Studierendes Kind, Erwerbstätigkeit: 1. Durch das Urteil des BFH vom 30.11.2004 VIII R 9/04 (BFH/NV 2005 S. 860 = SIS 05 21 99) ist geklärt, dass eine Vollzeiterwerbstätigkeit neben einem ernsthaft und nachhaltig betriebenen Studium die Berücksichtigung als Kind in Berufsausbildung (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) nicht ausschließt. Das Senatsurteil vom 16.11.2006 III R 15/06 (BFHE 216 S. 74, BStBl 2008 II S. 56 = SIS 07 06 05) weicht nicht von dieser Entscheidung ab. - 2. Die neben dem Studium erzielten Einkünfte aus der Vollzeiterwerbstätigkeit sind daher bei der Prüfung, ob der Jahresgrenzbetrag überschritten wird, einzubeziehen. - Urt.; BFH 31.7.2008, III B 64/07; SIS 08 35 51
I. Der 1979 geborene Sohn (S) des
Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) studierte im
Jahr 2004 Volkswirtschaft und Betriebswirtschaft. Das Studium der
Volkswirtschaft schloss er im Dezember 2004, das Studium der
Betriebswirtschaft im Dezember 2005 ab. Von Januar bis April 2004
erzielte S Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von
insgesamt 1.303 EUR, von Mai bis Dezember 2004 einen Gewinn in
Höhe von 30.631 EUR aus freiberuflicher Tätigkeit als
Journalist.
Die Beklagte und Beschwerdegegnerin
(Familienkasse) stellte ab Oktober 2004 die Kindergeldzahlungen
ein. Mit Bescheid vom März 2006 hob die Familienkasse die
Kindergeldfestsetzung ab Januar 2004 auf, weil die Einkünfte
und Bezüge des S die maßgebliche Einkommensgrenze
überschritten hätten und forderte das für die Monate
Januar bis September 2004 gezahlte Kindergeld zurück.
In seinem Einspruch machte der Kläger
geltend, die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung sei für den
Zeitraum bis einschließlich April 2004 rechtswidrig, da S in
diesem Zeitabschnitt unterhalb der Einkommensgrenze hinzuverdient
habe.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage
ab.
Dagegen wendet sich der Kläger mit
seiner Beschwerde, mit der er die Zulassung der Revision wegen
grundsätzlicher Bedeutung und zur Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung begehrt. S habe in den Monaten Januar
bis April 2004 nur geringe Einkünfte aus Gewerbebetrieb
erzielt und sei daher in diesen Monaten beim Kindergeld zu
berücksichtigen. Ab Mai habe S dagegen eine nachhaltige
Beschäftigung ausgeübt, die typischerweise ausgereicht
habe, seinen üblichen Lebensunterhalt sicherzustellen, so dass
S ab diesem Monat wegen der Vollzeiterwerbstätigkeit nicht
mehr beim Kindergeld zu berücksichtigen gewesen sei, und zwar
unabhängig davon, dass die Erwerbstätigkeit parallel zum
noch andauernden Studium aufgenommen worden sei. Außerdem
habe das FG bei der Ermittlung der kindergeldschädlichen
Einkünfte nicht die von S zu zahlenden
Krankenversicherungsbeiträge sowie Renten- und
Pflegeversicherungsbeiträge abgezogen, so dass insoweit eine
Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung notwendig sei.
II. Die Beschwerde ist unbegründet und
durch Beschluss zurückzuweisen (§ 132 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
Die Revision ist weder wegen
grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2
Nr. 1 FGO) noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
(§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) zuzulassen.
1. Die vom Kläger aufgeworfene
Rechtsfrage, ob die Aufnahme der Vollzeiterwerbstätigkeit ab
Mai 2004 trotz der Fortführung des Studiums mangels typischer
Unterhaltssituation zu einem Ausschluss der Berücksichtigung
des S beim Kindergeld ab diesem Zeitpunkt führt, mit der
Folge, dass der Kindergeldanspruch für die Monate Januar bis
April 2004 erhalten bleibt, ist nicht klärungsbedürftig,
da sie sich aus dem Gesetz ergibt und bereits durch den BFH
entschieden ist.
a) Gemäß § 32 Abs. 4 Satz 2
des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind die Einkünfte des
Kindes für alle Monate zu ermitteln, in denen es die
Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 EStG
erfüllt. Da sich S während des gesamten Kalenderjahres
2004 in Berufsausbildung befand, war er gemäß § 32
Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG durchgängig beim Kindergeld
zu berücksichtigen. Sind im Fall des Überschreitens des
Jahresgrenzbetrags die Einkünfte und Bezüge eines Kindes
in den einzelnen Berücksichtigungsmonaten unterschiedlich
hoch, ist es nach dem Jahresprinzip ausgeschlossen, Kindergeld
für einzelne Monate zu gewähren, in denen keine oder nur
geringe Einkünfte oder Bezüge zugeflossen sind
(BFH-Beschluss vom 13.8.2007 III S 9/07 (PKH), BFH/NV 2007, 2114 =
SIS 07 35 57).
