Rückgängigmachung aufgrund eines befristet vereinbarten und von nachträglich eintretenden Umständen abhängigen Rücktrittsrechts: 1. Wird in einem Grundstückskaufvertrag ein vom nachträglichen Eintritt bestimmter Ereignisse abhängiges Rücktrittsrecht vereinbart, unterfällt die Ausübung dieses Rechts bei vollständiger Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs dem § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG und unterliegt daher nicht der Zweijahresfrist der Nr. 1 der Vorschrift. - 2. Ist ein solches Rücktrittsrecht befristet vereinbart, bleibt es trotz ggf. mehrfach noch innerhalb der laufenden Frist erfolgter Verlängerung bestehen, wenn jeweils wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage ein Anspruch auf Vertragsanpassung in Gestalt einer Fristverlängerung bestand. - 3. Ist die vereinbarte Frist für die Ausübung eines derartigen Rücktrittsrechts erst einmal verstrichen, stellt eine dennoch vereinbarte "Fristverlängerung" die Begründung eines neuen Rücktrittsrechts dar. Ihm kommt nur Bedeutung zu, wenn sowohl die Neubegründung als auch die Ausübung dieses Rechts noch innerhalb der Zweijahresfrist des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfolgt. - Urt.; BFH 18.11.2009, II R 11/08; SIS 09 39 16
I. Am 29.9.1999 schloss die Klägerin
und Revisionsklägerin (Klägerin), eine
Wohnungsbaugesellschaft, mit der Liegenschaftsverwaltung eines
größeren Unternehmens einen notariell beurkundeten
Vertrag über den Kauf einer noch zu vermessenden
Teilfläche eines unerschlossenen Grundstücks zum Preis
von 466.260 DM, um darauf Wohnhäuser zu errichten. Die
Erschließung der Teilfläche sollte über die
Restfläche erfolgen. Die Klägerin sollte mit der Stadt
einen Erschließungsvertrag über die Gesamtfläche
schließen, in den die Verkäuferin oder deren etwaiger
Rechtsnachfolger eintreten sollte. Sollten das
Erschließungsvorhaben sowie das Bauvorhaben der Klägerin
- letzteres an einem negativen Vorbescheid der
Genehmigungsbehörde - scheitern, stand der Klägerin ein
bis zum 28.2.2000 auszuübendes Rücktrittsrecht zu. Bei
Abschluss des Grundstückskaufvertrages war die
Verkäuferin vollmachtlos vertreten. Sie genehmigte die
Erklärungen des Vertreters am 27.10.1999.
Mit Bescheid vom 7.1.2000 setzte der
Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) die
Grunderwerbsteuer gegenüber der Klägerin - wegen der
Vermessungskosten vorläufig - auf 16.319 DM fest. Mit
Schriftsatz vom 28.1.2004 beantragte die Klägerin die
Aufhebung des Bescheids. Die Erschließung und das Bauvorhaben
waren gescheitert und deshalb der Kaufvertrag nicht vollzogen
worden. Eine zugunsten der Klägerin bereits eingetragene
Auflassungsvormerkung wurde wieder gelöscht. Die
Löschungsbewilligung datiert vom 1.9.2003. In der Zwischenzeit
war die Frist für die Ausübung des Rücktrittsrechts
mehrfach Gegenstand weiterer notarieller Urkunden, mit denen sie
hinausgeschoben wurde. Dazu liegen vor:
a) Urkunde vom 28.2.2000 -
Fristverlängerung bis 31.12.2000
b) Urkunde vom 20.12.2000 -
Fristverlängerung bis 30.9.2001
c) Urkunde vom 27.9.2002 -
Fristverlängerung bis 15.9.2003
In der Urkunde vom 28.2.2000 wurde
darüber hinaus die Fälligkeit des Kaufpreises von der
Erteilung auch der Baugenehmigung abhängig gemacht.
Bei Beurkundung dieser
Fristverlängerungen war die Verkäuferin jeweils
vollmachtlos vertreten. Eine Genehmigung liegt nur bezüglich
der zweiten und dritten Urkunde vor. Ob die Klägerin vom
Vertrag zurückgetreten oder der Vertrag aufgehoben worden ist,
ist nicht festgestellt. Der Vortrag der Klägerin ist insoweit
schwankend. Allerdings steht fest, dass die Vertragsparteien das
Vertragsverhältnis noch vor Ablauf der letzten Frist für
beendet gehalten haben.
