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I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) erzielte als Metzgermeister Einkünfte aus
Gewerbebetrieb. Im Streitjahr 1987 wurde er zusammen mit seiner
Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Die
Einkommensteuererklärung der Ehegatten ging - ebenso wie die
Umsatz- und die Gewerbesteuererklärung des Klägers - am
10.11.1988 beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA
- ) ein. Das FA setzte die Steuern erklärungsgemäß
fest. Dabei berücksichtigte es u.a. Einkünfte aus
Gewerbebetrieb in Höhe von 92.674 DM, Einkünfte aus
Kapitalvermögen von je 0 DM (erklärte Einnahmen des
Klägers: 7 DM; der Ehefrau: 33 DM) sowie steuerpflichtige
Umsätze von 477.314 DM.
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Am 6.11.1998 erhielt das FA ein vom
Steuerberater des Klägers gefertigtes Schreiben, das im
Betreff als „strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371
AO“ der Eheleute überschrieben war. Das Schreiben
lautete wie folgt:
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„... namens und im Auftrag meiner
Mandanten erkläre ich, dass sie hinsichtlich der
Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus Kapitalvermögen
unrichtige bzw. unvollständige Angaben in ihren
Einkommensteuer-, Gewerbesteuer- und Umsatzsteuererklärungen
über die Höhe der tatsächlichen Einnahmen gemacht
haben und auch der Verpflichtung zur Abgabe der
Vermögensteuererklärungen nicht nachgekommen sind. Die
Steuererklärungen für das Jahr 1986 wurden Ihnen am
5.10.1987 (Veranlagung ebenfalls 1987) eingereicht.
Festsetzungsverjährung ist deshalb für die Veranlagungen
ab 1987 noch nicht eingetreten.
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Leider kann ich Ihnen wegen fehlender
Unterlagen keine genauen Angaben über die nicht erklärten
Einnahmen machen, sondern diese bis zur Vorlage der in Luxemburg
angeforderten Kontoauszüge und Bestätigungen über
laufende Einzahlungen, jährliche Kontenstände und
Zinsgutschriften nach Angaben meiner Mandanten nur schätzen.
Danach dürften die Guthaben in Luxemburg derzeit insgesamt 1,5
Mio. DM ausmachen, wurden neben ordnungsgemäß
versteuerten Beträgen jährlich ca. DM 80.000,- nicht
versteuerte Einnahmen aus Gewerbebetrieb dort eingezahlt, und
wurden die gutgeschriebenen Zinsen zur Aufstockung der Guthaben
verwendet. In den strafrechtlich relevanten Jahren (die
Veranlagungen für das Jahr 1990 wurden im März bzw. Juni
1992 durchgeführt; die Veranlagungen für 1991 im Mai
1994) dürften die jährlichen Zinsen bis DM 130.000,-
betragen haben.
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Ich bitte Sie, mir eine angemessene Frist
für die Angabe von konkreten Zahlen bzw. für eine ggf.
erforderliche abschließende Schätzung der Zahlen zu
gewähren und mir dabei den Eingang dieses Schreiben zu
bestätigen.“
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Das FA bestätigte mit Schreiben vom
13.11.1998 den Eingang der Selbstanzeige. Es bat (ohne Angabe
bestimmter Jahre) mit Frist 31.12.1998, die „konkreten
Beträge und die entsprechenden Nachweise beizubringen“.
Sollte dies nicht möglich sein, werde um eine
„vorläufige Schätzung der
Besteuerungsgrundlagen“ gebeten.
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Der Steuerberater des Klägers teilte
dem FA hierzu mit Schreiben vom 6.1.1999 mit, es sei ihm leider
bisher nicht möglich gewesen, „konkrete Beträge zu
nennen bzw. vorläufige Zahlen zu schätzen“, da
seine Mandanten darüber keinerlei Unterlagen aufbewahrt
hätten und Angaben und Nachweise von den Banken angefordert
werden müssten. Insbesondere die Banken in Luxemburg seien
derzeit mit Anfragen überlastet. Der Berater bat, die
Bearbeitungsfrist bis zum 31.1.1999 zu verlängern.
