GmbH & Co. KG, Gründungsstadium, erbstl. Begünstigung des Betriebsvermögens: Eine in Gründung befindliche GmbH & Co. KG, an der eine natürliche Person beteiligt ist und die kein Handelsgewerbe betreibt, kann bei der Anwendung des § 13 a ErbStG nicht vor ihrer Eintragung in das Handelsregister als gewerblich geprägte Personengesellschaft beurteilt werden. - Urt.; BFH 4.2.2009, II R 41/07; SIS 09 19 41
I. Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) ist Alleinerbe seiner am ...7.2003 verstorbenen Tante
.... Die Erblasserin stand seit langem unter rechtlicher Betreuung
für sämtliche Angelegenheiten; zum Betreuer war der
Kläger bestellt worden.
Am 11.4.2003 gründete die Erblasserin,
vertreten durch den Kläger als ihren Betreuer, die ... GmbH (M
GmbH) sowie die ... KG (M GmbH & Co. KG).
Unternehmensgegenstand der M GmbH & Co. KG war die
Vermögensverwaltung, insbesondere die Verwaltung von Kapital-
und Grundvermögen. Die Erblasserin war alleinige
Kommanditistin. Als solche brachte sie ihr Einfamilienhaus sowie
ihre Sparguthaben ein. Zur Komplementärin und
Geschäftsführerin der M GmbH & Co. KG wurde die M
GmbH bestellt, deren alleinige Gesellschafterin die Erblasserin mit
einer Stammeinlage von 25.000 EUR war. Alleiniger
Geschäftsführer der M GmbH wurde der Kläger.
Ebenfalls am 11.4.2003 meldete der
Kläger die M GmbH & Co. KG sowie die M GmbH zur Eintragung
in das Handelsregister an. Das zuständige Amtsgericht erteilte
am 8.5.2003 die erforderlichen vormundschaftsgerichtlichen
Genehmigungen. Die M GmbH wurde am 22.8.2003, die M GmbH & Co.
KG am 2.9.2003 ins Handelsregister eingetragen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) setzte mit Bescheid vom 21.4.2004 die
Erbschaftsteuer auf 42.251 EUR fest. Die Gewährung der
Steuervergünstigungen des § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs.
2 und Abs. 4 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes
in der im Jahr 2003 geltenden Fassung (ErbStG) lehnte das FA ab, da
beim Eintritt des Erbfalls kein begünstigtes
Betriebsvermögen i.S. des § 13a ErbStG vorgelegen
habe.
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Mit
seinem in EFG 2008, 70 = SIS 08 06 45 veröffentlichten Urteil
wies das Finanzgericht (FG) die Klage ab, da die gewerbliche
Prägung einer vermögensverwaltenden GmbH & Co. KG
i.S. von § 15 Abs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG)
erst mit der Eintragung der KG in das Handelsregister entstehe und
somit beim Eintritt des Erbfalls kein begünstigtes
Betriebsvermögen i.S. des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG
vorgelegen habe.
Mit der Revision rügt der Kläger
Verletzung des § 13a ErbStG. Die M GmbH & Co. KG sei
bereits beim Eintritt des Erbfalls eine gewerblich geprägte
Personengesellschaft gewesen, obwohl sie selbst und die GmbH zu
diesem Zeitpunkt noch nicht im Handelsregister eingetragen gewesen
seien.
Der Kläger beantragt, die
Vorentscheidung aufzuheben und die Erbschaftsteuer unter
Berücksichtigung der Steuervergünstigungen des § 13a
ErbStG auf 0 EUR festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet. Sie war
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zutreffend angenommen,
dass dem Kläger die Steuervergünstigungen nach § 13a
ErbStG nicht zustehen. Die in § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und
Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 ErbStG genannten Voraussetzungen sind
nicht erfüllt.
1. Der Freibetrag nach § 13a Abs. 1 Satz
1 Nr. 1 ErbStG und der verminderte Wertansatz nach § 13a Abs.
2 ErbStG gelten gemäß § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG
u.a. für inländisches Betriebsvermögen (§ 12
Abs. 5 ErbStG) beim Erwerb eines Anteils an einer Gesellschaft i.S.
des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4
EStG. Der Erwerb eines Anteils an einer Personengesellschaft, die
keiner dieser einkommensteuerrechtlichen Vorschriften zugeordnet
werden kann, ist nicht begünstigt. Für die Beurteilung
kommt es dabei nach § 11 ErbStG auf den Zeitpunkt der
Entstehung der Steuer an.
a) Eine Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 EStG liegt nur vor, wenn die Gesellschafter in ihrer
Verbundenheit als Personengesellschaft ein gewerbliches Unternehmen
i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG betreiben. Dies ist der
Fall, wenn die Tätigkeit der Gesellschafter in ihrer
gesamthänderischen Verbundenheit die Voraussetzungen des
§ 15 Abs. 2 Satz 1 EStG erfüllt und sich nach den
Umständen des Einzelfalles nicht als private
Vermögensverwaltung darstellt (Urteil des Bundesfinanzhofs -
BFH - vom 9.12.2002 VIII R 40/01, BFHE 201, 180, BStBl II 2003, 294
= SIS 03 17 09).
b) Als Gewerbebetrieb gilt nach § 15 Abs.
3 Nr. 2 Satz 1 EStG in vollem Umfang auch die mit
Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer
Personengesellschaft, die keine Tätigkeit i.S. des § 15
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausübt und bei der
ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften
persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder
Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur
Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte
Personengesellschaft). Ist an einer Personengesellschaft auch eine
natürliche Person beteiligt, die für die
Verbindlichkeiten der Gesellschaft persönlich, d.h. nicht nur
mit ihrer Beteiligung am Gesellschaftsvermögen bzw. bis zur
Höhe der vereinbarten Einlage, sondern auch mit ihrem
übrigen Vermögen haftet, liegt keine gewerblich
geprägte Personengesellschaft vor.
2. Die Voraussetzungen für die
Steuervergünstigungen nach § 13a ErbStG sind im
Streitfall nicht erfüllt. Der Kläger hat keinen Anteil an
einer Gesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs.
3 oder § 18 Abs. 4 EStG erworben.
a) Die M GmbH & Co. KG verwaltete
lediglich eigenes Vermögen und war somit nicht i.S. des §
15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gewerblich tätig. Die
Vermögensverwaltung stellt auch keine selbständige Arbeit
i.S. des § 18 EStG dar.
b) Die M GmbH & Co. KG war bei der mit dem
Tode der Erblasserin eingetretenen Entstehung der Steuer (§ 9
Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) als dem maßgeblichen Stichtag (§ 11
ErbStG) keine gewerblich geprägte Personengesellschaft, da zu
diesem Zeitpunkt sowohl die GmbH als auch die KG noch nicht in das
Handelsregister eingetragen waren und deshalb die Erblasserin
für die Verbindlichkeiten der KG persönlich haftete.
aa) Eine GmbH besteht vor der Eintragung in
das Handelsregister ihres Sitzes nach § 11 Abs. 1 des Gesetzes
betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG)
als solche nicht. Ist vor der Eintragung im Namen der Gesellschaft
gehandelt worden, so haften die Handelnden persönlich und
solidarisch (§ 11 Abs. 2 GmbHG). Die Regelung des § 13
Abs. 2 GmbHG, nach der den Gläubigern für
Verbindlichkeiten der Gesellschaft nur das
Gesellschaftsvermögen haftet, ist lediglich auf die in das
Handelsregister eingetragene GmbH zugeschnitten und kann auf die
Vor-GmbH nicht angewendet werden. Die mit der Aufnahme der
Geschäftstätigkeit einverstandenen Gründer haften
vielmehr für sämtliche Anlaufverluste der Vor-GmbH
unbeschränkt, und zwar im Innenverhältnis - nach
außen haftet die Vor-GmbH. Anders verhält es sich
dagegen bei einer Einmann-Vor-GmbH, wie sie im Streitfall vorliegt.
Bei dieser trifft die Außenhaftung bereits den (einzigen)
Gesellschafter der Vor-GmbH (Urteile des Bundesgerichtshofs - BGH -
vom 27.1.1997 II ZR 123/94, BGHZ 134, 333; des BFH vom 7.4.1998 VII
R 82/97, BFHE 185, 356, BStBl II 1998, 531 = SIS 98 15 69, unter
II.2. b, und des Bundesarbeitsgerichts vom 15.12.1999 10 AZR
165/98, BAGE 93, 151, unter II.5. a).
