Einnahmenüberschussrechnung bei Investitionszuschüssen: Erhält ein Steuerpflichtiger, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, für die Anschaffung oder Herstellung bestimmter Wirtschaftsgüter öffentliche Investitionszuschüsse, so mindern diese die Anschaffungs- oder Herstellungskosten bereits im Jahr der Bewilligung und nicht im Jahr der Auszahlung. Sofern der Empfänger den Zuschuss sofort als Betriebseinnahme versteuern will, muss er das entsprechende Wahlrecht ebenfalls im Jahr der Zusage ausüben. - Urt.; BFH 29.11.2007, IV R 81/05; SIS 08 16 94
I. Frau S. und Herr B. sind Beteiligte der
S/B GbR (GbR), der Klägerin und Revisionsklägerin
(Klägerin). Die GbR erzielt gewerbliche Einkünfte aus der
Vermietung einer Ferienanlage und ermittelt ihren Gewinn nach
§ 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) durch
Einnahmenüberschussrechnung.
Im Jahr 1995 erwarb die GbR eine alte
Schule und baute sie in den Jahren 1995 bis 1997 zu einer
Ferienanlage um. Im Zuge des Umbaus sind Herstellungskosten in
Höhe von 1.541.184 DM und Anschaffungskosten für das
Inventar von 527.510 DM entstanden.
Mit Bewilligungsbescheid vom 10.6.1997
erhielt die GbR die Zusage auf Gewährung eines
öffentlichen Zuschusses aus Landesmitteln in Höhe von
840.000 DM. Die Mittel wurden in zwei Raten ausgezahlt und zwar die
erste Rate in Höhe von 601.600 DM im Jahr 1998 und die zweite
in Höhe von 238.400 DM im Jahr 1999. Bezuschusst wurden die
baulichen Investitionen sowie die Einrichtung des Objektes, nicht
dagegen der Erwerb des Schulgebäudes.
Der Investitionszuschuss wurde
zweckgebunden gewährt. Unter dem Punkt
„Bedingungen/Auflagen“ wurde u.a. verlangt, dass zwei
dauerhafte Arbeitsplätze geschaffen und für mindestens
fünf Jahre tatsächlich besetzt oder dauerhaft auf dem
Arbeitsmarkt angeboten werden sollten.
Die GbR verteilte den Zuschuss im Jahr der
Zahlung auf die Anschaffungskosten des Grund und Bodens, des
Gebäudes und des Inventars sowie auf die nachträglichen
Herstellungskosten. Die Sonderabschreibungen nach § 4 Abs. 2
Nr. 2 Buchst. b des Fördergebietsgesetzes (FöGbG) hatte
sie auf der Basis der nicht um den Zuschuss gekürzten
Bemessungsgrundlage vorgenommen.
Im Rahmen einer im Jahr 2002
durchgeführten Betriebsprüfung kam der Prüfer zu dem
Ergebnis, der Zuschuss dürfe entsprechend dem
Bewilligungsbescheid nur auf die baulichen Investitionen und das
Inventar aufgeteilt werden. Darüber hinaus sei die
Bemessungsgrundlage für die Absetzung für Abnutzung (AfA)
des Gebäudes und des Inventars bereits im Jahr der Bewilligung
(1997) um den Zuschuss zu mindern. Auf den späteren Zufluss
der Geldbeträge sei auch im Rahmen der Gewinnermittlung nach
§ 4 Abs. 3 EStG nicht abzustellen.
Diese Rechtsauffassung hatte zur Folge,
dass die Fördergebiets-AfA nach Kürzung um den Zuschuss
vorgenommen wurde.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) änderte im Anschluss an die
Betriebsprüfung die Bescheide über die gesonderte und
einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen und die
Gewerbesteuermessbetragsbescheide für die Jahre 1997 bis 2000
(Streitjahre) sowie die Bescheide über die Feststellung des
vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31.12.1997 und zum
31.12.1998.
Zur Begründung der dagegen erhobenen
Einsprüche trug die Klägerin vor, die
AfA-Bemessungsgrundlage dürfe erst im Zeitpunkt der Auszahlung
des Zuschusses gekürzt werden. Bei Bewilligung des Zuschusses
habe nicht festgestanden, ob und ab wann die Mittel
tatsächlich zur Verfügung gestellt werden könnten.
