Ferienwohnung, Einkünfteerzielungsabsicht: Bei einer ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermieteten und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehaltenen Ferienwohnung ist die Einkünfteerzielungsabsicht der Steuerpflichtigen nicht allein wegen hoher Werbungskostenüberschüsse zu überprüfen (Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung). - Urt.; BFH 24.8.2006, IX R 15/06; SIS 07 06 13
I. Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte
Eheleute. Sie vermieteten seit dem Jahr 1986 und auch in den
Streitjahren (1999 und 2000) ihre in vollem Umfang fremd
finanzierte Ferienwohnung im Sauerland ausschließlich an
ständig wechselnde Feriengäste und hielten sie in der
übrigen Zeit dafür bereit.
In ihren Einkommensteuererklärungen
für die Streitjahre erklärten die Kläger
Werbungskostenüberschüsse bei den Einkünften aus
Vermietung und Verpachtung, die der Beklagte und Revisionsbeklagte
(das Finanzamt - FA - ) letztlich der Besteuerung nicht zugrunde
legte. Da die Kläger von Anfang an nur Verluste erwirtschaftet
hätten, könne nicht mehr von ihrer
Einkünfteerzielungsabsicht ausgegangen werden. Der Einspruch
wie auch die Klage blieben erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) führte in
seinem in EFG 2006, 496 = SIS 06 14 10 veröffentlichten Urteil
aus, es könne sich der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs
(BFH) nicht anschließen, bei einer auf Dauer angelegten
Fremdvermietung einer Ferienwohnung sei auch dann
grundsätzlich und typisierend davon auszugehen, der
Steuerpflichtige beabsichtige, letztlich einen
Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, wenn die Mieteinnahmen
in einem krassen Missverhältnis zu den Schuldzinsen
stünden oder absehbar sei, dass ein Totalüberschuss nicht
erwirtschaftet werden könne. Die vom FG angestellte Prognose
führe dazu, dass ein Totalgewinn nicht zu erwirtschaften
gewesen sei.
Hiergegen richtet sich die Revision der
Kläger, mit der sie die Verletzung von § 21 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) rügen. Nach dem
Regelungszweck habe eine Prognose nicht angestellt werden
dürfen.
Die Kläger beantragen, die
Einkommensteuerbescheide des FA vom 7.11.2001 für die
Veranlagungszeiträume 1999 und 2000 unter Aufhebung der
Einspruchsentscheidung vom 7.11.2002 dahin gehend zu ändern,
dass bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
für den Veranlagungszeitraum 1999 ein negativer
Überschuss in Höhe von 12.194 DM und für den
Veranlagungszeitraum 2000 ein negativer Überschuss in
Höhe von 10.286 DM berücksichtigt wird.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Die
Vorentscheidung ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126
Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat
die Einkünfteerzielungsabsicht der Kläger unzutreffend
verneint und deshalb § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG
verletzt.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des
BFH ist bei in Eigenregie oder durch Beauftragung eines Dritten
ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermieteten und
in der übrigen Zeit hierfür bereitgehaltenen
Ferienwohnungen ohne weitere Prüfung von der
Einkünfteerzielungsabsicht der Steuerpflichtigen auszugehen
(z.B. BFH-Urteile vom 15.2.2005 IX R 53/03, BFH/NV 2005, 1059 = SIS 05 25 83, und vom 5.11.2002 IX R 18/02, BFHE 200, 556, BStBl II
2003, 914 = SIS 03 13 53; ebenso Schreiben des Bundesministeriums
der Finanzen (BMF) vom 8.10.2004 IV C 3 - S 2253 - 91/04, BStBl I
2004, 933 = SIS 04 39 32, Tz. 16).
