches FG, Urteil vom 18.9.2008 2 K 863/08, EFG 2010, 131 = SIS 09 35 94; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.6.2011 9 K 9079/08, EFG 2012, 35 = SIS 11 28 59).

 

 

10

b) Liegt wie im Streitfall nach den bindenden Feststellungen des FG eine doppelte Haushaltsführung vor, können auch Kosten für einen Stellplatz oder eine Garage zu den notwendigen Mehraufwendungen im Sinne der Vorschrift zählen.

 

 

11

2. Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen; die Vorentscheidung ist daher aufzuheben. Die Sache ist allerdings nicht spruchreif. Das FG wird im zweiten Rechtsgang Feststellungen zur Notwendigkeit der Anmietung eines Stellplatzes durch den Kläger zu treffen haben.

 

 

12

Dabei hat es zu berücksichtigen, dass sich die Notwendigkeit von Stellplatzkosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung nicht danach bestimmt, ob das Vorhalten eines Kraftfahrzeugs am Beschäftigungsort beruflich erforderlich ist. Denn § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG lässt Mehraufwendungen für einen aus beruflichen Gründen geführten zweiten Haushalt und damit ggf. allgemeine Lebenshaltungskosten, die üblicherweise nach § 12 Nr. 1 Satz 1 EStG nicht abzugsfähig sind, zum Werbungskostenabzug zu. Aufwendungen, die der Steuerpflichtige für seinen Zweithaushalt tätigt, sind nur und insoweit abzugsfähig, als dieser beruflich veranlasst ist und die Aufwendungen hierfür notwendig sind. Dies gilt auch, soweit Aufwendungen für einen (separat angemieteten) PKW-Stellplatz beispielsweise zum Schutz des Fahrzeugs oder aufgrund der angespannten Parkplatzsituation am Beschäftigungsort in Rede stehen. Aus welchen Gründen der Steuerpflichtige dort einen PKW vorhält, ist ohne Bedeutung. Denn § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG erfasst gerade auch solche Kosten, die - ohne den aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushalt - den Lebensführungskosten zuzurechnen wären.

 

 

13

Sollte das FG im zweiten Rechtsgang die Erkenntnis gewinnen, dass die Kosten des Stellplatzes notwendig waren, werden diese Aufwendungen von der Abgeltungswirkung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG oder der (allgemeinen) in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG geregelten Entfernungspauschale nicht erfasst. Denn es handelt sich insoweit nicht um beschränkt abzugsfähige berufliche Mobilitätskosten, sondern um sonstige Kosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung.

 

Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

Nach der BFH-Rechtsprechung sind die notwendigen Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung u.a. begrenzt auf den durchschnittlichen Mietzins einer 60-qm-Wohnung (BFH-Urteil vom 9.8.2007 VI R 10/06 = SIS 07 29 04, BStBl 2007 II S. 820; vom 16.3.2010 VIII R 48/07 = SIS 10 21 18, BFH/NV 2010 S. 1433). Daneben sind aber auch andere notwendige Mehrkosten abziehbar, z.B. für eine angemessene Wohnungseinrichtung (BFH-Urteil vom 3.12.1982 VI R 228/80 = SIS 83 09 33, BStBl 1983 II S. 467). Dazu rechnen auch Kosten, die für die Unterbringung eines Pkw am Beschäftigungsort notwendig sind.

Die Regelung zur doppelten Haushaltsführung wurde durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.2.2013 (BGBl I 2013 S. 285, BStBl 2013 I S. 188) u.a. dahin geändert, dass „als Unterkunftskosten … die tatsächlichen Aufwendungen für die Nutzung der Unterkunft, höchstens 1.000 EUR im Monat“ angesetzt werden können. Davon sollen nach der Gesetzesbegründung neben anderen Aufwendungen auch Kosten für Kfz-Stellplätze umfasst werden (BT-Drs. 17/10774 S. 21). Die aktuelle Entscheidung dürfte daher ab 2014 überholt sein. Nach der Neufassung rechnen die Stellplatzkosten bis zur Grenze von 1.000 EUR zu den abziehbaren Unterkunftskosten.