Die Erblasserin haftete somit als
Alleingesellschafterin der in Gründung befindlichen GmbH
persönlich für die Verbindlichkeiten der GmbH und somit
auch für diejenigen der ebenfalls in Gründung
befindlichen KG.
bb) Die Erblasserin haftete darüber
hinaus auch deshalb persönlich für die Verbindlichkeiten
der bis zur Eintragung der KG in das Handelsregister entstehenden
Verbindlichkeiten dieser Gesellschaft, weil eine als KG
gegründete Gesellschaft, deren Gewerbebetrieb nicht schon nach
§ 1 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB) Handelsgewerbe ist
oder die nur eigenes Vermögen verwaltet, gemäß
§ 105 Abs. 2 Satz 1, § 161 Abs. 2 HGB erst dann KG ist,
wenn die Firma des Unternehmens in das Handelsregister eingetragen
ist. Die Wirksamkeit einer solchen KG tritt gemäß §
123 Abs. 1 und 2, § 161 Abs. 2 HGB im Verhältnis zu
Dritten erst mit der Eintragung in das Handelsregister ein, und
zwar auch dann, wenn die Gesellschaft ihre Geschäfte schon
vorher beginnt.
Eine derartige KG stellt zwischen ihrer
Gründung durch Vertrag und der Eintragung in das
Handelsregister eine GbR dar (BGH-Urteile vom 13.7.1972 II ZR
111/70, BGHZ 59, 179, und vom 13.6.1977 II ZR 232/75, BGHZ 69, 95;
MünchHdb.GesR I/Happ, 2. Aufl., § 47 Rz 12;
MünchHdb.GesR II/Happ, 2. Aufl., § 2 Rz 29; Strohn in
Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, § 176 Rz 4). Die
Gesellschafter einer GbR haften nach der neueren Rechtsprechung des
BGH für die Verbindlichkeiten der GbR wie die Gesellschafter
einer OHG in entsprechender Anwendung der §§ 128 f. HGB
grundsätzlich persönlich (BGH-Urteile vom 27.9.1999 II ZR
371/98, BGHZ 142, 315; vom 29.1.2001 II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 =
SIS 01 08 15; vom 24.2.2003 II ZR 385/99, BGHZ 154, 88, und vom
3.5.2007 IX ZR 218/05, NJW 2007, 2490; Palandt/ Sprau,
Bürgerliches Gesetzbuch, 68. Aufl., § 714 Rz 11 ff.; zur
persönlichen Haftung der Gesellschafter einer GbR für
Steuerschulden vgl. BFH-Urteil vom 9.5.2006 VII R 50/05, BFHE 213,
194, BStBl II 2007, 600 = SIS 06 37 21).
Diese - bis zur Eintragung der lediglich
eigenes Vermögen verwaltenden KG in das Handelsregister
grundsätzlich bestehende - persönliche Haftung aller
Gesellschafter schließt bis zu diesem Zeitpunkt das Vorliegen
einer gewerblich geprägten Personengesellschaft aus. Es spielt
dabei erbschaftsteuerrechtlich keine Rolle, ob bis dahin
überhaupt Verbindlichkeiten der KG entstanden sind und ob ggf.
die der Gesellschaft angehörenden natürlichen Personen
für solche Verbindlichkeiten tatsächlich persönlich
gehaftet hätten oder ob dies wegen einer Vereinbarung mit den
Gläubigern oder aus sonstigen Gründen nicht der Fall
gewesen wäre. Würde man dies anders beurteilen, hinge es
von der Entwicklung der konkreten Haftungssituation bis zur
Eintragung der KG in das Handelsregister ab, ob die Gesellschaft
beim Eintritt des Erbfalls gewerblich geprägt i.S. des §
15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG war und deshalb die
Steuervergünstigungen nach § 13a ErbStG zu gewähren
sind oder ob dies nicht zutrifft. Eine solche Betrachtungsweise
wäre mit dem Stichtagsprinzip des § 11 ErbStG nicht
vereinbar.
Der vom Kläger angeführte
Gesichtspunkt, dass die Gewährung der
Steuervergünstigungen nach § 13a ErbStG nicht von der
Bearbeitungsdauer des Handelsregisters abhängig gemacht werden
dürfe, kann in diesem Zusammenhang keine Rolle spielen, weil
die maßgeblichen zivilrechtlichen Vorschriften (§ 11
GmbHG, § 161 Abs. 2 i.V.m. § 105 Abs. 2 HGB) auf die
Eintragung in das Handelsregister abstellen und das
Erbschaftsteuerrecht an diese zivilrechtlichen Vorgaben
anknüpft (ebenso zum Ertragsteuerrecht Schmidt/Wacker, EStG,
27. Aufl., § 15 Rz 227; Blümich/Stuhrmann, § 15 EStG
Rz 277; Crezelius, DStR 2007, 2277, 2282 f.; a.A.
Carlé/Bauschatz in Korn, EStG, § 15 Rz 520.1; Pauli, DB
2005, 1021; Stahl, NJW 2000, 3100).