Ferienwohnung, Prüfung ortsüblicher Vermietungszeiten: Wird eine Ferienwohnung nicht durchweg im ganzen Jahr an wechselnde Feriengäste vermietet und können ortsübliche Vermietungszeiten nicht festgestellt werden, ist ihr Vermieten mit einer auf Dauer ausgerichteten Vermietungstätigkeit nicht vergleichbar, so dass die Einkünfteerzielungsabsicht durch eine Prognose überprüft werden muss (Fortentwicklung des BFH-Urteils vom 26.10.2004 IX R 57/02, BFHE 208 S. 151, BStBl 2005 II S. 388 = SIS 05 12 86). - Urt.; BFH 19.8.2008, IX R 39/07; SIS 08 43 39
I. Die Sache befindet sich im zweiten
Rechtsgang. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin)
vermietete in den Streitjahren (1994 und 1995) mehrere
Ferienwohnungen in einem staatlich anerkannten Erholungsort
ausschließlich an ständig wechselnde Feriengäste
und hielt sie in der übrigen Zeit hierfür bereit. Die
Vermietungszeiten betrugen nach ihren Angaben im Jahr 1994 im
Durchschnitt 97 Tage und im Jahr 1995 96,3 Tage. In ihren
Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machte sie
vergeblich negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
geltend. Auch die Klage blieb zunächst erfolglos (vgl. das
Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts - FG - vom
26.4.2001 14 K 498/97, EFG 2001, 1037 = SIS 02 76 11). Der
Bundesfinanzhof (BFH) hob dieses Urteil im Revisionsverfahren auf
(BFH-Urteil vom 14.12.2004 IX R 70/02, BFH/NV 2005, 1040 = SIS 05 25 67): Das FG müsse u.a. weiter ermitteln, ob „die
jeweilige Vermietung die ortsübliche Vermietungszeit von
Ferienwohnungen (ohne dass Vermietungshindernisse gegeben sind) um
mindestens 25 v.H. unterschritten hat“.
Dies tat das FG in einer weiteren
Verhandlung und Entscheidung. Es konnte in seinem in EFG 2007, 1772
= SIS 07 36 94 veröffentlichten Urteil keine ortsüblichen
Vermietungszeiten für Ferienwohnungen feststellen. Dies gehe
zu Lasten des Finanzamts (FA), da ihm die Feststellungslast
obliege, dass der Steuerpflichtige die ortsüblichen
Vermietungszeiten erheblich, d.h. um mehr als 25 % unterschreite.
Deshalb gab das FG der Klage statt und berücksichtigte die
geltend gemachten negativen Einkünfte von 54.333 DM im
Streitjahr 1994 und von 50.635 DM im Streitjahr 1995.
Hiergegen richtet sich die Revision des
Beklagten und Revisionsklägers (FA), mit der er die Verletzung
von § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes
(EStG) rügt. Der Steuerpflichtige trage die Beweislast
für das Vorliegen der Überschusserzielungsabsicht. Diese
Beweislast umfasse auch die Ermittlung und Darlegung der
ortsüblichen Vermietungszeit. Als Abgrenzungsmerkmal
müsse auf eine feste Anzahl von Vermietungstagen abgestellt
werden. Falls die durchschnittliche ortsübliche
Vermietungszeit nicht feststellbar sei, sollte die
tatsächliche Vermietungsdauer mindestens 100 Tage umfassen, um
eine auf Dauer angelegte Vermietungsabsicht anzunehmen.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil
aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und
Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt
sinngemäß, die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Das
angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache gemäß
§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur
anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG
zurückzuverweisen.
1. Das FG hat die
Einkünfteerzielungsabsicht unzutreffend bejaht und deshalb
§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG verletzt.
a) Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m.
§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 EStG ist bei einer auf Dauer
angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich und
typisierend von der Absicht des Steuerpflichtigen auszugehen, einen
Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften. Dies gilt bei
ausschließlich an Feriengäste vermieteten und in der
übrigen Zeit hierfür bereitgehaltenen Ferienwohnungen,
wenn das Vermieten die ortsübliche Vermietungszeit von
Ferienwohnungen - abgesehen von Vermietungshindernissen - nicht
erheblich (d.h. um mindestens 25 %) unterschreitet (ständige
Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 24.8.2006 IX R 15/06, BFHE 215,
112, BStBl II 2007, 256 = SIS 07 06 13, m.w.N.). Denn das Vermieten
einer Ferienwohnung ist einer auf Dauer angelegten Vermietung nur
dann vergleichbar, wenn die Ferienwohnung im ganzen Jahr - bis auf
ortsübliche Leerstandszeiten - an wechselnde Feriengäste
vermietet wird. Nur so zeigt sich in nachprüfbarer Weise, dass
die Steuerpflichtigen die Ferienwohnung in geeigneter Form am Markt
angeboten und alle in Betracht kommenden Interessenten
berücksichtigt haben (eingehend dazu BFH-Urteil vom 26.10.2004
IX R 57/02, BFHE 208, 151, BStBl II 2005, 388 = SIS 05 12 86, unter
II. 2. c, m.w.N.). So wie der Begriff
„ortsüblich“ im Übrigen im Gesetz
verwendet wird (z.B. in § 21 Abs. 2 EStG und in § 558c
des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB - zur ortsüblichen
Vergleichsmiete) müssen die individuellen Vermietungszeiten
mit denen verglichen werden, die bezogen auf den gesamten Ort im
Durchschnitt erzielt werden (BFH-Urteil vom 24.6.2008 IX R 12/07,
BFH/NV 2008, 1484 = SIS 08 31 84; vgl. auch BFH-Urteil vom
17.8.2005 IX R 10/05, BFHE 211, 151, BStBl II 2006, 71 = SIS 05 49 06; BFH-Beschluss vom 11.9.2007 IX B 4/07, BFH/NV 2007, 2291 = SIS 08 01 12 zum örtlichen Mietspiegel). Dabei ist
„Ort“ nicht identisch mit dem Gebiet einer
Gemeinde; er kann - wie sich auch aus § 558c Abs. 2 BGB ergibt
- je nach der Struktur des Ferienwohnungsmarktes das Gebiet einer
oder mehrerer vergleichbarer Gemeinden sowie lediglich Teile davon
umfassen.
