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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin), die ein Unternehmen zur Entwicklung und zum
Vertrieb elektronischer Komponenten und Software betreibt, ist
Eigentümerin eines Flugzeugs. Dieses wird von ihrem
Geschäftsführer sowohl für private Zwecke als auch
für Flüge zu anderen Firmen und zu Messen, sowie für
Wartungs- und Schulungsflüge eingesetzt. Über eine
luftverkehrsrechtliche Betriebsgenehmigung verfügt die
Klägerin nicht; sie ist kein Luftfahrtunternehmen. Lediglich
in einem Fall vercharterte die Klägerin das Flugzeug und
stellte dafür eine Rechnung aus. Über die Nutzung des
Flugzeugs führte die Klägerin monatliche Aufzeichnungen,
in denen das Datum, die Flugstrecke, die Flugdauer und der Zweck
des Flugs angegeben wurden. Für eine Menge von insgesamt ...
Liter Flugbenzin (AVGAS 100 LL), das 2004 in Deutschland auf
Flügen für Zwecke des Unternehmens verbraucht worden ist,
beantragte die Klägerin die Vergütung der
Mineralölsteuer. Den Antrag lehnte der Beklagte und
Revisionskläger (das Hauptzollamt - HZA - ) mit der
Begründung ab, die Klägerin betreibe kein
Luftfahrtunternehmen. Den Einspruch wies das HZA als
unbegründet zurück.
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Die daraufhin erhobene Klage hatte zum
überwiegenden Teil Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte,
dass der Klägerin hinsichtlich der betrieblich veranlassten
Flüge - mit Ausnahme der Wartungs- und Schulungsflüge -
ein Anspruch auf Vergütung der Mineralölsteuer
unmittelbar aus Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Satz 1 der Richtlinie
2003/96/EG (EnergieStRL) des Rates vom 27.10.2003 zur
Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur
Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom
(Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 283/51) zustehe. Eine
Beschränkung der Steuerbefreiung auf Luftfahrtunternehmen oder
ein Ausschluss des Werkverkehrs sei dieser Vorschrift nicht zu
entnehmen. Infolgedessen habe Deutschland das Gemeinschaftsrecht
nur unvollständig umgesetzt, da gemäß § 50
Abs. 1 der Mineralölsteuer-Durchführungsverordnung
(MinöStV) i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a des
Mineralölsteuergesetzes (MinöStG 1993) nur
Luftfahrtunternehmen eine Entlastung beantragen könnten, bei
denen der Hauptzweck ihrer Tätigkeit die Beförderung von
Personen oder Sachen bzw. die Erbringung von Dienstleistungen sei.
Die Nutzung eines Flugzeugs im Werkverkehr zur Anbahnung von
Geschäften verfolge einen kommerziellen Zweck, so dass die
gemeinschaftsrechtlichen Voraussetzungen für eine
Steuerbefreiung gegeben seien. Dies treffe jedoch nicht auf
Wartungs- und Schulungsflüge zu. Der Ausschluss der
Steuerbegünstigung für Flüge zur Werkstatt und
wieder zurück sowie für Flüge, die zur Wartung und
Überprüfung der Funktionsfähigkeit erforderlich
seien, ergebe sich daraus, dass in Art. 15 Abs. 1 Buchst. j
EnergieStRL nur die Möglichkeit einer Begünstigung
für Kraftstoffe eröffnet werde, die bei der Wartung
verwendet würden. Das Urteil ist in der ZfZ 2009, Beilage 2,
24 veröffentlicht.
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Mit seiner Revision rügt das HZA, die
Entscheidung des FG widerspreche dem klaren Wortlaut der nationalen
Vorschriften. Die Beschränkung der Steuerbefreiung für
Flugbenzin auf Luftfahrunternehmen und der Ausschluss des
Werkverkehrs entsprächen den gemeinschaftsrechtlichen
Vorgaben. Die in Art. 14 Abs. 1 EnergieStRL festgelegte
Begünstigung trage den Regelungen in internationalen Abkommen
- insbesondere dem Abkommen über die internationale
Zivilluftfahrt vom 7.12.1944 (Chicagoer Abkommen) - Rechnung und
erfasse mit dem Ziel der Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen
nur die Luftverkehrsbranche.
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Aufgrund der gemeinschaftsrechtlichen
Vorgaben seien die Mitgliedstaaten lediglich zur Befreiung von
Flugturbinenkraftstoff verpflichtet. Es stehe ihnen somit frei,
auch eine Befreiung für Flugbenzin zu gewähren und diese
auf bestimmte Unternehmen zu beschränken.
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Die Klägerin schließt sich
hinsichtlich der Steuerbefreiung für die Flüge zu Firmen
und Messen weitgehend der Auffassung des FG an.
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Der erkennende Senat hat das
Revisionsverfahren gemäß § 121 Satz 1 i.V.m. §
74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ausgesetzt und dem Gerichtshof
der Europäischen Union (EuGH) mit Beschluss vom 1.12.2009 VII
R 9, 10/09 (BFHE 227, 564 = SIS 10 02 68) gemäß Art. 267
des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union
mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Auf diese Fragen
hat der EuGH mit Urteil vom 1.12.2011 C-79/10 = SIS 11 39 90
Folgendes geantwortet:
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„1. Art. 14 Abs. 1 Buchst. b der
Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27.10.2003 zur Restrukturierung
der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von
Energieerzeugnissen und elektrischem Strom ist dahin auszulegen,
dass die in dieser Vorschrift vorgesehene Steuerbefreiung für
Kraftstoff, der für die Luftfahrt verwendet wird, einem
Unternehmen wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, das zur
Anbahnung von Geschäften ein ihm gehörendes Flugzeug
nutzt, um Mitarbeiter zu Kunden und Messen zu befördern, nicht
zugutekommt, da diese Beförderung nicht unmittelbar der
entgeltlichen Erbringung von Luftfahrt-Dienstleistungen durch
dieses Unternehmen dient.
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2. Art. 15 Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie
2003/96 ist dahin auszulegen, dass Kraftstoffe, die für
Flüge zu einer Flugzeugwerft und wieder zurück verwendet
werden, nicht in den Anwendungsbereich dieser Vorschrift
fallen.“
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II. Die Revision des HZA ist begründet
und führt unter Abweisung der Klage zur Aufhebung des Urteils
des FG, soweit dieses das HZA verpflichtet hat, der Klägerin
für das Jahr 2004 Mineralölsteuer in Höhe von ...
EUR zu vergüten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf
Befreiung von der Mineralölsteuer, denn sie betreibt kein
Luftfahrtunternehmen, dessen Gegenstand die
gewerbsmäßige Beförderung von Personen oder Sachen
oder die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen ist.
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1. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a
MinöStG 1993 i.V.m. § 50 Abs. 1 MinöStV wird eine
steuerliche Begünstigung nur für Luftfahrtbetriebsstoffe
gewährt, die von Luftfahrtunternehmen für die
gewerbsmäßige Beförderung von Personen oder Sachen
oder für die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen
eingesetzt werden. Die Klägerin besitzt weder
luftverkehrsrechtliche Genehmigungen nach § 20 Abs. 1 i.V.m.
§ 21 Abs. 1 des Luftverkehrsgesetzes noch steht der
Geschäftszweck des Unternehmens der Klägerin in
unmittelbarem Zusammenhang mit dem Einsatz von Flugzeugen.
Hauptzweck ihrer gewerblichen Betätigung ist die Entwicklung
und der Vertrieb elektronischer Komponenten und Software für
die Industrieelektronik. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut von
§ 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a MinöStG 1993 kommt eine
Steuerbefreiung somit nicht in Betracht.
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2. Entgegen der Auffassung des FG ergibt sich
ein Anspruch auf die mineralölsteuerliche Freistellung von
Werkflügen auch nicht aus der unmittelbaren Anwendung von
Unionsrecht.
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a) Nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Satz 1
EnergieStRL sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, unter den
Voraussetzungen, die sie zur Sicherstellung der korrekten und
einfachen Anwendung der Steuerbegünstigung und zur
Verhinderung von Steuerhinterziehung und -vermeidung oder
Missbrauch festlegen, Lieferungen von Energieerzeugnissen zur
Verwendung als Kraftstoff für die Luftfahrt mit Ausnahme der
privaten nichtgewerblichen Luftfahrt von der Steuer zu befreien.
Die Mitgliedstaaten können jedoch die Steuerbefreiung auf
Lieferungen von Flugturbinenkraftstoff (KN-Code 2710 19 21)
beschränken (Art. 14 Abs. 1 Buchst. b EnergieStRL).
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Nach den Feststellungen des FG begehrt die
Klägerin eine Befreiung für das von ihr auf
Werkflügen eingesetzte Flugbenzin (AVGAS 100 LL). Dabei
handelt es sich nicht um Flugturbinenkraftstoff (Kerosin) der
Unterpos. 2710 19 21 der Kombinierten Nomenklatur, so dass die
gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben eine Steuerverschonung nicht
erzwingen. Auf Flugbenzin oder leichten Flugturbinenkraftstoff kann
eine Steuer erhoben werden. Bereits aus diesem Grund scheitert die
Annahme des FG, der von der Klägerin begehrte
Vergütungsanspruch lasse sich ohne weiteres unmittelbar aus
Art. 14 Abs. 1 Buchst. b Satz 1 EnergieStRL ableiten. Da den
Mitgliedstaaten ein steuerlicher Gestaltungsspielraum zusteht, ist
diese Bestimmung in Bezug auf Flugbenzin inhaltlich nicht unbedingt
und hinreichend so genau, dass der Einzelne sich auf eine
unmittelbare Geltung des Unionsrechts berufen könnte (vgl.
EuGH-Urteil vom 17.7.2008 C-226/07, Slg. 2008, I-5999 = SIS 08 37 55).
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b) Aber selbst wenn diese Erwägung
aufgrund der im Vorlagebeschluss aufgezeigten Umsetzungsdefizite
unbeachtet gelassen werden könnte und sich Deutschland
aufgrund der nicht fristgerechten Umsetzung der EnergieStRL nicht
auf sein Unterlassen berufen könnte, um der Klägerin die
Steuerbefreiung zu verwehren, scheitert der Anspruch daran, dass
die Klägerin keine vom EuGH geforderte entgeltliche
Luftfahrt-Dienstleistung erbringt. Wie der EuGH ausgeführt
hat, verlangt der Begriff „Luftfahrt“, dass die
entgeltliche Dienstleistung unmittelbar mit dem Flug des
Luftfahrzeugs zusammenhängt. Dies ist jedoch bei Flügen
eines unternehmenseigenen Flugzeugs zu anderen Firmen und Messen
nicht der Fall. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der
Befreiungsvorschrift sind somit nicht erfüllt.
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Da das FG zu einer davon abweichenden
Rechtsauffassung gelangt ist, war das erstinstanzliche Urteil
insoweit aufzuheben, als das FG der Klägerin einen Anspruch
auf Steuerbefreiung für die von ihr im Streitjahr
durchgeführten Flüge zu Firmen und Messen gewährt
hat, und die Klage auch insoweit abzuweisen.
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