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Die Straf- und Bußgeldsachenstelle
des FA für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung leitete am
9.2.1999 sowohl gegen den Kläger als auch gegen dessen Ehefrau
das Steuerstrafverfahren ein. Mit Schreiben vom 23.3.1999
(betreffend Einkommensteuer 1991 bis 1996) und Frist 6.4.1999
forderte das FA den Steuerberater der Kläger auf, bestimmte
Angaben zu machen bzw. Unterlagen zu übersenden. Es wies
abschließend darauf hin, dass die Beträge ggf. zu
schätzen seien. Am 9.4.1999 bat der Berater um weitere
Fristverlängerung bis zum 31.5.1999. Die Geldanlagen der
Eheleute befänden sich bei drei Instituten in Luxemburg und
diese hätten - trotz mehrfacher Erinnerung - die
erforderlichen Unterlagen nicht bzw. nicht vollständig
übersandt.
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Am 16.6.1999 fand im FA eine Besprechung
statt, an der der Kläger, sein Steuerberater und die
zuständige Sachgebietsleiterin S teilnahmen. Ausweislich des
von S hierüber gefertigten Aktenvermerks legte der Kläger
in diesem Termin erstmals „Unterlagen und Berechnungen zu den
in den Jahren 1987 bis 1996 erzielten und bisher nicht
erklärten Kapitaleinkünften und den dem Betrieb
unversteuert entnommenen Einnahmen“ vor. In der zwei Seiten
umfassenden „Ermittlung der nachzuversteuernden
Einkünfte und der Kapitalstände“ waren auch das
Streitjahr betreffende Angaben enthalten.
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Zu den gewerblichen
„Schwarzeinnahmen“ (jährlich 18.000 DM) machten
der Kläger und sein Berater ausweislich des Vermerks folgende
Angaben: Der Kläger habe den Betrieb im Jahre 1969
übernommen und seitdem regelmäßig geringe
Beträge der Kasse unversteuert entnommen und angelegt. Er gab
diese Beträge schätzungsweise mit monatlich 1.500 DM an
(gleichbleibend von 1969 bis 1996). Kosten sind nach Angabe des
Klägers nicht verschwiegen worden; bei den
„entnommenen“ Beträgen handele es sich um
Einkünfte. Weitere Angaben zur Glaubhaftmachung erfolgten
nicht.
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Bereits zuvor hatte das FA den nach §
173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderten
Einkommensteuerbescheid 1987 vom 31.5.1999 erlassen, in dem es
Einkünfte aus Gewerbebetrieb von (92.674 DM + 80.000 DM =)
172.674 DM und Einkünfte aus Kapitalvermögen der Eheleute
von 129.240 DM ansetzte. Am 29.10.1999 erließ das FA einen
ebenfalls nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderten
Umsatzsteuerbescheid 1987 und erhöhte die ursprünglich
erklärten Umsätze um 80.000 DM. Am 19.11.1999
schließlich änderte es den Gewerbesteuermessbescheid
1987 und setzte den Gewinn aus Gewerbebetrieb mit 172.674 DM
an.
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Mit den fristgerecht eingelegten
Einsprüchen machten die Ehegatten/der Kläger geltend,
für sämtliche Steuerarten sei für das Jahr 1987
bereits zum 31.12.1998 Festsetzungsverjährung eingetreten. Die
Selbstanzeige betreffe nur die dort genannten strafrechtlich
relevanten Jahre. Zudem seien die Zuschätzungen
überhöht; dies ergebe sich bereits aus den Unterlagen,
die anlässlich der Besprechung im FA am 16.6.1999 vorgelegt
worden seien.
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Das FA setzte mit der an die Eheleute
gerichteten Einspruchsentscheidung vom 6.1.2005 die Einkommensteuer
1987 auf 21.115,33 EUR herab und wies den Einspruch im Übrigen
als unbegründet zurück. Die Umsatzsteuer 1987
beträgt laut Einspruchsentscheidung 4.338,82 EUR und der
Gewerbesteuermessbetrag 1987 1.914,79 EUR. Die Teilabhilfen
beruhten auf einer Minderung der zwischen den Beteiligten nicht
mehr streitigen Zuschätzungen.
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Zur Anwendung des § 171 Abs. 9 AO
betreffend Einkommensteuer und Umsatzsteuer 1987 führte das FA
unter Hinweis auf das Urteil des Niedersächsischen
Finanzgerichts (FG) vom 10.11.2003 1 K 10277/00 (EFG 2004, 468 =
SIS 04 11 93) aus, bei der am 6.11.1998 eingereichten Anzeige
handele es sich um eine Anzeige i.S. des § 371 AO bzw. §
171 Abs. 9 AO. In der Einspruchsentscheidung betreffend den
Gewerbesteuermessbetrag 1987 räumte das FA ein, dass der
Änderungsbescheid erst nach Ablauf der Jahresfrist (§ 171
Abs. 9 AO) zur Post gegeben worden sei; die
Berichtigungsmöglichkeit hierfür ergebe sich jedoch aus
§ 35b des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) i.V.m. § 171
Abs. 10 AO.