b) Wird eine Ferienwohnung nicht durchweg im
ganzen Jahr an wechselnde Feriengäste vermietet und
können ortsübliche Vermietungszeiten nicht festgestellt
werden, ist ihr Vermieten mit einer auf Dauer ausgerichteten
Vermietungstätigkeit nicht vergleichbar. Das bedeutet: Es
fehlt die Basis (= auf Dauer ausgerichtete
Vermietungstätigkeit), auf Grund derer das Gesetz die
Einkünfteerzielungsabsicht typisiert. Die
Einkünfteerzielungsabsicht muss dann durch eine Prognose
überprüft werden, die den Anforderungen des BFH-Urteils
vom 6.11.2001 IX R 97/00 (BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726 = SIS 02 03 94) entspricht. Die Feststellungslast für die
ortsüblichen Vermietungszeiten obliegt dem Steuerpflichtigen
damit in gleicher Weise wie für die Voraussetzungen der
Typisierung.
Entgegen der Revision bedarf es demnach keines
(weiteren) Abgrenzungsmerkmals, etwa einer Vermietungszeit von 100
Tagen, bei deren Unterschreiten die Einkünfteerzielungsabsicht
überprüft werden muss, wenn sich ortsübliche
Vermietungszeiten nicht feststellen lassen. Denn lassen sie sich
nicht feststellen, muss die Einkünfteerzielungsabsicht stets
überprüft werden.
c) Diesen Grundsätzen entspricht das
angefochtene Urteil nicht, so dass es aufzuheben ist.
Zwar bezieht es zutreffend die
ortsüblichen Vermietungszeiten nur auf den Erholungsort, in
dem die Ferienwohnungen liegen. Obschon in die Ermittlung der
ortsüblichen Vermietungszeiten auch die Gebiete mehrerer
Gemeinden einbezogen werden können, unterschied sich im
Streitfall der Markt der hier allein in Betracht zu ziehenden
Nachbargemeinde durch bedeutsame Umstände (Lage an einem
bekannten Fluss-Radwanderweg), die es als ausgeschlossen erscheinen
lassen, ihn in die Berechnung der hier maßgebenden
Vermietungszeiten einzubeziehen. Indes hat das FG aus dem Umstand,
dass es die ortsüblichen Vermietungszeiten nicht feststellen
konnte, den falschen Schluss gezogen, die Feststellungslast sei dem
FA auferlegt. Vielmehr hat die Klägerin den Nachteil davon zu
tragen, dass sich ortsübliche Vermietungszeiten nicht
feststellen lassen. Ihre Einkünfteerzielungsabsicht muss dann
durch eine Prognose überprüft werden.
An die Feststellungen der Vorinstanz ist der
BFH nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden und damit auch daran, dass
im Streitfall ortsübliche Vermietungszeiten nicht festgestellt
werden konnten. Man kann auch nicht - wie das FG
möglicherweise hilfsweise - auf die von ihm ermittelten
individuellen Vermietungszeiten anderer Vermieter von
Ferienwohnungen im gleichen Ort abstellen. Das geht nur, wenn diese
Vermietungszeiten für den jeweiligen Ort repräsentativ
sind. Davon ist im Streitfall aber nicht auszugehen. Denn von den
zwei Vermietern, die auf das Auskunftsersuchen des FG geantwortet
haben, bleibt nur eine Vermieterin übrig (die andere vermietet
nicht nur, sondern überlässt auch unentgeltlich an
Angehörige).
2. Die Sache ist nicht spruchreif und geht
deshalb an das FG zur weiteren Verhandlung und Entscheidung
zurück. Das FG hat - von seiner Auffassung aus folgerichtig -
die Einkünfteerzielungsabsicht nicht aufgrund einer Prognose
geprüft. Das wird es in einer neuen Verhandlung nachzuholen
haben. Es wird der Klägerin aber zuvor die Gelegenheit geben
müssen, ihrerseits die ortsüblichen Vermietungszeiten
durch eine repräsentative Aufstellung darzulegen und
gegebenenfalls zu beweisen.