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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine durch
Gesellschaftsvertrag vom 29.4.1999 gegründete GmbH & Co.
KG, die Hochbauarbeiten aller Art sowie die damit verbundenen
Tätigkeiten ausführt. An ihr sind seit ihrer
Gründung Herr W als einziger Kommanditist sowie die I-GmbH
(GmbH) als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt. Die
GmbH ist zur Geschäftsführung und Vertretung der
Klägerin berufen. Sie hat nach dem Gesellschaftsvertrag keine
Einlage zu leisten und ist nicht am Vermögen und am laufenden
Gewinn der Klägerin beteiligt, sondern erhält lediglich
Ersatz für die ihr aus der Geschäftsführung
entstandenen Aufwendungen sowie eine Haftungsvergütung. Die
GmbH wurde am 26.4.1999 gegründet. An ihr sind seit ihrer
Gründung Herr W mit 92 % und Frau W mit 8 % beteiligt. Frau W
ist bereits seit 1998 mit mehr als 10 % an einer anderen GmbH
beteiligt.
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Im Rahmen ihrer
Gewinnfeststellungserklärung 2000 machte die Klägerin
eine Ansparrücklage für Existenzgründer
gemäß § 7g Abs. 7 des Einkommensteuergesetzes in der
Fassung des Gesetzes zur Bereinigung von steuerlichen Vorschriften
vom 22.12.1999 (BGBl I 1999, 2601, BStBl I 2000, 13) - EStG -
geltend. Der Rücklagenbetrag belief sich auf 189.840 DM. Die
geplanten Investitionen in einer Gesamthöhe von 400.740 DM
sollten nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) im Jahr
2006 (gemeint: 2005) realisiert werden. Der Bescheid über die
gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung für das Jahr
2000 ist bestandskräftig. Für das Streitjahr 2002
erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA
- ) im Jahr 2004 einen Gewinnfeststellungsbescheid, der
gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem
Vorbehalt der Nachprüfung erging.
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Im Jahr 2007 wurde bei der Klägerin
u.a. für das Streitjahr eine Außenprüfung
durchgeführt. Dabei kam die Betriebsprüferin zu dem
Ergebnis, dass die Klägerin nicht die Voraussetzungen des
§ 7g Abs. 7 Satz 2 EStG erfülle. Sie habe daher im Jahr
2000 keine Existenzgründerrücklage nach § 7g Abs. 7
EStG, sondern lediglich eine Rücklage nach § 7g Abs. 3
EStG bilden dürfen. Da die Investitionen nicht innerhalb von
zwei Jahren nach dem Jahr der Rücklagenbildung
durchgeführt worden seien, sei die Rücklage im Streitjahr
gewinnerhöhend mit einem Gewinnzuschlag nach § 7g Abs. 5
EStG aufzulösen. Dem folgte das FA und erließ auf der
Grundlage von § 164 Abs. 2 Satz 1 AO und unter Aufhebung des
Vorbehalts der Nachprüfung am 23.11.2007 einen entsprechenden
Änderungsbescheid zur gesonderten und einheitlichen
Gewinnfeststellung für 2002. Den hiergegen gerichteten
Einspruch wies es durch Einspruchsentscheidung vom 24.7.2008 als
unbegründet zurück.
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Auf die daraufhin erhobene Klage entschied
das FG durch Gerichtsbescheid vom 24.3.2009, dass die Klägerin
nicht die gesetzlichen Voraussetzungen eines Existenzgründers
i.S. des § 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 EStG erfülle. Der
Anwendungsbereich des Gesetzes könne nicht, wie von der
Klägerin begehrt, über die vom Gesetzgeber gesetzten
Grenzen hinaus ausgedehnt werden. Die gesetzgeberische
Entscheidung, nur solche mitunternehmerschaftlichen
Personengesellschaften in die Begünstigung des § 7g Abs.