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Das FG hat der Klage stattgegeben. Durch
das Schreiben vom 6.11.1998 sei keine die Einkommensteuer und
Umsatzsteuer 1987 betreffende Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 9
AO eingetreten. Das sog. „Berichtigungserfordernis“
(§ 371 Abs. 1 AO) sei nicht im Jahre 1998, sondern erst durch
eine substantiiert begründete Schätzung der
Besteuerungsgrundlagen aufgeschlüsselt nach
Veranlagungszeiträumen am 16.6.1999 erfüllt worden. Eine
sog. „gestufte“ Selbstanzeige könne die
Ablaufhemmung nicht auslösen. Deshalb sei auch in Bezug auf
den Gewerbesteuermessbetrag 1987 § 171 Abs. 10 AO nicht
„entsprechend“ anzuwenden, weil sämtliche
Festsetzungsfristen (Einkommensteuer und Gewerbesteuermessbetrag)
bereits abgelaufen gewesen seien.
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Mit seiner Revision macht das FA geltend,
der Kläger habe - anders als vom FG angenommen - im Schreiben
vom 6.11.1998 seine nicht versteuerten Einnahmen beziffert. Es sei
anerkannt, dass eine Selbstanzeige durch Schätzung
möglich sei. Der sich selbst Anzeigende müsse auch die
Grundlagen seiner Schätzung nicht darlegen, um dem FA eine
Überprüfung zu ermöglichen. Selbst wenn man davon
ausgehe, dass eine wirksame Selbstanzeige vor Ablauf der
regulären Festsetzungsfrist nicht vorgelegen habe, sei
gleichwohl Ablaufhemmung eingetreten. Es sei nicht erforderlich,
dass alle Tatbestandsmerkmale der §§ 153, 371, 378 Abs. 3
AO erfüllt seien. Vielmehr reiche es aus, wenn der
Steuerpflichtige oder sein Berater der zuständigen
Behörde anzeige, die abgegebenen Erklärungen seien
unrichtig oder unvollständig, und diese Mitteilung so viele
Tatsachenangaben enthalte, dass die angezeigte
Steuerverkürzung dem Grunde nach individualisiert werden
könne.
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Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben
und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist begründet. Zu
Unrecht ist das FG davon ausgegangen, dass im Zeitpunkt des
Erlasses des Einkommensteuer- und des
Umsatzsteueränderungsbescheids 1987 sowie des geänderten
Gewerbesteuermessbescheids 1987 bereits Festsetzungsverjährung
eingetreten war.
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1. Gemäß § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO
beginnt die Festsetzungsfrist, wenn eine Steuererklärung
einzureichen ist, mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die
Steuererklärung eingereicht wird; die Festsetzungsfrist
beträgt nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO im Fall der
Steuerhinterziehung zehn Jahre. Danach begann im Streitfall die
Festsetzungsfrist mit Ablauf des 31.12.1988; ohne Ablaufhemmung
hätte sie am 31.12.1998 geendet. Dass eine Steuerhinterziehung
vorlag und deshalb die verlängerte Festsetzungsfrist von zehn
Jahren zur Anwendung kommt, ist angesichts der über Jahre
hinweg grob unrichtigen Angaben zur Höhe der gewerblichen
Einkünfte und der Kapitaleinkünfte in den
Steuererklärungen nicht zweifelhaft und wird von der
Klägerseite auch nicht in Abrede gestellt.
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2. Die Festsetzungsfrist verlängerte sich
im Streitfall nach § 171 Abs. 9 AO über den 31.12.1998
hinaus. Im Zeitpunkt des Erlasses des
Einkommensteueränderungsbescheids 1987 am 31.5.1999 bzw. des
Umsatzsteueränderungsbescheids 1987 am 29.10.1999 war noch
keine Festsetzungsverjährung eingetreten.
