Fernsehshow, Preisgeld, ESt-Pflicht: Preisgelder für die Teilnahme als Kandidat an einer Fernsehshow sind als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG steuerbar. (zur Anwendung vgl. BMF-Schreiben vom 30.5.2008, IV C 3 - S 2257/08/10001, BStBl 2008 I S. 645 = SIS 08 21 90) - Urt.; BFH 28.11.2007, IX R 39/06; SIS 08 12 31
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) übernahm die weibliche
Hauptrolle in der von einem Fernsehsender ausgestrahlten sechs
Folgen umfassenden sog. Dating-Show. Nach dem mit dem
TV-Produzenten geschlossenen Vertrag hatte sich die Klägerin
gegen ein Honorar von 9.000 EUR u.a. verpflichtet, dem Produzenten
ihre Persönlichkeitsrechte zur exklusiven Nutzung zu
übertragen, über Inhalt und Ablauf der Produktion
absolutes Stillschweigen zu bewahren und für Presse-,
Promotions- und Werbemaßnahmen zur Verfügung zu stehen.
Erst bei Drehbeginn wurde sie informiert, dass ihr Partner für
die „Dating-Show“ bereits feststehe und es ihre Aufgabe
und die des Partners sei, ihren Familien glaubwürdig zu
vermitteln, dass sie sich während dieser
„Dating-Show“ kennen und lieben gelernt hätten und
innerhalb von 14 Tagen heiraten würden. Für den Fall,
dass alle Familienmitglieder zur Trauung erschienen und die
Klägerin „sämtliche Vertragsverpflichtungen
erfüllt“, sollten sowohl sie selbst wie auch ihre
Familie jeweils ein Preisgeld von 250.000 EUR erhalten. Unbekannt
war der Klägerin dabei, dass „ihr Verlobter“
ebenso wie dessen „Familie“ Schauspieler waren, die ihr
das Leben zur Hölle machen, sich pausenlos daneben benehmen
und keinen Fettnapf auslassen sollten.
Nachdem die Klägerin aufgrund ihres
Auftritts in der Show das Preisgeld erhalten hatte, unterwarf der
Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) neben dem
Honorar von 9.000 EUR sowohl das an die Klägerin als auch das
an ihre Angehörigen gezahlte Preisgeld in Höhe von
jeweils 250.000 EUR durch Vorauszahlungsbescheid der
Einkommensteuer nach § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes
(EStG) und wies den dagegen erhobenen Einspruch als
unbegründet zurück.
Auf die dagegen erhobene Klage hob das
Finanzgericht (FG) den zwischenzeitlich von den Beteiligten zum
Gegenstand des Verfahrens gemachten Einkommensteuerbescheid
für 2004 (Streitjahr) mit seinem in EFG 2006, 1328 = SIS 06 32 25 veröffentlichten Urteil auf, soweit das an die
Angehörigen gezahlte Preisgeld in Höhe von 250.000 EUR
den Einkünften der Klägerin nach § 22 Nr. 3 EStG
zugerechnet worden war; im Übrigen wies es die Klage als
unbegründet ab.
Mit der Revision rügt die
Klägerin Verletzung des § 22 Nr. 3 EStG. Eine
Steuerbarkeit der hier streitigen Preisgelder könne lediglich
dann bejaht werden, wenn ein Entgelt für ein Verhalten des
Steuerpflichtigen gewährt würde, das seine Lage positiv
verändere. Daran fehle es bei Fernsehshows wie im Streitfall,
bei denen der Veranstalter kein eigenes Interesse am Erfolg des
Kandidaten habe, weil es häufig für ihn wie auch die
Fernsehzuschauer interessanter sei, einen Kandidaten scheitern zu
sehen. Damit beruhe das Preisgeld nicht auf einem
„Leistungs-Gegenleistungs-Verhältnis“.
Schließlich könne der Gegenleistungscharakter des
Preisgeldes entgegen der Auffassung des FG auch nicht mit einer zu
geringen Höhe der Teilnahmevergütung in Höhe von
9.000 EUR für die zwölftägigen Dreharbeiten
begründet werden, weil für die Klägerin als
Studentin bereits das durchschnittliche Tagesentgelt von 750 EUR
hinreichender Anreiz für die Teilnahme an der Show gewesen
sei.
Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil
aufzuheben und den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2004 unter
Ansatz von Einkünften aus sonstigen Leistungen von nur 9.000
EUR zu ändern.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet; sie ist
nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
zurückzuweisen.
Zu Recht hat das FG das von der Klägerin
für ihre Teilnahme an der Fernsehshow erzielte Preisgeld in
Höhe von 250.000 EUR bei ihren Einkünften aus Leistungen
nach § 22 Nr. 3 EStG erfasst.
1. Nach § 22 Nr. 3 EStG sind sonstige
Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 EStG) Einkünfte aus
Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten noch zu den
Einkünften i.S. der Nummern 1, 1a, 2 oder 4 der Vorschrift
gehören, z.B. Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen.
Eine (sonstige) Leistung i.S. des § 22 Nr. 3 EStG ist jedes
Tun, Dulden oder Unterlassen, das weder eine Veräußerung
noch einen veräußerungsähnlichen Vorgang im
privaten Bereich betrifft (vgl. Bundesfinanzhof - BFH - Urteil vom
26.10.2004 IX R 53/02, BFHE 207, 305, BStBl II 2005, 167 = SIS 05 07 15, m.w.N.), Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann
und eine Gegenleistung auslöst. Entscheidend ist danach, ob
die Gegenleistung (das Entgelt) durch das Verhalten des
Steuerpflichtigen veranlasst ist; dafür genügt schon die
Annahme einer für das Verhalten gewährten Gegenleistung
(BFH-Urteil vom 21.9.2004 IX R 13/02, BFHE 207, 284, BStBl II 2005,
44 = SIS 04 40 01, m.w.N.).
2. Nach diesen Grundsätzen erfüllt
das Verhalten der Klägerin den Tatbestand des § 22 Nr. 3
EStG schon deshalb, weil es Gegenstand eines entgeltlichen - und
weder eine Veräußerung noch einen
veräußerungsähnlichen Vorgang betreffenden -
Vertrages war. Zu Unrecht macht die Klägerin geltend, das
erzielte Preisgeld falle ebenso wie Spiel- und Wettgewinne unter
keine der in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 EStG
aufgeführten Einkunftsarten.
a) Gewinne aus Rennwetten, die nicht in einem
gewerblichen oder landwirtschaftlichen Betrieb anfallen,
unterliegen nicht der Einkommensteuer; denn es fehlt - ebenso wie
bei Spielgewinnen - am Verhältnis von Leistung und
Gegenleistung. Weder die Spieltätigkeit noch der Spieleinsatz
stellen Leistungen dar, die durch den Spielgewinn vergütet
werden (BFH-Urteil vom 19.7.1990 IV R 82/89, BFHE 161, 144, BStBl
II 1991, 333 = SIS 90 21 41, unter 2., m.w.N.).
b) Von derartigen Wettgewinnen unterscheidet
sich indessen das streitige Preisgeld, weil die Klägerin mit
ihrer Teilnahme an der Fernsehshow eine Leistung gegenüber dem
Produzenten bzw. dem Fernsehsender erbracht hat und das Preisgeld
Entgelt für diese Leistung ist. Shows der hier zu
beurteilenden Art stellen nämlich Unterhaltungssendungen dar,
die nahezu ausschließlich von der Mitwirkung von Kandidaten
„leben“ - auch wenn sich das Interesse des
Publikums entsprechend dem Vortrag der Klägerin
gleichermaßen auf das mögliche Scheitern der Kandidaten
richtet - und nur deshalb den Veranstalter veranlassen, ihnen
für ihre Teilnahme eine Chance auf einen (hohen) Preis
einzuräumen. Dementsprechend hat der BFH gewonnene Preise aus
der Teilnahme an Pferderennen als Gegenleistung für die
Teilnahme an einer Unterhaltungsveranstaltung den Einkünften
aus § 22 Nr. 3 EStG zugerechnet (BFH-Urteil in BFHE 161, 144,
BStBl II 1991, 333 = SIS 90 21 41).
Stellt sich danach die Chance, den für
die Teilnahme an einer solchen Veranstaltung ausgesetzten Preis zu
gewinnen, als Gegenleistung für die Teilnahme dar, so kommt es
für die Beantwortung der Steuerbarkeit des tatsächlich
erzielten Preisgeldes entgegen der Auffassung der Klägerin
nicht darauf an, wie groß die Gewinnchance ist (BFH-Urteil in
BFHE 161, 144, BStBl II 1991, 333 = SIS 90 21 41).
c) Soweit die Klägerin unter Bezugnahme
auf das Schrifttum (Leisner-Egensperger, in:
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 22 Rz D 120;
Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 26. Aufl., § 22 Rz 150
„Preise“; Zugmaier in Herrmann/Heuer/Raupach,
§ 2 EStG Rz 80 „Preise“,
„Preisausschreiben“,
„Spielgewinne“) geltend macht, die Teilnahme an
Fernsehshows und Radioquizsendungen könne nicht nach § 22
Nr. 3 EStG steuerbar sein, wenn sie nur
„gelegentlich“ erfolge, kann diesem Einwand
schon deshalb nicht gefolgt werden, weil der Tatbestand der
Vorschrift nach ständiger Rechtsprechung auch bei nur
einmaliger Tätigkeit gegeben ist (vgl. BFH-Urteile vom
20.4.2004 IX R 39/01, BFHE 206, 105, BStBl II 2004, 1072 = SIS 04 22 39, und vom 27.6.2006 IX R 25/05, BFH/NV 2007, 657 = SIS 07 09 10). Deshalb kann sich die Klägerin für ihre abweichende
Auffassung auch nicht unter Hinweis auf das Schrifttum zur
Besteuerung von Amateursportlern (vgl. Reisch/Reichhardt/Urbanke,
DB 1988, 359; Enneking/ Denk, DStR 1996, 450) auf die
Rechtsprechung des BFH berufen, nach der Amateursportvereine
für ihre Sportler trotz gelegentlich erzielter Preise wegen
fehlender Einkünfteerzielung nach § 19 Abs. 1 EStG nicht
lohnsteuerabzugspflichtig sind (vgl. BFH-Urteil vom 23.10.1992 VI R
59/91, BFHE 170, 48, BStBl II 1993, 303 = SIS 93 09 33); denn nur
für die Einkünfte nach § 19 Abs. 1 EStG oder ggf.
(bei selbständigen Berufssportlern) nach § 15 EStG kommt
es - anders als für die hier streitigen Einkünfte nach
§ 22 Nr. 3 EStG - auch auf die Absicht der Wiederholung
hinsichtlich der Erzielung von Preisen an (vgl. BFH-Urteil in BFHE
170, 48, BStBl II 1993, 303 = SIS 93 09 33).