Mit Verfügung vom 30.3.2004 lehnte das
FA die Aufhebung der Grunderwerbsteuerfestsetzung ab, da der Antrag
nicht innerhalb der Festsetzungsfrist gestellt worden sei. Dagegen
legte die Klägerin Einspruch ein. Außerdem beantragte
sie, die Grunderwerbsteuer gemäß § 163 der
Abgabenordnung (AO) „anderweitig auf 0 DM
herabzusetzen“, hilfsweise gemäß § 227 AO
„aus sachlichen Gründen zu erlassen“. Beides
lehnte das FA ab, und zwar durch Verfügungen vom 22. bzw.
30.6.2004. Auch gegen diese Ablehnungsverfügungen legte die
Klägerin Einspruch ein. Das FA wies die drei Einsprüche
mit einer gemeinsamen Entscheidung vom 13.6.2005
zurück.
Auch die Klage hatte keinen Erfolg. Das
Finanzgericht (FG) verneinte einen Aufhebungsanspruch sowohl nach
§ 16 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 des Grunderwerbsteuergesetzes
(GrEStG) als auch nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. § 16
Abs. 1 Nr. 1 GrEStG sei nicht einschlägig, weil die darin
vorgeschriebene Zwei-Jahres-Frist nicht eingehalten sei. § 16
Abs. 1 Nr. 2 GrEStG sei nicht anwendbar, da es an einem
zivilrechtlichen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages
gefehlt habe. Ein solcher Anspruch hätte sich im Streitfall
nur aufgrund Wegfalls der Geschäftsgrundlage ergeben
können. Die Voraussetzungen dieses Rechtsinstituts lägen
jedoch nicht vor. Das von den Vertragsparteien gesehene Risiko, die
Bebaubarkeit des Grundstücks nicht zu erreichen, sei bereits
durch das Rücktrittsrecht und die erste Verlängerung der
für dessen Ausübung gesetzten Frist vom 28.2.2000
sachgerecht geregelt gewesen. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO
greife nicht ein, weil der Kaufvertrag nicht nachträglich -
etwa durch Anfechtung - unwirksam geworden sei. Die Verweigerung
der beantragten Billigkeitsmaßnahme nach § 163 und
§ 227 AO sei nicht zu beanstanden. Ermessensfehler lägen
insoweit nicht vor. Das Urteil des FG ist in EFG 2008, 877 = SIS 08 18 95 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt die
Klägerin fehlerhafte Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 2
GrEStG sowie der §§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 163 und 227
AO. Maßgeblich für die Erhebung von Grunderwerbsteuer
als einer Verkehrsteuer sei ein Rechtsträgerwechsel und zu
solch einem Wechsel sei es im Streitfall nicht gekommen. Wenn dem
nicht mithilfe der §§ 16 GrEStG und 175 AO Rechnung
getragen werden könne, müsste auf der Grundlage der
§§ 163 und 227 AO für Abhilfe gesorgt
werden.
Die Klägerin beantragt, unter
Aufhebung der Vorentscheidung sowie der Ablehnungsverfügung
vom 30.3.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.6.2005
das FA zu verpflichten, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 7.1.2000
aufzuheben, hilfsweise, die Ablehnungsverfügungen vom 22. und
30.6.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.6.2005
aufzuheben und das FA zu verpflichten, die Grunderwerbsteuer zu
erlassen.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet; sie war
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat im Ergebnis zu Recht
eine Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs sowohl
gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG als auch
gemäß Abs. 1 Nr. 2 der Vorschrift verneint. Es hat auch
zutreffend eine Aufhebung des Steuerbescheids nach § 175 Abs.
1 Satz 1 AO sowie den Hilfsantrag bezüglich der
Billigkeitsmaßnahmen abgelehnt.
1. Im Gegensatz zu § 16 Abs. 1 Nr. 1
GrEStG, der eine Rückgängigmachung innerhalb von zwei
Jahren seit der Entstehung der Steuer erfordert, sieht die Nr. 2
der Vorschrift keine zeitliche Begrenzung für die
Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs vor. Dieser
Unterschied beider Tatbestände ist nach der Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs - BFH - (Urteil vom 8.6.1988 II R 90/86, BFH/NV
1989, 728, 729) - soweit die Rückgängigmachung auf der
Ausübung eines Rücktrittsrechts beruht - darin
begründet, dass sich die Nr. 1 auf Fälle bezieht, in
denen das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft aufgrund
eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts aufgehoben wird,
während die Nr. 2 einen Rechtsanspruch auf
Rückgängigmachung derart verlangt, dass dieser einseitig
und gegen den Willen des anderen am Grundstücksgeschäft
Beteiligten durchsetzbar ist und die Rückgängigmachung
auf der Ausübung dieses Rechts beruht.
