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Gewerblicher Grundstückshandel bei Wohnungsverkäufen auf Druck der Bank

Gewerblicher Grundstückshandel bei Wohnungsverkäufen auf Druck der Bank: Die persönlichen oder finanziellen Beweggründe für die Veräußerung von Immobilien sind für die Zuordnung zum gewerblichen Grundstückshandel oder zur Vermögensverwaltung unerheblich; dies gilt auch für wirtschaftliche Zwänge wie z.B. Druck der finanzierenden Bank und Androhung von Zwangsmaßnahmen. - Die - durch die Veräußerung von mehr als drei Objekten innerhalb von etwa fünf Jahren indizierte - (zumindest) bedingte Veräußerungsabsicht beim Erwerb kann nur durch objektive Umstände widerlegt werden, nicht aber durch Erklärungen des Steuerpflichtigen über seine Absichten. In Betracht kommen vornehmlich Gestaltungen des Steuerpflichtigen in zeitlicher Nähe zum Erwerb, die eine spätere Veräußerung wesentlich erschweren oder unwirtschaftlicher machen. - Urt.; BFH 17.12.2009, III R 101/06; SIS 10 05 11

Kapitel:
Haus - und Grundbesitz > Grundstücksgeschäfte
Fundstellen
  1. BFH 17.12.2009, III R 101/06
    BStBl 2010 II S. 541
    NJW 2010 S. 2238
    LEXinform 0587936

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 12.5.2010
    -/- in NWB 12/2010 S. 876
    erl in StuB 6/2010 S. 241
    St.K. in BB 17/2010 S. 1003
    R.G. in BFH/PR 6/2010 S. 219
    H.M.A. in FR 11/2010 S. 526
    TC in DStZ 11/2010 S. 387
Normen
[EStG] § 15 Abs. 2
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Köln, 26.10.2006, SIS 07 01 91, Gewerblicher Grundstückshandel, Vermögensverwaltung, Bedingte Veräußerungsabsicht, Fremdfinanzierung, Spekulationsgeschäft
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Düsseldorf 21.12.2023, SIS 24 05 07, Grundstückshandel bei städtebaulichem Veräußerungszwang: 1. Die Veräußerung einer Teilfläche eines von ei...
  • FG Münster 26.4.2023, SIS 23 10 18, Gewerblicher Grundstückshandel bei Veräußerung von 13 Objekten nach Ablauf des Fünf-Jahres-Zeitraums und ...
  • FG Nürnberg 6.10.2017, SIS 18 04 20, Annahme eines gewerblichen Grundstückhandels auch bei einer Veräußerung von weniger als vier Objekten: Be...
  • BFH 28.10.2015, SIS 15 28 81, Gewerblicher Grundstückshandel bei Einbringung von Grundstücken in eine Personengesellschaft, die ihrerse...
  • BFH 28.10.2015, SIS 16 02 59, Gewerblicher Grundstückshandel bei Einbringung von Grundstücken im Rahmen einer Nachlassplanung: Ein Steu...
  • BFH 23.2.2015, SIS 15 10 80, Gewerblicher Grundstückshandel, Übertragung von Eigentumswohnungen vor sachenrechtlich vollzogener Teilun...
  • FG Baden-Württemberg 17.9.2013, SIS 15 14 44, Gewerblicher Grundstückshandel, Gewinnrealisierung bei Grundstücksverkauf, Korrektur nach § 174 Abs. 4 AO...
  • FG Baden-Württemberg 16.4.2013, SIS 13 26 42, Einbringung von Grundstücken in KG als gewerblicher Grundstückshandel: 1. Werden Grundstücke nicht an fre...
  • FG Baden-Württemberg 16.4.2013, SIS 13 26 43, Einbringung von Grundstücken in KG als gewerblicher Grundstückshandel: 1. Werden Grundstücke nicht an fre...
  • BFH 27.9.2012, SIS 13 11 89, Gewerblicher Grundstückshandel bei Veräußerungen zur Vermeidung einer Zwangsversteigerung: 1. Die persönl...
  • FG Hamburg 20.9.2011, SIS 12 02 38, Gewerbesteuerfreier Veräußerungsgewinn bei Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens, Grundst...
  • BFH 17.8.2011, SIS 11 36 69, Revisionszulassung wegen Divergenz: Keine Abweichung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO liegt...
  • FG Münster 11.3.2011, SIS 11 17 87, Abgrenzung des gewerblichen Grundstückshandels von privater Vermögensverwaltung: Eine hohe Anzahl veräuße...
  • FG des Saarlandes 7.12.2010, SIS 11 04 59, Keine Bindungswirkung einer bei der Körperschaft besteuerten vGA für die Einkommensteuer des Gesellschaft...
  • FG München 20.9.2010, SIS 11 25 45, Vermietungsabsicht bei Verkauf der Immobilie: 1. Bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit ist ...
  • FG Münster 27.8.2010, SIS 10 41 24, Wohnhausteilung in 4 Eigentumswohnungen kann Grundstückshandel begründen: 1. Ein Steuerpflichtiger, der e...
  • FG Köln 18.5.2010, SIS 10 34 96, Umqualifizierung der Einkünfte auf Gesellschafterebene: Zur Frage, wann die Veräußerung eines Grundstücks...
  • BFH 27.4.2010, SIS 10 21 24, Gewerblicher Grundstückshandel: Die Rechtsfrage, ob das Merkmal der bedingten Veräußerungsabsicht, aus de...
  • BFH 17.12.2009, SIS 10 15 51, Gewerblicher Grundstückshandel bei Wohnungsverkäufen auf Druck der Bank: 1. Die persönlichen oder finanzi...
Fachaufsätze
  • LIT 01 96 56 St. Köhler, BB 17/2010 S. 1003: Wirtschaftlich sinnvolles Handeln im Hinblick auf eine renditeorientierte Vermögensverwaltung führt in Vi...
Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