7 EStG einzubeziehen, bei denen sämtliche Mitunternehmer die
Existenzgründereigenschaft erfüllen, stelle ein
zulässiges, weil sachlich begründetes
Unterscheidungsmerkmal dar. Sei eine Rücklage gebildet worden,
ohne dass die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorgelegen
hätten, müsse primär der Bescheid des Jahres ihrer
fehlerhaften Bildung korrigiert werden. Sei dies nicht
möglich, komme es zu einer Gewinnkorrektur entsprechend §
7g Abs. 5 i.V.m. § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG.
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Die Klägerin rügt mit ihrer
Revision die Verletzung materiellen Rechts. Sie räumt ein,
dass sie dem Gesetzeswortlaut nach nicht die Voraussetzungen des
§ 7g Abs. 7 Satz 2 EStG erfülle. Nach der Literatur sowie
der Rechtsprechung der Finanzgerichte sei jedoch eine GmbH &
Co. KG als Existenzgründerin i.S. des § 7g Abs. 7 Satz 2
EStG anzuerkennen, wenn deren Gesellschafter die
Existenzgründervoraussetzungen erfüllten. Aus Sinn und
Zweck von § 7g Abs. 7 EStG sowie aus dem allgemeinen
Gleichheitssatz folge darüber hinaus, dass einer GmbH &
Co. KG die Existenzgründereigenschaft auch dann zuzusprechen
sei, wenn - wie bei ihr der Fall - nur die am Vermögen und am
laufenden Gewinn beteiligten Mitunternehmer die
Existenzgründereigenschaft erfüllten. Der mit § 7g
Abs. 7 EStG bezweckte Finanzierungs- und Eigenkapitalbildungseffekt
wirke sich nur auf diese Mitunternehmer, nicht aber auf die
Komplementär-GmbH aus, die lediglich Aufwendungsersatz und
eine Haftungsvergütung erhalte. Es widerspreche auch dem Gebot
der Rechtsformneutralität, einer GmbH & Co. KG die
Ansparrücklage für Existenzgründer zu verwehren,
wenn der einzige Kommanditist die Voraussetzungen des § 7g
Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 EStG erfülle und die
Komplementär-GmbH nicht am Vermögen und am laufenden
Gewinn der Gesellschaft beteiligt sei. Denn als Einzelunternehmer
könnte der Kommanditist eine Ansparrücklage für
Existenzgründer unzweifelhaft in Anspruch nehmen.
Wirtschaftlich betrachtet lägen aber identische
Vermögens- und Beteiligungsverhältnisse am Unternehmen
vor. Sollte gleichwohl die Existenzgründereigenschaft der
Klägerin verneint werden, sei die Rücklage im Jahr ihrer
Bildung zu neutralisieren oder aber im ersten noch offenen Jahr im
Wege der Bilanzberichtigung erfolgswirksam auszubuchen, ohne dass
dabei ein Gewinnzuschlag nach § 7g Abs. 5 EStG
entstehe.
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Die Klägerin beantragt
sinngemäß, den Gerichtsbescheid des FG vom 24.3.2009
aufzuheben und den geänderten Bescheid über die
gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen
für 2002 vom 23.11.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung
vom 24.7.2008 dahin zu ändern, dass ein Gewinn aus
Gewerbebetrieb in Höhe von 39.499 EUR zu Grunde zu legen
ist.
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Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet und war
daher gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung
(FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht entschieden, dass
die Klägerin keine Existenzgründerin i.S. des § 7g
Abs. 7 Satz 2 EStG ist und die im Jahr 2000 gebildete Rücklage
im Streitjahr gemäß § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG i.V.m.
§ 7g Abs. 5 EStG gewinnerhöhend mit einem Gewinnzuschlag
aufzulösen war.
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1. a) Nach § 7g Abs. 3 bis 5 EStG
können Steuerpflichtige, die - wie die Klägerin - ihren
Gewinn durch Bestandsvergleich ermitteln, für die
künftige Anschaffung oder Herstellung eines neuen beweglichen
Wirtschaftsguts des Anlagevermögens eine den Gewinn mindernde
Rücklage bilden (Ansparabschreibung). Die Rücklage darf
50 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des
begünstigten Wirtschaftsguts nicht überschreiten, das der
Steuerpflichtige voraussichtlich bis zum Ende des zweiten auf die
Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres anschaffen
oder herstellen wird (§ 7g Abs. 3 Satz 2 EStG).