Allerdings erfolgt auch bei Ausübung
eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts im Sinne der Nr. 1 die
Rückgängigmachung als solche einseitig und unter
Umständen gegen den Willen des Vertragspartners. Daher wird in
der Literatur (Sack in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz,
Kommentar, 16. Aufl. 2007, § 16 Rz 36) zu Recht der
eigentliche Unterschied darin gesehen, dass bei § 16 Abs. 1
Nr. 1 GrEStG an eine Rückgängigmachung gedacht ist, die
jederzeit durch Ausübung eines vorbehaltenen und an keine
weiteren Voraussetzungen gebundenen Rücktrittsrechts
herbeigeführt werden kann, während bei der Nr. 2 der
Vorschrift die Möglichkeit zum Rücktritt erst aufgrund
nachträglich eingetretener Umstände entsteht.
Jedoch lässt sich ein vom
nachträglichen Eintritt bestimmter Ereignisse abhängiges
Rücktrittsrecht auch vertraglich vereinbaren. Geschieht dies,
unterfällt die Ausübung des Rücktrittsrechts bei
vollständiger Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs
dem § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG, obwohl die Umstände, von
deren Eintreten das Recht zum Rücktritt abhing, vertraglich
ausbedungen waren (vgl. Sack in Boruttau, a.a.O.; Pahlke/Franz,
Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 3. Aufl. 2005, § 16 Rz
13). Als derartige Umstände kommt all das in Betracht, was in
§ 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG unter dem Begriff der
Vertragsbedingungen zusammengefasst ist.
2. Hätten die Vertragsparteien im
Streitfall die Befristung des der Klägerin in § 12 des
Kaufvertrages eingeräumten Rücktrittsrechts unterlassen
oder von Anfang an etwa auf fünf Jahre erstreckt, handelte es
sich um ein vorbehaltenes Recht mit der oben beschriebenen
Besonderheit, vom nachträglichen Eintritt oder Nichteintritt
bestimmter Ereignisse - nämlich der Ablehnung einer
Erschließung oder Bebauung des Grundstücks durch die
Kommune und damit vom Nichteintritt der Bebaubarkeit -
abhängig zu sein, und stünde der Klägerin ein
Aufhebungsanspruch aus § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG zu. Die
vertraglich vorgesehenen Umstände für einen
Rücktritt wären nachträglich eingetreten. Wäre
der Kaufvertrag vom September 1999 aus diesem Grunde einvernehmlich
aufgelöst worden, hinderte dies die Anwendung des § 16
Abs. 1 Nr. 2 GrEStG nicht (BFH-Urteil in BFH/NV 1989, 728).
3. Tatsächlich war aber das vorbehaltene
Rücktrittsrecht ursprünglich lediglich bis zum 28.2.2000
befristet. Läge jedoch eine bis zur vollständigen
Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs reichende
lückenlose Kette von jeweils noch innerhalb der laufenden
Frist vereinbarten Fristverlängerungen vor, bliebe § 16
Abs. 1 Nr. 2 GrEStG anwendbar, wenn der Klägerin jeweils ein
Anspruch auf Fristverlängerung zugestanden hätte. Solche
Ansprüche kommen unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der
Geschäftsgrundlage in Betracht. Das Rechtsinstitut des
Wegfalls der Geschäftsgrundlage kann nämlich nicht nur
zur Entstehung eines gesetzlichen Rücktrittsrechts wegen
„Nichterfüllens einer Vertragsbedingung“
i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG führen, sondern im Zuge
einer vorrangigen Vertragsanpassung auch zur bloßen
Verlängerung der vereinbarten Frist für die Ausübung
eines vorbehaltenen (und damit bereits begründeten), aber noch
von nicht beeinflussbaren Umständen abhängigen
Rücktrittsrechts.
4. Bei lückenloser rechtzeitiger
Fristverlängerung hätte der Klägerin zwar unter dem
Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage jeweils ein
Anspruch auf Anpassung des Kaufvertrages vom September 1999 durch
(mehrfache) Verlängerung der Frist für die Ausübung
des vereinbarten Rücktrittsrechts zustehen können; eine
derartige lückenlose Kette rechtzeitiger
Fristverlängerungen ist im Streitfall aber nicht
vorhanden.
a) Der Kaufvertrag vom September 1999
unterfällt noch dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in der
Fassung vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes.
Daher gilt noch nicht § 313 BGB n.F., sondern
ausschließlich § 242 BGB, wonach der Schuldner
verpflichtet ist, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben
mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. In der Sache
macht dies keinen Unterschied (vgl. dazu Palandt/Grüneberg,
Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 67. Aufl. 2008, § 313
Rz 1). Ein Wegfall der Geschäftsgrundlage liegt u.a. - wie
nunmehr in § 313 Abs. 2 BGB n.F. ausdrücklich geregelt -
vor, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des
Vertrages geworden sind, sich als falsch herausstellen.
b) Die Vertragsparteien hatten nach den
Feststellungen des FG im September 1999 die Vorstellung, bis Ende
Februar 2000 werde geklärt sein, dass die erworbene
Teilfläche erschlossen und bebaut werden könne. Die
dahingehenden Feststellungen des FG sind nicht angegriffen worden;
sie enthalten auch keine gegen Denkgesetze oder
Erfahrungssätze verstoßende Schlussfolgerung (vgl. dazu
Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl. 2006, § 118
Rz 54). Diese gemeinsame Erwartung, die für den
Geschäftswillen der Vertragsparteien wesentlich war, hat sich
nicht erfüllt. Der damit verbundene Wegfall der
Geschäftsgrundlage führte jedoch nicht zur Auflösung
des Kaufvertrages, sondern lediglich zu einem Anspruch der
Klägerin auf Vertragsanpassung im Sinne eines an der
Zumutbarkeit ausgerichteten optimalen Interessenausgleichs. Darin
lag unter Wahrung der Interessen beider Seiten der
geringstmögliche Eingriff in das Vertragsverhältnis. Dem
Interesse der Verkäuferin, am Vertrag so lange festzuhalten,
wie der Klägerin zumutbar, war damit ebenso Rechnung getragen
wie dem Interesse der Klägerin, an dem Vertrag zunächst
festhalten zu können, ihn aber bei Scheitern des
Erschließungs- und Bauvorhabens nicht auf jeden Fall
erfüllen zu müssen.
c) Von einer derartigen Vertragsanpassung
wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage lässt sich aber nur
dann sprechen, wenn die Fristverlängerung rechtzeitig vor
Ablauf der jeweils zu verlängernden Frist vorgenommen worden
ist. Ist die ursprünglich vereinbarte Frist für die
Ausübung des vorbehaltenen Rücktrittsrechts jedoch einmal
verstrichen, ohne vorher einvernehmlich verlängert worden zu
sein, hätte die Klägerin das Recht zum Rücktritt
endgültig verloren gehabt und stellte die
Wiedereinräumung eines Rücktrittsrechts ein
Entgegenkommen der Verkäuferin dar, auf das diese sich auch
unter dem Gesichtspunkt der Vertragsanpassung nicht hätte
einzulassen brauchen.
d) Ein derartiges (neues) Rücktrittsrecht
könnte nur dann Grundlage einer Rückgängigmachung
i.S. des § 16 Abs. 1 GrEStG sein, wenn es noch innerhalb von
zwei Jahren seit Entstehung der Steuer vereinbart und ausgeübt
worden wäre. Denn ungeachtet dessen, dass es wiederum erst bei
Eintritt eines bestimmten Ereignisses ausgeübt werden
dürfte, käme hierbei dem Umstand der
rechtsgeschäftlichen Begründung des Rücktrittsrechts
die entscheidende Bedeutung zu. Als vereinbartes
Rücktrittsrecht wäre es dem § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG
und nicht etwa gemäß den Ausführungen oben zu II.
1. dem Abs. 1 Nr. 2 der Vorschrift zuzuordnen. Wenn nämlich
die Aufhebung des steuerpflichtigen Grundstücksgeschäfts
nur innerhalb von zwei Jahren seit Steuerentstehung beachtlich ist,
dann muss für die nachträgliche Vereinbarung eines
(neuen) Rücktrittsrechts, das im Falle seiner Ausübung
letztlich ebenfalls zur Beendigung des
Grundstücksgeschäfts führt, dieselbe Befristung
gelten (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 5.5.1976 IV ZR
63/75, BGHZ 66, 270, 272). Das Absehen von der Zwei-Jahres-Frist
des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG und die Zuordnung zum Tatbestand
des Abs. 1 Nr. 2 der Vorschrift bei vereinbarten
Rücktrittsrechten, die von Umständen abhängen, die
der Berechtigte nicht selbst beeinflussen kann, ist somit
beschränkt auf Rücktrittsrechte, die bei Abschluss des
Grundstücksgeschäfts vorbehalten worden sind.