 

1

I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielt als Einzelunternehmer Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Klägerin war in den Streitjahren als kaufmännische Angestellte in seinem Unternehmen beschäftigt.

 

 

2

Mit notariellem Kaufvertrag vom 9.7.1992 erwarb die Klägerin ein Grundstück. Auf diesem befand sich ein Einfamilienhaus, das die Kläger in der Folgezeit renovierten und seit November 1994 selbst bewohnen. Von 1992 bis zum 1.2.1995 errichtete die Klägerin auf dem Grundstück zusätzlich ein Mehrfamilienhaus mit zehn Wohnungen, einem Büro-, einem Werkstatt- und Lagerraum sowie acht Garagen, die den Wohnungen nicht zugeordnet waren. Nach Fertigstellung wurden zwei der Wohnungen verbilligt an ihre beiden Kinder und die anderen acht auf unbestimmte Dauer an Dritte vermietet. Die Mietverträge enthielten jeweils eine Staffelmietvereinbarung für zehn Jahre. Die Büro-, Lager- und Werkstatträume vermietete die Klägerin an den Kläger zur gewerblichen Nutzung.

 

 

3

Die Herstellungskosten für den Neubau waren auf 2.495.000 DM veranschlagt worden. Tatsächlich beliefen sie sich auf 2.689.000 DM. Sie wurden - bis auf Eigenmittel von 4.000 DM - vollständig durch eine Bank fremdfinanziert. Am 31.12.1998 standen den vorgenannten Herstellungskosten Darlehen in Höhe von 2.981.945 DM gegenüber.

 

 

4

Mit Teilungserklärung vom 4.9.1995, d.h. sieben Monate nach Fertigstellung, wurde das Mehrfamilienhaus in Wohnungseigentum aufgeteilt. Die Klägerin verkaufte - zu über den Herstellungskosten liegenden Preisen - jeweils eine Wohnung am 24.10.1997, am 1.3.1999, am 6.4.1999, am 10.5.1999, am 23.6.1999 und am 11.4.2000.