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a) Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf
der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach den §§ 153, 371
und 378 Abs. 3 AO, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf
eines Jahres nach Eingang der Anzeige (§ 171 Abs. 9 AO). Wer
in den Fällen des § 370 AO (d.h. der hier vorliegenden
Steuerhinterziehung) unrichtige oder unvollständige Angaben
bei der Finanzbehörde berichtigt oder ergänzt oder
unterlassene Angaben nachholt, wird insoweit (unter bestimmten
weiteren Voraussetzungen) straffrei (§ 371 Abs. 1 AO).
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b) Eine wirksame Selbstanzeige i.S. des §
371 Abs. 1 AO setzt voraus, dass die bisher unrichtigen,
unvollständigen oder ganz unterbliebenen Angaben
wahrheitsgemäß nachgeholt werden. Straffreiheit tritt
nicht ein, wenn zum Zeitpunkt der Berichtigung einer der
Ausschlussgründe des § 371 Abs. 2 AO vorliegt oder wenn
die Steuern nicht innerhalb angemessener Frist nachgezahlt werden
(§ 371 Abs. 3 AO). § 371 AO will dem Täter selbst
nach einer vollendeten Steuerhinterziehung noch die
Möglichkeit geben, seinen steuerrechtlichen Verpflichtungen
nachzukommen und eventuelle Verfehlungen nachträglich zu
berichtigen. Dem Staat soll dadurch der Zugriff auf bisher
unbekannte Steuerquellen ermöglicht werden. Eine wirksame
Selbstanzeige nach § 371 Abs. 1 AO setzt daher voraus, dass
der Steuerpflichtige eine gewisse Tätigkeit entfaltet, die zu
einer Berichtigung und Ergänzung der bisherigen Angaben
führt. Er muss hierdurch einen wesentlichen Beitrag zur
Ermöglichung einer zutreffenden nachträglichen
Steuerfestsetzung leisten (vgl. Beschluss des Bundesgerichtshofs -
BGH - vom 16.6.2005 5 StR 118/05, BFH/NV 2005, Beilage 4, 380 = SIS 05 36 40). Durch die Berichtigung und Ergänzung der bisherigen
oder die Nachholung von bisher unterbliebenen Angaben durch den
Steuerpflichtigen muss das FA in der Lage sein, ohne langwierige
Nachforschungen den Sachverhalt vollends aufzuklären (vgl.
BGH-Beschluss in BFH/NV 2005, Beilage 4, 380 = SIS 05 36 40).
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c) In der Literatur wird eine
„Selbstanzeige in Stufen“ diskutiert (vgl.
hierzu Schauf in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 371 AO Rz 54
und 293; Simon/Vogelberg, Steuerstrafrecht, 2. Aufl., Teil II:
Selbstanzeige unter 6.3.3; Joecks in Franzen/Gast/ Joecks,
Steuerstrafrecht mit Zoll- und Verbrauchsteuerstrafrecht, 7. Aufl.,
§ 371 Rz 52, 77a f.; Klein/Jäger, AO, 10. Aufl., §
371 Rz 20). Jedenfalls in Fällen, in denen der
Steuerpflichtige eine Selbstanzeige dem Grunde nach erstattet, die
hinterzogenen Steuern zu seinen Ungunsten schätzt und die
Finanzbehörde um die Gewährung einer Nachfrist bittet,
soll Straffreiheit eintreten und eine nachträgliche Korrektur
„nach unten“ unproblematisch sein (Schauf in
Kohlmann, a.a.O., § 371 AO Rz 54 und 293).
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d) Im Streitfall kann offenbleiben, ob sich
der Senat der Auffassung anschließen könnte, eine
„Selbstanzeige in Stufen“ sei generell
möglich, sie führe zur Straffreiheit und verhindere den
Eintritt eines Sperrgrundes i.S. von § 371 Abs. 2 AO. Nicht zu
entscheiden braucht der Senat ebenfalls die Frage, ob das Schreiben
des Klägers vom 6.11.1998 auch hinsichtlich des Jahres 1987
die Voraussetzungen der ersten Stufe einer gestuften Selbstanzeige
erfüllen würde, obwohl der Kläger in diesem
Schreiben die nicht erklärten Zinsen nur für die
strafrechtlich relevanten Jahre geschätzt hat.
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e) Die Ablaufhemmung i.S. von § 171 Abs.
9 AO kann jedenfalls auch aufgrund einer
„Selbstanzeige“ eintreten, welche die
Voraussetzungen des § 371 Abs. 1 AO für die
strafbefreiende Wirkung einer Selbstanzeige (noch) nicht
erfüllt.
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Die Selbstanzeige nach § 371 AO will -
aus fiskalischen Gründen - Steuerhinterziehern eine
„goldene Brücke“ bauen. Liegt eine wirksame
Selbstanzeige i.S. von § 371 AO vor, tritt - auch bei
vollendeter Steuerhinterziehung - Straffreiheit ein. Liegt die Tat
mehrere Jahre zurück und sind gar Auslandssachverhalte
berührt, ist es für den selbstanzeigewilligen
Steuerpflichtigen - wie auch der Streitfall zeigt - schwierig, wenn
nicht gar unmöglich, Zahlenangaben sofort vorzulegen, die eine
Berichtigungserklärung i.S. des § 371 Abs. 1 AO erfordert
(vgl. Schauf in Kohlmann, a.a.O., § 371 AO Rz 53.3). Diesem
Problem hat die Finanzverwaltung bis 2004 (also auch in dem Jahr,
in dem der Kläger Selbstanzeige erstattet hatte) Rechnung
getragen und in ihren Anweisungen für das Straf- und
Bußgeldverfahren (Steuer) - AStBV (St) - dem Erstatter der
Selbstanzeige Gelegenheit gegeben, eine unvollständige und
damit unwirksame Selbstanzeige zu vervollständigen und
Straffreiheit zu erlangen (vgl. Nr. 120 Abs. 1 Satz 1 AStBV (St)
a.F.). Seither sehen die Anweisungen allerdings vor, dass die
Bußgeld- und Strafsachenstelle die Ermittlungen selbst
durchzuführen oder zu veranlassen hat, falls die Angaben
für eine wirksame Selbstanzeige nicht ausreichen und der
Sachverhalt weiter aufklärungsbedürftig ist.
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Die Ablaufhemmung soll nach dem Willen des
Gesetzgebers der Finanzbehörde in bestimmten Fällen auch
dann noch eine Steuerfestsetzung ermöglichen, wenn dies aus
bestimmten Gründen während der regelmäßigen
Festsetzungsfrist nicht möglich ist (vgl. BTDrucks VI/1982, S.
151). § 171 Abs. 9 AO räumt der Finanzbehörde die
Möglichkeit ein, innerhalb eines Jahres die zutreffenden
Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, wenn der Steuerpflichtige
selbst erklärt, unzutreffende Angaben gemacht und so Steuern
hinterzogen zu haben. Maßgeblich für den Beginn der
Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 9 AO kann daher nur sein, dass
der Steuerpflichtige den entsprechenden Lebenssachverhalt so
aufdeckt, dass die Finanzbehörde in die Lage versetzt wird,
insoweit ihrer Ermittlungspflicht nachzukommen. Erfüllt der
Steuerpflichtige dann seine weiterhin bestehenden
Mitwirkungspflichten nicht, kann die Finanzbehörde die
Besteuerungsgrundlagen, auf die sich die
„Selbstanzeige“ des Steuerpflichtigen bezieht,
notfalls auch schätzen. Aus diesem Grund und angesichts der
Tatsache, dass Steuerpflichtige, deren Tat mehrere Jahre
zurückliegt, häufig nicht in der Lage sind,
sämtliche Angaben für eine vollständige
Selbstanzeige i.S. des § 371 AO zu machen, sowie der
gesetzgeberischen Intention, durch die Ablaufhemmung zu erreichen,
dass Sachverhalte, auf die sich die Selbstanzeige bezieht, auch
tatsächlich bei der Besteuerung berücksichtigt werden
können, ist es gerechtfertigt, an eine zur Ablaufhemmung
führende Selbstanzeige geringere Anforderungen zu stellen als
an eine die Straffreiheit bewirkende Selbstanzeige. Nicht nur eine
zur Straffreiheit nach § 371 AO führende Selbstanzeige,
mit der der Steuerpflichtige seine unrichtigen oder
unvollständigen Angaben in vollem Umfang berichtigt oder
ergänzt, kann die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 9 AO
auslösen. Ausreichend für den Beginn der Ablaufhemmung
nach § 171 Abs. 9 AO ist, dass die angezeigte
Steuerverkürzung dem Grunde nach individualisiert werden kann.
Dies setzt voraus, dass der Steuerpflichtige Steuerart und
Veranlagungszeitraum benennt und den Sachverhalt so schildert, dass
der Gegenstand der Selbstanzeige erkennbar wird (vgl. auch Urteil
des Niedersächsischen FG in EFG 2004, 468 = SIS 04 11 93;
Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, §
171 AO Rz 84; Frotscher in Schwarz, AO, § 171 Rz 73a und 73b).
Dadurch wird der nachzuversteuernde Sachverhalt gegenständlich
bestimmt (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 10.6.2005 VIII B
324/03, StE 2005, 2149 = SIS 05 47 97). Zwar ist die
Finanzbehörde aufgrund einer unvollständigen
Selbstanzeige noch nicht in der Lage, die zutreffende Steuerschuld
festzusetzen. Der Fristlauf wird daher in solchen Fällen in
Gang gesetzt, obwohl die Finanzbehörde noch nicht alle
für eine Berichtigung des unrichtigen Steuerbescheids
erforderlichen Angaben besitzt. Dies führt jedoch nicht dazu,
dass der Steuerpflichtige durch die Abgabe einer Selbstanzeige
„dem Grunde nach“ die der Finanzbehörde
maximal zur Verfügung stehende Zeit für den Erlass eines
Änderungsbescheids von einem Jahr einseitig verkürzen
könnte. Vielmehr hat diese es in der Hand, wie lange sie auf
die noch fehlenden Angaben des Steuerpflichtigen nach einer nicht
vollständigen Selbstanzeige wartet oder aber eigene
Ermittlungen - beispielsweise durch eine Außenprüfung -
durchführt bzw., falls diese keinen Erfolg versprechen, die
Besteuerungsgrundlagen aufgrund der Angaben des Steuerpflichtigen
schätzt.
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f) Die vom FG vorgenommene Auslegung des
§ 171 Abs. 9 AO würde zu Wertungswidersprüchen
führen. Gegenüber einem in vollem Umfang ehrlich
gewordenen Steuerpflichtigen könnte die Finanzbehörde die
hinterzogene Steuer im Rahmen des § 171 Abs. 9 AO festsetzen.
Berichtigt der Steuerpflichtige die unvollständigen oder
unrichtigen Angaben hingegen nur teilweise, würde die
Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 9 AO nicht greifen. Zudem ist zu
beachten, dass auch eine Anzeige nach § 153 AO die
Ablaufhemmung des § 171 Abs. 9 AO auslöst. Führt
aber die pflichtgemäße Korrektur von Angaben, die
zunächst nur fahrlässig falsch gemacht wurden, zu einer
Ablaufhemmung, muss gleiches auch für die beschränkte
Korrektur vorsätzlich falscher Angaben gelten.
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3. Im Streitfall hat der Kläger im
Schreiben vom 6.11.1998 und somit noch vor Ablauf der gesetzlichen
Festsetzungsfrist den nachzuversteuernden, das Streitjahr
betreffenden Sachverhalt gegenständlich bestimmt. Er hat
erklärt, dass er (auch) im Jahr 1987 hinsichtlich der
Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus Kapitalvermögen
unrichtige bzw. unvollständige Angaben in seiner
Einkommensteuer-, Gewerbesteuer- und Umsatzsteuererklärung
gemacht hat. Damit hat er der Finanzbehörde seine Tat in
Grundzügen mitgeteilt. Der
Einkommensteueränderungsbescheid 1987 vom 31.5.1999 und der
geänderte Umsatzsteuerbescheid 1987 vom 29.10.1999 sind vor
dem Ende der Ablaufhemmung am 6.11.1999 und damit in nicht
verjährter Zeit erlassen worden. Zwar wurde der geänderte
Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 1987 erst am
19.11.1999 und damit nach Ablauf der Jahresfrist nach § 171
Abs. 9 AO zur Post gegeben. Wegen der wirksamen Änderung des
Einkommensteuerbescheids 1987 konnte das FA jedoch den
Gewerbesteuermessbescheid 1987 nach § 35b GewStG i.V.m. §
171 Abs. 10 AO ändern.
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4. Da der Kläger den nachzuversteuernden,
das Streitjahr betreffenden Sachverhalt gegenständlich
bestimmt und somit auch für 1987 eine zur Ablaufhemmung nach
§ 171 Abs. 9 AO führende
„Selbstanzeige“ noch vor Ablauf der
Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO beim
FA eingereicht hat, brauchte der Senat die Frage nicht zu
entscheiden, ob eine sich auf einen einheitlichen Lebenssachverhalt
beziehende Selbstanzeige überhaupt auf bestimmte Jahre
eingeschränkt werden kann.
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