Rabattfreibetrag, verbundenes Unternehmen, Hersteller: Hersteller einer Ware i.S. des § 8 Abs. 3 EStG kann derjenige sein, der den Gegenstand selbst produziert, der ihn auf eigene Kosten nach seinen Vorgaben und Plänen von einem Dritten produzieren lässt oder der damit vergleichbare sonstige gewichtige Beiträge zur Herstellung der Ware erbringt (Fortführung des Senatsurteils vom 28.8.2002 VI R 88/99, BFHE 200 S. 254, BStBl 2003 II S. 154 = SIS 03 07 77). - Urt.; BFH 1.10.2009, VI R 22/07; SIS 09 34 53
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) wurde durch ihre
Alleingesellschafterin, die P-GmbH, 1994 als T-GmbH gegründet
und später in R-GmbH umbenannt. Zwischen den Gesellschaften
besteht ein Beherrschungs- und
Ergebnisabführungsvertrag.
Am ... 1996 schlossen die Klägerin und
die in denselben Geschäftsräumen ansässige P-GmbH
einen das Technische Zentrum S betreffenden Ausgliederungsvertrag.
Danach trägt der Unternehmensteil „Technisches Zentrum
S“ die Verantwortung für die strategische
Produktionsplanung des F-Bereichs in Europa und erfüllt im
Rahmen der weltweiten und europäischen Programme
eigenständig Forschungs- und Entwicklungsaufgaben. Durch den
„Ausgliederungsvertrag Produktion“ sollten
sämtliche Produktionsaktivitäten der
Geschäftssparten F in Deutschland bei der P-OHG, durch den
„Abspaltungsvertrag Vertrieb“ Marketing, Vertrieb und
Stabsfunktionen für alle deutschen Gesellschaften bei der
P-GmbH sowie durch den Ausgliederungsvertrag sämtliche
strategischen Aufgaben im technischen Bereich für die
Geschäftsbereiche F bei der Klägerin konzentriert
werden.
Zum Ausgliederungsstichtag ... 1996
übertrug die P-GmbH gegen Gewährung von
Gesellschaftsrechten alle Aktiva, Passiva und
Rechtsverhältnisse, die wirtschaftlich zum übergehenden
Unternehmensteil „Technisches Zentrum S“ gehörten,
unter Hinweis auf § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuches
auf die Klägerin. Es war u.a. vereinbart, den ausgegliederten
Unternehmensteil unverändert fortzuführen und die in den
Gebäuden in S vorhandenen technischen und materiellen
Betriebsmittel gemeinsam zu nutzen. Schließlich sollte die
bei der P-GmbH angesiedelte Abteilung Human Resources auch für
sämtliche bei der Klägerin anfallenden personellen und
sozialen Angelegenheiten zuständig bleiben. Dazu war geregelt:
„Aufgrund dieser Vereinbarung werden die P-GmbH und die
R-GmbH einen einheitlichen Betrieb führen“.
Nach dem Beschluss der
Gesellschafterversammlung vom ... war der geänderte Gegenstand
des Unternehmens die strategische Produktionsplanung des F-Bereichs
in Europa, die Übernahme von Forschungs- und
Entwicklungsaufgaben bzgl. Markenartikeln für die
Geschäftsbereiche F, die Optimierung der Neu- und
Weiterentwicklung von Fertigprodukten und Fertigungsverfahren in
der europäischen F-Produktion; außerdem sollte die
Klägerin Geschäftsführungsaufgaben als
persönlich haftende geschäftsführende
Gesellschafterin neben der P-GmbH in Bezug auf die Produktion und
Distribution der P-OHG übernehmen. Am ... 1996 vereinbarten
die P-GmbH und die Klägerin, dass die bei der P-GmbH
angesiedelte Abteilung Human Resources auch für sämtliche
bei der Klägerin anfallenden personellen und sozialen
Angelegenheiten verantwortlich sein sollte.
Die Klägerin hatte nach den
Feststellungen der Lohnsteuer-Außenprüfung in den Jahren
1996 und 1997 im Rahmen eines Personalverkaufs an ihre Arbeitnehmer
Produkte verbundener Unternehmen verbilligt abgegeben, ihnen auch
nach der Ausgliederung die Teilnahme am Personalverkauf
ermöglicht, bei dem von der P-OHG hergestellte und durch die
P-GmbH vertriebene Waren angeboten wurden, und bei der Versteuerung
der geldwerten Vorteile den Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3
des Einkommensteuergesetzes in der im streitigen Zeitraum (1996,
1997) geltenden Fassung (EStG) berücksichtigt.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) hielt § 8 Abs. 3 EStG für nicht
anwendbar, weil die Klägerin die im Personalverkauf
angebotenen Produkte weder herstellte noch vertrieb. Er
erließ am 3.1.2001 gegen die Klägerin einen Haftungs-
und Nachforderungsbescheid für pauschale Lohnsteuer in
Höhe von 576.261 DM zuzüglich Solidaritätszuschlag
und Kirchensteuern.
Die Klägerin wandte sich dagegen nach
erfolglosem Einspruchsverfahren mit der Klage.
Das Finanzgericht (FG) wies mit den in EFG
2007, 1317 = SIS 07 26 82 veröffentlichten Gründen die
Klage ab.
Mit der Revision rügt die
Klägerin die unrichtige Anwendung des § 8 Abs. 3
EStG.