 

 

5

Für 1999 erklärte sie Verluste aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 83.636 DM und für 2000 von 42.163 DM.

 

 

6

Die Gewinne aus dem Einzelunternehmen des Klägers hatten vor 1991 jährlich ca. 160.000 DM und mehr betragen. Danach entwickelten sie sich rückläufig. In den Jahren 1993 und 1994 lagen sie bei ca. 60.000 DM, 1995 bei 110.000 DM, in den Jahren 1996 bis 1998 zwischen 70.000 und 80.000 DM, 1999 bei 95.000 DM und im Jahr 2000 bei 55.000 DM.

 

 

7

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) veranlagte für 1999 und 2000 zunächst erklärungsgemäß unter Nachprüfungsvorbehalt. In den Erläuterungen des Einkommensteuerbescheides 1999 forderte er die Kläger ohne Erfolg auf, für die Jahre 1992 bis 1999 Gewinnermittlungen für ihren gewerblichen Grundstückshandel vorzulegen.

 

 

8

Daraufhin erließ das FA am 4.12.2001 nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung geänderte Einkommensteuerbescheide und schätzte Einkünfte der Klägerin aus gewerblichem Grundstückshandel, ausgehend von den bisher erklärten Vermietungseinkünften ohne Absetzung für Abnutzung (AfA) und unter Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlages sowie unter Erfassung der Veräußerungserlöse, für 1999 auf 513.000 DM und für 2000 auf 295.000 DM. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wurden für beide Jahre mit 0 DM angesetzt und die Nachprüfungsvorbehalte aufgehoben.

 

 

9

Nach dem Einspruch der Kläger wurden die Veräußerungsgewinne auf Grundlage der zwischenzeitlich von den Klägern den einzelnen Wohnungen zugeordneten Herstellungskosten und AfA-Beträgen - für 1999 mit 219.530 DM und für 2000 mit 18.693 DM - der Steuerfestsetzung zugrunde gelegt.

 

 

10

Im Übrigen hielt das FA in der Einspruchsentscheidung vom 23.12.2003 daran fest, dass die Klägerin mit dem Verkauf der sechs Eigentumswohnungen einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben habe. Es sei unbeachtlich, ob die Verkäufe stattgefunden hätten, um eine Zwangsvollstreckung durch die finanzierende Bank zu verhindern, weil das ursprüngliche Finanzierungskonzept wegen unvorhergesehener Gewinnrückgänge nicht habe eingehalten werden können und ob der Entschluss zur Teilung des Gesamtobjektes erst nach Fertigstellung und auf Druck der finanzierenden Bank gefasst worden sei. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wurden für 1999 mit minus 63.636 DM und für 2000 mit minus 35.163 DM geschätzt, indem der auf die veräußerten Wohnungen entfallende Anteil für 1999 mit minus 20.000 DM und für 2000 mit minus 7.000 DM angenommen und den laufenden Einkünften aus Gewerbebetrieb zugeordnet wurde; diese Berechnung haben die Kläger nicht gerügt.

 

 