Nur dann, wenn die Voraussetzungen für
die Berücksichtigung als Kind nur in bestimmten Monaten des
Kalenderjahres vorliegen, ermäßigt sich der
Jahresgrenzbetrag für diese Monate ohne Kindergeldanspruch um
je 1/12 (§ 32 Abs. 4 Satz 7 EStG) mit der Folge, dass die in
diesen Kalendermonaten erzielten Einkünfte und Bezüge des
Kindes außer Ansatz bleiben (§ 32 Abs. 4 Satz 8
EStG).
b) Zwar hat der BFH § 32 Abs. 4 Satz 1
Nr. 2 Buchst. a bis c EStG einschränkend ausgelegt und unter
bestimmten Voraussetzungen Kinder, auch wenn die
Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt waren, in den Monaten einer
Vollzeiterwerbstätigkeit nicht berücksichtigt und
folglich die in diesen Monaten erzielten Einkünfte bei der
Prüfung, ob der Grenzbetrag überschritten ist,
außer Betracht gelassen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 24.5.2000
VI R 143/99, BFHE 191, 557, BStBl II 2000, 473 = SIS 00 09 63; vom
19.10.2001 VI R 39/00, BFHE 197, 92, BStBl II 2002, 481 = SIS 02 02 19; vom 23.11.2001 VI R 77/99, BFHE 197, 383, BStBl II 2002, 484 =
SIS 02 05 06; vom 15.9.2005 III R 67/04, BFHE 211, 452, BStBl II
2006, 305 = SIS 06 07 04, und vom 23.2.2006 III R 8/05, III R
46/05, BFHE 212, 486, BFH/NV 2006, 1391 = SIS 06 22 78). Diese
Entscheidungen betrafen - anders als im Streitfall - allerdings nur
Sachverhalte, in denen die Kinder nach Abschluss einer Schul- oder
Berufsausbildung (vorübergehend) eine
Vollzeiterwerbstätigkeit aufgenommen hatten.
Wie der VIII. Senat des BFH im Urteil vom
30.11.2004 VIII R 9/04 (BFH/NV 2005, 860 = SIS 05 21 99) bereits
entschieden hat, schließt aber eine
Vollzeiterwerbstätigkeit neben einem ernsthaft und nachhaltig
betriebenen Studium die Berücksichtigung als Kind in
Berufsausbildung (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG)
nicht aus.
Von dieser Entscheidung in BFH/NV 2005, 860 =
SIS 05 21 99 ist der Senat in seinem Urteil vom 16.11.2006 III R
15/06 (BFHE 216, 74, BStBl II 2008, 56 = SIS 07 06 05) nicht
abgewichen. Die Aussage unter II. 2., dass ein Kind nach
ständiger Rechtsprechung des BFH in den Monaten der
Vollzeiterwerbstätigkeit nicht als Kind zu
berücksichtigen sei, bezieht sich nur auf die bisher
entschiedenen Fälle. Im vorgenannten Urteil wurde lediglich
darum gestritten, ob das Kind, das seine Ausbildung abgebrochen
hatte, trotz der aufgenommenen Beschäftigung seine Ausbildung
fortführen wollte und deshalb nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr.
2 Buchst. c EStG zu berücksichtigen war, bzw. ob es sich bei
der Tätigkeit des Kindes um eine - die Berücksichtung
ausschließende - Vollzeitbeschäftigung gehandelt
hatte.
2. Soweit der Kläger eine Divergenz der
Vorentscheidung wohl zur Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des BFH im Hinblick auf die
Nichtberücksichtigung der Kranken-, Renten- und
Pflegeversicherungsbeiträge behauptet, ist die Beschwerde
unzulässig. Hierzu hätte der Kläger substantiiert
darlegen müssen, dass und in welcher Höhe überhaupt
derartige Beiträge angefallen sind, dass er diese bereits in
der Tatsacheninstanz geltend gemacht hat und dass das FG einen
konkreten Rechtssatz gebildet hat, der von einem konkreten
Rechtssatz des BVerfG oder des BFH abweicht. Im Übrigen ist
bei der Höhe der von S erzielten Einkünfte nicht
nachvollziehbar, wie ein Abzug der Sozialversicherungsbeiträge
oder vergleichbarer privater Versicherungsbeiträge zu einer
Unterschreitung des Jahresgrenzbetrags führen könnte.