Spätestens am Ende des zweiten auf die Bildung der
Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres muss die Rücklage
gewinnerhöhend aufgelöst werden (§ 7g Abs. 4 Satz 2
EStG). Soweit die begünstigte Investition unterbleibt, ist der
Gewinn des Wirtschaftsjahres, in dem die Rücklage
aufgelöst wird, für jedes volle Wirtschaftsjahr, in dem
die Rücklage bestanden hat, um 6 % des aufgelösten
Rücklagenbetrags zu erhöhen (§ 7g Abs. 5 EStG).
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Wird die Rücklage von einem
Existenzgründer i.S. des § 7g Abs. 7 Satz 2 EStG
gebildet, so sind gemäß § 7g Abs. 7 Satz 1 EStG die
Abs. 3 bis 6 mit der Maßgabe anzuwenden, dass das
begünstigte Wirtschaftsgut vom Steuerpflichtigen
voraussichtlich bis zum Ende des fünften auf die Bildung der
Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres angeschafft oder
hergestellt wird, der Höchstbetrag in Abs. 3 Satz 5 der
Vorschrift für im Gründungszeitraum gebildete
Rücklagen 600.000 DM (307.000 EUR) beträgt und die
Rücklage spätestens am Ende des fünften auf ihre
Bildung folgenden Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend
aufzulösen ist. Bei diesen Rücklagen entfällt ein
Gewinnzuschlag nach § 7g Abs. 5 EStG bei nicht
durchgeführter Investition (§ 7g Abs. 7 Satz 1 Halbsatz 2
EStG).
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b) Existenzgründer i.S. des 7g Abs. 7
Satz 1 ist nach Satz 2 dieser Vorschrift
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1.
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eine natürliche Person, die innerhalb der
letzten fünf Jahre vor dem Wirtschaftsjahr der
Betriebseröffnung weder an einer Kapitalgesellschaft
unmittelbar noch mittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt
gewesen ist noch Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis
3 erzielt hat,
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2.
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eine Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2, bei der alle Mitunternehmer die Voraussetzungen der
Nummer 1 erfüllen; ist Mitunternehmer eine Gesellschaft i.S.
des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, gilt Satz 1 für alle an
dieser unmittelbar oder mittelbar beteiligten Gesellschafter
entsprechend; oder
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3.
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eine Kapitalgesellschaft i.S. des § 1
Abs. 1 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes, an der nur
natürliche Personen beteiligt sind, die die Voraussetzungen
der Nummer 1 erfüllen.
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2. Danach war die Klägerin keine
Existenzgründerin. Ihrer Anerkennung als
Existenzgründerin steht zwar nicht entgegen, dass es sich bei
ihr um eine GmbH & Co. KG handelt (dazu unten a). Die
Klägerin ist aber deshalb keine Existenzgründerin i.S.
des § 7g Abs. 7 Satz 2 EStG, weil einer ihrer Mitunternehmer,
die GmbH, seinerseits die Anforderungen an einen
Existenzgründer nicht erfüllt (dazu unten b).
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a) Der Senat hat keine Bedenken, eine GmbH
& Co. KG als Existenzgründer i.S. des § 7g Abs. 7
Satz 2 EStG anzuerkennen, wenn alle an ihr beteiligten
Mitunternehmer ihrerseits die Voraussetzungen eines
Existenzgründers nach dieser Vorschrift erfüllen.