11

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied mit Urteil vom 26.10.2006 6 K 394/04 (EFG 2007, 185 = SIS 07 01 91), die Klägerin habe keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern sonstige Einkünfte i.S. der §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erzielt. Die auf die nicht veräußerten Wohnungen entfallenden Einnahmen und Ausgaben (einschließlich AfA) führten zu einem Verlust bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 83.636 DM und 42.163 DM. Zwar habe die Klägerin innerhalb von fünf Jahren seit der Errichtung mehr als drei Eigentumswohnungen veräußert. Gewichtige Umstände sprächen aber gegen eine auch nur bedingte Veräußerungsabsicht der Klägerin bereits bei Errichtung des Hauses. Die sechs Wohnungen seien in den Jahren 1997, 1999 und 2000 nicht aus freien Stücken, sondern auf Druck der finanzierenden Bank veräußert worden, um einer Zwangsversteigerung des gesamten Objektes zu entgehen. Die Bank habe zur Begutachtung des Kreditengagements bereits einen Mitarbeiter herangezogen, dessen Einschaltung der Einleitung von Zwangsmaßnahmen über die Rechtsabteilung stets unmittelbar vorangegangen sei. Die Höhe der Darlehen zum 31.12.1998 und der rückläufige Gewinn im Betrieb des Klägers verdeutlichten die Zwangslage. Die fehlende Veräußerungsabsicht der Klägerin dokumentiere sich auch dadurch, dass sie die im Finanzierungsangebot vom 4.4.1995 von der Bank eingeforderte Bestätigung ihrer Verkaufsabsichten nicht erteilt habe. Der als Zeuge vernommene Geschäftsstellenleiter der Bank habe glaubhaft dargelegt, dass die Klägerin von einem Verkauf nichts habe wissen wollen und weiterhin davon ausgegangen sei, das Objekt aus den Erträgen finanzieren zu können. Auch die in dem Gesprächsprotokoll der Bank vom 26.10.1995 getroffene Feststellung, dass die Klägerin hinsichtlich des notwendig werdenden Verkaufs von Eigentumswohnungen nicht einsichtig sei, spreche gegen eine zu diesem Zeitpunkt bestehende Veräußerungsabsicht. Die Abfolge der Veräußerungen - nur sukzessive, lediglich nach den Erfordernissen der Finanzierungssituation sowie erstmals mehr als zwei Jahre nach der Teilung des Objekts - belegten eine fehlende Veräußerungsabsicht im Zeitpunkt der Errichtung. In diesem Zusammenhang sei auch bedeutsam, dass die Klägerin seit 2000 keine weiteren Wohnungen mehr veräußert habe. Die durch sie abgeschlossenen unbefristeten Mietverträge mit jeweils zehn Jahre umfassender Staffelmietvereinbarung wiesen ebenfalls darauf hin, dass sie an langfristigen Mietverhältnissen und an einer Fruchtziehung im Wege der Vermietung interessiert gewesen sei. Die im Betrieb des Klägers mitarbeitenden Kinder hätten zugleich mit der Wohnungsüberlassung an den Sitz des Familienunternehmens gebunden werden sollen. Die Klägerin habe den Verkauf auch nicht z.B. durch Werbung „wie ein Händler“ gestaltet.

 

 

12

Das FA trägt zur Begründung der Revision vor, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - (z.B. Urteil vom 16.10.2002 X R 74/99, BFHE 200, 380, BStBl II 2003, 245 = SIS 03 11 57) lasse eine Veräußerung aufgrund von Finanzierungsschwierigkeiten die Indizwirkung der Drei-Objekt-Grenze nicht entfallen. Zwangsmaßnahmen der finanzierenden Banken komme für die Frage der anfänglichen Veräußerungsabsicht keine Bedeutung zu (Urteil des Hessischen FG vom 17.3.1999 8 K 3872/94, DStRE 2000, 904 = SIS 01 61 17). Das FG habe seine Entscheidung auf das BFH-Urteil vom 7.11.1990 X R 170/87 (nicht amtlich veröffentlicht) gestützt. Dessen Sachverhalt sei aber mit dem Streitfall nicht vergleichbar, weil dort nicht aus freien Stücken veräußert worden sei, sondern um einer drohenden Verpflichtung zur Rückübertragung an den Konkursverwalter zuvorzukommen. Im Streitfall sei die Klägerin seit der erstmaligen Aufforderung durch die Bank im April 1995, Wohnungen zu verkaufen, keinen Zwangsmaßnahmen ausgesetzt gewesen und hätte frei entscheiden können, welche Wohnungen sie zu welchem Zeitpunkt habe verkaufen wollen. Die Finanzierung des Objektes nahezu ohne Eigenmittel indiziere eine bedingte Veräußerungsabsicht, da mit dem Risiko eines Liquiditätsengpasses habe gerechnet werden müssen (BFH-Urteil vom 5.5.2004 XI R 25/03, BFH/NV 2004, 1399 = SIS 04 35 92) und dann nur die Veräußerung von Objekten in Betracht komme. Dies gelte im Streitfall umso mehr wegen der verbilligten Vermietung an Angehörige.