Dies sei von der jeweiligen Haushaltslage des Landes abhängig
gewesen. Veränderungen der Zuschusshöhe seien weiterhin
möglich, falls die GbR die Bedingungen der
Zuschussgewährung nicht erfülle. In diesem Zusammenhang
sei darauf hinzuweisen, dass es aufgrund schlechter Belegung der
Ferienanlage nicht möglich gewesen sei, zwei Mitarbeiter fest
anzustellen.
Das FA wies die Einsprüche mit einer
zusammengefassten Einspruchsentscheidung zurück. Sie war
adressiert an S. und B. als Beteiligte an der GbR. Mit der Klage
verfolgten S. und B. unter der gleichen Bezeichnung ihr Begehren
weiter. In Ergänzung ihres Vortrags aus dem Vorverfahren
führten sie aus, die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3
EStG lasse ein Vorziehen von Erträgen oder Aufwendungen nicht
zu, da das Zufluss-/Abflussprinzip gelte. Danach könne der
Zuschuss erst in den Jahren 1998 und 1999 berücksichtigt
werden. Im Rubrum des Protokolls über die mündliche
Verhandlung erscheint erstmals die GbR als zusätzliche
Klägerin, ohne dass erkennbar wäre, worauf dies
zurückzuführen ist.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Die
Entscheidung des Finanzgerichts (FG) vom 27.4.2005 1 K 4221/03 G,F
ist in EFG 2005, 1206 = SIS 05 29 00 abgedruckt.
Hiergegen richtet sich die Revision der
Klägerin, die auf die Verletzung materiellen Rechts
gestützt ist.
Die Klägerin beantragt
sinngemäß, das angefochtene Urteil und die
Einspruchsentscheidung des FA vom 24.7.2003 aufzuheben und die
Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung
der Einkünfte und die Gewerbesteuermessbetragsbescheide 1997
bis 2000 sowie die Bescheide über die Feststellung des
vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31.12.1997 und 31.12.1998
dahingehend zu ändern, dass der Zuschuss entsprechend seinem
Zufluss in den Jahren 1998 und 1999 die Herstellungs- bzw.
Anschaffungskosten mindert.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet.
1. Allerdings scheitert der Erfolg der
Revision nicht bereits daran, dass die Klage mangels Klagebefugnis
von S. und B. einerseits und mangels Klageerhebung seitens der
Klägerin andererseits unzulässig wäre. Vielmehr ist
die von S. und B. erhobene Klage - wie bereits das Rubrum der
Einspruchsentscheidung - dahingehend auszulegen, dass mit S. und B.
„als Gesellschafter der GbR“ die GbR als
Rechtsmittelführer bezeichnet werden soll.
Feststellungsbescheide, in denen der Gewinn
der Gesellschafter aus ihrer Beteiligung als Grundlage für die
Veranlagung zur Einkommensteuer festgestellt wird, richten sich
zwar ihrem Inhalt und ihren beabsichtigten Wirkungen nach gegen die
Gesellschafter; deren Klagebefugnis wird jedoch durch § 48
Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) eingeschränkt (vgl.
Senatsurteil vom 26.10.1989 IV R 23/89, BFHE 159, 15, BStBl II
1990, 333 = SIS 90 06 45, unter 1.a der Gründe zu § 48
Abs. 1 FGO a.F.). Diese Regelung ist dahin zu verstehen, dass die
Personengesellschaft als Prozessstandschafterin für ihre
Gesellschafter und ihrerseits vertreten durch ihre(n)
Geschäftsführer Klage gegen den
Gewinnfeststellungsbescheid erheben kann, der sich inhaltlich nicht
an die Gesellschaft, sondern an die einzelnen Gesellschafter als
Subjekte der Einkommensteuer richtet (vgl. Senatsbeschluss vom
30.12.2003 IV B 21/01, BFHE 204, 44, BStBl II 2004, 239 = SIS 04 05 70, m.w.N.). Den Gesellschaftern steht daneben eine eigene
Klagebefugnis nur zu, soweit in ihrer Person die Voraussetzungen
des § 48 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 FGO erfüllt sind.
Nach dem Grundsatz der
rechtsschutzgewährenden Auslegung (s. u.a. Senatsurteil vom
27.5.2004 IV R 48/02, BFHE 206, 211, BStBl II 2004, 964 = SIS 04 36 37, unter 2.b der Gründe, mit Hinweis auf Steinhauff in
Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 48 FGO Rz 44, m.w.N.;
Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19.7.2005 XI B 206/04,
BFH/NV 2006, 68 = SIS 06 02 69) ist im Zweifelsfall anzunehmen,
dass das Rechtsmittel eingelegt werden sollte, das zulässig
ist. Im Streitfall waren S. und B. persönlich nicht
klagebefugt; nur als vertretungsberechtigte
Geschäftsführer der Klägerin konnten sie eine
zulässige Klage erheben (vgl. Senatsurteil vom 19.4.2007 IV R
28/05, BStBl II 2007, 704 = SIS 07 25 19, unter II.1. der
Gründe). Das gilt auch, soweit die Klage die Gewerbesteuer der
GbR betrifft (vgl. aus neuerer Zeit BFH-Beschluss vom 30.4.2007 V B
194/06, BFH/NV 2007, 1523 = SIS 07 24 31).
2. Die Revision ist indessen in der Sache
unbegründet. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die
angefochtenen Verwaltungsakte rechtmäßig waren. Der
staatliche Investitionszuschuss minderte bereits im Jahr der
Bewilligung (1997) die Bemessungsgrundlage für die
planmäßige Abschreibung der Wirtschaftsgüter
„Gebäude“ und
„Inventar“. Diese Bemessungsgrundlage galt auch
für die Sonderabschreibungen nach § 4 FöGbG.
a) Wenn auch die von der Klägerin
angewandte Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG eine reine
Geldrechnung ist, der das Zu- und Abflussprinzip des § 11 EStG
zugrunde liegt, so ordnet das Gesetz doch in § 4 Abs. 3 Satz 3
EStG eine Durchbrechung dieses Prinzips an, indem es die
Vorschriften über die AfA oder Substanzverringerung für
anwendbar erklärt. Diese Vorschriften setzen den Ansatz der
Anschaffungs- und Herstellungskosten voraus. Für die AfA -
einschließlich ihrer Bemessungsgrundlage - sind daher
bilanzsteuerrechtliche Grundsätze maßgeblich
(BFH-Urteile vom 16.1.1996 IX R 60/94, BFH/NV 1996, 600 = SIS 96 14 15, und vom 16.4.2002 IX R 53/98, BFH/NV 2002, 1152 = SIS 02 87 02,
unter II.4.a der Gründe).
b) Nach der Rechtsprechung des III. und IV.
Senats des BFH führen öffentliche
Investitionszuschüsse bei bilanzierenden Steuerpflichtigen
grundsätzlich zu einer Minderung der Anschaffungs- oder
Herstellungskosten der geförderten Wirtschaftsgüter
(Urteile vom 14.7.1988 IV R 78/85, BFHE 154, 212, BStBl II 1989,
189 = SIS 88 22 14; vom 28.4.1989 III R 4/87, BFHE 156, 497, BStBl
II 1989, 618 = SIS 89 15 14, und vom 23.3.1995 IV R 58/94, BFHE
177, 385, BStBl II 1995, 702 = SIS 95 20 09). An dieser
Rechtsprechung hält der Senat aus den in seinem Urteil in BFHE
177, 385, BStBl II 1995, 702 = SIS 95 20 09 wiedergegebenen
Gründen fest (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 5.6.2003 IV R
56/01, BFHE 202, 343, BStBl II 2003, 801 = SIS 03 37 80; ebenso
für den Bereich der Vermietung und Verpachtung der IX. Senat
des BFH, Urteil vom 26.3.1991 IX R 104/86, BFHE 164, 263, BStBl II
1992, 999 = SIS 91 14 10). Was für bilanzierende
Steuerpflichtige gilt, gilt auch für solche, die ihren Gewinn
durch Einnahmenüberschussrechnung ermitteln. Das folgt aus der
Maßgeblichkeit bilanzsteuerrechtlicher Grundsätze
für die AfA, die - wie bereits ausgeführt - auch bei der
Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG gilt.
c) Die Minderung der Anschaffungs- und
Herstellungskosten ist bereits im Jahr der Zusage des Zuschusses
und nicht erst bei seiner Zahlung vorzunehmen. Das ergibt sich aus
folgenden Erwägungen: Für den Bilanzansatz eines
erworbenen Wirtschaftsguts mit den Anschaffungskosten ist es
unerheblich, ob die Anschaffungskosten bezahlt sind.