Sie beantragt sinngemäß, das
Urteil des Hessischen FG vom 13.12.2006 und den Nachforderungsteil
des Bescheids vom 3.1.2001 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom
19./24.5.2004 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision der Klägerin ist
begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung
und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zu Unrecht entschieden,
dass auf den verbilligten Sachbezug der Arbeitnehmer der
Klägerin bei der P-GmbH § 8 Abs. 3 EStG keine Anwendung
findet.
1. Erhält ein Arbeitnehmer auf Grund
seines Dienstverhältnisses Waren oder Dienstleistungen, die
vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner
Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden und deren
Bezug nicht nach § 40 EStG pauschal versteuert wird, so gelten
nach § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG als deren Werte abweichend von
§ 8 Abs. 2 EStG die um 4 % geminderten Endpreise, zu denen der
Arbeitgeber oder der dem Abgabeort nächstansässige
Abnehmer die Waren oder Dienstleistungen fremden Letztverbrauchern
im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet.
a) Es entspricht der ständigen
Senatsrechtsprechung, dass § 8 Abs. 3 EStG
ausschließlich für solche Zuwendungen gilt, die der
Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer aufgrund seines
Dienstverhältnisses gewährt. Für Vorteile von
Dritten greift die Steuerbegünstigung dagegen selbst dann
nicht, wenn die Dritten - wie etwa konzernzugehörige
Unternehmen - dem Arbeitgeber nahe stehen (Senatsurteile vom
15.1.1993 VI R 32/92, BFHE 170, 190, BStBl II 1993, 356 = SIS 93 08 36; vom 8.11.1996 VI R 100/95, BFHE 182, 61, BStBl II 1997, 330 =
SIS 97 10 57; vom 28.8.2002 VI R 88/99, BFHE 200, 254, BStBl II
2003, 154 = SIS 03 07 77).
Weiter gilt danach die Vergünstigung des
§ 8 Abs. 3 EStG nur für Waren oder Dienstleistungen, die
der Arbeitgeber als eigene herstellt, liefert oder erbringt. Der
Arbeitgeber stellt die Ware i.S. des § 8 Abs. 3 EStG
allerdings nicht nur her, wenn er den Gegenstand selbst produziert
oder wenn er ihn auf eigene Kosten nach seinen Vorgaben und
Plänen von einem Dritten produzieren lässt, sondern auch
dann, wenn er damit vergleichbare sonstige gewichtige Beiträge
zur Herstellung der Ware erbringt. Entscheidend ist, dass dem
Arbeitgeber der Herstellungsprozess zugerechnet werden kann. Danach
reicht nicht jede beliebige Beteiligung am Herstellungsprozess aus.
Der Beitrag am Herstellungsprozess muss vielmehr derart gewichtig
sein, dass bei wertender Betrachtung die Annahme der
Herstellereigenschaft gerechtfertigt erscheint (Senatsurteil in
BFHE 200, 254, BStBl II 2003, 154 = SIS 03 07 77).
b) Anhand dieser Rechtsmaßstäbe war
die Klägerin - entgegen der Auffassung des FG - Herstellerin
der von ihren Arbeitnehmern bei der P-GmbH erworbenen und von der
P-GmbH vertriebenen Produkte. Denn die Klägerin ließ die
Waren nach ihren Vorgaben und Plänen produzieren. Sie war
für Produktionsplanung, Materialbeschaffung und Logistik
zuständig. Der Klägerin oblagen auf Grundlage des
Ausgliederungsvertrags vom ... sämtliche strategischen
Aufgaben im technischen Bereich. Damit entschied die Klägerin
selbst über sämtliche wesentlichen Herstellungsaspekte,
nämlich was, wo, wie und zu welchem Preis produziert und
eingekauft werden sollte. Darüber hinaus überwachte die
Klägerin aber auch die Umsetzung ihrer Vorgaben. Denn ihre
Arbeitnehmer waren auch ständig in den Werken der P-OHG, also
bei dem die Herstellung unmittelbar ausführenden Unternehmen
am eigentlichen Produktionsort. Damit kontrollierte die
Klägerin auch den tatsächlich stattfindenden
gegenständlichen Herstellungsprozess, um auch darin eingreifen
und ggf. optimierend einwirken zu können. Angesichts der
Konzentration dieser Aufgaben bei der Klägerin war sie derart
wesentlich am Herstellungsprozess beteiligt, dass bei wertender
Betrachtung die Annahme ihrer Herstellereigenschaft gerechtfertigt
erscheint. Insoweit unterscheidet sich der Streitfall hier nicht
grundsätzlich von dem der Senatsentscheidung in BFHE 200, 254,
BStBl II 2003, 154 = SIS 03 07 77 zu Grunde liegenden, in dem
sowohl der Zeitungsherausgeber als auch der den Zeitungssatz und
-druck unmittelbar ausführende Unternehmer als Hersteller des
Endprodukts Zeitung anzusehen waren.
2. Angesichts dessen kann für den
Streitfall dahinstehen, ob die Klägerin mit ihrem weiteren
Revisionsvorbringen, sie habe zusammen mit der P-GmbH einen
arbeitsrechtlichen Gemeinschaftsbetrieb im Sinne des
Betriebsverfassungsgesetzes unterhalten, hätte erfolgreich
sein können.