 

 

13

Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

14

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

 

 

15

Sie meinen, wegen ihrer besonderen Bindung an das Objekt, das neben ihrem Einfamilienhaus und zur Altersvorsorge errichtet worden und mit dem Betrieb verbunden sei, wegen der unbefristeten Vermietung, der fehlenden Freiwilligkeit der Verkäufe, der langfristigen Finanzierung und dem Fehlen von Vermarktungsanstrengungen entsprächen die Wohnungsveräußerungen nicht dem Bild eines Gewerbebetriebes. Dieses habe das FG - gemäß § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bindend - festgestellt. Schließlich sei zu überdenken, ob für die Ermittlung des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Herstellung und Veräußerung noch auf die Fertigstellung des Objektes und nicht auf den Zeitpunkt der Bindung des Eigentümers durch Abschluss des Bauvertrages - hier 1992 - abzustellen sei; zumindest die Veräußerungen ab 1999 seien dann außerhalb des sog. Fünfjahreszeitraums erfolgt.

 

 

16

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Das FG hat die Wohnungsverkäufe der Klägerin zu Unrecht als private Vermögensverwaltung angesehen und das Vorliegen der in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Kriterien für die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels verneint.

 

 

17

1. Nach § 15 Abs. 2 EStG ist eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufes noch als eine andere selbständige Tätigkeit anzusehen ist. Außerdem müssen durch die Tätigkeit die Grenzen der privaten Vermögensverwaltung überschritten werden. Bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb einerseits und der nicht steuerbaren Sphäre andererseits ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse und auf die Verkehrsanschauung abzustellen (vgl. Beschlüsse des Großen Senats des BFH vom 3.7.1995 GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617 = SIS 95 19 11; vom 10.12.2001 GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 = SIS 02 06 32; Senatsurteile vom 20.2.2003 III R 10/01, BFHE 201, 515, BStBl II 2003, 510 = SIS 03 26 65; vom 15.7.2004 III R 37/02, BFHE 207, 162, BStBl II 2004, 950 = SIS 04 36 36).

 

 

18

Eine private Vermögensverwaltung wird ausgeübt, solange sich die zu beurteilende Tätigkeit noch als Nutzung von Grundbesitz durch Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz darstellt und die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtungen nicht entscheidend in den Vordergrund tritt. Von einem gewerblichen Grundstückshandel kann dagegen im Regelfall ausgegangen werden, wenn innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Anschaffung bzw. Errichtung und Verkauf, d.h. etwa fünf Jahren, mindestens vier Objekte veräußert werden, weil die äußeren Umstände dann den Schluss zulassen, dass es dem Steuerpflichtigen auf die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung ankommt (BFH-Beschluss in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 = SIS 02 06 32).

 

 