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aa) Eine Personengesellschaft ist nach §
7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 EStG Existenzgründer, wenn alle
Mitunternehmer natürliche Personen sind, die ihrerseits die
Voraussetzungen eines Existenzgründers nach § 7g Abs. 7
Satz 2 Nr. 1 EStG erfüllen, oder wenn - bei Beteiligung einer
anderen Personengesellschaft als Mitunternehmer - auch an dieser
nur natürliche Personen i.S. des § 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 1
EStG beteiligt sind. Dem Wortlaut nach kann danach eine
Personengesellschaft, an der - wie bei einer GmbH & Co. KG -
als Mitunternehmer eine Kapitalgesellschaft beteiligt ist, zwar
kein Existenzgründer sein. Eine Kapitalgesellschaft kann
allerdings ihrerseits nach § 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 3 EStG
Existenzgründer sein, wenn an ihr ausschließlich
natürliche Personen i.S. des § 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 1
EStG beteiligt sind. Kann danach aber grundsätzlich sowohl
eine Personengesellschaft als auch eine Kapitalgesellschaft
Existenzgründer sein, sofern jeweils nur natürliche
Personen beteiligt sind, die ihrerseits die Voraussetzungen eines
Existenzgründers i.S. des § 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 EStG
erfüllen, so muss nach Ansicht des Senats auch die GmbH &
Co. KG als Kombination dieser Rechtsformen als Existenzgründer
anerkannt werden, sofern alle Mitunternehmer einschließlich
der Komplementär-GmbH die Voraussetzungen eines
Existenzgründers i.S. des § 7g Abs. 7 Satz 2 EStG
erfüllen.
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bb) Dass der Gesetzgeber die GmbH & Co. KG
von der Begünstigung einer Existenzgründerrücklage
nach § 7g Abs. 7 EStG ausschließen wollte, ist nicht
ersichtlich. Mit der Einführung der
Existenzgründerrücklage in § 7g Abs. 7 EStG wollte
der Gesetzgeber die Attraktivität von
Unternehmensgründungen erhöhen. Die Eigenkapitalbildung
in den Anfangsjahren sollte gefördert und damit das
Insolvenzrisiko verringert werden. Insbesondere
Existenzgründern in der Form kleinerer und mittlerer
Unternehmungen sollte die Möglichkeit der Ansparabschreibung
verstärkt zur Verfügung gestellt werden (BTDrucks
13/4839, S. 38 f.). Die einschränkende Bestimmung des Begriffs
des Existenzgründers erfolgte dabei nur, um unerwünschte
Gestaltungen und Mitnahmeeffekte zu vermeiden (BTDrucks 13/4839, S.
77). Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden,
dass der Gesetzgeber die GmbH & Co. KG von der Förderung
durch § 7g Abs. 7 EStG von vornherein ausschließen wollte
(ebenso FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.4.2008 1 V
1419/08, EFG 2008, 1018 = SIS 08 26 27; FG Münster, Urteil vom
12.5.2011 10 K 4791/08 G,F, EFG 2011, 2055 = SIS 11 24 62;
Hessisches FG, Urteil vom 6.12.2004 1 K 939/02, EFG 2005, 686 = SIS 05 22 84; Schmidt/Kulosa, EStG, 29. Aufl., § 7g Rz 83;
Blümich/Brandis, § 7g a.F. EStG Rz 103; Roland in
Bordewin/Brandt, § 7g a.F. EStG Rz 91; a.A. Thüringer FG,
Urteil vom 30.1.2008 3 K 579/07, EFG 2008, 841 = SIS 08 26 88;
Oberfinanzdirektion Koblenz, Verfügung vom 24.1.2007, DStR
2007, 625).
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b) Die Klägerin ist aber deshalb keine
Existenzgründerin i.S. des § 7g Abs. 7 Satz 2 EStG, weil
die an ihr beteiligte GmbH nicht ihrerseits als
Existenzgründerin i.S. des § 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 3 EStG
anzusehen ist. Denn an der GmbH ist mit Frau W eine natürliche
Person beteiligt, die nach den den Senat bindenden Feststellungen
des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) bei Gründung der GmbH bereits
zu mehr als 10 % an einer anderen Kapitalgesellschaft beteiligt war
und daher nicht die Voraussetzungen des § 7g Abs. 7 Satz 2 Nr.