An dieser Rechtsprechung hält der Senat
trotz der Einwendungen des FG fest. Sie beruht maßgebend auf
dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, nach dem
bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit
grundsätzlich und typisierend davon auszugehen ist, dass der
Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen
Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, auch wenn sich über
längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse
ergeben (grundlegend BFH-Urteil vom 30.9.1997 IX R 80/94, BFHE 184,
406, BStBl II 1998, 771 = SIS 98 02 12; so auch BMF-Schreiben in
BStBl I 2004, 933 = SIS 04 39 32). Weil besondere Umstände
auch nach der Vorinstanz - vom Erfordernis ortsüblicher
Vermietungszeiten einmal abgesehen (dazu unter 2.) - nicht gegen
das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht im Streitfall
sprechen (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 184, 406, BStBl II 1998,
771 = SIS 98 02 12, unter 2. d; vom 6.11.2001 IX R 97/00, BFHE 197,
151, BStBl II 2002, 726 = SIS 02 03 94 - Ferienwohnung - ; vom
5.11.2002 IX R 48/01, BFHE 201, 46, BStBl II 2003, 646 = SIS 03 07 80 - verbilligte Vermietung - ; vom 9.7.2002 IX R 57/00, BFHE 199,
422, BStBl II 2003, 695 = SIS 02 93 35; vom 9.7.2002 IX R 47/99,
BFHE 199, 417, BStBl II 2003, 580 = SIS 02 93 34 - befristete
Vermietungstätigkeit - ; vom 6.10.2004 IX R 30/03, BFHE 208,
142, BStBl II 2005, 386 = SIS 05 08 35 - aufwendig gestaltetes
Wohngebäude - ), ist es entgegen der Auffassung des FG
unerheblich, ob die Kläger mit ihrer auf Dauer angelegten
Fremdvermietung tatsächlich einen Totalüberschuss
erzielen konnten. Denn zu einer dies überprüfenden
Prognose kommt es nicht. Es ist für die typisierende Annahme
der Einkünfteerzielungsabsicht kennzeichnend, auf den
typischen statt auf den verwirklichten Geschehensablauf abzustellen
(BFH-Urteil vom 19.4.2005 IX R 15/04, BFHE 210, 24, BStBl II 2005,
754 = SIS 05 39 39, m.w.N.). Weil diese Typisierung in § 21
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG angelegt ist, handelt es sich entgegen der
Auffassung der Vorinstanz nicht um eine (unzulässige)
Unterstellung oder unwiderlegliche Vermutung der
Einkünfteerzielungsabsicht durch die Rechtsprechung, sondern
um Gesetzesauslegung. Deshalb weicht der BFH mit seiner
Interpretation des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG auch nicht
vom Beschluss des Großen Senats vom 25.6.1984 GrS 4/82 (BFHE
141, 405, BStBl II 1984, 751 = SIS 84 21 08) ab.
2. Diese Rechtsprechung hat der Senat dahin
fortentwickelt, dass (auch) beim ausschließlichen Vermieten
von Ferienwohnungen - in Eigenregie oder durch Beauftragung eines
Dritten - die Einkünfteerzielungsabsicht der Steuerpflichtigen
immer dann anhand einer Prognose nach den Grundsätzen des
BFH-Urteils in BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726 = SIS 02 03 94 zu
überprüfen ist, wenn das Vermieten die ortsübliche
Vermietungszeit von Ferienwohnungen - ohne dass
Vermietungshindernisse gegeben sind - erheblich, d.h. mindestens um
25 v.H., unterschreitet. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist
der Senat auf sein Urteil vom 26.10.2004 IX R 57/02 (BFHE 208, 151,
BStBl II 2005, 388 = SIS 05 12 86).
3. Nach diesen Maßstäben kann die
Entscheidung der Vorinstanz keinen Bestand haben; sie ist
aufzuheben. Die vom FG vorgenommene Prognose ist kein an die
tatsächliche Gestaltung des Sachverhalts anknüpfender
Ausnahmefall im Sinne des BFH-Urteils in BFHE 184, 406, BStBl II
1998, 771 = SIS 98 02 12.
4. Die Sache ist nicht entscheidungsreif.
a) Nach den unangefochtenen Feststellungen des
FG haben die Kläger die Ferienwohnung im Sauerland zwar
ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und
in der übrigen Zeit hierfür bereit gehalten. Dies reicht
aber nach der fortentwickelten Rechtsprechung des Senats nicht mehr
ohne weiteres zur Bejahung der Einkünfteerzielungsabsicht
aus.
b) Das FG muss vielmehr noch ermitteln, ob die
Vermietung der Ferienwohnung die ortsübliche Vermietungszeit
von Ferienwohnungen (ohne dass Vermietungshindernisse gegeben sind)
um mindestens 25 v.H. unterschritten hat und je nach Ergebnis
entweder die Einkünfteerzielungsabsicht der Kläger ohne
weitere Prüfung bejahen oder sie nach den Grundsätzen des
Urteils in BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726 = SIS 02 03 94
überprüfen.