19

2. Die Klägerin hat innerhalb von fünf Jahren und zwei Monaten sechs Eigentumswohnungen hergestellt und verkauft und damit die objektiven Voraussetzungen des gewerblichen Grundstückshandels erfüllt. Denn der Erwerb und die Veräußerung von mehr als drei Objekten innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs von nicht mehr als etwa fünf Jahren indiziert eine Grenzüberschreitung von der Vermögensverwaltung zur Gewerblichkeit (vgl. BFH-Beschlüsse in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 = SIS 02 06 32, unter C., m.w.N.; vom 20.3.2003 III B 174/01, BFH/NV 2003, 1166 = SIS 03 36 92; BFH-Urteil vom 18.9.2002 X R 28/00, BFHE 200, 304, BStBl II 2003, 133 = SIS 03 07 66, jeweils m.w.N.). Der Fünfjahreszeitraum beginnt in Herstellungsfällen - ungeachtet der Frage, ob die gewerbliche Tätigkeit möglicherweise bereits mit dem Grundstückserwerb oder der Vorbereitung der Bebauung beginnt - nicht mit dem Abschluss der Bauverträge, sondern mit der Fertigstellung (BFH-Urteil vom 5.12.2002 IV R 57/01, BFHE 201, 169, BStBl II 2003, 291 = SIS 03 16 85, m.w.N., betr. Sanierung). Er gilt grundsätzlich auch dann, wenn das Grundstück vom Veräußerer wie hier zunächst vermietet worden ist; dann ist von einer (ausreichenden) zumindest bedingten Veräußerungsabsicht auszugehen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 23.4.1996 VIII R 27/94, BFH/NV 1997, 170 = SIS 97 04 08, unter 1. b bb, m.w.N.; vom 17.8.2005 IX R 35/04, HFR 2006, 575).

 

 

20

3. Die durch die Verkäufe indizierte Annahme, dass die Klägerin bereits beim Erwerb des Grundstücks und der Herstellung der Wohnungen mit bedingter Veräußerungsabsicht handelte, ist entgegen der Ansicht des FG nicht widerlegt.

 

 

21

Nach der Rechtsprechung steht der Annahme einer bedingten Veräußerungsabsicht grundsätzlich nicht entgegen, dass die ursprüngliche Vermietungsabsicht aufgegeben und das Objekt aufgrund wichtiger und ungewollter Gründe verkauft wird. Denn die konkreten Anlässe und Beweggründe für den Verkauf - z.B. Ehescheidung, Finanzierungsschwierigkeiten, Krankheit, Gefälligkeit gegenüber Mandanten (Senatsurteil in BFHE 201, 515, BStBl II 2003, 510 = SIS 03 26 65), ein unerwartet hohes Kaufangebot - sagen im Allgemeinen nichts darüber aus, ob der Steuerpflichtige nicht auch aus anderen Gründen zum Verkauf bereit gewesen wäre und insofern von Anfang an eine zumindest bedingte Veräußerungsabsicht gehabt hatte (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 16.4.1991 VIII R 74/87, BFHE 164, 347, BStBl II 1991, 844 = SIS 91 16 12; in BFH/NV 1997, 170 = SIS 97 04 08, und vom 29.10.1998 XI R 58/97, BFH/NV 1999, 766 = SIS 98 57 25). Nichts anderes gilt für den im Streitfall von der Bank ausgeübten Druck, Wohnungen zu veräußern, um die Zwangsversteigerung zu vermeiden.

 

 

22

Die persönlichen oder finanziellen Beweggründe der Veräußerung von Immobilien sind somit für die Zuordnung zum gewerblichen Bereich oder der Vermögensverwaltung nach ständiger Rechtsprechung des BFH grundsätzlich unerheblich (vgl. die Nachweise im Senatsurteil in BFHE 201, 515, BStBl II 2003, 510 = SIS 03 26 65). Darin liegt keine gesetzlich nicht abgesicherte feste Beweisregel, denn die sich aus der Anzahl der veräußerten Objekte und dem engen zeitlichen Zusammenhang ergebenden Beweisanzeichen für eine von Anfang an bestehende zumindest bedingte Veräußerungsabsicht können durch außergewöhnliche, im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung zu berücksichtigende Umstände im jeweiligen Einzelfall widerlegt werden.