5. Im Streitfall liegt keine lückenlose
Kette rechtzeitig vorgenommener Fristverlängerungen für
die Ausübung des im Grundstückskaufvertrag vorbehaltenen
Rücktrittsrechts der Klägerin vor. Die Kette bricht
spätestens Ende 2000 ab. Die erste Fristverlängerung -
nämlich diejenige vom 28.2.2000 - ist noch am letzten Tag der
ursprünglich vereinbarten Frist beurkundet worden. Allerdings
war die Verkäuferin bei dieser Beurkundung lediglich
vollmachtlos vertreten. Ob und wann sie die Fristverlängerung
genehmigt hat, ist nicht festgestellt. Bei Annahme einer
rechtzeitigen - d.h. noch am selben Tag - erfolgten Genehmigung
wäre aber die nächste Fristverlängerung -
nämlich diejenige vom 20.12.2000 - auf jeden Fall
verspätet. Bei Beurkundung dieser Fristverlängerung war
die Verkäuferin wiederum vollmachtlos vertreten. Die
erforderliche Genehmigung hat sie erst am 30.1.2001, und damit erst
nach Ablauf der zuvor (unterstellt mit steuerrechtlicher Wirkung)
bis zum 31.12.2000 verlängerten Frist, erklärt. Die
Genehmigung wirkte zwar zivilrechtlich gemäß § 184
Abs. 1 BGB auf den Zeitpunkt der Beurkundung zurück;
grunderwerbsteuerrechtlich kann diese Rückwirkung jedoch nicht
nachvollzogen werden, da sich der steuerrechtlich maßgebliche
Sachverhalt nicht rückwirkend gestalten lässt (vgl.
BFH-Urteil vom 24.8.2006 IX R 40/05, BFH/NV 2006, 2236 = SIS 06 44 61, unter II. 2. a; Klein/Brockmeyer, Abgabenordnung, Kommentar, 9.
Aufl. 2006, § 38 Rz 11; Drüen in Tipke/Kruse,
Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Stand Juni 2009, § 38
AO Rz 28, 29). Folglich ist zumindest die zweite
Fristverlängerung verspätet.
6. Die Entstehung eines Rücktrittsrechts
kraft Gesetzes infolge Wegfalls der Geschäftsgrundlage hat das
FG mit der Begründung zu Recht verneint, dass die
Vertragsparteien der Ungewissheit, ob das Grundstück bebaubar
werden würde, durch eine ausdrückliche Regelung -
nämlich das vereinbarte, aber befristete Rücktrittsrecht
der Klägerin - Rechnung getragen hatten. Die Vorstellung der
Vertragsparteien über die Möglichkeit einer
künftigen Bebaubarkeit des Grundstücks hat sich zwar als
falsch erwiesen; die Parteien haben aber ausdrücklich
geregelt, welche Rechtsfolge dies haben sollte, nämlich
lediglich ein Rücktrittsrecht für die Klägerin.
Dass die Rückgängigmachung eines
Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG befristet ist
und es somit wie im Streitfall zu einer Steuerschuld ohne
Rechtsträgerwechsel kommen kann, stellt entgegen der Ansicht
der Klägerin keinen Verstoß gegen eine folgerichtige
Ausgestaltung der in § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG getroffenen
Grundentscheidung dar, den Erwerbsvorgang auf den Abschluss des den
Übereignungsanspruch begründenden Rechtsgeschäfts
vorzuverlegen (vgl. zur Sachgesetzlichkeit Fischer in Boruttau,
a.a.O., Vor § 118), sondern liegt auf der Linie dieser
Grundentscheidung. Auch der nicht vollzogene
Grundstückskaufvertrag hat bei seinem Abschluss auf den
verlangten Rechtsträgerwechsel gezielt (vgl. dazu Hofmann,
Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 8. Aufl. 2004, § 1 Rz
3).
7. Zutreffend hat das FG auch eine Aufhebung
des Steuerbescheids aufgrund des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO
ausgeschlossen und den Hilfsantrag der Klägerin bezüglich
der Billigkeitsmaßnahmen abgelehnt. Für die Anwendung
des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO fehlte es an einem
rückwirkenden Ereignis. Die Entscheidung des FA, eine
sachliche Unbilligkeit zu verneinen, ist - wie das FG zu Recht
festgestellt hat - ermessensfehlerfrei. Wie der Tatbestand des
§ 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG und die dort auf zwei Jahre
befristete Möglichkeit, einen Grundstückskaufvertrag mit
steuerlicher Wirkung aufzuheben, zeigen, kann es zu einer
bleibenden Grunderwerbsteuerbelastung kommen, obwohl der
Rechtsträgerwechsel bezüglich des Grundstücks
letztlich unterbleibt. Dies ist vom Gesetzgeber gewollt.