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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) hat vom Beklagten und Revisionskläger
(Hauptzollamt - HZA - ) Ausfuhrerstattung für einen
Rindfleischexport erhalten. 1994 hat das HZA die Erstattung jedoch
zurückgefordert, weil die Vermarktung der Ware im
Bestimmungsland nicht nachgewiesen worden sei. Das aufgrund des
Einspruchs der Klägerin eingeleitete Rechtsbehelfsverfahren
wurde auf Anregung des HZA einvernehmlich zum Ruhen gebracht, weil
bei dem Finanzgericht (FG) bereits ein Klageverfahren wegen einer
ähnlich gelagerten Streitsache anhängig war. Nachdem die
Klage in diesem Verfahren abgewiesen und die Beschwerde wegen
Nichtzulassung der Revision gegen das betreffende Urteil des FG von
dem erkennenden Senat zurückgewiesen worden war (Beschluss vom
10.12.2002 VII B 139/02, ZfZ 2003, 163 = SIS 03 22 67), hat das HZA
im Mai 2003 über den Einspruch der Klägerin entschieden.
Da die Klägerin dessen Entscheidung hingenommen hat, sind die
Rückforderungsbescheide bestandskräftig geworden.
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Auf Vorabentscheidungsersuchen des FG
Hamburg vom November 2003 hat inzwischen der Gerichtshof der
Europäischen Union (EuGH) eine Entscheidung gefällt
(Urteil vom 21.7.2005 C-515/03 - Eichsfelder Schlachtbetrieb -,
Slg. 2005, I-7355 = SIS 05 41 97), aufgrund derer die Klägerin
meint, die Rückforderungsbescheide des HZA seien rechtswidrig
gewesen. Unter Bezugnahme auf dieses Urteil hat sie im Juni 2006
beim HZA beantragt, die Rückforderungsbescheide
zurückzunehmen. Das HZA hat diesen Antrag abgelehnt, im
Wesentlichen mit der Begründung, eine Korrektur
bestandskräftiger Entscheidungen, die im Widerspruch zum
Unionsrecht stehen, komme nur in Betracht, wenn der Betroffene -
anders als die Klägerin im Streitfall - den Rechtsweg
ausgeschöpft hat.
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Die daraufhin von der Klägerin
erhobene Klage hatte mit dem Ergebnis Erfolg, dass das FG das HZA
verpflichtet hat, den Rücknahmeantrag der Klägerin erneut
zu bescheiden. Die weitergehende, auf Verpflichtung zur Aufhebung
der Rückforderungsbescheide gerichtete Klage hat das FG
abgewiesen.
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Es urteilte, nach der Rechtsprechung des
EuGH bestehe kein Rechtsanspruch auf Rücknahme der
Rückforderungsbescheide. Denn die Klägerin habe die
Möglichkeit ungenutzt gelassen, gegen die
Rückforderungsbescheide Klage zu erheben, und damit nicht, wie
es der EuGH verlangt habe, den Rechtsweg ausgeschöpft. Das dem
HZA durch § 48 Abs. 1 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes
(VwVfG) eröffnete Rücknahmeermessen sei auch nicht
deshalb im Streitfall dahin eingeschränkt, dass nur eine
Korrektur der Rückforderungsbescheide in Frage komme, weil
deren Aufrechterhaltung schlechthin unerträglich wäre.
Denn diese seien nicht offensichtlich rechtswidrig und die
Klägerin auch nicht gehindert gewesen, nach Zurückweisung
ihres Einspruches Klage zu erheben und für ihre
Rechtsauffassung in einem Gerichtsverfahren zu werben.
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Das HZA habe jedoch über ihren
Rücknahmeantrag ermessensfehlerhaft entschieden. Denn es habe
nicht berücksichtigt, dass die Klägerin unter dem
Eindruck der Gerichtsentscheidungen in dem einvernehmlich
bestimmten Musterverfahren davon abgesehen habe, Klage zu erheben.
Ferner, dass ihr Einspruchsverfahren auf Initiative des HZA zum
Ruhen gebracht worden sei und sie aller Wahrscheinlichkeit nach
Klage erhoben hätte, wenn über ihren Einspruch zeitnah
entschieden worden wäre. Drittens werde das HZA bei erneuter
Ausübung seines Ermessens zu berücksichtigen haben, dass
die Klägerin darauf vertraut habe, dass ihr durch die
Ruhensabsprache keine rechtlichen Nachteile erwachsen; dieses
Vertrauen beziehe sich auch darauf, dass das HZA sich nicht darauf
berufen werde, sie habe es versäumt, die nach Abschluss des
Musterverfahrens ergangene Einspruchsentscheidung
anzufechten.
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Gegen dieses Urteil richtete sich die
Revision des HZA, zu deren Begründung im Wesentlichen
vorgetragen wird:
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Es könne vom HZA nicht verlangt
werden, bei seiner Ermessensentscheidung Spekulationen darüber
anzustellen, warum die Klägerin keine Klage erhoben hat oder
ob sie bei einem früheren Ergehen der Einspruchsentscheidung
Klage erhoben hätte. Überdies stehe auch nicht fest, dass
eine solche Klageerhebung zu einer Aufhebung der strittigen
Rückforderungsbescheide geführt hätte. Aus der
Ruhensanordnung könne kein Vertrauensschutz im Hinblick auf
künftige Änderungen der Rechtsprechung abgeleitet
werden.
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Die Klägerin meint
sinngemäß, das FG habe im Spannungsfeld von
Rechtssicherheit und Effektivität des Unionsrechts sowie
materieller Gerechtigkeit mit Recht eine „vermittelnde
Entscheidung“ getroffen, indem es dem HZA vergleichbare
Pflichten auferlegt habe wie der EuGH in dem Urteil vom 13.1.2004
C-453/00 - Kühne & Heitz - (Slg. 2004, I-837 = SIS 04 10 32). Es bedürfe jedenfalls der Klärung durch den EuGH, ob
nicht die von diesem in der Entscheidung Kühne & Heitz
postulierte Verpflichtung der nationalen Behörde, eine
gemeinschaftsrechtswidrige bestandskräftige Entscheidung zu
überprüfen, auch im Streitfall bestehe, auch wenn sich
dieser von dem jener Entscheidung zu Grunde liegenden Fall dadurch
unterscheide, dass die Klägerin die betreffende Entscheidung
nicht unter Ausschöpfung des Rechtsweges angegriffen, sondern
hingenommen habe. Die Vergleichbarkeit ihres Falles werde dadurch
hergestellt, dass sie die gegen sie ergangene Entscheidung erst
habe bestandskräftig werden lassen, nachdem in einem in
rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht völlig
gleichliegenden Fall der Bundesfinanzhof die rechtliche
Würdigung des HZA für rechtmäßig erklärt
habe. Ferner möchte die Klägerin in die
Vorabentscheidungsfrage den Hinweis darauf einbezogen wissen, dass
jener Fall auf Vorschlag der Behörde als gleichliegend zum
Musterverfahren bestimmt worden sei, woraus sie folgern will, sie
müsse nunmehr die gleichen Rechte haben bzw. die gleiche
Behandlung seitens der Behörde erfahren wie der Kläger
des Musterverfahrens.
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II. Die Revision des HZA ist begründet
und führt zur Änderung des Urteils des FG und zur
Abweisung der Klage in vollem Umfang (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr.
1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das Urteil des FG verletzt
Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO) und ist hinsichtlich der
Verpflichtung des HZA zu erneuter Ermessensausübung auch nicht
im Ergebnis richtig (§ 126 Abs. 4 FGO).
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1. Hat die Behörde eine
Ermessensentscheidung zu treffen - wie es das FG hier aufgrund des
§ 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG angenommen hat - so kann das Gericht
nur prüfen, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen ihres
Ermessens überschritten hat oder von ihrem Ermessen in einer
dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch
gemacht hat (§ 102 Satz 1 FGO), ob die Behörde also
§ 5 der Abgabenordnung (AO) beachtet hat.
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Die Erwägungen, aufgrund derer das FG im
Streitfall § 5 AO verletzt sieht, halten indes einer
rechtlichen Überprüfung offensichtlich nicht stand.
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a) Es mag dahinstehen, ob das HZA in
tatsächlicher Hinsicht davon ausgehen musste, dass die
Klägerin, wie das FG meint, „allein unter dem
Eindruck der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 10.12.2002 (VII
B 139/02)“ - also der Entscheidung über die
Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision in dem zu dem
einvernehmlich bestimmten Musterverfahren ergangenen Urteil des FG
- davon abgesehen hat, gegen die Rückforderungsbescheide des
HZA Klage zu erheben (was allerdings als naheliegend mag angesehen
werden können). Denn selbst wenn das unterstellt wird, ist
nicht erkennbar und vom FG in seinem Urteil auch nicht
nachvollziehbar dargelegt, weshalb es deshalb die Grenzen des dem
HZA eröffneten Ermessens überschreitet oder einen
zweckwidrigen Gebrauch des Ermessens darstellt, dem Antrag der
Klägerin auf Rücknahme der Rückforderungsbescheide
nicht zu entsprechen. Sollte das FG darin einen Ermessensgebrauch
gesehen haben, der dem Zweck der Ermessensermächtigung
widerspricht, so würde das verkennen, dass dieser Zweck -
soweit er hier als missachtet überhaupt in Betracht kommen
kann - darin besteht, der Behörde die Aufhebung rechtswidriger
Entscheidungen in außergewöhnlichen Ausnahmefällen
zu ermöglichen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass es den
Betroffenen nicht möglich oder schlechthin unzumutbar war, die
von der Rechtsordnung zur Verteidigung ihrer Rechte zur
Verfügung gestellten Mittel zu nutzen, also gegen einen
für rechtswidrig gehaltenen Bescheid Klage zu erheben (vgl.
schon Urteil des Senats vom 26.3.1991 VII R 15/89, BFHE 164, 215,
BStBl II 1991, 552 = SIS 91 14 69, sowie u.a. Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 22.10.2009 1 C 26.08, BVerwGE 135,
137). Dass ein Betroffener davon absieht, weil er den Bescheid
nicht für rechtswidrig hält, sondern sich z.B. durch
Rechtsprechung oder Schrifttum von seiner Rechtmäßigkeit
hat überzeugen lassen oder jedenfalls angesichts deren
Erkenntnisse seine abweichende Rechtsansicht für nicht
durchsetzbar hält, wird nicht dadurch zu einem
außergewöhnlichen Umstand, dass eine später
ergehende Entscheidung, z.B. des EuGH, die ursprüngliche
Rechtsauffassung des Betreffenden als richtig bestätigt und
den Bescheid somit erst im Nachhinein als rechtswidrig erscheinen
lässt. Folglich konnte dieser Umstand bei der Anwendung des
§ 48 Abs. 1 VwVfG nicht zu Gunsten der Klägerin in die
Waagschale fallen, ganz abgesehen davon, dass nicht recht erkennbar
ist, woraus das FG herleiten will, dass das HZA sich nicht bewusst
gewesen sein soll, dass die Klägerin wegen vermeintlich
fehlender Erfolgsaussichten den Rechtsweg nicht ausgeschöpft
hat, und das HZA also - unterstellt, der vorgenannte Umstand
wäre abwägungserheblich - durch unvollständige
Berücksichtigung der ermessensrelevanten Gesichtspunkte §
5 AO verletzt hätte.
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Dass im Übrigen das HZA auch nicht bei
seiner Ermessensausübung zu Gunsten der Klägerin davon
ausgehen musste, dass es zu einem schlechthin unerträglichen
Ergebnis führte, wenn die Rückforderungsbescheide
bestehen blieben, hat das FG zutreffend erkannt. Denn es kann keine
Rede davon sein, dass diese offensichtlich rechtswidrig waren,
nachdem sowohl das mit drei Berufsrichtern besetzte FG wie der
erkennende Senat (in Beschlussbesetzung) die in diesem Zusammenhang
maßgeblichen Rechtsfragen zu Lasten der Klägerin bzw.
des Klägers des vorgenannten Musterverfahrens beantwortet
haben. Auch der EuGH ist zu einem abweichenden
Entscheidungsergebnis übrigens nicht etwa deshalb gelangt,
weil er die dem zu Grunde liegende Auslegung der einschlägigen
marktordnungsrechtlichen Vorschriften für unzutreffend,
sondern weil er es im Hinblick auf den Grundsatz der
Rechtssicherheit für fragwürdig hält, dass ein
Anspruch auf Ausfuhrerstattung aufgrund von Ereignissen und
wirtschaftlichen Verhaltensweisen entfallen solle, ohne dass sich
der erstattungsberechtigte Exporteur an einem diesbezüglichen
missbräuchlichen Verhalten beteiligt habe (vgl. EuGH-Urteil in
Slg. 2005, I-7355). Im Übrigen ist auch insofern nicht
erkennbar, dass das HZA bei der von ihm getroffenen
Ablehnungsentscheidung nicht davon ausgegangen ist, dass die
Rückforderungsbescheide rechtswidrig gewesen sind; die
Klägerin selbst bezeichnet dies vielmehr als offenkundig und
nicht strittig.
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b) Durch Rechtsirrtum bestimmt ist auch die
Erwägung des FG, das HZA habe berücksichtigen
müssen, dass die Klägerin ohne die von ihm angeregte
Ruhensvereinbarung wahrscheinlich gegen eine (dann mutmaßlich
früher ergangene) Einspruchsentscheidung Klage erhoben (und im
Weiteren - möglicherweise - die in der Rechtsprechung des EuGH
für eine Rücknahme bestandskräftiger, jedoch
unionsrechtswidriger Bescheide aufgestellten Voraussetzungen
erfüllt) hätte. Abgesehen davon, dass ein solcher
Geschehensablauf nicht feststeht und sich auch nicht - weil
hypothetisch - feststellen lässt, worauf das HZA mit Recht
hinweist, ist es nicht Zweck der der Behörde von § 48
Abs. 1 Satz 1 VwVfG erteilten Ermessensermächtigung, die
Korrektur bestandskräftiger Entscheidungen zu
ermöglichen, weil diese bei einer nachdrücklicheren
Rechtsverteidigung des Betroffenen im Rechtsbehelfsverfahren
korrigiert worden wären oder jedenfalls nunmehr nach
Maßgabe der Rechtsprechung des EuGH zur Korrektur
bestandskräftiger unionsrechtswidriger Entscheidungen
korrigiert werden könnten, obgleich die in dieser
Rechtsprechung dafür aufgestellten Voraussetzungen, wie noch
dazulegen ist, gar nicht vorliegen.
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c) Es ist für den erkennenden Senat
schließlich schlechterdings nicht nachvollziehbar, woraus das
FG ableiten will, dass das HZA bei seiner Ermessensentscheidung
soll berücksichtigen müssen, dass die Klägerin -
aufgrund der Ruhensvereinbarung - keine rechtlichen Nachteile - im
Verhältnis zu welchen anderen Marktteilnehmern? - erleiden und
dass sich das HZA nicht auf die Bestandskraft seiner
Rückforderungsbescheide künftig berufen dürfe.
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Aus der Ruhensvereinbarung lässt sich
allenfalls die stillschweigende Abrede entnehmen, dass die
Klägerin nicht anders behandelt werde, als der Kläger des
Musterverfahrens aufgrund der dort erwarteten gerichtlichen
Entscheidungen betreffs seiner Klage gegen den
Rückforderungsbescheid des HZA zu behandeln sein werde. Die
Klägerin ist jedoch nicht anders als der Kläger des
Musterverfahrens behandelt worden, welcher ebenfalls seinen
Erstattungsanspruch nicht hat verteidigen können. Woraus eine
weitergehende Gleichbehandlungszusage - deren Bestehen das FG an
anderer Stelle auch selbst ausdrücklich verneint - bei
sinnentsprechender Auslegung der Ruhensvereinbarung sollte
gefolgert werden können, ist unerfindlich. Es wäre auch
mit dem Rechtsinstitut der Bestandskraft, das nicht zur Disposition
des HZA steht, schwerlich vereinbar gewesen, der Klägerin etwa
zuzusichern, dass sie nicht schlechter behandelt werde als
irgendwelche anderen Marktteilnehmer, die in irgendwelchen
künftigen gerichtlichen Verfahren Rechtssätze erstreiten,
an denen gemessen die gegen die Klägerin ergangenen Bescheide
möglicherweise rechtswidrig erscheinen werden.
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Die Zusage, die Klägerin bei einer
etwaigen späteren ihr günstigen Entscheidung des EuGH in
einem dann etwa gebotenen Verfahren nach § 48 VwVfG genauso zu
behandeln wie den Kläger des sog. Musterverfahrens, kann der
Ruhensvereinbarung schon deshalb schwerlich entnommen werden, weil
diese lange vor Ergehen der EuGH-Entscheidung in Slg. 2004, I-837
getroffen worden ist, in welcher erstmals - unter bestimmten
Voraussetzungen, welche die Klägerin nicht erfüllt - eine
Verpflichtung zur Prüfung einer Rücknahme
bestandskräftiger, jedoch inzwischen als unionsrechtswidrig
erkannter Bescheide ausgesprochen worden ist. Erst recht nicht kann
davon ausgegangen werden, dass die Beteiligten der
Ruhensvereinbarung eine dahin gehende Entscheidung des EuGH
vorausgesehen oder sonst eine solche Verpflichtung in Betracht
gezogen hätten.
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2. Das Urteil des FG ist auch nicht deshalb im
Ergebnis richtig, weil das HZA bei seiner Entscheidung -
wohlwissend, dass die Rückforderungsbescheide nach § 48
VwVfG nicht unabänderlich sind - sonstige
entscheidungserhebliche Gesichtspunkte übersehen oder die
betroffenen Belange in rechtlich zu beanstandender Weise gewichtet
hätte. Es ist insbesondere eine rechtlich aus der Sicht des
§ 5 AO nicht zu beanstandende (Ermessens-)Entscheidung, dem
Umstand den Ausschlag zu geben, dass die Klägerin ihre Rechte
nicht unter Ausschöpfung des Rechtswegs verteidigt hat. Dass
§ 48 Abs. 2 VwVfG dies der Behörde nicht verwehrt, bedarf
nach dem oben Gesagten keiner nochmaligen Ausführung. Aber
auch mit dem Unionsrecht, so wie es der EuGH ausgelegt hat, ist
dies vereinbar. Auch dieses verwehrt der nationalen Behörde
nicht, bei einer durch das nationale Recht eröffneten
Möglichkeit, bestandskräftige Entscheidungen nach ihrem
Ermessen zu ändern, als ausschlaggebend zu
berücksichtigen, ob der Betroffene die bestehenden
Rechtsschutzmöglichkeiten ausgeschöpft hat.
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Nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl.
insbesondere EuGH-Urteil Kühne & Heitz in Slg. 2004,
I-837) ist nämlich eine Behörde zwar verpflichtet, bei
Bestehen einer nationalen Vorschrift, die eine Änderung
bestandskräftiger, jedoch aus späterer Sicht mit dem
Unionsrecht nicht vereinbarer Bescheide ermöglicht, deren
Änderung zu prüfen. Entsprechend dem Grundsatz der
Rechtssicherheit verlange, so hat der EuGH dort ausgeführt,
das Unionsrecht allerdings grundsätzlich nicht, dass die
Verwaltungsbehörde eine Verwaltungsentscheidung
zurücknehme, die nach Ablauf angemessener Fristen oder durch
Erschöpfung des Rechtswegs bestandskräftig geworden sei.
Handlungen der Verwaltung, die Rechtswirkungen entfalten,
dürften nämlich nicht unbegrenzt in Frage gestellt
werden. Nur in bestimmten Fällen bestehe eine Schranke
für diesen Grundsatz. In Randnummer 28 des Urteils Kühne
& Heitz hat der EuGH diese besonderen Fälle, bei denen die
für den Erlass einer Verwaltungsentscheidung zuständige
Behörde nach dem in Art. 10 des Vertrags zur Gründung der
Europäischen Gemeinschaft verankerten Grundsatz der
Zusammenarbeit verpflichtet sei, ihre Entscheidung zu
überprüfen und eventuell zurückzunehmen, vier
Voraussetzungen aufgestellt, deren hier nur näher zu
erörternde zweite darin besteht, dass die Entscheidung infolge
eines Urteils eines in letzter Instanz entscheidenden nationalen
Gerichts bestandskräftig geworden ist. In seinem Urteil vom
19.9.2006 C-392/04 - i-21 Germany und Arcor - (Slg. 2006, I-8559)
hat der EuGH die Bedeutung dieser Voraussetzung bekräftigt und
der dortigen Klägerin einen Überprüfungsanspruch
versagt, weil sich ihr Fall „von der Rechtssache
Kühne & Heitz ... völlig [unterscheide]“;
die Kühne & Heitz NV habe nämlich sämtliche ihr
zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe ausgeschöpft,
während i-21 Germany und Arcor von ihrem Recht, die an sie
gerichteten Bescheide anzufechten, nicht Gebrauch gemacht
hätten (vgl. daselbst Rz 53).
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Diese Rechtsprechung ist klar und eindeutig
(vgl. auch EuGH-Urteil vom 12.2.2008 C-2/06 - Kempter -, Slg. 2008,
I-411 = SIS 08 14 91). Eine - von vornherein nur ausnahmsweise
zulässige - Durchbrechung des Grundsatzes der Rechtssicherheit
und der Bestandskraft von Behördenbescheiden auch in den
Fällen, in denen der Betroffene von einer Ausschöpfung
des Rechtswegs absieht, weil er von der Rechtmäßigkeit
der Verwaltungsentscheidung überzeugt ist oder sich jedenfalls
keine Erfolgschancen ausrechnet, diese mit einem Rechtsbehelf zu
Fall zu bringen, hat der EuGH in keiner seiner in diesem
Zusammenhang ergangenen Entscheidungen in Betracht gezogen, obwohl
insbesondere das Urteil in Slg. 2006, I-8559 dazu Gelegenheit oder
sogar Anlass gegeben hat.
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Das Postulat der Überprüfung
bestandskräftiger, nachträglich als unionsrechtswidrig
erkannter Entscheidungen auch auf solche Bescheide auszudehnen, die
wegen der vermeintlich geklärten Rechtslage nicht zur
Überprüfung des in letzter Instanz entscheidenden
nationalen Gerichts gestellt worden sind, würde das Institut
der Bestandskraft - welches der EuGH mit Recht ausdrücklich
als im Interesse der Rechtssicherheit unverzichtbar kennzeichnet -
weitgehend aushöhlen. Dabei begreift sich, dass eine solche
Erstreckung der Prüfungspflicht weder zeitlich noch - wie die
Revision in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zur
Diskussion gestellt hat - auf Fälle beschränkt werden
könnte, die - wie angeblich im Streitfall - in
tatsächlicher Hinsicht dem („Muster“-)Fall
völlig gleichen, der Gegenstand der Rechtserkenntnis jenes
Gerichts war; sie nötigte folglich zu einer der
Rechtssicherheit abträglichen nachträglichen
Prüfung, ob die ohne Ausschöpfung des Rechtswegs
bestandskräftig gewordene Verwaltungsentscheidung
ausschließlich auf den gleichen Rechtssätzen beruht wie
die Entscheidung in dem angeblichen Musterfall. Diese Beurteilung
könnte schwerlich den Beteiligten überlassen bzw. durch
Bezugnahme auf eine von diesen getroffene Ruhensabrede ersetzt
werden, wie sie im Streitfall bestand, welche, wie ausgeführt,
eine stillschweigende Zusage einer Gleichbehandlung bei einer
etwaigen Überprüfung des Musterfalls nach Abschluss des
Rechtsbehelfsverfahrens nicht enthielt und deshalb auch in
Verbindung mit der angeblichen Übereinstimmung zwischen dem
Streitfall und dem vorgenannten Musterfall eine Erstreckung der
Prüfungspflicht auf jenen nicht rechtfertigen kann.
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Es mag nach alledem dahinstehen, ob es der
Klägerin, wie die Revision offenbar meint,
„unzumutbar“ war, unbeschadet der nicht zu ihren
Gunsten ergangenen Entscheidungen in dem Musterverfahren ihre
Rechtsansicht unter Ausschöpfung des Rechtswegs geltend zu
machen (so offenbar Hummel, Rücknahmepflicht
unionsrechtswidriger Steuerbescheide trotz fehlender
(höchstpersönlicher) Ausschöpfung aller
Rechtsmittel, DStZ 2011, 832). Sie musste allerdings gewahr sein,
dass Fragen des Unionsrechts inmitten liegen, zu denen der EuGH
möglicherweise eine andere Auffassung vertreten könnte
als der erkennende Senat in seiner in jenem Musterverfahren
ergangenen Entscheidung zu der Beschwerde wegen Nichtzulassung der
Revision, in welcher Entscheidung entsprechend § 116 Abs. 3
Satz 3 FGO nur die rechtlichen Gesichtspunkte zu erörtern
waren, die von der Beschwerde substantiiert dargelegt worden waren.
Wenn also die Klägerin durch die Rückforderung der ihr
gewährten Ausfuhrerstattung das Unionsrecht verletzt sah oder
diesbezüglich zumindest eine Vorabentscheidung des EuGH
für geboten hielt, hätte es - nachdem der Senat aufgrund
des Vorbringens der Beschwerde in dem sog. Musterverfahren diese
einzuholen keinen Anlass gesehen hatte - nahegelegen, den Rechtsweg
zu beschreiten, um eine solche Prüfung der Rechtslage durch
den EuGH herbeizuführen.
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3. Die Einholung einer Vorabentscheidung des
EuGH in diesem Verfahren ist nicht nach Art. 267 Abs. 3 des
Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union
geboten. Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen waren bereits
Gegenstand mehrerer Entscheidungen des EuGH, aus denen der
erkennende Senat verlässliche Antworten für die
Entscheidung des Streitfalls gewinnen konnte. Besonderheiten eines
Einzelfalls - wie die, auf die sich die Revision beruft -
rechtfertigen kein Vorabentscheidungsersuchen, weil sie nicht eine
(erneute) Auslegung des Unionsrechts erfordern, sondern dessen dem
nationalen Gericht obliegende Anwendung desselben unter
Berücksichtigung der einschlägigen
Auslegungsentscheidungen des EuGH.
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