 

 

23

Dafür kommen aber nur objektive Umstände in Betracht. Erklärungen des Steuerpflichtigen, er wolle seine Immobilie lange halten, widerlegen die bedingte Veräußerungsabsicht ebenso wenig wie ein gewerblicher Grundstückshandel durch die Angabe begründet werden kann, es solle mit Grundstücken gehandelt werden (BFH-Urteil vom 18.8.2009 X R 25/06, BFHE 226, 77, BStBl II 2009, 965 = SIS 09 30 32). Etwaige Motive des Steuerpflichtigen, nicht zu verkaufen, sind zudem insbesondere dann unerheblich, wenn er bereits bei Fertigstellung des Objektes damit rechnen muss, zur späteren Veräußerung gezwungen zu sein. Dies trifft im Streitfall wegen der „engen“ Finanzierung und der zurückgegangenen Gewinne des Klägers zu. Soweit sich die Klägerin im Revisionsverfahren darauf berufen hat, nach Fertigstellung noch Bundesobligationen und Mittel aus einem Bausparvertrag in Höhe von insgesamt fast 140.000 DM zur Finanzierung des Objektes eingesetzt zu haben, hätte sich auch dadurch nur ein Eigenkapital von etwa 5 % der Herstellungskosten ergeben.

 

 

24

Die Absicht, ein Objekt zur Alterssicherung einzusetzen, spricht nicht gegen eine bedingte Veräußerungsabsicht, da auch der Erlös aus einem gewinnbringenden Veräußerungsgeschäft zur Altersvorsorge genutzt oder erneut in Immobilien angelegt werden kann (Senatsurteil vom 12.12.2002 III R 20/01, BFHE 200, 388, BStBl II 2003, 297 = SIS 03 14 76; BFH-Beschluss vom 21.5.2007 XI B 164/06, BFH/NV 2007, 1657 = SIS 07 27 61). Im Übrigen eigneten sich im Streitfall die durch Veräußerungserlöse teilweise abgezahlten verbleibenden Objekte besser zur Fruchtziehung und zur Altersvorsorge als die Gesamtheit der hoch belasteten Wohnungen.

 

 

25

Die durch das Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze indizierte innere Tatsache der bedingten Veräußerungsabsicht im Zeitpunkt des Erwerbs wird danach vornehmlich durch Gestaltungen des Steuerpflichtigen widerlegt, die eine spätere Veräußerung wesentlich erschweren oder unwirtschaftlicher machen. Dies kann eine langfristige Finanzierung oder eine langfristige Vermietung sein, wenn diese sich im Falle einer Veräußerung voraussichtlich ungünstig auswirken oder zusätzliche finanzielle Belastungen auslösen würden (z.B. eine Vorfälligkeitsentschädigung bei Darlehensablösung, vgl. dazu BFH-Urteil vom 28.1.2009 X R 35/07, BFH/NV 2009, 1249 = SIS 09 21 41, Inkaufnahme einer durch die Vermietung bedingten Wertminderung oder „Auskaufen“ des Mieters), oder - wie in der Sache des BFH-Urteils vom 7.11.1990 X R 170/87 (nicht veröffentlicht) - die Einräumung von Nießbrauchsrechten, welche eine Verfügung über das Grundstück erschwert. Im Streitfall fehlen derartige äußere Umstände; die Klägerin hat vielmehr unbefristet vermietet und bereits sieben Monate nach Fertigstellung in Wohnungseigentum aufgeteilt, wodurch ein späterer Verkauf einzelner Wohnungen ermöglicht wurde.

 

Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

Reine Absichtserklärungen können einen gewerblichen Grundstückshandel nicht vermeiden und auch nicht begründen. Anders bei einer langfristigen Finanzierung, da diese im Veräußerungsfall z.B. wegen einer Vorfälligkeitsentschädigung finanziell nachteilig sein kann. Ebenso kann eine langfristige Vermietung eines nicht rentierlichen Objekts eine Wertminderung bedeuten oder sich durch ein „Auskaufen“ des Mieters nachteilig auswirken. Die Einräumung von Nießbrauchsrechten kann eine Verfügung über das Grundstück erschweren. Entscheidend ist dabei die Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls.