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I. Zwischen den Beteiligten ist streitig,
ob der Kläger und Revisionskläger (Kläger) für
seine beiden 1993 bzw. 2006 geborenen Kinder in der Zeit von August
bis Dezember 2007 (Streitzeitraum) einen Anspruch auf Kindergeld
nach den §§ 62 ff. des Einkommensteuergesetzes in der
für den Streitzeitraum geltenden Fassung (EStG) hat.
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Der Kläger, ein polnischer
Staatsangehöriger, ist in Polen als selbständiger
Landwirt tätig und sozialversichert. Vom 20.8.2007 bis zum
7.12.2007 arbeitete er als Saisonarbeitnehmer bei einem
Gartenbauunternehmen in der Bundesrepublik Deutschland
(Bundesrepublik). Für das Jahr 2007 wurde der Kläger auf
seinen Antrag nach § 1 Abs. 3 EStG in der Bundesrepublik als
unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt.
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Die Beklagte und Revisionsbeklagte
(Familienkasse) lehnte den Antrag des Klägers ab, ihm für
den Streitzeitraum für seine beiden Kinder Kindergeld in
Höhe von monatlich jeweils 154 EUR nach den §§ 62
ff. EStG zu gewähren. Einspruch und Klage des Klägers
hatten keinen Erfolg (Urteil des Finanzgerichts - FG - vom
22.4.2010 16 K 3244/08 Kg, juris = SIS 10 28 92).
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Mit seiner gegen das Urteil des FG
gerichteten Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Er ist insbesondere der Ansicht, aus dem Urteil des Gerichtshofs
der Europäischen Union (EuGH) vom 20.5.2008 C-352/06, Bosmann
(Slg. 2008, I-3827 = SIS 08 27 55) ergebe sich, dass der nach den
Art. 13 ff. der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom
14.6.1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf
Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren
Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und
abwandern, in ihrer durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates
vom 2.12.1996 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften -
ABlEG - 1997, Nr. L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten
Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 647/2005 des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.4.2005 (Amtsblatt
der Europäischen Union - ABlEU - 2005, Nr. L 117, S. 1) - VO
Nr. 1408/71 - nicht zuständige Mitgliedstaat gleichwohl
Familienleistungen zu gewähren habe, wenn die entsprechenden
Voraussetzungen des nationalen Rechts gegeben seien.
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II. Der Senat setzt das Revisionsverfahren
gemäß § 121 Satz 1, § 74 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) aus und legt dem EuGH gemäß
Art. 267 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der
Europäischen Union (AEUV) die im Leitsatz bezeichnete Frage
zur Vorabentscheidung vor.
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1. Nach Art. 14a Abs. 1 Buchst. a der VO Nr.
1408/71 unterliegt der Kläger auch während des
Streitzeitraums den polnischen Rechtsvorschriften. Nach dieser
Vorschrift unterliegt eine Person, die eine selbständige
Tätigkeit gewöhnlich in einem Mitgliedstaat ausübt
und die eine Arbeit im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats
ausführt, weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten
Mitgliedstaats, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit
zwölf Monate nicht überschreitet.
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Diese Voraussetzungen liegen nach den den
Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 FGO) hier vor.
Der Kläger übt seine selbständige Tätigkeit als
Landwirt gewöhnlich in Polen aus und war nur für einen
vorübergehenden Zeitraum von deutlich weniger als zwölf
Monaten in der Bundesrepublik nichtselbständig als Erntehelfer
beschäftigt. Damit unterlag er auch während dieser
Tätigkeit in der Bundesrepublik weiterhin den polnischen
Rechtsvorschriften.
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2. Wie sich aus dem Vorlagebeschluss des
Senats vom 21.10.2010 III R 5/09 ergibt, ist der vorlegende Senat
der Ansicht, dass auch nach dem EuGH-Urteil Bosmann in Slg. 2008,
I-3827 der nach den Art. 13 ff. der VO Nr. 1408/71 nicht
zuständige Mitgliedstaat keine Befugnis hat, nach seinem
nationalen Recht einer Person Familienleistungen zu gewähren,
es sei denn, dass diese Person andernfalls infolge der Wahrnehmung
ihres Rechts auf Freizügigkeit einen Rechtsnachteil erleiden
würde.
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Der Kläger des vorliegenden Verfahrens
hat durch die vorübergehende Beschäftigung in der
Bundesrepublik keinen Rechtsnachteil erlitten. Denn nach Art. 14a
Abs. 1 Buchst. a der VO Nr. 1408/71 blieben auch während
dieser Zeit weiterhin die polnischen Rechtsvorschriften auf ihn
anwendbar; es kam zu keinem Wechsel des Sozialrechtsstatuts, der
einen Rechtsnachteil hätte mit sich bringen können.
Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall nicht von dem, der
dem Vorlagebeschluss des Senats in dem Verfahren III R 5/09
zugrunde liegt, in dem es um einen i.S. des Art. 14 Abs. 1 Buchst.
a der VO Nr. 1408/71 in die Bundesrepublik entsandten polnischen
Arbeitnehmer ging. Nach Ansicht des vorlegenden Senats ist es
insoweit unerheblich, dass der Kläger im Verfahren III R 5/09
als entsandter Arbeitnehmer i.S. des Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der
VO Nr. 1408/71 in einem ausländischen (polnischen)
Beschäftigungsverhältnis stand, der Kläger des
vorliegenden Verfahrens hingegen in einem inländischen
(deutschen) Beschäftigungsverhältnis. Denn der
maßgebliche Grund dafür, dass diese Personen nach Art.
14 Abs. 1 Buchst. a bzw. nach Art. 14a Abs. 1 Buchst. a der VO Nr.
1408/71 auch während ihrer tatsächlichen Tätigkeit
in der Bundesrepublik weiterhin den polnischen Rechtsvorschriften
unterlagen, besteht darin, dass beide Kläger für ihre nur
vorübergehenden Tätigkeiten in der Bundesrepublik ihr
(polnisches) Sozialrechtsstatut nicht sollten wechseln
müssen.
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3. Sollte dem nach den Art. 13 ff. der VO Nr.
1408/71 nicht zuständigen Mitgliedstaat allerdings
unabhängig davon, ob die Ausübung des
Freizügigkeitsrechts zu einem Rechtsnachteil führt, die
Befugnis zustehen, Familienleistungen nach seinem Recht zu
gewähren, stellt sich für den vorlegenden Senat die
Frage, ob eine solche Befugnis auch dann bestehen soll, wenn, wie
im vorliegenden Fall, weder der betroffene Arbeitnehmer selbst noch
seine Kinder im Gebiet des nicht zuständigen Staates wohnen
oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und sich ein Anspruch
auf Familienleistungen nach dem nationalen Recht nur deshalb
ergeben kann, weil dieses - wie § 62 Abs. 1 EStG - einen
solchen Anspruch auch für eine Person vorsieht, die - wie der
Kläger im Streitzeitraum - nach § 1 Abs. 3 EStG auf ihren
Antrag hin als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt
wird.
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a) In seinem Urteil Bosmann in Slg. 2008,
I-3827 kam der EuGH zu dem Ergebnis, dass dem (nicht
zuständigen) Wohnmitgliedstaat nicht die Befugnis abgesprochen
werden könne, den in seinem Gebiet wohnhaften Personen
Familienbeihilfen zu gewähren; nach dem (auf Frau Bosmann
anzuwendenden) Art. 13 Abs. 2 Buchst. a der VO Nr. 1408/71
unterliege eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats
abhängig beschäftigt sei, zwar den Rechtsvorschriften
dieses Staates, auch wenn sie im Gebiet eines anderen
Mitgliedstaats wohne, doch solle der Wohnstaat mit dieser
Verordnung nicht daran gehindert werden, dieser Person nach seinem
Recht Familienbeihilfen zu gewähren (EuGH-Urteil Bosmann in
Slg. 2008, I-3827 Rz 31).
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b) Nach der VO Nr. 1408/71 und der Verordnung
(EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21.3.1972 über die
Durchführung der Verordnung Nr. 1408/71 in ihrer durch die
Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2.12.1996 (ABlEG 1997, Nr.
L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung,
geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 647/2005 des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.4.2005 (ABlEU
2005, Nr. L 117, S. 1) - VO Nr. 574/72 - wird neben dem Anspruch
auf Familienleistungen in dem nach den Art. 13 ff. der VO Nr.
1408/71 zuständigen Staat nur der Anspruch auf
Familienleistungen im Wohnmitgliedstaat der
Familienangehörigen (hier: der Kinder) berücksichtigt;
nur für eine Kumulierung derartiger Ansprüche sind in
Art. 76 der VO Nr. 1408/71 und in Art. 10 der VO Nr. 574/72
Antikumulierungsregeln vorgesehen.
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c) Im Fall Bosmann befand sich nicht nur der
Wohnsitz von Frau Bosmann, sondern auch der ihrer Kinder in der
Bundesrepublik. Der Anspruch im Wohnmitgliedstaat der Kinder,
dessen Berücksichtigung Art. 76 der VO Nr. 1408/71 bzw. Art.
10 der VO Nr. 574/72 grundsätzlich neben dem Anspruch im
zuständigen Staat zulassen, scheiterte im Fall von Frau
Bosmann am Fehlen einer Anspruchskumulierung, da im (abweichenden)
Beschäftigungsmitgliedstaat (Niederlande) gerade kein Anspruch
bestand. Der in der Bundesrepublik bestehende Anspruch war jedoch
ein nach der VO Nr. 1408/71 und der VO Nr. 574/72
grundsätzlich zu berücksichtigender Anspruch.
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Anders stellt sich die Situation im Fall des
Klägers dar. Weder er noch seine Kinder hatten im
Streitzeitraum in der Bundesrepublik einen Wohnsitz oder ihren
gewöhnlichen Aufenthalt. Da die Kinder in Polen lebten, konnte
sich ein etwa für sie aufgrund ihres Wohnsitzes zu
berücksichtigender Anspruch nur aus polnischem Recht ergeben.
Die im Rahmen der VO Nr. 1408/71 bzw. der VO Nr. 574/72
grundsätzlich zu berücksichtigenden konkurrierenden
Ansprüche nach dem Recht des zuständigen Staates
einerseits und nach dem Recht des Wohnmitgliedstaats der Kinder
andererseits richten sich im Fall des Klägers - anders als in
dem Fall von Frau Bosmann - also ausschließlich nach
polnischem Recht.
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Ob der nicht zuständige Staat auch in
einem solchen Fall die Befugnis haben soll, Familienleistungen nach
seinem nationalen Recht zu gewähren, hält der vorlegende
Senat für zweifelhaft. Es käme zu einer
Anspruchskumulierung, die nach der VO Nr. 1408/71 gerade vermieden
werden soll und für die auch keine
Antikumulierungsvorschriften vorgesehen sind. Für diese
Kumulierung besteht auch gemeinschafts- bzw. unionsrechtlich keine
Notwendigkeit, denn der Arbeitnehmer, der von seinem Recht auf
Freizügigkeit Gebrauch macht, erleidet dadurch in einem Fall
wie dem des Klägers keinen Nachteil, der ihn von der
Ausübung seines Rechts abhalten könnte. Denn er
unterfällt weiterhin den schon bisher auf ihn anwendbaren
Rechtsvorschriften.
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4. Sind deutsche Vorschriften auf eine Person
in der Situation des Klägers nicht anwendbar, ist die Revision
des Klägers unbegründet. Steht der Bundesrepublik
hingegen die Befugnis zu, auch einer Person in der Situation des
Klägers Kindergeld nach den §§ 62 ff. EStG zu
gewähren, muss das Urteil des FG aufgehoben und die Sache an
das FG zurückverwiesen werden, weil das FG noch nicht alle
erforderlichen Feststellungen getroffen hat, um entscheiden zu
können, ob dem Kläger für seine Kinder im
Streitzeitraum ein Anspruch auf Kindergeld nach den §§ 62
ff. EStG zusteht.
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