1 EStG erfüllt.
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Dem steht nicht entgegen, dass die GmbH am
Vermögen und am laufenden Gewinn der Klägerin nicht
beteiligt ist. Die von der Klägerin begehrte Auslegung des
§ 7g Abs. 7 Satz 2 EStG, der zufolge es für die
Anerkennung einer Personengesellschaft als Existenzgründer nur
darauf ankomme, dass alle am Vermögen und am laufenden Gewinn
beteiligten Mitunternehmer die Anforderungen an einen
Existenzgründer i.S. des § 7g Abs. 7 Satz 2 EStG
erfüllten, ist weder vom Gesetzgeber gewollt noch
verfassungsrechtlich geboten.
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aa) Mit § 7g Abs. 7 EStG wollte der
Gesetzgeber die Möglichkeit, Ansparabschreibungen nach §
7g EStG in Anspruch zu nehmen, für Existenzgründer
kleiner und mittlerer Betriebe verbessern (vgl. BTDrucks 13/4839,
S. 38 f. und 77). Bei der Ansparrücklage für
Existenzgründer nach § 7g Abs. 7 EStG handelt es sich
ebenso wie bei der Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 EStG
um eine betriebsbezogene und nicht um eine personenbezogene
Steuervergünstigung (vgl. BTDrucks 12/4158, S. 33; Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 29.4.2008 VIII R 75/05, BFHE 221, 136,
BStBl II 2008, 817 = SIS 08 29 19, unter II.1. der Gründe).
Dabei hat der Gesetzgeber den Begriff des Existenzgründers zur
Vermeidung von unerwünschten Gestaltungen und Mitnahmeeffekten
von vornherein einschränkend bestimmt (vgl. BTDrucks 13/4839,
S. 77). Mitunternehmerschaftliche Personengesellschaften will er
demnach nur fördern, wenn sie ihre betriebliche Tätigkeit
in jeder Hinsicht und in Bezug auf jeden einzelnen Mitunternehmer
neu beginnen (vgl. § 7g Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 EStG), und nicht
bereits dann, wenn - wie im Fall der Klägerin - jedenfalls
alle am Vermögen und am laufenden Gewinn der
Personengesellschaft beteiligten Mitunternehmer ihrerseits die
Existenzgründereigenschaft erfüllen.
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bb) Die von der Klägerin begehrte
Auslegung ist auch verfassungsrechtlich nicht geboten.
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Bei § 7g Abs. 7 EStG handelt es sich um
eine steuerliche Subventionsnorm. Nach der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des BFH ist der Gesetzgeber
bei solchen Normen weitgehend frei darin zu entscheiden, welche
Personen oder Unternehmen er fördern will, solange die
Leistungen nicht nach willkürlichen Kriterien gewährt
werden, sondern sachbezogene Differenzierungsgesichtspunkte gelten
(BVerfG-Beschluss vom 24.3.2010 1 BvR 2130/09, HFR 2010, 756 = SIS 10 22 35, unter III.1.c der Gründe; BFH-Urteil in BFHE 221,
136, BStBl II 2008, 817 = SIS 08 29 19, unter II.3.a der
Gründe, und BFH-Beschluss vom 12.11.2008 VIII B 201/07, nicht
amtlich veröffentlicht). Es stellt ein in diesem Sinne
sachbezogenes Kriterium dar, wenn für die
Existenzgründereigenschaft einer Gesellschaft i.S. des §
15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG verlangt wird, dass sämtliche
Mitunternehmer ihrerseits die Voraussetzungen eines
Existenzgründers erfüllen. Art. 3 Abs. 1 des
Grundgesetzes (GG) enthält kein allgemeines Verfassungsgebot
einer rechtsformneutralen Besteuerung (BVerfG-Beschluss vom
21.6.2006 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 = SIS 06 33 60, BGBl I 2006,
1857, unter C.III. vor 1. der Gründe) in dem Sinne, dass es
für die Existenzgründereigenschaft einer GmbH & Co.
KG nur darauf ankommen darf, dass alle am Vermögen und am
laufenden Gewinn beteiligten Mitunternehmer Existenzgründer
sind.
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3. Zu Recht hat das FG auch entschieden, dass
die von der Klägerin in 2000 gebildete Rücklage im
Streitjahr gemäß § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG i.V.m.
§ 7g Abs. 5 EStG gewinnerhöhend mit einem Gewinnzuschlag
aufzulösen ist.
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a) Da der Steuerpflichtige kein Wahlrecht hat,
ob er eine Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG oder eine
Existenzgründerrücklage nach § 7g Abs. 7 EStG in
Anspruch nehmen will (BFH-Urteil vom 6.9.2011 VIII R 38/09, BFHE
234, 127, BStBl II 2012, 23 = SIS 11 34 13), kommen die Regelungen
des § 7g Abs. 3 bis 6 EStG zur Anwendung, wenn die
Voraussetzungen des § 7g Abs. 7 EStG nicht vorliegen
(BFH-Urteil in BFHE 221, 136, BStBl II 2008, 817 = SIS 08 29 19).
Gemäß § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG i.V.m. § 7g Abs.
5 EStG ist eine Rücklage gewinnerhöhend mit einem
Gewinnzuschlag aufzulösen, wenn sie am Ende des zweiten auf
ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden ist.
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b) Dahinstehen kann, ob die von der
Klägerin im Jahr 2000 gebildete Rücklage die
Voraussetzungen des § 7g Abs. 3 EStG deshalb nicht
erfüllte, weil die Klägerin die begünstigten
Investitionen erst im Jahr 2005 und damit nach Ablauf des
Zwei-Jahres-Zeitraums des § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG tätigen
wollte. Denn auch in diesem Fall wäre die Rücklage im
Streitjahr gemäß § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG i.V.m.
§ 7g Abs. 5 EStG gewinnerhöhend mit einem Gewinnzuschlag
aufzulösen.
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Eine zu Unrecht gebildete Rücklage ist
zwar vorrangig durch Änderung der Steuerfestsetzung des Jahres
rückgängig zu machen, in dem die Rücklage
unzulässiger Weise gebildet wurde. Solange eine Änderung
dieses Bescheides noch möglich ist, gebietet es der Grundsatz
der Besteuerungsgleichheit (§ 85 AO, Art. 3 Abs. 1 GG), auch
nachträglich eine Inanspruchnahme dieser
Steuervergünstigung nur unter den gesetzlichen Voraussetzungen
zuzulassen. Ist eine Änderung dieser Steuerfestsetzung nach
den abgabenrechtlichen Korrekturvorschriften jedoch nicht mehr
möglich, so handelt es sich bei der Rücklage um eine zwar
rechtswidrig, aber gleichwohl wirksam gebildete Rücklage i.S.
des § 7g Abs. 3 EStG. Auch sie ist daher nach § 7g Abs. 4
Satz 2 i.V.m. § 7g Abs. 5 EStG spätestens am Ende des
zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres
gewinnerhöhend mit einem Gewinnzuschlag aufzulösen. Denn
§ 7g Abs. 4 EStG unterscheidet nicht zwischen der
Auflösung einer zu Recht und einer zu Unrecht gebildeten
Rücklage (BFH-Urteil vom 28.4.2005 IV R 30/04, BFHE 209, 496,
BStBl II 2005, 704 = SIS 05 33 27, unter II.3. und 5. der
Gründe).
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Nach den den BFH bindenden Feststellungen des
FG ist im Streitfall eine Korrektur des Feststellungsbescheides
für das Jahr 2000 nicht mehr möglich. Unabhängig
davon, ob die von der Klägerin in jenem Jahr gebildete
Rücklage neben den Voraussetzungen des § 7g Abs. 7 EStG
auch die des § 7g Abs. 3 EStG nicht erfüllte, war sie
daher spätestens am Ende des Streitjahres nach § 7g Abs.
4 Satz 2 EStG i.V.m. § 7g Abs. 5 EStG gewinnerhöhend mit
einem Gewinnzuschlag aufzulösen.
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