Dementsprechend kommt es auch nicht darauf an, ob die Anschaffungs-
oder Herstellungskosten im Zeitpunkt der Vornahme von AfA bereits
beglichen sind (BFH-Urteile in BFH/NV 1996, 600 = SIS 96 14 15, und
in BFH/NV 2002, 1152 = SIS 02 87 02). Anschaffungskosten trägt
auch, wer den Kaufpreis noch nicht entrichtet hat, sondern ganz
oder teilweise schuldet. Demgemäß kann es auch für
die Minderung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht
darauf ankommen, ob die betreffenden Zuschüsse bereits
zugeflossen sind (Schmidt/Kulosa, EStG, 26. Aufl., § 7 Rz 63;
Blümich/Brandis, § 7 EStG Rz 252; R 7.3 Abs. 4 der
Einkommensteuer-Richtlinien - EStR - ). Auch insoweit ist es
unerheblich, ob der Steuerpflichtige seinen Gewinn durch
Betriebsvermögensvergleich oder im Wege der
Einnahmenüberschussrechnung ermittelt (s.o. unter II.2.b a.E.;
zu Überschusseinkünften R 21.5 Abs. 1 Satz 2 EStR).
d) Die Klägerin kann sich nicht mit
Erfolg auf die abweichende Rechtsprechung des I. Senats des BFH
berufen, derzufolge öffentliche Investitionszuschüsse
grundsätzlich als Erhöhungen des Betriebsvermögens
(Betriebseinnahme) im Zeitpunkt der Zuschussgewährung zu
erfassen sind, die Sofortversteuerung aber durch Ausübung
eines Wahlrechts auf Minderung der Anschaffungs- oder
Herstellungskosten vermieden werden kann (Urteile vom 19.7.1995 I R
56/94, BFHE 179, 19, BStBl II 1996, 28 = SIS 96 04 23, und vom
27.4.2000 I R 12/98, BFH/NV 2000, 1365 = SIS 00 60 46; ebenso
BFH-Urteil vom 22.1.1992 X R 23/89, BFHE 167, 69, BStBl II 1992,
488 = SIS 92 10 14). Das folgt zum einen daraus, dass die
Klägerin sich gegen die Sofortversteuerung und für die
Absetzung von den Herstellungskosten entschieden hat. Zum anderen
kann die Klägerin aber auch mit dem Einwand nicht
durchdringen, das Wahlrecht könne im Bereich der
Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG frühestens bei
Zufluss des Investitionszuschusses ausgeübt werden, weshalb
sich die Wahl der gewinnneutralen Besteuerung in Form der Minderung
der Anschaffungs- oder Herstellungskosten ebenfalls erstmalig im
Jahr des Zuflusses auswirken könne. Vorausgesetzt ein solches
Wahlrecht besteht, so muss es so frühzeitig ausgeübt
werden, dass auch bei Wahl der Absetzung von den Anschaffungs- oder
Herstellungskosten eine zutreffende Besteuerung - nämlich die
Minderung der AfA-Bemessungsgrundlage im Jahr der Zusage -
möglich ist. Eine andere Frage ist, in welchem Jahr bei Wahl
der Sofortversteuerung der Zuschuss den Gewinn erhöhen
würde. Über diese Frage ist im Streitfall nicht zu
befinden.
e) Zutreffend hat das FG auch entschieden,
dass Sonderabschreibungen im Anwendungsbereich des FöGbG
ebenfalls von den im Zeitpunkt der Zusage um den Zuschuss
geminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorzunehmen sind.
Das folgt daraus, dass nach § 4 Abs. 1 Satz 1 FöGbG
Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibungen die
„Anschaffungs- oder Herstellungskosten“
sind.